Kartenspiel Panzerdoppel
Das Panzerdoppel vermittelt den Panzererkennungsdienst auf spielerische Art. Um zu gewinnen, müssen die Panzertypen und die genauen Leistungsparameter wie bei einem Memoryspiel übereinstimmen.
Die rasch fortschreitende Entwicklung neuer Technologien in der Militärtechnik macht es zunehmend schwieriger, den Überblick über die aktuell verwendeten Systeme auf dem Gefechtsfeld zu bewahren. Mag es früher gereicht haben, gepanzerte Kampf- und Gefechtsfahrzeuge (GKGF) wie den T-54/55, den BMP-1 und die 2S1 „Gvozdika“ zu kennen, hat spätestens der russische Angriffsbeginn am 24. Februar 2022 aufgezeigt, dass dies nicht mehr ausreicht. Bedrohungsszenarien mit einem Gegenüber, das mit modernen und upgedateten sowie modifizierten Kampffahrzeugen ausgestattet ist, erscheinen nun plausibel. Das ergibt aber eine Wissenslücke für den einfachen Soldaten, bei dem die Ausbildungszeit gefühlt immer kürzer wird. Während die oben genannten und bisher bekannten GKGF nach wie vor im Einsatz stehen, hat die Bandbreite an neuen Kampfpanzern, Schützenpanzern, Aufklärungspanzern oder Selbstfahrlafetten ein nur schwer überblickbares Ausmaß erreicht.
Das Beispiel bei den wichtigsten Kampfpanzern sowjetischer Bauart zeigt die Fülle auf, die der Soldat unterscheiden und benennen können sollte: T-72 B/BA, T-27B3, T-72B3 obr. 2016, T-80VF/U, T-80BVM, T-90/T-90A, T-90M, T-14, T-15, zuzüglich der eingelagerten Typen T-72, T-72 A/B, T-80B/BV/U, T-90. Hierbei sind Varianten wie der T-80U/K noch nicht berücksichtigt. Es ist trotzdem ein wichtiger Teil der Ausbildung, dass man im Einsatz seinen Gegner und dessen Ausrüstung kennt. Etwa um 500 vor Christus sagte der chinesische General und Philosoph Sun Tzu: „Kenne deinen Feind und kenne dich selbst, und in hundert Schlachten wirst du nie in Gefahr geraten.“
Es ist notwendig, ein Bild vom potenziellen Gegner und seinen Fähigkeiten zu haben. Die Ausbildungsphilosophie spricht im Leitbild von einer erwachsenengerechten und leistungsfordernden Ausbildung, deren Ausbildungsmethoden nicht nur modern und effizient sein, sondern auch Herz und Hirn sowie Humor haben sollen.
Spielentwicklung
In der Ausbildung an der Militärakademie ist es notwendig, einen Überblick über die gängigsten GKGF zu haben und deren Leistungsparameter zu kennen. Zusammen mit der Einsicht, dass nach langen Dienstzeiten das sture Lernen nur wenig Erfolg bringt, lag es nahe, eine Möglichkeit zu entwickeln, den Lernprozess angenehmer zu gestalten, so wie es die Ausbildungsphilosophie als Maßstab anlegt.
Im Zuge der Ideensammlung stellte sich die Frage, wie man so einen Lernprozess als Spiel entwickeln könnte, das wenig aufwendig, aber realisierbar erscheint und dem Führungsgrundsatz der Einfachheit entspricht. Zusätzlich sollte das Spiel zwei klare Ziele vereinen: Lernerfolg und Spaßfaktor.
Hierbei haben sich zwei Lernziele herauskristallisiert wie
- das Erkennen bestimmter Typen und
- die Kenntnis der genauen Leistungsparameter.
Daher bot sich eine Spielmethode an, bei der es notwendig ist, jeweils Paare zu finden, die beide Lernziele miteinander verbindet. So ist das Spiel „Panzerdoppel” entstanden, ein Spiel in Anlehnung an die Spielweise von Memory.
Spielweise
Ziel des Spieles ist es, gegen einen oder mehrere Mitspieler, möglichst viele gleiche Paare zu finden – hierbei müssen das Bild sowie der Name des GKGF mit den dazugehörigen technischen Daten zusammengefügt werden. Da es sich für einen Anfänger schwierig darstellen kann, sind die Kartenpaare mit einer Nummer versehen, wodurch ein Paar eindeutig identifiziert werden kann. Auf den ersten Blick birgt dies die Gefahr, das Spiel nur mehr über die Nummern zu spielen; Selbst- und Fremdversuche haben aber gezeigt, dass das Auffinden von Paaren um einiges erleichtert wird, wenn sich die Spieler die technischen Charakteristika merken. Beispielsweise kann ein Raketenwerfer mit 30 km Einsatzschussweite sowie 40 Rohren nur ein BM-21 „Grad“ sein.
Das Kartenpaket inkludiert auch Panzerabwehrlenkwaffen, sofern diese auf einem GKGF montierbar oder durch das Rohr zu verschießen sind. Für die Typenbezeichnung wurden bewusst nicht die NATO-Codenamen gewählt, da diese nur für manche Waffensysteme existieren, während der russische GRAU-Index (Name für die Bezeichnung aller Waffen der ehemaligen Sowjetunion und des heutigen Russlands) eine einheitliche Bezeichnung sicherstellt und ebenfalls international bekannt und nachvollziehbar ist.
Aufbau
Die Daten kommen vornehmlich aus dem Führungssimulator (FüSim) der Theresianischen Militärakademie und wurden durch eine zusätzliche Recherche ergänzt. Das Schwergewicht der enthaltenen GKGF liegt auf jenen, die derzeit im Ukraine-Krieg eingesetzt werden. Bewusst wurde die russische Panzergeneration der „Armata“-Serie nicht eingebunden, da sie bis dato nicht auf dem Gefechtsfeld aufgetreten ist und Produktionsprobleme kolportiert werden. Anfang März 2024 wurde offiziell bekannt, dass Russland den T-14 „Armata“ aufgrund der hohen Produktionskosten nicht in der Ukraine einsetzen würde und stattdessen günstigere T-90 beschaffen wird.
Derzeit sind 36 verschiedene russische GKGF im Panzerdoppel enthalten. Es empfiehlt sich, mit einer geringeren Anzahl von Kartenpaaren das Spiel zu starten. So können mehrere Spieler gemeinsam spielen und die Karten nach einer Runde durch neue ersetzt werden, damit der Spielspaß und damit einhergehend der Lerneffekt maximiert werden.
Verwendung
Die Konzeption des Spieles ermöglicht das Erreichen der Lernziele – Erkennen des Typs und seiner Leistungsparameter. Ein Anfänger wird bereits nach einigen Durchgängen sein Wissen verbessern, vorausgesetzt er interessiert sich dafür. Die Bebilderung und Beschriftung, wie ein bestimmtes GKGF aussieht, seine Bezeichnung und die Leistungsparameter sind auf der Spielkarte abgedruckt (Gibt es eine Absitzstärke? Kann es Ziele aus weiter Entfernung bekämpfen?).
Das Panzerdoppel ist ein analoges Spiel und für mehrere Spieler konzipiert. Es kann überall und jederzeit verwendet werden. Vor allem in der Cafeteria oder im Soldatenheim bietet das Panzerdoppel eine gute Möglichkeit, sich auch einmal ohne Handy zu unterhalten, mit dem Nebeneffekt, sein Wissen für den Dienst auszubauen. Ebenso kann es als ein schnelles Nachschlagewerk dienen, falls man sich bestimmte Parameter wieder ins Gedächtnis rufen möchte.
Neu ist die Verwendung von Spielen für didaktisch-militärische Zwecke nicht: Im Zuge des Dritten Golfkrieges wurde beispielsweise ein Kartenspiel kreiert, das Personen von besonderem militärischem Interesse den Soldaten näherbrachte (Most wanted Iraqi Cards). Die Art des Spieles zählt zu den „Personality Identification Playing Cards“ und war ein französisches Kartenblatt, auf dem die 52 meistgesuchten Personen im Irak während des Dritten Golfkrieges dargestellt wurden. Das Spiel wurde an die dort im Einsatz befindlichen US-Truppen verteilt. Der militärische Erfolg blieb nicht aus. Bis 2007 wurden bis auf neun Personen alle Gesuchten gefasst oder neutralisiert.
Das Spielprinzip lässt sich nahtlos auf andere Ausbildungsbereiche übertragen, wie etwa auf Waffensysteme, IT-Systeme oder Gliederungen. Der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Das Spiel darf daher auch als Anstoß gesehen werden, ähnliche „Doppel“ zu erstellen.
Fazit
Das Spiel ist eine einfache Möglichkeit, das Aussehen von GKGF sowie deren technische Daten spielerisch zu erlernen. Sowohl für taktische Zwecke, um die Parameter der Waffensysteme bei der Einsatzplanung zu berücksichtigen, als auch für die gefechtstechnische Ebene, um hier vor allem den Panzererkennungsdienst verständlich zu machen.
Bei der Erstellung des Spieles war der Hintergedanke, einen Beitrag zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft bzw. des Wissens und der Kenntnisse der auf dem Gefechtsfeld möglichen auftretenden GKGF zu leisten, maßgebend. Damit konnte eine Nutzung für dienstliche, nichtkommerzielle Zwecke gestattet werden. In erster Linie wird das Spiel den Fähnrichen an der Theresianischen Militärakademie als Ausbildungsbehelf zur Verfügung gestellt. Zusätzlich ist das Spiel in Sitos-6 verfügbar.
Fähnrich Mag. iur. Maximilian Förster; Student an der Theresianischen Militärakademie
Dieser Kommentar erschien im TRUPPENDIENST 3/2024 (399).