Jugend im Fokus
Eine Initiative der Bundesregierung ist die Österreichische Jugendstrategie. Diese zielt ressortübergreifend darauf ab, Maßnahmen zur Stärkung und Förderung junger Menschen zu entwickeln, zu koordinieren, zu systematisieren und zu optimieren. Für das Bundesheer ist sie ein Element zur Personalgewinnung.
Neue Aufgabenstrukturierung
Infolge der Reorganisation der Zentralstelle ist diese Aufgabe seit September 2023 der Abteilung Zielgruppenkommunikation in der Generaldirektion Verteidigungspolitik zugeordnet. In der Umsetzung hat der Abteilungsleiter die Funktion des Ressortkoordinators inne. Darüber hinaus sind aktuell zwei Stellvertreter bestimmt. Einer konzentriert sich auf die Aspekte der Wehrpolitik in Zusammenhang mit der Geistigen Landesverteidigung, während der zweite die Expertise aus dem Bereich der Personalgewinnung einbringt.
Um die Ziele zu erreichen, werden Kooperationsfelder geschaffen sowie Handlungsbedarfe benannt und diese mit Maßnahmen hinterlegt. Als Rahmen dienen vier große Handlungsfelder mit derzeit 35 Jugendzielen. Dabei werden die European Youth Goals in Verbindung mit der EU Youth Strategy berücksichtigt. Diese Strategien zielen darauf ab, die Vision von Jugendlichen als aktive Bürger in Demokratie und Gesellschaft auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene zu verwirklichen.
Definition Jugend
In der österreichischen Rechtsordnung finden sich unterschiedliche Altersdefinitionen für Kinder und Jugendliche. Gemäß Bundes-Jugendvertretungsgesetz werden Personen bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres als Jugendliche verstanden. Die Österreichische Jugendstrategie fokussiert sich auf die Kerngruppe der 14- bis 24-Jährigen. Für das Österreichische Bundesheer liegen in dieser Kerngruppe wesentliche Personengruppen, die angesprochen werden müssen: Lehrlinge, Stellungspflichtige, Grundwehrdiener, Kaderanwärter, Praktikanten, Quereinsteiger, Milizsoldaten für den Einsatz etc.
Dynamische Jugendziele
Die vorliegenden Jugendziele sind kein starres Ergebnis. Eine Weiterentwicklung, Adaptierung und Ergänzung bestehender sowie auch die Schaffung neuer Jugendziele aufgrund aktueller Gegebenheiten oder Vorfälle ist jederzeit durch jedes Ressort möglich. Angestrebt werden interministerielle Kooperationen, um Synergien zu nutzen. Dabei gilt es, die Lebenswelten der jungen Menschen zu berücksichtigen. Jugendziele wie auch Maßnahmen werden im Sinne der aktiven Partizipation „Reality Checks“ unterzogen. Das heißt, sie werden mit jungen Menschen/Einrichtungen, die Jugendexpertise aufweisen, entwickelt und/oder reflektiert. Hierbei wird auch die Bundesjugendvertretung – als gesetzlich verankerte Interessensvertretung aller Kinder und Jugendlichen – in den Prozess involviert. Forschungserkenntnisse werden ebenfalls einbezogen. In einer Vielzahl von bestehenden nationalen Aktionsplänen (Bewegung, Ernährung, Behinderung etc.) und Strategien (Extremismusprävention, Deradikalisierung, Antisemitismus etc.) finden sich Vorhaben und Maßnahmen, die an Jugendliche adressiert sind.
Umsetzung
Durch das Kompetenzzentrum Jugend erfolgt eine zentrale Dokumentation der Umsetzung der Österreichischen Jugendziele und der dazugehörigen Maßnahmen. Um die transparente und partizipative Weiterentwicklung der Österreichischen Jugendstrategie sicherzustellen, wurde am 20. Dezember 2023 der aktuelle Umsetzungsbericht für das Jahr 2022 veröffentlicht. Dieser konzentriert sich auf den Umgang mit Krisen und umfasst insgesamt 127 Maßnahmen. Die Bundesjugendvertretung sowie weitere jugendpolitische Stakeholder werden über die Entwicklungsgruppe Jugendstrategie und das Forum Jugendstrategie in den Weiterentwicklungsprozess eingebunden. Die Jugendstrategie mit ihren Maßnahmen unterliegt auch der parlamentarischen Kontrolle. So werden regelmäßig parlamentarische Anfragen zu den Umsetzungen in den Ressorts gestellt.
Schlüsselbereiche
Vier Handlungsfelder von prioritärer und strategischer Bedeutung bilden das Grundgerüst der Österreichischen Jugendstrategie. Sie geben die Richtung vor, in die gemeinsame Anstrengungen gehen müssen. Es handelt sich dabei um:
- Bildung und Beschäftigung;
- Beteiligung und Engagement;
- Lebensqualität und Miteinander;
- Medien und Information.
Besonderes Augenmerk liegt in dieser Darstellung auf dem Handlungsfeld „Bildung und Beschäftigung“, da das Verteidigungsressort dort eine führende Rolle bei der Umsetzung übernimmt. Im erwähnten Handlungsfeld gilt der Grundsatz: Bildung sichert Zukunft. Grundlage für den Wohlstand in Österreich sind in erster Linie die Talente und Qualifikationen der Beschäftigten. Dieses Handlungsfeld ist daher dem Anliegen gewidmet, dass alle jungen Menschen ihre Talente bestmöglich entwickeln und ihre Chancen nutzen, um damit aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen in der Arbeitswelt begegnen zu können.
Attraktivierung des Lehrlingswesens
Das Bundesministerium für Landesverteidigung verfolgt das Jugendziel der Attraktivierung des Lehrlingswesens insbesondere für weibliche Jugendliche in technischen Berufen. Zu deren Realisierung wurden bzw. werden folgende Maßnahmen gesetzt:
- Durchführung von Bewerbungstrainings;
- Intensivierung der Lehrlingstage und qualitative Neugestaltung;
- Übergabe von Gratulationsschreiben durch die Bundesministerin;
- Betreuung der „Lehrlinge“ in der Behaltefrist;
- Moderner und zielgruppengerichteter Internetauftritt;
- Maßnahmen im Bereich der Geistigen Landesverteidigung;
- Forcierung der Personalgewinnung und -rekrutierung;
- Sensibilisierung der Kommandanten und Leiter bezüglich der Relevanz der Lehre.
In einem stark umkämpften Arbeitsmarkt zeigen diese Maßnahmen Erfolg. Das Österreichische Bundesheer ist mit etwa 40 Lehrberufen der größte öffentliche Lehrlingsausbilder nach Berufsfeldern. Etwa 250 Lehrlinge, davon ein Drittel Frauen, absolvieren ihre Lehre unter anderem als Luftfahrzeugtechniker, Waffenmechaniker oder Betriebslogistiker, aber auch als Berufsjäger, Buchbindetechniker oder pharmazeutisch-kaufmännischer Assistent. Der prozentuelle Anteil an weiblichen Lehrlingen in technischen Berufen ist zwar meist einstellig, aber allein die Möglichkeit, Frauen auszubilden, bietet der Organisation die Chance, neue Mitarbeiter zu gewinnen.
Ausbildungsoffensive
Mit der „Mission Vorwärts“ wird die Attraktivität der militärischen und zivilen Ausbildung im Verteidigungsressort gesteigert; „Jobs mit Aufwind“ werden geboten. In diesem Zusammenhang ist es vonnöten, auch in der Zielgruppe der Lehrlinge – die sich altersbedingt in einer Phase der gesellschaftspolitischen und beruflichen Orientierung befinden – demokratische Werthaltungen und die Bewusstseinsbildung für Neutralität und Souveränität zu vermitteln. Dabei dient die staats- und wehrpolitische Bildung als Mittel der Geistigen Landesverteidigung. So sollen die Akzeptanz des Österreichischen Bundesheeres in der Gesellschaft und der Wehrwille der Bevölkerung im Sinne der Umfassenden Landesverteidigung gestärkt werden. Dies ist seit der Rückkehr des Krieges als Dimension der Politik ein klares Ziel und eine notwendige Maßnahme, die aus diversen militärpolitischen bzw. militärstrategischen Dokumenten wie dem Landesverteidigungsbericht 2023, der Weisung zur Priorisierung und Realisierung bzw. dem Risikobild 2024 hervorgeht.
In den kommenden Jahren wird verstärkt darauf abgezielt, den pensionsbedingten Abgängen entgegenzuwirken und den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden, indem vermehrt Lehrlinge aufgenommen werden. Diese sollen dann entweder als Zivilbedienstete oder als uniformiertes Kader in der Organisation verbleiben. So sollen jährlich etwa 500 Zivilbedienstete aufgenommen werden; davon an die 300 über die Lehrlingsausbildung.
Im Zuge dieser Initiative werden auch die vielfältigen Aktivitäten erwähnt, die das Ressort in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Grundwehrdiener sowie der uniformierten und zivilen Bediensteten durchführt, auch wenn sie nicht explizit unter dem Schirm der Jugendstrategie aufgeführt sind. Hierzu zählen die staats- und wehrpolitischen Unterrichte mit den neun Stundenbildern, Präventions- und Hilfsmaßnahmen im Bereich Alkohol- und Suchtmittelmissbrauch sowie das Helplineservice des Heerespsychologischen Dienstes. Die Stellungsuntersuchungen und die körperliche Ausbildung während des Grundwehrdienstes spielen eine wesentliche Rolle und tragen zur Volksgesundheit bei. Es sollte erwogen werden, diese Aktivitäten zukünftig dem Handlungsfeld „Lebensqualität und Miteinander“ zuzuordnen.
Gesamtkoordination
Die Gesamtkoordination für die strategische Weiterentwicklung liegt beim Kompetenzzentrum Jugend im Bundeskanzleramt. Diese Stelle dient allen Beteiligten als Ansprechpartner und unterstützt sie bei der operativen Umsetzung. Durch die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle in jedem Bundesministerium wird sichergestellt, dass der interministerielle Abstimmungsprozess sowie die kontinuierliche Beteiligung am Gesamtprozess gewährleistet sind.
Partnerschaften
Die Ressortvertreter arbeiten eng mit dem Bundeskanzleramt zusammen und nehmen etwa an sechs Koordinationsrunden pro Jahr teil. Eine dieser Runden findet in Form einer ganztägigen Klausur statt. Die Abteilung Zielgruppenkommunikation durfte im Dezember 2023 mit Unterstützung der Garde und des Militärkommandos Wien eine Koordinationsrunde organisieren und den Teilnehmern einen Einblick über das Leben und den Dienst von Jugendlichen als Grundwehrdiener verschaffen. Das Forum „Jugendstrategie“ – das jugendpolitischen Stakeholdern eine Möglichkeit zum informellen Austausch bietet –
komplettiert die Veranstaltungen im Jahreskalender. Die Verankerung und Darstellung der Thematik auf der Homepage des Bundesministeriums für Landesverteidigung verweist auf Zusammenarbeit und Kooperation.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die fixierte Kooperation des Ressorts mit dem European Youth Parliament, das mit Vertretern auch thematisch an dessen nationaler Sitzung im Mai 2024 in Wien teilnehmen wird.
Für die Abteilung Zielgruppenkommunikation und das Ressort gilt es, Jugendliche möglichst frühzeitig als Zielgruppe zu erkennen, anzusprechen, abzuholen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Die Aspekte der Wehrpolitik und des attraktiven Arbeitgebers stellen dabei die wichtigsten Merkmale dar.
Ministerialrat Oberst dhmfD Mag.(FH) Dr. Wilfried Thanner, MLS Abteilung Zielgruppenkommunikation
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 2/2024 (397).