• Veröffentlichungsdatum : 24.01.2018

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Trendszenario Sicherheit

Redaktion Truppendienst

Zum bereits vierten Mal publizierte die Direktion für Sicherheitspolitik die Sicherheitspolitische Jahresvorschau. Das europäische Umfeld ist dabei von zahlreichen Konflikten betroffen. Hybride Konflikte und verstärkte Cyber-Angriffe werden 2018 auch das Österreichische Bundesheer (ÖBH) vor teils neue Herausforderungen stellen. 

Die Jahresvorschau sieht das heurige Jahr „charakterisiert durch eine Zuspitzung von geopolitischen Krisen und von Konflikten im Umfeld Europas.“ Die Zeit des relativen Friedens in Europa, seit dem Ende des Jugoslawien Krieges, gehe damit zu Ende. Konflikte in der Ukraine, dem Nahen und Mittleren Osten und Nordkorea sind Faktoren, die zu dieser Einschätzung beitragen. Zusätzlich, so die Einschätzung, verlieren die USA ihre Rolle als Stabilitätsfaktor. Begleitet wird dieser Umstand durch den Aufstieg Chinas, Russlands und anderer Regionalmächte - im Nahen Osten etwa der Iran oder Saudi-Arabien.

Als weitere Unsicherheitsfaktoren werden die Globale Wirtschaftsentwicklung und das steigende Wohlstandsgefälle - sowohl global, aber auch innerhalb einzelner Staaten - angeführt. Steigende Migrationszahlen sind eine Folge dieser ungleichen wirtschaftlichen Entwicklung. Damit, so der Bericht weiter, bleibe „die Integration bestehender Zuwanderung (…) für die nächsten Jahre eine wesentliche Herausforderung.“ Zusätzlich verstärkt werden Migrations- und Fluchtbewegungen durch den Klimawandel, dem bisher nur unzureichend entgegengesteuert wird.

Was die europäische Entwicklung angeht, sieht das Trendszenario 2018 eine „eher schwache EU“. Das zeige sich nicht zuletzt darin, dass bis heute keine gemeinsame Haltung gegenüber Russland oder den USA gefunden wurde. Positiv erwähnt der Bericht die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Etablierung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit, bei der auch das ÖBH aktiv mitwirken wird.

Nach einer allgemeinen Darstellung des Sicherheitspolitischen Trendszenarios geht die Publikation in mehreren kurzen Beiträgen auf folgende Themenblöcke ein:

  • Entwicklung der globalen Lage;
  • Entwicklung der eurostrategischen Lage;
  • Die Rolle der Big Player;
  • Entwicklungen relevanter Räume im Eurostrategischen Umfeld;
  • Entwicklungen internationaler Organisationen;
  • Brennpunkte europäischer Sicherheit;
  • Österreichisches Bundesheer. Im Folgenden werden exemplarische einige dieser Abschnitte behandelt.

Die geopolitische Lage Europas

Der deutsche Politologe Herfried Münkler geht in seinem Beitrag auf die außenpolitische Neupositionierung der USA ein und beschreibt die möglichen Konsequenzen, an denen sich Europa zu orientieren hat. Die veränderte Haltung bzw. Unberechenbarkeit der amerikanischen Politik werde vor allem auf die Rolle der europäischen NATO-Mitgliedstaaten Einfluss haben. Daraus ergibt sich die Frage, in welche Richtung sich die europäische Verteidigungsstrategie entwickelt. Münkler stellt zwei Alternativen zur Debatte: „In die (Richtung) eines stärkeren Beitrags der Europäer innerhalb der NATO, wie er von einigen Staaten Osteuropas präferiert wird, oder in die des Aufbaus eigener Fähigkeiten der EU, wie ihn einige Westeuropäer bevorzugen.“

Neben den transatlantischen Beziehungen beschäftigen Europa 2018 Konfliktfelder an der Peripherie - etwa am südöstlichen Balkan. Nach wie vor sind ethnische Konflikte in der Region vorhanden, in denen jederzeit auch Gewalt ausbrechen kann. Den Südosten Europas sieht Münkler nicht zuletzt durch die Nähe zur Türkei, deren Beziehung zur EU sich merklich abgekühlt hat, am verwundbarsten. Im Nahen Osten sollte es im Interesse Europas sein, an einer baldigen Beendigung des syrischen Bürgerkrieges mitzuwirken und eine Eskalation des Konfliktes zwischen Kurden und der Türkei zu unterbinden. „Misslingt dies, können sich die innergesellschaftlichen Kriege in Syrien und im Jemen, im Irak und in Libyen zu einem einzigen großen (transnationalen) Krieg miteinander verbinden, der dann gleichermaßen als Religionskrieg (Sunniten vs. Schiiten) wie als Hegemonialkrieg (Iran vs. Saudi-Arabien) ausgetragen wird“, beschreibt der Politologe die möglichen Folgen einer gescheiterten Friedenspolitik.

Die postwestliche Weltordnung

In einem bemerkenswerten Beitrag schreibt Oliver Stuenkel, Associate Professor für Internationale Beziehungen in Sao Paolo, über die neue Führungsrolle Chinas. Das Land baue zunehmend an einer „Parallelordnung“, die aktuell bestimmende, internationale Institutionen ersetzen solle. Beispiele dafür sind etwa die von den BRICS-Staaten (Brazil, Russia, India, China und South Africa) geführte New Development Bank, als Pendant zur Weltbank oder die Ratingagentur Universal Credit Rating Group. Andere Beispiele, etwa aus dem Technologiesektor, wie das GPS-Konkurrenzsystem Beidou, können hier ebenfalls genannt werden.

Es gehe dabei, so Stuenkel, vor allem um politische Macht: „China und andere aufstrebende Mächte verfügen nicht über grundlegend neue Ideen zur Lösung globaler Probleme und versuchen auch nicht, globale Regeln und Normen zu ändern. Vielmehr dienen diese Institutionen als Instrumente, um Pekings Macht deutlicher zu projizieren, wie es einst auch westliche Akteure mit ihren Institutionen taten.“

In diesen Entwicklungen sieht der Experte einen Auftrag an die europäische Außenpolitik, die sich stärker an den asiatischen Mächten ausrichten müsse. Um Lösungen für globale Probleme zu finden, muss verstärkt mit Asien, allen voran China, kooperiert werden - ein Beispiel dafür ist der Klimawandel. Aber auch wirtschaftliche Projekte wie die „Neue Seidenstraße-Initiative“ erfordern verstärkte Kooperation. Ein Problem ist, wie bei anderen außenpolitischen Fragen, die fehlende Geschlossenheit bei Verhandlungen. Der richtige Umgang in den Bereichen Menschenrechte und Demokratie müsse mit China ebenfalls erst gefunden werden.

Die Entwicklungen der Cyber-Defence im ÖBH

Generalmajor Hermann Kaponing, Kommandant des Kommando Führungsunterstützung und Cyber Defense, geht im Abschnitt über das ÖBH abschließend auf die neuen Herausforderungen im Bereich Cyber-Defence ein. Erhöhte Vernetzung und Digitalisierung lässt die Abhängigkeit von IT-Infrastruktur steigen und stellt damit ein Risiko dar. Der Cyber-Raum durchdringe sämtliche anderen Themenfelder und müsse deshalb als eigenständiges Feld gedacht werden. Die jüngste Vergangenheit hat auch die Anfälligkeit wirtschaftlicher und politischer Abläufe und Systeme gezeigt. Da Cyber-Warfare Teil der hybriden Kriegsführung ist und verstärkt eingesetzt wird, müssen entsprechende Fähigkeiten zur Abwehr entwickelt werden. Von Seiten des Bundesheeres wurde diesen Entwicklungen mit der Etablierung des Kommando Führungsunterstützung und Cyber Defense berücksichtigt.

Fazit

Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau bietet einen umfassenden Überblick über relevante Themenfelder, die nicht nur im kommenden Jahr, sondern auch mittel- bis langfristig relevant sein werden. Zahlreiche Autoren tragen in ihren jeweiligen Fachgebieten zu einem runden und informativen Gesamtbild bei. Globale und regionale Problem- und Konfliktfelder werden neutral beschrieben und aus einer europäischen bzw. österreichischen Perspektive analysiert. Die Konsequenzen, die sich in letzter Instanz für das Österreichische Bundesheer ergeben, werden ebenfalls beschrieben. Abschließend kann festgehalten werden, dass die Publikation Bewusstsein für aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen schafft und so einen Beitrag zur Information einer breiteren Öffentlichkeit leistet.

 

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