• Veröffentlichungsdatum : 22.01.2025
  • – Letztes Update : 11.02.2025

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Kommandounteroffizier: Werteoffensive

Rudolf Pfalzer

Werteoffensive

Krieg im Osten Europas, Krieg im Nahen Osten, Einsatz an innereuropäischen Grenzen zum Schutz gegen die illegale Migration, Schengenveto durch Österreich aufgrund des Mangels an Vertrauen zu den europäischen Bruderstaaten. Meldungen wie diese hört und liest man heute häufig. Es scheint, dass Europa immer stärker auseinanderdriftet und die Gefahr eines sich ausweitenden bewaffneten Konfliktes rund um Europa und somit im Nahbereich Österreichs größer wird. Aufgrund dieser Situation ist es wichtig über leistungsfähige Streitkräfte zu verfügen, die im Fall der Fälle in der Lage sind, die Sicherheit zu gewährleisten. Ein zentrales Element ist das Personal (Soldaten und Zivilbedienstete), das in ausreichender Qualität und Quantität vorhanden sein muss.

Wie kann man trotz der gegenwärtigen Situation (junge) Menschen dazu motivieren, den Beruf des Soldaten zu ergreifen? Um motivierte Berufssoldaten zu gewinnen, muss wohl das „Mindset“ der jungen Generation hin zu einem gesteigerten Wehrwillen verändert werden. Dabei dürfen jedoch bereits errungene gesellschaftliche Erfolge wie Gleichstellung oder Antidiskriminierung nicht aufgegeben werden. Diese stehen auch nicht im Widerspruch zum Wehrwillen – vielmehr sind sie ein schützenswertes Gut, das es zu verteidigen gilt.

Die Wertegesellschaft muss schon bei den Kleinsten geprägt werden. Allen in Österreich beheimateten Personen, gleich welcher Herkunft oder Prägung, muss vermittelt werden, dass Werte nur dann „einen Wert haben“, wenn man bereit ist diese zu verteidigen. Das zu verinnerlichen geht weder sofort oder innerhalb eines Jahres. Dieser Prozess dauert Dekaden, aber er muss begonnen werden – umso früher desto besser.

Für das Bundesheer ist es notwendig, konkurrenzfähig zu anderen Mitbewerbern auf dem Arbeitsmarkt zu werden – andere Bereiche des Öffentlichen Dienstes oder der Privatwirtschaft mit ihren zahlreichen Branchen. Das Einkommen der Bediensteten ist im Gehaltsgesetz geregelt, wenngleich es in vielen Bereichen Sonderverträge gibt. Mit Zulagen oder Prämien bestehen für Bedienstete in Spezialfunktionen zusätzliche Verdienstmöglichkeiten. Beispielsweise wird die Teilnahme an Einsätzen im In- und Ausland gut bezahlt. Das Grundgehalt von Bediensteten des Bundesheeres – egal ob uniformiert oder zivil – ist jedoch relativ niedrig bemessen.

Die meisten Bediensteten leisten länger als 40 Jahre einen Dienst für die Republik Österreich. Dieses Personal muss von Zeit zu Zeit daran erinnert werden, warum es die richtige Entscheidung war, den Soldatenberuf zu ergreifen. Soziale Absicherung ist im Bundesheer selbstverständlich und die diesbezüglichen Leistungen des Ressorts sind gut. Damit darf und soll man selbstverständlich werben. Alle Kommandanten, vom General bis zum Wachtmeister, sollten diese Benefits immer wieder bedenken und erwähnen.

Der Österreicher ist ein Familienmensch. Er hat – so lautet das Ergebnis diverser Umfragen – gerne einen festen Wohnsitz (vorzüglich im Eigentum) und identifiziert sich mit „seinem“ krisensicheren Job. So sind wir geprägt und so zeigen es auch die Studien über die Generation Z. Ob man Soldaten als Beamte, Bundesbedienstete, Vertragsbedienstete oder „Milizionäre“ bezeichnet, ist für viele jedoch zweitrangig. Als Dienstgeber punktet das Bundesheer durch eine krisenfeste Anstellung, da die Aufträge für den militärischen Apparat, auch wegen der eingangs erwähnten aktuellen internationalen Sicherheitslage, nicht weniger werden.

In der westlichen Gesellschaft ist Bildung ein lebenslanger und begleitender Prozess. Durch zielgerichtete Bildungsmaßnahmen werden den Bediensteten des Bundesheeres neue Perspektiven ermöglicht. Dadurch wird es aber notwendig, alte militärisch-hierarchische Denkschemata aufzubrechen. Neue Perspektiven, die innerhalb des Ressorts geboten werden, können ein Abwandern qualitativ hochwertiger Mitarbeiter in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes, oder in die Privatwirtschaft verhindern. Bildung auf Maturaniveau ist nicht nur Offizieren oder A1/A2-Beamten vorbehalten. Der gebildete Unteroffizier in adäquaten Führungspositionen (z. B. der Kommandounteroffizier) wird in Zukunft die Leistung der Führungsteams in den Verbänden enorm steigern.

Das Personal stellt die Handlungsfähigkeit des Bundesheeres sicher. Es ist bedenklich, dass gerade in diesem Bereich in den vergangenen Jahrzehnten Fehlentwicklungen zugelassen wurden. Parteipolitisch motivierte Richtungsentscheidungen der Vergangenheit, die vor allem Einsparungen und Reduktionen zum Ziel hatten, haben das gesamte Ressort in die aktuell kritische Situation hinsichtlich Personal und Ausrüstung gebracht. Vor allem eines wird wichtig sein: Kontinuität. Diese ermöglicht eine Personalentwicklung und -steuerung sowie ein zielgerichtetes Anwerben von qualifizierten Mitarbeitern. Das Ressort muss aber auch mehr Geld investieren, um die Ziele des Aufbauplanes 2032+ tatsächlich verwirklichen zu können.

Das Bekenntnis zur Priorisierung des Personals ist ein wichtiger erster Schritt. Die Soldaten aller Dienstgrade sind Werbeträger für das Bundesheer, da leistungsfähige Mitarbeiter potenzielle Kameraden dazu motivieren, diesen Weg einzuschlagen. Es muss sich auszahlen, Bediensteter des Bundesheeres zu sein. Nicht nur finanziell, auch der Dienst am Staat muss als sinn- und wertvoll empfunden werden. Letztendlich reichen aber keine Worte, vielmehr müssen Taten folgen, da nur diese einen Erfolg bringen und sichern.

Vizeleutnant Rudolf Pfalzer; Kommandounteroffizier der Heeresunteroffiziersakademie


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 4/2024 (400).

Zur Ausgabe 4/2024 (400)


 

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