Force Commander der EUBG 2016-2 – Brigadier Franz Xaver Pfrengle
„Es ist einfach gut, dass wir die Österreicher haben“
Von 18. bis 29. April 2016 fand die Überprüfungsübung „European Spirit 16“ der EU Battlegroup 2016-2 statt. Diese wurde zum ersten Mal mit Volltruppe durchgeführt. Das heißt, dass fast alle Einheiten der multinationalen Krisenreaktionskraft gemeinsam trainierten.
Der vor Ort eingesetzte Kommandeur der EUBG war Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle von der Deutschen Bundeswehr. Er führte rund 2 600 Soldaten aus verschiedenen Nationen auf dem größten Truppenübungsplatz Europas Bergen-Höhne (Deutschland). Pfrengle ist seit Juli 2015 Stabschef im Eurokorps in Straßburg.
„Vor allem Ausdauer ist essenziel, um fit für den Einsatz zu bleiben“, lautet ein Credo des Brigadegenerals. Die trainiert er am liebsten früh morgens und bei Übungen wie dieser auch inklusive seines persönlichen Personenschutz-Teams. Zahlreiche Auslandseinsätze, unter anderem als Mission Commander der EU-Trainingsmission in Mali, machen Pfrengle zu einem Routinier seines Faches. Das merken seine ihm unterstellten Soldaten. Wichtig für den Brigadegeneral war die Stringenz und die Unterteilung der Übungsserien in einzelne Schritte bis zur „European Spirit 16“, vom Stabsrahmen bis zur Volltruppe. „Integration“ ist das Schlüsselwort: Bei einer Vorgängerübung war das Stichwort „Integration im Field Headquarters“ und jetzt sei es „Integration der gesamten Battlegroup auf taktischer Ebene“, so Pfrengle.
TRUPPENDIENST hat den Brigadegeneral über die „European Spirit 16“, die EUBG und einen eventuellen Einsatz, die Zusammenarbeit der einzelnen Nationen und über die österreichische Beteiligung befragt.
TD: Herr Brigadegeneral, Sie sind ein passionierter Läufer. Wie wichtig ist Ausdauer in Ihrer Funktion?
Pfrengle: Ich habe das im Einsatz gemerkt. Ohne Ausdauer geht es nicht. Ich mache den Sport aber in erster Linie für mein seelisches Gleichgewicht. Für mein Gleichgewicht insgesamt. Es gibt Soldaten, die mir sagen, wenn ich drei Tage keinen Sport gemacht habe, dann merkt man das sofort. Ich brauche das einfach. Kurz nach halb sechs Uhr morgens laufen wir immer los. Das mache ich auch mit dem Close Protection Team. Wie es sich gehört. Wie im Einsatz. Wenn wir zurück sind wird gefrühstückt. Dann kann ich in den Tag gehen, und dieser kann bis 2200, 2300 Uhr dauern, da bin ich fit.
TD: Sie waren Commander der European Training Mission in Mali. Sind Parallelen zur EU Battlegroup (EUBG) feststellbar?
Pfrengle: Der Einsatz EUTM-Mali ist ein völlig anderer als der, den wir mit der EUBG üben. Die Zielrichtung der EUBG ist eine ganz andere. Wobei, es kann in der EUBG vorkommen, dass Ausbildungsanteile in einem Auftrag enthalten sind etc. Was mir der Einsatz in Mali persönlich gebracht hat, ist, dass ich die Strukturen, die Entscheidungsstrukturen und die Leute in Brüssel kenne. Für mich war dieser Einsatz, was das Verständnis und das Verstehen der EU anbelangt, die beste Vorbereitung auf die EUBG, die ich bekommen konnte. Ich denke, mit der laufenden Übungsserie (Joint Effort, European Spirit etc.; Anm.) hätte ich es gar nicht besser treffen können.
TD: Die EUBG 2016-2 besteht aus sieben Nationen. Wie sieht es mit der Zusammenarbeit aus? Welche Eindrücke haben Sie? Ist das noch ein kleines Problem oder passt alles?
Pfrengle: Bezüglich der Zusammenarbeit muss man vorausschicken, dass ich am Anfang, als ich nach Mali gegangen bin, ein bisschen skeptisch war: damals 24 Nationen. Aber es funktionierte! Es war ein einfacher Auftrag. Deswegen konnte es gut funktionieren. Jetzt zur Battlegroup: Es geht! Wir haben aber viele Dinge während der Übung entdeckt, wo man sagt: Gut, dass die Übung gemacht wurde, dass wir jetzt wissen, wie die Soldaten teilweise ein bisschen unterschiedlich denken, welche unterschiedlichen Erfahrungen sie haben. Deswegen halte ich diese Übung für bitter notwendig, weil wir alle sonst keine Chance gehabt hätten uns vor einem möglichen Einsatz kennenzulernen und um Procedures anzugleichen. Um dies zu erreichen, haben wir mit der Verlegung angefangen, dann kam die Integration und jetzt der Übungsanteil, wo das Eine oder Andere ein bisschen holprig läuft. Deswegen heißt es ja Übung und nicht Könnung. Ich bin für jeden Tag dankbar, den wir in dieser Übung haben. Es funktioniert! Und es funktioniert jeden Tag besser. Ohne dass ich den Tag vor dem Abend loben will, bin ich recht zufrieden.
TD: Stichwort Zufriedenheit: Gibt es hier Vorteile mit Österreichern zusammenzuarbeiten – zum Beispiel sprachlich, oder ist es eher ein Nachteil?
Pfrengle: Es ist kein Nachteil, sondern ein Vorteil. Wir verstehen uns sehr gut. Es gibt natürlich Kleinigkeiten und Unterschiede im Denken. Aber gleiche Sprache, weitestgehend gleiche militärische Erziehung, fast 100-prozentig gleiche Begriffe. Wir Deutsche sagen halt „Schwerpunkt“ und die Österreicher „Schwergewicht“. Wir meinen aber das Gleiche. Das erleichtert die Sache ungemein. Das österreichische Combat Service Support Battalion unter der Führung von Oberst Lippert, und das sage ich mal ganz salopp, merke ich eigentlich gar nicht, dass es österreichisch, beziehungsweise gemischt ist. Wir sind uns sehr nahe und die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Es ist einfach gut, dass wir die Österreicher haben. Und wir haben uns eigentlich vom ersten Augenblick an verstanden. Mein Deputy Commander ist ein österreichischer Oberst. Was kann mir Besseres passieren?
TD: Jetzt ist eine EUBG immer für sechs Monate nach ihrer Ausbildung von bis zu zwei Jahren, quasi nur stand-by. Finden Sie, dass die EUBG, da man sie bis dato nicht wirklich eingesetzt hat verschwendetes Geld, Zeit oder doch gut investierte Mittel im Sinne von Interoperabilität und Zusammenarbeit sind?
Pfrengle: Wir entscheiden das nicht, ob die EUBG eingesetzt wird. Meine Aufgabe ist es, diese EUBG so gut wie möglich vorzubereiten, dass man in diesen sehr kurzen Fristen, in denen der Einsatz möglich sein soll, in jeden Einsatz gehen kann. Die Battlegroups wurden bis jetzt noch nicht eingesetzt. Ich glaube aber, dass zur Steigerung der Interoperabilität, jeder Euro gut investiert ist. Die Übung ist jeden Cent wert. Das sehe ich in der Übung. Es ist zum ersten Mal, dass eine solch multinationale Battlegroup tatsächlich mit anderen übt. Bisher ist das nicht passiert. Die Belgier haben das zwar gemacht, das ist jedoch praktisch eine nationale Battlegroup. Die Briten machen auch so eine Art Übungsserie wie das hier abläuft. Das ist aber rein britisch und somit relativ einfach. Wir sind die erste echte multinationale europäische Battlegroup unter Führung eines wirklich multinationalen Stabes. Alleine zur Steigerung der Interoperabilität innerhalb der europäischen Streitkräfte und des Zusammenwirkens war es das schon wert. Ein richtiger Einsatz würde das abrunden.
TD: Stichwort Einsatz: Welche Einsätze können Sie sich vorstellen, bis zu welchem Level?
Pfrengle: Die Einsätze sind klar definiert in den Petersberg Aufgaben. Da ich mir Einsätze bis zu einem relativ hohen Level vorstellen kann, üben wir auch die Trennung von Konfliktparteien, was eigentlich schon im oberen Level ist. Was sein kann ist, dass die Battlegroup eingesetzt wird, um gegebenenfalls einen längerfristigen Einsatz vorzubereiten. Quasi als Initial Force, ich sage jetzt nicht bewusst Initial Entry Force. Ich bin der Meinung, wenn es eine Chance geben sollte sowas zu tun und einen anderen längerfristigen Einsatz vorzubereiten, sollte man die Battlegroup verwenden. Auch wenn es nicht am oberen Ende des Spektrums ist, was wir abdecken können. Lieber ein kleiner Schritt, als gar keiner. Aber das habe ich nicht zu entscheiden. Es gibt genügend Möglichkeiten. Ich denke, wer dieses obere Ende kann - und die Infantry Task Force hat hauptsächlich Angriff geübt - der kann den Rest auch.
TD: Wie wichtig sind die Medien in heutigen Konflikten? Man sagt ja, dass Medien Schlachten gewinnen, keine Soldaten. Wie sehen Sie das?
Pfrengle: Die Wirkung der Medien darf man niemals unterschätzen. Wir spielen hier ja auch ein bisschen Medien, aber nicht ganz so intensiv wie bei den anderen Übungen. Dort wurden spezielle Contractors, die das Medienspiel machen, miteinbezogen. Bei der European Spirit wird vor allem auf dem taktischen Level geübt. Trotzdem sind auch Medien da, Interviews werden gemacht und ein Medientag durchgeführt. Jeden Tag wird ebenfalls ein Press-Review eingespielt, der Einfluss auf die Operationsführung hat, indem Dinge herausgelesen werden können, die für die Übungstruppe wichtig sind. Das geht bis zum Verhalten des einzelnen Soldaten. Man kann mit Medien keine Schlacht gewinnen, aber man kann sowohl ohne Medien als auch mit Medien, wenn man etwas falsch macht, jede Schlacht verlieren!
TD: Herr Brigadegeneral, zum Abschluss: Haben Sie noch etwas, das Sie den Lesern mitgeben wollen?
Pfrengle: Die Zusammenarbeit mit dem Bundesheer ist einfach ein Genuss. Und das meine ich auch so. Es Ist einfach nur gut. Ich würde mich freuen, wenn man mit dem Bundesheer auf Dauer enger zusammenarbeiten könnte. Aber das entscheiden Andere.
-mb-
Weitere Informationen