• Veröffentlichungsdatum : 02.08.2017
  • – Letztes Update : 03.08.2017

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  • 1472 Wörter

Den Toten zur Ehr´, den Lebenden zur Mahnung

Friedrich Loinig

St. Michael ist ein Ort in der Obersteiermark, in dem sich zahlreiche Denkmäler befinden. Diese erinnern an die Opfer der beiden Weltkriege sowie an eine Schlacht der Napoleonischen Kriege, die dort 1809 stattfand. Die Pflege dieser Gedenkstätten hat der Ortsverband des Kameradschaftsbundes übernommen.

„Die Pflege der historischen Kriegsgräber und Gedenksteine ist eine zutiefst sittliche und menschliche Aufgabe“, meint Vizeleutnant Friedrich Loinig, Obmann des ÖKB-Ortsverbandes von St. Michael. „Für uns ist es eine Verpflichtung, diese Gedenkstätten in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten und zu pflegen. Denn Denkmäler sind keine Altlasten, sondern ein Teil der Geschichte.“

Im Gemeindegebiet von St. Michael befinden sich zahlreiche Gedenkstätten:

  • Das Annabergdenkmal, das an jene Soldaten erinnert, die während des Ersten Weltkrieges in dem damaligen Lazarett starben.
  • Ein Soldatenfriedhof für die Toten des Lazarettes und des Gefechtes von St. Michael 1809.
  • Ein Gedenkstein am Soldatenfriedhof für die Gefallenen von 1809.
  • Ein Denkmal für die Opfer der beiden Weltkriege auf dem Soldatenfriedhof.
  • Ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege im Ort.
  • Der Ruthenengedenkstein für gestorbenen Flüchtlinge des Ersten Weltkrieges aus Ruthenien.
  • Ein Gedenkstein, der an das Gefecht von St. Michael erinnert.
  • Das Franzosenkreuz.

Annabergdenkmal

Im Ersten Weltkrieg befand sich in St. Michael ein Lazarett, in dem Verwundete Soldaten aus allen Teilen der k. u. k. Monarchie und verwundete Kriegsgefangene gepflegt wurden. Die im Lazarett Verstorbenen wurden auf dem noch heute bestehenden „Soldatenfriedhof“ bestattet. Das Annabergdenkmal wurde von genesenen Soldaten - vor allem von Kriegsgefangenen - zwischen 1916 und 1917 errichtet. Es sollte als „Kriegserinnerungsdenkmal“ an „Lieb Vaterlands große Zeit“ - so die Inschrift auf dem Denkmal - erinnern. Das Monument hat eine Grundfläche von 8 mal 4 Meter, eine Höhe von 26 Meter und ist damit ein weithin sichtbares Zeichen jener Epoche.

Die Inschriften zeugen von dem Geist dieser Zeit. Sie lautet auf der Ostseite: „Erbaut 1916 durch die Opferwilligkeit und Arbeitskräfte des Res. Spit. unter dem Spitalskommandanten Dr. Albert Pakh k. ung. Honved-Stabs-Arzt vom akademischen Maler und Bildhauerarchitekten Lst. E. F. Hans Reitinger, Maurermeister Lst. Zgf. Karl Fuchs, als Bauleiter, gefördert durch die Gem. St. Michael, Bezirk und Stadt Leoben u. vieler Freunde d. grünen Mark.“ Auf der Westseite, die dem Platz des ehemaligen Reservespitales zugewandt ist, steht unter dem Spruch „Aus lieb Vaterlands großer Zeit“ auf einer Tafel: „Erinnerung an das k.u.k. Reserve-Spital St. Michael, welches, der ruhmvollen 10. Armee angegliedert, zu unserer Helden Nutz und Fromm dort unten errichtet ward.“

Nach der ersten Sanierung 1983 musste das Denkmal 2015 erneut renoviert werden. Die Sanierungskosten wurden von der Gemeinde übernommen, da keine Institution - weder das Denkmalamt noch die Bezirkshauptmannschaft Leoben, das Österreichische Schwarze Kreuz oder der Österreichische Kameradschaftsbund das Projekt finanzieren konnten. Nachdem die Arbeiten, die über sechs Monaten dauerten, abgeschlossen waren, erstrahlte dieses Wahrzeichen wieder in neuem Glanz.

Soldatenfriedhof mit Denkmälern

Ein Relikt aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ist der Soldatenfriedhof, der sich am Fuße des Annaberges befindet. Am 18. August 1915 wurde dieser, nach dem ersten Todesfall im Lazarett, für die verstorbenen Soldaten errichtet. Bis zum Ende des Krieges im Jahr 1918 wurden dort insgesamt 410 Tote aus verschiedenen Ländern der Monarchie bestattet. Die meisten Namen sind bekannt, nur in den letzten Kriegstagen wurden zwei Massengräber ausgehoben, in denen unbekannte Soldaten liegen.

1930 wurde der Soldatenfriedhof zum ersten Mal umgestaltet. Bis zu diesem Zeitpunkt befanden sich auch weiße Kreuze von verstorbenen italienischen Soldaten bei den Gräbern. Diese wurde jedoch exhumiert und daraufhin in Graz bestattet. Der Soldatenfriedhof wurde in späteren Jahren noch öfter neu gestaltet. Dabei wurden beispielsweise für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Angehörigen der Pfarre St. Michael symbolische Gräber angelegt.

In einer Gruft des Friedhofes befindet sich zahlreiche menschliche Gebeine, die im Zuge des Straßenbaues bei der Walpurgiskirche zu Tage kamen und zum Großteil aus der Schlacht von 1809 stammen. Diese menschlichen Überreste wurden am 25. Mai 1935 auf den Soldatenfriedhof überführt und in dieser Gruft bestattet. Oberhalb dieses Grabmahles befindet sich ein Gedenkstein für die Gefallenen dieses Gefechtes. Er besteht aus einem Granitstein mit einer Eisenkugel, einem Adler und der Aufschrift „1809“.

Bis 1943 existierte noch ein anderes Denkmal auf dem Soldatenfriedhof, das jedoch den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge war und deshalb entfernt wurde. Dieses vom „Einjährig Freiwilligen“ Reitinger - einem Angehörigen des Reservespitales - geschaffene Kriegerdenkmal mit der Aufschrift „Den Kriegern zur Ehr“ wurde am 7. November 1915 eingeweiht. Im Jahre 1959 wurde als Ersatz für das zerstörte Monument auf dem Soldatenfriedhof neuerlich ein Denkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege errichtet.

Der Soldatenfriedhof wird seit Jahren durch das Österreichische Schwarze Kreuz und der ÖKB-Ortsgruppe St. Michael betreut. Seit Jahrzehnten schmücken Schulkinder vor Allerheiligen, unter Führung des Lehrpersonals, die Gräber der dort Ruhenden. Seit 1954, findet jeweils am 31. Oktober ein Fackelzug zum Soldatenfriedhof statt, bei dem auch die Bevölkerung und ortsansässige Vereine beteiligt sind.

2007 wurde der Soldatenfriedhof durch die Ortsgruppe des Österreichischen Kameradschaftsbundes renoviert. In über 1.500 Arbeitsstunden wurden die insgesamt 489 Holzkreuze demontiert, die Bäume vor Ort geschlägert und zahlreiche sonstige Arbeiten durchgeführt. Nach der Reinigung des Soldatenfriedhofes von Holz- und Baumschnitt wurden die Holzkreuze renoviert bzw. erneuert und danach wieder auf Betonsockel montiert. Darüber hinaus wurden der Gedenkstein und die Gruft gereinigt, die Umzäunung des Soldatenfriedhofes saniert und ein Flugdach für eine Werkzeughütte errichtet.

Kriegerdenkmal St. Michael

Im Jahre 1952 reifte beim Vorstand des Kameradschaftsbundes der Gedanke für die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege ein Denkmal im Ort zu errichten. Zwei Jahre später wurde dieses zwischen dem Kirchenaufgang und dem Gartenhaus des Pfarrgartens errichtet. Das Denkmal hat eine Länge von 8 Meter und eine Höhe von 3,20 Meter, das Plateau hat eine Fläche von 8 x 3 Meter. Die Bruchsteine des Verblendmauerwerkes mit 26 Tafeln bestehen aus „Salzburger Forellenmarmor“ auf dem die Namen der 161 Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges und der 45 Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkrieges verewigt sind. Die Einweihung des Kriegerdenkmales erfolgte am 10. Juli 1954. Seitdem wird dort am 31. Oktober das alljährliche Totengedenken abgehalten. Die Pflege und Betreuung des Mahnmales, das 2004 saniert wurde, erfolgt durch den Kameradschaftsbund durchgeführt.

Ruthenengedenkstein

Am 16. November 1914 - knapp vier Monate nach Beginn des Ersten Weltkrieges - trafen die ersten ruthenischen Flüchtlinge in St. Michael ein. Kurz darauf wurden diese in dem aufgelassenen Emaillwerk „Austria“ (den heutigen Lagerhausgründen) einquartiert. Ende November 1914 traf ein weiterer Flüchtlingstransport ein, weshalb sich 1.570 Flüchtlinge im Lager befanden, deren Zahl bis Weihnachten auf 2.200 Personen anstieg. Zu Weihnachten 1914 brach eine Fleckfieber-Epidemie im Lager aus, die etwa 100 Menschenleben forderte. Um die Verstorbenen nicht durch St. Michael, zum bestehenden Friedhof bei der Pfarrkirche befördern zu müssen, was die Gefahr einer Ansteckung vergrößert hätte, wurde eine Begräbnisstätte in der Nähe des Lagers errichtet. Dieser Ort hieß in weiterer Folge „Ruthenenfriedhof“.

Anfang der 1930er Jahre wurde die Fläche, auf der die ruthenischen Flüchtlinge begraben sind, eingeebnet. Zur Erinnerung an die Opfer der Seuche wurde am nahen Berghang, ein Holzkreuz aufgestellt, mit einer Inschrift versehen und eingezäunt. Im Jahre 1982 wurde das Holzkreuz durch einen Marmorstein ersetzt, auf dem die Inschrift „Dem Gedenken der galizischen Kriegsflüchtlinge 1914 - 1915“  zu lesen ist. 1993 sanierte der ÖKB-Ortsverband die Gedenkstätte, wobei die teilweise verwitterten Inschriften ersetzt und nachgezogen wurden. In den Jahren danach mussten in vielen Arbeitsstunden die Beschädigungen und Befleckungen durch „Unbekannte“ repariert und gereinigt werden. 2011 waren erneut Sanierungen notwendig, da die Umzäunung vermorscht war und neu errichtet werden musste.

Gedenkstein „Gefecht 25./V.1809"

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Gefechtes von St. Michael im Mai 1909 ließ der damalige Bürgermeister auf dem Plateau wo der Kampf 1809 ausgetragen wurde einen schlichten Gedenkstein aus Granit mit der Aufschrift „Gefecht 25./V.1809“ aufstellen. Dieser steht an dem Ort, an dem bereits 1809 eine hölzerne Kapelle errichtet worden sein soll, die Erzherzog Johann jedoch abreißen ließ. Die Enthüllung des Gefechtsdenkmales fand bei einer großen Feier statt, an der etwa 10.000 Gäste teilnahmen, darunter Abordnungen von Militärveteranen- und Bürgervereinen, Musikkapellen, Feuerwehren etc. Ganz St. Michael war damals festlich beflaggt und am Bahnhof war für die angereisten Gäste sogar ein Triumphbogen errichtet worden. Das Denkmal musste aufgrund des Baus des Autobahnknotens St. Michael auf den aktuellen Platz übersiedelt werden, wo es heute an das Gefecht der Napoleonischen Kriege erinnert.

Franzosenkreuz

Südlich der Mur, etwa 500 m von der Landwehr-Kaserne entfernt, befindet sich das Franzosenkreuz. Dieses Kleindenkmal erinnert ebenfalls an die Schlacht von St. Michael 1809 und zeugt von der Bedeutung dieses Ereignisses für den Ort und seine Umgebung.

Fazit

Der Ort St. Michael mit seinen knapp 3.000 Einwohnern verfügt über eine Fülle von Gedenkstätten, wie kaum ein anderer Ort dieser Größe in Österreich. Diese erinnern an die Opfer der Kriege der letzten 200 Jahre und leisten somit einen Beitrag, ein Bewusstsein für die Bedeutung des Friedens zu schaffen. „Den Toten zur Ehr´, den Lebenden zur Mahnung“ hat sich der ÖKB-Ortsverband von St. Michael auf die (Vereins-) Fahne geschrieben. Diesen Leistspruch beweist er durch seine Aktivitäten im Dienste des Denkmalschutzes und der Kriegsgräberfürsorge.

Vizeleutnant Friedrich Loinig ist Obmann des ÖKB-Ortsverbandes St. Michael.

 

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