Als der Sturm über die Wüste fegte
Vor dem Morgengrauen des 17. Jänner 1991 startete eine internationale Kriegskoalition unter US-Führung einen Luftangriff auf die irakischen Streitkräfte in Kuwait – die Operation „Desert Storm“ hatte begonnen. Der damit besiegelte Zweite Golfkrieg sollte als „Mutter aller Schlachten“ in die Geschichte eingehen, jedoch nicht wie ursprünglich vom irakischen Diktator Saddam Hussein angedacht. Auch 30 Jahre später prägen die Folgen des Krieges, der auch als Wendepunkt in der Kriegsführung und Kriegsberichterstattung gilt, die internationale Politik.
Im Sommer 1990 blickte die Welt auf den deutschen Wiedervereinigungsprozess. Dieser symbolisierte das definitive und symbolische Ende der unmittelbaren Nachkriegsordnung und des Kalten Krieges. Die Menschen in den Staaten des demokratischen Westens und des ehemals kommunistischen Ostens, die sich noch kurz davor als ideologische Feinde gegenüberstanden, sahen nun einer gemeinsamen und friedlichen Zukunft entgegen. Am 2. August 1990 wurde diese Stimmung des Aufbruchs erschüttert, als in den frühen Morgenstunden des 2. August irakische Soldaten Kuwait besetzten. Beinahe ungehindert marschierten sie über die Grenze, die die kuwaitischen Truppen nur mit geringem Widerstand zu verteidigen versuchten. Sie hatten angesichts der Übermacht der irakischen Streitkräfte resigniert. Die Eroberung des kleinen Emirats am Persischen Golf traf die Weltöffentlichkeit zwar unvorbereitet, dennoch ließ die internationale Verurteilung dieser Aggression nicht lange auf sich warten. Von militärischen Maßnahmen wurde zunächst noch abgesehen. Dass der Westen in erster Linie auf Diplomatie statt auf Waffen setzen würde, war Teil der Strategie des irakischen Diktators Saddam Hussein. Er war davon überzeugt, dass die Besetzung Kuwaits keine ernsthaften Konsequenzen nach sich ziehen würde. Am 7. August 1990 soll er zu seinem Führungsstab gesagt haben: „Alles was sie tun können, ist, bumm bumm, bumm bumm, bumm. Na und? Nichts wird passieren, wir werden ihnen die Hölle heißmachen …“
Der ersten Aufforderung des VN-Sicherheitsrates, sich zurückzuziehen, kam Hussein daher wenig überraschend nicht nach. Stattdessen erklärte er Kuwait zur 19. irakischen Provinz. Die VN reagierte mit Wirtschaftssanktionen und verkündete kurz darauf eine Seeblockade gegen den Irak. Hussein zeigte sich davon zwar weiter unbeeindruckt, reagierte aber zunehmend aggressiv. Am 5. September holte er mit der Ausrufung des „Heiligen Krieges“ gegen die am Persischen Golf omnipräsente USA und der Aufforderung zum Sturz des saudi-arabischen Königs Fahd zum Rundumschlag aus. Eine friedliche Lösung des Konfliktes schien in weite Ferne gerückt zu sein und so wurde auch der Verhandlungston des Sicherheitsrates rauer. Am 29. November 1990 stellte die VN dem irakischen Diktator schließlich ein Ultimatum, sich bis zum 15. Jänner 1991 aus Kuwait zurückzuziehen. Bei Nichterfüllung sah die Resolution 678 „alle erforderlichen Mittel“ vor. Das war eine Sensation, schließlich stellten die USA und die Sowjetunion demselben Gegner einen Krieg in Aussicht. Andauernde Vermittlungsversuche, einer der letzten ging vom österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim aus, blieben ohne Erfolg.
Kampf um das schwarze Gold
Seit Jahrzehnten loderte bereits der Konflikt um den Grenzverlauf zwischen dem Irak und Kuwait. Hussein forderte immer wieder dessen Angliederung als Teil der ehemaligen irakischen Provinz Basra. Den Einmarsch Kuwaits propagierte er folglich auch als Wiedereingliederung in das Mutterland. Der Besetzung waren zahlreiche Beschuldigungen vorausgegangen, dass Kuwait seine Ölquellen anzapfen und die eigene Ölproduktion zu Lasten des Iraks ausbauen würde. Seit dem Ersten Golfkrieg (1980 bis 1988) war der Irak zudem hoch verschuldet, unter anderem bei Kuwait. Nach der Besetzung des Nachbarstaates hatte Saddam Hussein schlagartig zahlreiche Ölfelder, und etwa sieben Prozent der Weltproduktion sowie 20 Prozent der Weltreserven an Öl unter seine Herrschaft gebracht. Ein Umstand, den kein anderer Staat hinnehmen wollte. Schließlich galt die Invasion der irakischen Elitetruppen nicht nur als große militärische Gefahr für den arabischen Golf sondern auch für die Ölsicherheit der gesamten Welt.
Als US-Präsident Georg Bush im September 1990 seinen Außenminister James Baker entsandte, um eine Anti-Irak-Allianz zu schmieden, kehrte dieser mit mehr als 30 Koalitionspartnern in die USA zurück. Darunter waren auch „arabische Bruderstaaten“ wie Ägypten, Marokko, die Golfstaaten und Syrien. Saudi-Arabien, das direkt bedroht war, erlaubte die Stationierung von US-Truppen, im Land der heiligen Stätten des Islam. Kriegshistorisch betrachtet markiert der Zweite Golfkrieg einen Wendepunkt. Schließlich war er der erste Konflikt, bei dem arabische Staaten aktiv gegeneinander Krieg führten. Bereits ab dem 8. August 1990 begann ein gewaltiger Truppenaufmarsch am Persischen Golf. Mitte Oktober waren bereits 200.000 US-Soldaten, 15.000 Briten und 11.000 Franzosen in der Krisenregion stationiert. Gerade noch mit Sondierungsgesprächen zur Wiedervereinigung befasst, lieferte Deutschland immense Mengen logistischer Güter und unterstützte gemeinsam mit Japan die Zweckallianz finanziell durch eine Summe in Milliardenhöhe. Am Truppenaufmarsch nahm Deutschland jedoch nicht teil. Militärisch gestützt wurde die Koalitionsstreitmacht unter anderem von den Briten. Bei ihrem ersten großen Engagement seit dem Zweiten Weltkrieg, kam die 1. Panzerdivision zum Einsatz. Zu Beginn der Operation „Desert Storm“ umfasste die Streitmacht der Koalition eine Million Soldaten, deren militärische Hauptlast von den USA getragen wurde.
Husseins Armee galt 1990 als die viertgrößte Streitmacht der Welt. Aufgrund des Ersten Golfkrieges verfügte sie über ausreichend Kampferfahrung und modernes sowjetisches Kriegsgerät. Ein ernstzunehmender Gegner war der Irak nicht zuletzt wegen der chemischen Kampfstoffe Senfgas und Sarin in seinem Arsenal. Darüber hinaus verfügte er über Mittelstreckenraketen (SCUD-Raketen) mit einer Reichweite bis ins östliche Mittelmeer. Im Bewusstsein der Schlagkraft dieser Armee starteten die USA mit der größten Truppenmobilisierung seit dem Koreakrieg. Die 24. Infanteriedivision (mechanisiert), die 197. Infanteriebrigade und die 101. Luftdivision wurden zuerst in den Golf verlegt. Anfang November 1990 wurde die US-Streitmacht durch die 1. Kavalleriedivison (gepanzert), die 1. (Tiger-) Brigade der 2nd Armored Division, die 2nd und 3rd ACR (gepanzertes Kavallerieregiment) sowie die 1. Infanteriedivision (mechanisiert), die 1. und 3. Panzerdivision komplettiert. Über den Jahreswechsel war es am Golf durch die Operation „Desert Shield“, wie der US-Truppenaufmarsch der saudisch-irakischen Grenze zur Verhinderung eines irakischen Angriffes auf Saudi-Arabien hieß, zu einer massiven Machtdemonstration modernster westlicher Waffensysteme gekommen. Ab dem 16. Jänner 1991 bestand für die Koalitionsmacht die in der Resolution 678 formulierte Ermächtigung für die Militärgewalt gegen den Irak zum Herstellen des Status quo vor dem 1. August 1990. Als am 17. Jänner kurz vor drei Uhr morgens die Luftangriffe auf irakische Ziele starteten, war mit dem Beginn der Operation „Desert Storm“ der Zweite Golfkrieg besiegelt.
Operation Desert Shield in Bildern
Invasion im Morgengrauen
„Am Tag vor dem Angriff bewegten wir uns wie unter einer Glocke“, erinnerte sich US-General Norman Schwarzkopf. Nur wenige der ranghöchsten Offiziere wussten, dass der Beginn des Krieges unmittelbar bevorstand. „Den meisten anderen war lediglich mitgeteilt worden, dass in der kommenden Nacht um 2.15 Uhr eine wichtige Besprechung in Riad stattfinden würde. Ich nahm an, sie wüßten was das bedeutete.“ Am 17. Jänner 1991 eröffneten F-177 „Nighthawk“-Stealth Bomber mit dem Angriff auf Bagdad den „Wüstensturm“. Die ersten Einschläge von „Desert Storm“ fanden um 0240 Uhr Ortszeit statt. Im Golf und im Roten Meer bewegten sich mehrere Flugzeugträger Richtung Norden. Gleichzeitig näherten sich von Saudi-Arabien aus B-52-Langstreckenbomber dem Irak, einige mit Marschflugkörpern an Bord.
Bereits am ersten Tag erfolgten 1.300 Luftangriffe. Hauptziel waren in erster Linie die irakische Luftwaffe und die Luftabwehr. Bereits zu Beginn der Operation wurde die Schwäche der irakischen Streitkräfte offenbart, da die modernen sowjetischen Waffensysteme eine unerwartete Ineffizienz zeigten. Den Angriffen der Alliierten konnte die irakische Luftabwehr nichts entgegensetzen, lediglich 43 Flugkörper wurden von den Irakern abgeschossen. Bereits in der ersten Phase des Luftangriffes dürfte den irakischen Truppen die Stärke und Überlegenheit der Koalition bewusst geworden sein. Am 27. Jänner 1991 entzogen sich 144 irakische Flugzeuge dem Kampf und suchten Zuflucht beim ehemaligen Erzfeind Iran.
Fast ungehindert verlief auch die zweite Phase von „Desert Storm“, bei der Führungs- und Kommunikationszentralen der irakischen Armee, sowie Bodentruppen und die kritische Infrastruktur bombardiert wurden. Der Irak versuchte mit Scud-Raketen, die er auf Israel, Saudi-Arabien, Bahrain und Katar abschoss, Schäden zu verursachen – ohne Erfolg. Der Beschuss, der als Racheaktion zu bewerten ist, sorgte lediglich für Unruhen. Vor allem die Angriffe gegen Israel führten zu Irritationen innerhalb der Koalition. Saddam Husseins Plan, den jüdischen Staat zu einem Gegenschlag zu verleiten, schien zunächst aufzugehen. Nur durch diplomatische Interventionen der USA konnte ein Ausscheren Israels aus der Koalition verhindert werden. Um Israel vor weiteren Anschlägen zu sichern, verlegten die USA mithilfe der Niederlande „Patriot“-Luftabwehrraketen nach Israel.
Die Schlacht um Chafdschi
Nun wurde Hussein am Boden aktiv. Am 29. Jänner 1991 befahl er den Start der ersten irakischen Bodenoffensive. Das Ziel war die Besetzung der, in Reichweite der irakischen Geschütze befindlichen, saudi-arabischen Stadt Chafdschi. Mit einem Überraschungsangriff stieß die 5. Mechanisierte Division an drei Stellen entlang der saudisch-irakischen Grenze vor. Eine Panzerkolonne traf auf ein Bataillon der US-Marines, die beiden anderen Kolonnen konnten bis nach Chafdschi vordringen. Zwar hatte Saddam Hussein vor Kriegsbeginn immer wieder von militärischen Angriffen gegen Israel und Saudi-Arabien gesprochen, weshalb es durch die Operation „Desert Shield“ auch zu einer massiven Aufrüstung am Persischen Golf gekommen war. Dennoch sorgte die Besetzung von Chafdschi in Riad für Entsetzen.
Mit 400 Kampfpanzern und Schützenpanzern der 5. Mechanisierte Division, die als eine der besten irakischen Panzerverbände galt, wurde Chafdschi eingenommen. Während die USA das Manöver als Propaganda verstanden, dass der Weltöffentlichkeit beweisen sollte, dass Husseins Armee trotz Bombardierung ungebrochen sei, ordnete der saudische König Fahd den sofortigen Gegenschlag an. Beinahe im Alleingang starteten bei Anbruch des nächsten Tages eine saudi-arabische Panzerbrigade und Teile der saudi-arabischen Nationalgarde den Gegenangriff. Die USA wahrte die territoriale Integrität Saudi-Arabiens und stützten die Offensive lediglich mit Luftangriffen. Bis zum 1. Februar 1991 waren die irakischen Soldaten bezwungen und hatten sich vollständig aus der 13 km südlich der Grenze liegenden Stadt Chafdschi zurückgeschlagen.
Am 24. Februar 1991 begann die Bodenoffensive der Alliierten. Diese beinhaltete die Befreiung Kuwaits, die Invasion in den Irak vom Süden aus und den Hauptstoß über die linke Flanke in das irakische Gebiet. Auch in Österreich wurde der Bodeneinsatz interessiert verfolgt. Schließlich setzten die US-Streitkräfte aufgrund der besseren Wüstentauglichkeit Kampfpanzer des Typ M60 ein, die damals das Rückgrat der österreichischen Panzertruppe bildeten. Nur 100 Stunden nach Beginn der Bodenoffensive war Kuwait befreit. Bereits am 26. Februar hatten irakische Truppen fluchtartig den Rückzug angetreten. Am 28. Februar rief US-Präsident Bush eine Waffenruhe aus, die am 12. April 1991 in Kraft trat. Am 2. August 1991 hatte Saddam Hussein die Sicherheitsratsresolution und damit den Abzug aus Kuwait akzeptiert.
Mythen und Helden
Die Folgen des rund sechs Wochen dauernden Krieges waren vor allem für den Irak verheerend: Tausende Tote, die massive Zerstörung der zivilen Infrastruktur, langfristige wirtschaftliche Probleme – ausgelöst durch das im August 1990 verhängte Wirtschaftsembargo – sowie besorgniserregende Umweltschäden in Kuwait. Letztere hatten die irakischen Truppen während ihrer Flucht verursacht. Die Streitkräfte setzten hunderte Ölquellen in Brand, die den Himmel über Kuwait rußschwarz färbten. 40 Millionen Tonnen Rohöl, das entspricht etwa 350 Öltanker, waren bis Mitte des Jahres verbrannt, 250.000 Tonnen Stickoxide und 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid waren in die Luft geschleudert worden. Die Umweltschäden sind bis heute spürbar.
Historisch betrachtet, markiert der Zweite Golfkrieg einen Wandel in der Kriegsführung. Als am 17. Jänner 1991 die „Operation Desert Storm“ begann, flogen weltweit Marschflugkörper über die Bildschirme. Erstmals in der Geschichte wurde ein Krieg live und in Farbe in den Nachrichten übertragen. Rund um die Uhr zeigten Videos Luftangriffe, mit dem Zoom der Zielkameras auf Bunkeranlagen, von Explosionen und Fadenkreuzen. Damit wurde der Bevölkerung eine punktgenaue Operation und das Bild eines vermeintlich sauberen Krieges vorgespielt. Immer mitten im Geschehen befand sich Oberbefehlshaber „Stormin’ Norman“, US-General Norman Schwarzkopf, der sich medienwirksam in Szene setzte. Berühmt ist seine Ansprache vor Beginn des Krieges, als er mit den Worten „Jetzt müsst ihr der Donner und Blitz des Wüstensturms sein“, die alliierten Truppen einschwor.
Soviel Bildmaterial vom Golf auch gesendet wurde, das komplette Kriegsgeschehen zeigten die Darstellungen nicht. Das wurde durch Fotografien und Dokumentationen von Kriegsreportern, die sich nicht an die Zensur hielten, deutlich. Scharf kritisiert wird noch heute die „Message Control“ der Alliierten. Diese kontrollierte nicht nur streng den Zugang zu Informationen sondern gestattete nur ausgewählten Journalistinnen und Journalisten den Zutritt zu den Kampfgebieten. So war der Krieg letztlich auch von Propaganda geprägt. Die USA sahen sich immer wieder mit der Sinnfrage konfrontiert – auch aufgrund einer kritischen Bevölkerung und internationaler Einwände. Sie versuchten den Einsatz gegen Hussein zu rechtfertigen, wobei ihnen beinahe jedes Mittel recht war. Im Oktober 1990 berichtete ein Mädchen vor dem Menschenrechtsausschuss des Kongresses von Gräueltaten der irakischen Soldaten. Die Einsatzkräfte hätten in einem Krankenhaus Neugeborene aus den Brutkästen genommen und diese getötet. Erst zwei Jahre später wurde bekannt, dass es sich bei der damals 15-jährigen Zeugin um die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA handelte und ihre Aussagen die Idee einer PR-Agentur waren. Doch auch wenn diese Verbrechen erfunden waren, dass es während und vor allem gegen Ende des Krieges zu zahlreichen Kriegsverbrechen, Plünderungen, Zerstörungen, Entführungen und Hinrichtungen von irakischer Seite gekommen war ist belegt.
Aber auch auf Seite der Koalitionskräfte kam es zu fragwürdigen Kampfhandlungen. Ein Beispiel ist der „Highway of Death“, auf dem viele Soldaten, die sich auf dem Rückzug befunden hatten, aber auch zahlreiche Zivilsten durch alliierte Luftangriffe getötet wurden. Eine spätere Untersuchung, einberufen vom ehemaligen US-Justizminister Ramsey Clark und 22 Vertretern der 18 Staaten kam zu dem Schluss, dass die USA dabei in 19 Punkten gegen Internationales Recht verstoßen hätten: etwa wegen des Einsatzes von uranhaltigen Geschossen.
Umstritten bleibt bis heute die Zahl der Kriegsopfer. Als gesichert gilt, dass es auf Seite der Koalition etwas mehr als 300 Tote und rund 3.000 Verwundete gab, wobei die meisten nicht das Opfer von Kampfhandlungen waren. Die Opferzahl der Soldaten und Zivilsten des Iraks ist bis heute aufgrund von fehlenden Quellen fraglich, weshalb unterschiedliche Zahlen kursieren. Nach alliierten Schätzungen sind auf irakischer Seite mehr als 100.000 Soldaten gefallen. Ein Bericht der britischen Non-Profit-Organisation Medact, die sich globalen Gesundheitsthemen widmet, bemisst die Zahl der militärischen und zivilen Todesopfer mit bis zu 200.000.
Was einst das „Zweite Vietnam“ für die Vereinigten Staaten werden sollte, endete für Saddam Hussein mit einer verheerenden Niederlage. Aber warum blieb die Zuversicht des irakischen Diktators, trotz der wachsenden Koalitionsmacht vor seinen Toren, ungebrochen? Als unbestritten gilt, dass Hussein das Verhalten des Westens während des Iran-Irak-Krieges falsch gedeutet hatte. Häufig zitiert wird ein Treffen zwischen ihm und der in Bagdad stationierten US-Botschafterin April Glaspie, bei dem Glaspie gesagt haben soll: „Wir haben keine Meinung zu innerarabischen Streitigkeiten wie ihre Unstimmigkeiten bezüglich der Grenze mit Kuwait“.
Die diplomatisch formulierte Aussage hatte Hussein wohl als Zustimmung für die geplante Invasion Kuwaits interpretiert. Die Einladung zu dem Treffen war am 25. Juli 1990 erfolgt, nachdem erste Gerüchte kursierten, dass der Irak einen Angriff vorbereite. Die Aussage Glaspies weicht je nach Version ab. So steht vor allem die angeführte irakische Version in Kritik, da sie eine direkte Frage Glaspies über den Zweck des Aufmarsches irakischer Truppen an der Grenze zu Kuwait auslässt. Dass die einst mit ihm verbündeten USA ihn nun stürzen wollten, konnte Hussein vorerst nicht glauben. Schließlich war es Washington, das den Irak während des Ersten Golfkrieges mit Krediten und geheimdienstlichen Informationen unterstützt hatte. In einem Punkt sollte Hussein jedoch recht behalten. Obwohl die Streitmacht der Alliierten dazu in der Lage gewesen wäre – General Schwarzkopf hatte sich für die Zerstörung der irakischen Streitkräfte ausgesprochen – endete der Zweite Golfkrieg mit der Befreiung Kuwaits und nicht mit dem Sturz Husseins. US-Präsident Bush senior hat diesen Schritt später mit dem VN-Mandat erklärt, das nur für die Befreiung Kuwaits gegolten habe. Gleichzeitig hätte er versucht, die arabischen Verbündeten nicht gegen sich aufzubringen.
Zwölf Jahre später, im März 2003 begann unter George W. Bush junior der Dritte Golfkrieg, der mit der Besetzung des Iraks endete. Dabei wurde auch Saddam Hussein von US-Truppen gefangen genommen und nach einem Prozess hingerichtet. Folglich kam es zu einer Radikalisierung und religiös-politischen Zersplitterung des Irans, die letztlich aufgrund des klaffenden Macht-Vakuums auch zur Gründung des IS führte.
Mag. Anna Hlawatsch ist Redakteurin beim TRUPPENDIENST.