• Veröffentlichungsdatum : 06.08.2024

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Smart Change - Digitale Kompetenz von Lernenden

Andreas Kastberger

Die Heeresunteroffiziersakademie ist seit 2021 in das Projekt „Digitale Transformation der Militärhochschule“ eingebunden. Dieses setzt sich ab 2023 mit der Digitalisierung der Bildungseinrichtungen und dem Sprachwesen im Bundesheer auseinander. Ein Teilbeitrag davon legt den Fokus auf die Kompetenz lernender Personen in einem zunehmend digitalisierten Umfeld.

Netzwerkzugang für Lernende

Eine breit angelegte Bedarfserhebung an der Heeresunteroffiziersakademie (HUAk) bei Auszubildenden zur Entwicklung ihres digitalen Lern- oder Arbeitsumfeldes der Zukunft hat einen Trend erkennen lassen: Digitale Kompetenz scheint im Kern kein Thema zu sein, womit sich junge Unteroffiziere, Offiziersanwärter oder Zivilbedienstete privat beschäftigen. Bei einer Befragung zu erforderlichen digitalen Kenntnissen oder Fertigkeiten in den Bereichen Ausbildung, Dienstbetrieb und Einsatz wurden eher ausweichende Antworten gegeben. Diese weisen auf mangelnde Geräteausstattungen oder Anwendungsprobleme mit dienstlich relevanter Software hin.

An vorderster Stelle beklagen diese Personengruppen einen fehlenden oder stark eingeschränkten Zugang zu militärischen oder offenen Netzen und damit zu den für sie relevanten Informationsquellen. Fehlende dienstliche Hardware wie Computer oder Chipkarten sind für das Berufskader scheinbar problematischer als für Milizangehörige. Die Nutzung privater Geräte, allen voran Smartphones, für dienstliche Zwecke ist für die meisten mittlerweile selbstverständlich. Allerdings bedarf es noch einer Aufklärung über die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Privatgeräten im Dienst, wobei bereits in der Projektphase ein entsprechendes Angebot entwickelt werden konnte.

Digitaler Kompetenzerwerb

Digitalisierung wird in der Regel mit technischen Herausforderungen gleichgesetzt. Davon abgeleitet ist es nicht mehr weit bis zur Sichtweise, dass dieser Grundsatz ebenfalls für das Bildungswesen zu gelten habe. In dieser Denkwelt wird digitaler Kompetenzerwerb ausschließlich zu einem Problemfeld der technischen Ausbildung. Dieser Ansatz greift aber zu kurz. Die Förderung eines ausgewogenen digitalen Lebensstils in der Ausbildung hat Priorität, um störende bis zerstörerische Einflüsse zu verhindern und alle Vorteile der Digitalisierung optimal zu nutzen. Für langfristigen Erfolg sollte jede Schulung im Bereich Informations- oder Kommunikationstechnologie auch auf einer fundierten Persönlichkeitsbildung aufbauen.

Curriculare Lernziele

Die Qualifikationen „Berufsunteroffizier“ und „Stabsunteroffizier“ sind bereits seit Jahren dem Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) auf Ebene 4 bzw. 5 zugeordnet. Noch länger existiert ein digitales Kompetenzmodell für das österreichische Bildungssystem, das nach mehreren Evaluationen aktuell als DigComp 2.3 AT (2022) vorliegt. Beide außermilitärischen Referenzen nutzend, könnten sich curriculare Weiterentwicklungen zur digitalen Kompetenz von Unteroffizieren anhand der tabellarisch auszugsweise dargestellten Lernziele orientieren. Bearbeitungen für andere Zielgruppen wären sinngemäß zu gestalten.

Analoge Backups

Selbst bei weitgehender Digitalisierung des Lernumfeldes in den kommenden Jahren sollten traditionelle, analoge Methoden des Lehrens und Lernens zumindest als Backup weiterhin bestehen bleiben. Diese Forderung ist keine nostalgische Reaktion, sondern wohlbegründet. In wesentlichen Kompetenzfeldern werden analog erworbene Kompetenzen aus lerntheoretischer Perspektive sogar eine Voraussetzung für einen Einstieg  in digitale Anwendungen bilden müssen, damit die digitale Transformation am Ende gelingt. Beispiele dafür sind die Orientierungsfähigkeit im Raum (Karte und Bussole vor Navigationssystem) oder die Kommunikationsfähigkeit (Gesprächsführung im direkten Angesicht eines Gegenübers vor Videokonferenz oder Virtuellem Klassenraum). Ganz abgesehen davon haben analoge Backups etwa im Falle eines Blackouts ohnehin höchste Einsatzrelevanz.

Zentrale Erkenntnisse

Es sollte selbstverständlich sein, dass Bildungseinrichtungen über eine zeitgemäße digitale Infrastruktur verfügen. Besonders zu empfehlen sind Varianten des zusammengesetzten Lernens anstelle einer konkurrierenden Gegenüberstellung von Präsenz- und Fernausbildung. Die Abstützung bei Bearbeitungen zur digitalen Transformation der HUAk, sowohl auf didaktisch-methodische als auch auf technische Expertise, hat sich bewährt. Die selbstständige Weiterentwicklung der Lernenden im Bereich der digitalen Kompetenz muss im Sinne einer Aneignungsdidaktik konsequent gefördert werden.

Digitale Kompetenz bedeutet, sich als Persönlichkeit in einer zunehmend digitaleren Welt zurecht zu finden. Reine Beherrschung digitaler Technik greift hier zu kurz. Dafür wird es meistens notwendig sein, vor dem Einsatz digitaler Hilfsmittel die Lösung eines Problems im Wesentlichen bereits anhand analoger (im Sinne nicht-digitaler) Methoden oder Techniken begreifen zu können – hier geht es häufig tatsächlich um ein „Greifen“ mit den Händen. Unkomplizierter Zugang zu Informationen ist nötig, um selbstgesteuertes Lernen am Weg zum digitalen Kompetenzerwerb zu fördern. Die militärische Ausbildung wird auf solche Herausforderungen von der Praxis beginnend bis zur Gestaltung von curricularen Lernzielen reagieren müssen.

Oberst dhmfD Mag. Andreas Kastberger; Referatsleiter Pädagogik an der Heeresunteroffiziersakademie


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 2/2024 (397).

Zur Ausgabe 2/2024 (397)


 

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