• Veröffentlichungsdatum : 06.12.2017
  • – Letztes Update : 13.12.2017

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  • 1254 Wörter

150 Jahre Brucker Lager/TÜPl Bruckneudorf - 2

Petra Weiß

Teil 2: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 bis zum Ende der Besatzungszeit 1955

Seit mehr als zweihundert Jahren wird die Region von Bruck an der Leitha für militärische Übungen genutzt. 1867, vor 150 Jahren, wurde der Übungsplatz als permanente Ausbildungsstätte errichtet. Seit damals hat dieser Ort einen fixen Platz in der Geschichte der bewaffneten Macht Österreichs, der nach der Theresianischen Militärakademie die zweitälteste militärische Ausbildungsstätte in Österreich ist.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges veränderte das Leben der Garnison. Rasch mussten Truppen ausgebildet und an die Front geschickt werden, Kriegsgefangene wurden untergebracht und Verwundete versorgt. Im September 1914 trafen die ersten russischen Kriegsgefangenen in Bruck-Kiralyhida (der ungarische Name für Bruckneudorf, da diese Ortschaft in der damaligen ungarischen Reichshälfte lag; Anm.) ein. Da sich ihre Zahl rasch vergrößerte, wurde am westlichen Ende des Neuen Lagers ein eigenes Barackenlager für 3.000 Russen errichtet.

Während des Ersten Weltkrieges wurde das Brucker Lager ständig erweitert. Eine enorme Vergrößerung erfolgte durch den Zukauf von Gründen des Königshofes. 1915 konnten der Gaisberg, der Bienenzüchter- und der Pirscherwald erworben werden. Auf der Sappwiese entstand zwischen dem Alten und dem Neuen Lager das Reservespital Bruck-Kiralyhida. Während des Krieges war es ständig mit 2.000 bis 2.500 Verwundeten belegt.

Ebenfalls im Jahr 1915 wurde ein Elektrizitätswerk errichtet, das nicht nur das Brucker Lager sondern auch das Lager Kaisersteinbruch und den Ort Wilfleinsdorf mit Strom versorgte. Als letzte bauliche Erweiterung erfolgte 1915 die Errichtung des Lagers Kaisersteinbruch, das im Oktober 1917 in Betrieb ging und dem ein Kriegsgefangenenlager angeschlossen war.

Im Juni 1915 wurde das k.u.k. Infanterieregiment 91 ins Brucker Lager verlegt und blieb dort bis zum 1. November 1918. An diesem Tag verbreitete sich das Gerücht, dass noch am Abend ein ungarisches Regiment eintreffen und das Lager besetzen würde. Da die Ungarn keine Lebensmittelvorräte vorfanden, kam es zu schlimmen Verwüstungen. Infolge des übereilten und nicht vorbereiteten Aufbruches war es möglich, große Mengen an Lebensmitteln, Waffen, Kleidungsstücken und sogar Einrichtungsgegenständen zu entwenden. In wenigen Stunden war das Lager geplündert und viele wertvolle Gegenstände vernichtet worden.

Mit dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 war auch die „große Zeit“ des Brucker Lagers und mit ihm das „bunte Treiben“ in Bruck und Kiralyhida vorüber. Vom Doppeladler blieb lediglich ein Standbild Kaiser Franz Josephs, das ihn als König von Ungarn darstellt sowie der „Brucker-Lager-Marsch“, von Johann Nepomuk Kral 1874 komponiert, der noch heute gespielt wird.

Der Truppenübungsplatz in der Ersten Republik

Nach Kriegsende waren Teile der Anlage zunächst als Sammellager von Ungarn genützt worden, danach waren Grenztruppen, Zollwachen und Eisenbahnerfamilien darin untergebracht. Objekte und Einrichtungen des Lagers wurden veräußert, zum Teil abgetragen und das Material verkauft. Zur Zeit der burgenländischen Abwehrkämpfe wurden noch bestehende gemauerte Bauten willkürlich demoliert.

Am 15. September 1921 bezogen erneut österreichische Soldaten des 1. Bataillons des 1. Infanterieregimentes das Brucker Lager. Noch in derselben Nacht mussten sie jedoch aufgrund eines Überfalles durch ungarische Freischärler das Feld räumen. Während der Kämpfe um das Burgenland wurde der Truppenübungsplatz am 24. September 1921 von ungarischen Freischärlern angegriffen. Ruhe trat erst mit der offiziellen Angliederung des Burgenlandes an Österreich ein.

1922 begann der Wiederaufbau. Unterkünfte für ein Bataillon und eine Schwadron wurden hergerichtet und bereitgestellt und der militärische Übungsbetrieb wieder aufgenommen. 1923 wurde eine Schulkompanie, 1924 ein Schulbataillon und 1927 die Infanteriefachschule aufgestellt. 1928 baute man die zerstörte Wasserleitung neu und gründete eine Militärschwimmschule. 1929 begann der Bau des Militärbades durch die Bauabteilung der 1. Brigade. Ein Jahr später konnte dieses mit einer Gartenanlage, geräumigen Kabinen und Turngeräten eröffnet werden.

1930 waren die wichtigsten Einrichtungen des Truppenübungsplatzes wiederhergestellt. Das Platzkommando des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf-Kaisersteinbruch, so die neue Bezeichnung, sowie die Heeresökonomie Königshof wurden dem Bundesministerium für Heerwesen unmittelbar unterstellt. 1935 kam es zum Aufbau des Panzerwagenbataillons, das 1937 aus vier Kampfwagenkompanien bestand. 1936 begann der Bau der Panzerkaserne in Bruckneudorf, die im Jänner 1937 fertiggestellt war.

Der Truppenübungsplatz während der NS-Zeit

Im Zuge des Anschlusses Österreichs an Hitlerdeutschland besetzten Einheiten der deutschen 27. Division am 17. März 1938 den Truppenübungsplatz. Innerhalb der deutschen Heeresorganisation gehörte dieser nun zum Wehrkreis XVII. Das erste österreichische Panzerwagenbataillon wurde als Panzerbataillon 33 in das deutsche Heer eingegliedert.

Im August 1938 setzte man die Bevölkerung von Kaisersteinbruch in Kenntnis, dass die Ortschaft aufgelassen wird und geräumt werden muss, da die Wehrmacht das Terrain benötigte. Die Bewohner verwies man für die Entschädigung ihres Besitzes an die deutsche Ansiedlungsgesellschaft in Bruck. Im Februar 1939 wurde der gesamte Besitz der Gemeinde Bruck, der auf dem Gebiet des Truppenübungsplatzes lag, die Sappe, der Wald und der Steinbruch, an den Reichsfiskus verkauft.

Eine weitere Vergrößerung erfuhr der nunmehrige Truppenübungsplatz Bruck an der Leitha durch die Aussiedlung der Bevölkerung aus der Gemeinde Sommerein und die teilweise Schleifung der Häuser, so dass der Truppenübungsplatz an die 130 km² umfasste. Neben den vom österreichischen Heer übernommenen Einrichtungen wurden neue Gefechtsschießbahnen, Zielbeobachtungs- und Scheibenzug-Bunker sowie weitere Anlagen geschaffen.

Von der Tätigkeit der Kommandantur des Truppenübungsplatzes ist so gut wie nichts bekannt. Lediglich die Tatsache, dass der Übungsplatz über eine Aufnahmekapazität von 30.000 Mann verfügte. Das lässt auf eine intensive Ausbildungstätigkeit schließen. Ab August 1942 hatte hier der Wehrkreis-Unterführerlehrgang XVII, bestehend aus Lehrstab, Infanteriebataillon, schwerer Kompanie, Radfahrschwadron, Feldhaubitzbatterie und Pionierkompanie seinen Standort.

Stalag XVII A Kaisersteinbruch

Als am 29. August 1939 ein Durchgangslager in Kaisersteinbruch eingerichtet wurde, stellte es das erste Kriegsgefangenenlager auf dem Gebiet der Ostmark dar. Dieses wurde im September 1939 zu einem ständigen Gefangenenlager umgewandelt. Bis zum Februar 1941 war Stalag (Straflager) XVII A eines der größten Lager des gesamten Reichsgebietes. Die Belegung bestand vorwiegend aus französischen, aber auch aus sowjetischen, italienischen und serbischen Kriegsgefangenen.

In den letzten Kriegsmonaten diente es als Sammelpunkt für bulgarische, rumänische und slowakische Kriegsgefangene. Als ab dem Winter 1941/42 die Zahl der toten Internierten stark anstieg, vor allem der sowjetischen, wurden diese in Massengräbern im Lagerfriedhof, der einige hundert Meter vom Lager errichtet wurde, beerdigt. Neben über 9.500 sowjetischen Kriegsgefangenen sollen dort auch etwas mehr als 216 Angehörige anderer Nationalitäten beerdigt sein.

Besatzungszeit

Bevor die sowjetische Besatzungsmacht im Jahr 1945 das Lager erreichte, kam es, wie im Jahr 1918, zu Plünderungen. Die Bevölkerung holte sich Geschirr, Decken und das blau-weiß-karierte Bettzeug, aus dem sich viele Frauen Kleidungsstücke nähten. Nachdem die Rote Armee auf dem Truppenübungsplatz angekommen war, wurden dort zunächst 300 sowjetische Pioniere untergebracht, die vor allem mit der Wiederherstellung der Eisenbahnbrücke beschäftigt waren. Zwischen 1945 und 1955 waren hauptsächlich sowjetische Artillerie- und Panzerverbände auf dem Truppenübungsplatz stationiert.

1946 wurden die Liegenschaften und Einrichtungen des Truppenübungsplatzes als „reichsdeutsches Eigentum“ von der sowjetischen Besatzungsmacht in Anspruch genommen. Dazu zählten alle Liegenschaften des ehemaligen Heeresgutsbezirkes Truppenübungsplatz Bruck an der Leitha, Kaisersteinbruch und Sommerein sowie der Königshof mit dem gesamten Inventar. Es wurde aber nicht nur jener Teil des ehemaligen Truppenübungsplatzes der 1938 hinzukam, sondern auch der, aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie stammende Teil als „Deutsches Eigentum“ betrachtet und der USIA-Verwaltung (Verbund von 300 Unternehmen sowie Land- und Forstwirtschaft unter sowjetischer Hoheit zwischen 1946 und 1955; Anm.) unterstellt.

Am 27. August 1955 übergab die sowjetische Besatzungsmacht das Militärlager und die Panzerkaserne an die Republik Österreich. Zwei Tage später wurde eine Wache errichtet. Zehn Gendarmeriebeamte erhielten die Aufgabe, das freigegebene Lager und andere Baulichkeiten zu schützen. 

Teil 3: Vom Ende der Besatzungszeit 1955 bis heute

Dr. Petra Weiß ist Historikerin und Leiterin des Stadtarchivs Bruck an der Leitha.

Bilder wurden zur Verfügung gestellt von: Brigadier i. R. Gerfried Grasl, Offiziersstellvertreter Josef Hatos, Heeresbild- und Filmstelle (HBF), Heeresgeschichtliches Museum (HGM), Leo Hölzl, Franz Huber, Kultur- und Museumsverein Bruck an der Leitha, Staatsarchiv/Kriegsarchiv, Militärkommando Burgenland, Brigadier i. R. Alfred Petznek, Robert Thurner, Stadtarchiv Bruck an der Leitha, Truppenübungsplatz Bruckneudorf, Dr. Petra Weiß, Josef Widmann.
 

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