150 Jahre Brucker Lager/TÜPl Bruckneudorf - 1
Teil 1: Von der Gründung 1867 bis zum Ersten Weltkrieg 1914
Seit mehr als zweihundert Jahren wird die Region von Bruck an der Leitha für militärische Übungen genutzt. 1867, vor 150 Jahren, wurde der Übungsplatz als permanente Ausbildungsstätte errichtet. Seit damals hat dieser Ort einen fixen Platz in der Geschichte der bewaffneten Macht Österreichs, der nach der Theresianischen Militärakademie die zweitälteste militärische Ausbildungsstätte in Österreich ist.
Als Gründungsjahr des Brucker Lagers gilt das Jahr 1867. In diesem Jahr wurde der Kaufvertrag für die Ablöse der Grundstücke zur Errichtung eines permanenten Militärlagers zwischen der Stadtgemeinde Bruck und dem Militär unterzeichnet. Bereits Jahrzehnte davor wurde die Gegend um Bruck an der Leitha für militärische Übungen genützt. Nachdem die Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur regulären Garnison wurde, gab es am Nordosthang des Spitalberges einen Übungsplatz für das Sappeurkorps (Sappeur: Pionier; ursprünglich zum Errichten von Sappen - Gräben eingesetzt).
1814 fand das erste überlieferte militärische Großereignis statt - ein Mineur- und Sappeurmanöver unter Anwesenheit von Kaiser Franz I. und den Souveränen von Russland, Preußen, Bayern und Dänemark. Nach dem Abgang des Sappeurkorps 1846 wurde der Übungsplatz wieder von der Stadt Bruck übernommen und aufgeteilt. Trotzdem folgten in den folgenden Jahren immer wieder größere Übungen im Raum Bruck wie im Jahr 1857, als eine zehn Tage dauernde Kavallerie-Übung auf der Parndorfer Heide stattfand.
1863 wurde abermals eine Zeltstadt zwischen Pachfurth und Rohrau errichtet. Für die benutzten Flächen mussten, da es sich um keinen heereseigenen Grund handelte, hohe Summen an Entschädigung bezahlt werden. Kosten verursachten auch die vorausgesandten technischen Truppen und der Lagerbau. Der Gedanke lag nahe, diese alljährlich auftretenden Auslagen zu vermeiden und das Geld für den Bau eines Lagers auf heereseigenem Grund zu verwenden. Nach Abschluss des Manövers im Jahr 1863 blieben einige Offiziere in Bruck zurück und machten Geländeaufnahmen, um dieses Vorhaben umzusetzen. Die Verhandlungen wurden aber wegen zu hoher Forderungen seitens der Grundeigentümer abgebrochen.
Das Brucker Lager entsteht
1865 wurden die Grundablöseverhandlungen zwischen der Stadtgemeinde und dem k.k. Ärar (die damalige Finanzverwaltung; Anm.) wiederaufgenommen und 1866 mit einem Commissions-Protokoll abgeschlossen. Dieses wurde mit Bezug auf einen Erlass des Kriegsministeriums vom 19. März 1866 mit den Gemeindevertretern von Bruck, Parndorf und Jois aufgenommen. Gegenstand war der Abschluss der Ankaufsverhandlungen zur Überlassung der vom Militär beanspruchten Grundparzellen zur Errichtung eines permanenten Lagers.
Beansprucht wurde ein Gebiet von rund 1.200 Joch (etwa 750 Hektar). Da die Heeresverwaltung nur mit der Stadtgemeinde Bruck verhandelte, hatte diese nun die Aufgabe, die in Betracht kommenden Liegenschaften von den Grundeigentümern aufzukaufen. Dazu wurde ein Komitee mit der Durchführung der Verkaufsarbeiten betraut. Mit den Grafen Harrach und Batthyany verhandelte das Militär direkt über die in Betracht kommenden Gründe. Am 7. April 1866 erfolgte die kaiserliche Genehmigung für die Errichtung des Truppenlagers. Der Kaufvertrag wurde am 8. Jänner 1867 unterzeichnet.
Der Bau des ständigen Lagers begann bereits im Frühjahr 1866. Als Lagerplatz wurde zunächst die alte Übungsstätte des aufgelösten Sappeur- und Mineurcorps gewählt. Noch im Herbst desselben Jahres, unmittelbar nach dem Feldzug 1866, wurden die unterbrochenen Arbeiten wiederaufgenommen. Bereits 1867 konnten zwei Infanterie-Truppendivisionen, eine leichte und eine schwere Kavalleriebrigade, Artillerie- und Hilfstruppen unter Feldmarschallleutnant Baron Maroicic, das Lager beziehen.
Einrichtungen im Lager
1868 wurde mit „allerhöchster Entschließung“ die Errichtung der Armeeschützenschule bei Bruck angeordnet und bereits am 1. September desselben Jahres eröffnet. Die Schule übernahm die Aufgabe, Offizieren und Unteroffizieren den Gebrauch des Hinterladers beizubringen. Der Zweck dieser Einrichtung wurde folgendermaßen definiert:
„Es ist eine Schule, in der das Zusammenwirken aller Waffengattungen als möglichst getreues Bild des Ernstgefechtes dargestellt oder besser gesagt gelehrt werden soll. Auf diese Schule werden stets die Augen der ganzen Armee gerichtet sein, durch die aus allen Enden der Monarchie anwesenden Generale und Stabsoffiziere wird das hier gesehene in alle Truppenkörper verpflanzt werden.“
Bereits 1869 erhielt die Schule ein ständiges Kommando, das dem Wiener Generalkommando unterstellt war. Die Zahl der Kurse wurde stetig erhöht, und neben der Infanterie nahmen auch Kavallerie, technische Truppen und selbst die Marine daran teil. Ein Signalkurs, Unterricht im Gebrauch des Maschinengewehrs bzw. der Mitrailleuse (ein manuell bedientes Salvengeschütz; Anm.), feldmäßige Schießübungen für eine gesamte Kompanie oder Informationskurse für Stabsoffiziere waren weitere Entwicklungsschritte dieser Institution, die 1887 zur k.u.k. Armeeschieß-Schule umbenannt wurde.
Die Mitglieder des Kaiserhauses und des Hochadels weilten häufig zu Besuch in der k.u.k. Armeeschieß-Schule. Außerdem wurde der Truppenübungsplatz und die k.u.k. Armeeschieß-Schule häufig den Militärs befreundeter Staaten vorgestellt und die Truppen vorgeführt. Zu den höchsten gesellschaftlichen Ereignissen im Brucker Lager zählten die jährlichen Besuche Kaiser Franz Josephs.
Fotostrecke: Das Brucker Lager während der k. u. k. Monarchie
Ausbau des Lagers
Im Laufe der Jahre wurden weitere Baracken, zahlreiche Nebengebäude, Stallungen, Magazine, Küchen und Marketendereien errichtet. 1873 entstand im westlichen Teil, zwischen dem Leitha-Kanal und der Bäckerkreuzstraße, das „Neue oder Kavallerie-Lager“. Es wurden sieben Holzbaracken, zwölf Stallgebäude und ein großer Exerzierplatz für die Kavallerie errichtet. So konnten im gesamten Lager 10.000 Mann und 2.300 Pferde untergebracht werden.
Der Ausbau des Lagers ging rasch voran, so dass 1901 in einem Artikel des Bezirksboten zu lesen war: „Das Brucker Militärlager gewinnt von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Wer Gelegenheit hatte, das Lager vor etwa 20 Jahren zu besichtigen und es heute wieder in Augenschein nimmt, kann nicht verkennen, welch Umschwung sich daselbst auf allen Gebieten vollzogen hat. Vor Zeiten nur ein kleiner Komplex unscheinbarer Holzbaracken, hat sich das Militärlager zu imponierender Größe entfaltet, ja, es ist eine Stadt für sich geworden, die einen von Jahr zu Jahr fühlbarer werdenden Einfluß auf Bruck ausübt.“
1908 umfasste das Alte Lager 22 Offiziersbaracken. Die Baracken Nr. 1 bis 19a wurden links und rechts von der Lagerhauptwache erbaut. Sie lagen ca. 100 Meter von den Baracken der Mannschaften entfernt. Für jedes Bataillon gab es eine Baracke. Die Mannschaftsbaracken Nr. 1 - 33 waren links und rechts von der Baracke des Korpskommandos angeordnet, Nr. 34 bis 39 südlich davon. Die Unterkünfte der Offiziere unterschieden sich von jenen der Mannschaft äußerlich nur dadurch, dass sie Fensterläden hatten. Alle Unterkunftsgebäude trugen fortlaufende, weithin sichtbare Nummern. Während des Ersten Weltkrieges wurden die Baracken adaptiert. Die Bretterverschalung wurde abgetragen und die Innen- und Außenseite der Längs- und Giebelwände verputzt.
Das Militär beeinflusste zunehmend das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben der Brucker Bevölkerung. Von den wechselnden Mannschaften profitierten Geschäftsleute, Wirte und Kaffeehausbesitzer. Mit der Gründung des Brucker Lagers wurde auch das Weinbaugebiet Lagerberg vom Ärar angekauft. Die Keller, die davor der Lagerung des dort geernteten Weines dienten, hatten sich im Laufe der Zeit zu Gaststätten gewandelt und blieben es für viele Jahre.
Im Brucker Lager selbst gab es mehrere Gaststätten für die Soldaten. Während sich das erste Offiziers-Casino beim Eingang des Alten Lagers befand, war das zweite in der Nähe der Hauptwache bei den Offiziersbaracken. Jeden Abend spielte eine Musikkapelle beim ersten oder zweiten Offiziers-Casino oder bei einer der Mannschaftskantinen. Auch der Zivilbevölkerung war es gestattet, den Konzerten im Garten beizuwohnen. Weiters gab es drei Kantinen im Alten Lager und eine im Neuen Lager; die bekannteste war das „Milchmariandl“.
Teil 2: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 bis zum Ende der Besatzungszeit 1955
Dr. Petra Weiß ist Historikerin und Leiterin des Stadtarchivs Bruck an der Leitha.