• Veröffentlichungsdatum : 04.03.2025
  • – Letztes Update : 25.03.2025

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Hochwassereinsatz NÖ 2024

Redaktion TRUPPENDIENST

Im September 2024 erschütterte eine der verheerendsten Hochwasserkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte Ostösterreich. Erstmalig war ganz Niederösterreich Katastrophengebiet. Extreme Regenmassen, überflutete Straßen und zerstörte Häuser hinterließen eine Region im Ausnahmezustand. Das Österreichische Bundesheer war dreieinhalb Monate vor Ort, um die Krise zu bewältigen. Eine Schlüsselrolle nahm das Militärkommando Niederösterreich ein.

Frühe Vorbereitungen

Bereits am 11. und 12. September 2024 wiesen Wetterprognosen auf massive Regenfälle hin. Das Referat Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ) des Militärkommandos Niederösterreich garantiert die Vernetzung mit dem Land Niederösterreich und allen entscheidenden Stellen. Ab Mittwoch, dem 11. September 2024, kommunizierten die Bezirkshauptmannschaften und der Landesführungsstab klar, dass die Lage ernst sei. „Wir wussten, es kommt etwas Großes auf uns zu“, erklärt Oberst Michael Lippert.

Die Grundlage für einen Einsatz des Bundesheeres bildet immer ein offizielles Assistenzansuchen der zivilen Behörden. Sobald eine Gemeinde oder ein Bezirk feststellt, dass deren eigene Kapazitäten sowie die der zivilen Einsatzkräfte nicht ausreichen, wird ein Assistenzansuchen an das zuständige Militärkommando gestellt. Dieses überprüft die Anfrage nach dem Grundsatz der „Ultimo Ratio“ und leitet diese zur Genehmigung an die übergeordneten Stellen weiter. Das ist ein strukturierter Prozess, der sicherstellt, dass die Einsätze des Bundesheeres zielgerichtet und bedarfsgerecht erfolgen.

Ein Anruf des Landesführungsstabes beim Militärkommando Niederösterreich am 14. September 2024 erhöhte die Alarmstufe im Bundesheer. Nun wusste man, dass die zivilen Kräfte die Wassermassen nicht alleine bewältigen können. Das Land Niederösterreich verfasste ein Assistenzansuchen, das mit Sonntag, dem 15. September 2024, schlagend wurde. „Diese Vorbereitungszeit war entscheidend, denn wir mussten unsere Leute alarmieren. Ebenso wichtig war die Koordination zwischen dem Bundesheer und anderen Einsatzorganisationen wie Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz, Samariterbund, Höhlen- und Wasserrettung sowie dem Straßendienst. Nur so konnten wir gemeinsame Maßnahmen ergreifen und uns auf unterschiedlichste Szenarien vorbereiten“, so Lippert.

Parallel dazu mobilisierte das Militärkommando die Masse der in Niederösterreich dislozierten Verbände. Einheiten des Pionierbataillons 3 aus Melk und des Pionierbataillons 2 aus Salzburg, des Luftunterstützungsgeschwaders aus Langenlebarn, des ABC-Abwehrzentrums Korneuburg, des Stabsbataillons 3 aus Mautern, der Jägerbataillone 12 und 33, der Aufklärungs- und Artilleriebataillone 3 und 4, der Soldaten des Truppenübungsplatzes Allentsteig und des Panzergrenadierbataillons 35 wurden alarmiert.

Das Kommando der 3. Jägerbrigade wurde dem Militärkommando als zusätzliches Führungselement unterstellt, und aus der Steiermark wurde die Pionierkompanie Steiermark direkt nach Niederösterreich zum Katastropheneinsatz umgeleitet, anstatt eine geplante Milizübung durchzuführen. Dies war entscheidend, weil in den folgenden Tagen genau diese Mannschaften und ihre technische Ausrüstung von unschätzbarem Wert sein sollten.

Durch diese umfangreichen Vorbereitungen konnte das Bundesheer am 15. September 2024 voll einsatzfähig in den Katastropheneinsatz starten. Die Phase der Frühwarnung und Koordination war wichtig, denn damit konnten die folgenden Einsätze effizient und zielgerichtet durchgeführt werden.
 

Rettungs- und Sicherungsarbeiten

Mit bis zu 2 400 Soldaten war dieser Einsatz einer der umfangreichsten Katastropheneinsätze in der Geschichte Niederösterreichs. Zu den zentralen Aufgaben zählten

  • die Evakuierung von Menschen, 
  • die Sicherung von Dämmen und Deichen, 
  • das Wiederherstellen zerstörter Infrastruktur,
  • die Unterstützung bei den Aufräumarbeiten in den betroffenen Ortschaften.

Zu Beginn des Einsatzes errichteten die Einsatzkräfte mobile Hochwasserschutzanlagen. Besonders im Kamptal und in der Wachau mussten Schutzmaßnahmen getroffen werden, um Gemeinden vor den steigenden Wassermassen zu bewahren. Ein eigenes Fliegerelement unter der Führung des Bundesheeres, in dem Hubschrauber wie die „Black Hawk“, der „Christophorus“ und Polizeihubschrauber sowie die C-130 „Hercules“ zusammengefasst wurden, spielte eine zentrale Rolle beim Retten von Personen aus Autos und Häusern oder beim Transport von Material wie z. B. von Big Bags zur Stabilisierung gebrochener Dämme.

„Die Luftunterstützung hat uns in vielen Fällen geholfen, unseren Auftrag zu bewältigen. Ohne die Hubschrauber hätten wir viele Einsätze nicht durchführen können“, so Lippert. Eine besondere Herausforderung war es, Menschen in akuter Gefahr zu retten. Am 15. September 2024 gerieten zwei zivile Einsatzkräfte in Lebensgefahr. Sie wurden am Ort eines Verkehrsunfalles vom Hochwasser bedroht. Durch das rechtzeitige Eingreifen eines „Black Hawk“-Hubschraubers konnten sie mittels Windenbergung aus der Gefahrensituation geborgen werden.
 

Ein Zug der Melker Pioniere setzte am selben Tag Boote ein, um von Wasser eingeschlossene Bewohner zu befreien. Dabei war es wichtig, schnell und organisiert vorzugehen, weil viele Gebiete nur mehr über das Wasser erreichbar waren. Die Pionierkräfte, die aufgrund ihrer Ausrüstung für die Bewältigung von Hochwassersituationen besonders geeignet sind, halfen bei der Sicherung und Wiederherstellung der Infrastruktur. In Weinburg entfernten sie Verklausungen, die den Abfluss des Hochwassers blockierten, und sicherten Dämme mit schwerem Gerät wie Schaufelbagger, Raupenbagger, Radlader und Kipper sowie speziellen Maschinen für Sandsäcke und Kettensägen. In Zelking-Matzleinsdorf errichteten sie eine provisorische Schotterstraße, um diese von der Umwelt abgeschnittene Ortschaft wieder erreichbar zu machen.

Zusätzlich zu den unmittelbaren Rettungs- und Sicherungsarbeiten unterstützte das Bundesheer bei der Versorgung der Bevölkerung. Bereits ab 18. September 2024 analysierten Soldaten der Dabsch-Kaserne in Korneuburg Wasserproben, um die Wassersqualität zu prüfen und bei Verunreinigungen die Ursache für etwaige Kontaminationen zu finden. In mehreren Gemeinden wie Stockerau und Korneuburg stellten die Soldaten die Trinkwasserversorgung durch mobile Wasseraufbereitungsanlagen sicher. Diese Anlagen können Wasser reinigen und stellen innerhalb kurzer Zeit Trinkwasser für Tausende Menschen bereit.

Die Sicherung von Hängen und die Reparatur von Straßen waren ebenfalls entscheidende Aufgaben der Soldaten. Im Raum Kirchberg an der Pielach arbeiteten die Pioniere mehrere Wochen lang – bis einschließlich 20. Dezember 2024 –, um einen abrutschgefährdeten Hang zu stabilisieren. Es wurden Drainagesysteme installiert und die Hänge mit Schotter und Bruchstein verstärkt.

Assistenzanforderungen sollen grundsätzlich so rasch wie möglich abgearbeitet werden, um die Kräfte wieder für andere Aufgaben bereithalten zu können. Es war den Melker Pionieren jedoch wichtig, die Hangsicherungsmaßnahmen abzuschließen. „Eine durchaus heikle Angelegenheit, aber die Aufträge sollen zu Ende gebracht werden“, so Lippert.


Zahlen, Daten & Fakten zum Hochwasser 2024

Zwischen 13. und 20. September 2024 war Niederösterreich von einem Hochwasserereignis betroffen, das nahezu das gesamte Landesgebiet umfasste. Die maximalen Abflüsse traten ab Samstag, dem 14. September 2024, im Waldviertel auf und erreichten in der Nacht auf Sonntag, den 15. September 2024, in allen anderen Landesteilen ihren Höhepunkt. Fast das gesamte Landesgebiet war betroffen.  Donau, March und Leitha erreichten erst bis etwa 17./18./19. September 2024 ihre Maximalwerte.

In weiterer Folge des Hochwassers kam es zu teilweise stark erhöhten Grundwasserständen, die nur langsam zurückgingen. In den fünf Tagen vom 12. bis 16. September wurden im Norden Österreichs großflächig Niederschlagssummen von 100 mm und mehr gemessen. 200 bis 300 mm Regen fielen in weiten Gebieten von Ober- und Niederösterreich, Wien, im Nordburgenland und in der Obersteiermark. Rekordmengen von 300 bis über 400 mm wurden in einem Gebiet zwischen dem Mostviertel und dem Wienerwald aufgezeichnet.


Einsatzeindrücke

Als mit dem Ausräumen der Häuser begonnen wurde, zeigte sich das ganze Ausmaß der Zerstörung in den Ortschaften. Der gesamte Hausrat lag auf den Straßen. „Das sind Zustände, die kann man sich nicht vorstellen“, so Lippert. In dieser Phase stellte sich die Gefahr von Rattenbefall und möglichen Seuchen ein. Daher unterstützte das Bundesheer die Gemeinden beim Transport von Müll zu zentralen Sammelstationen. Insgesamt wurden etwa 3 000 Tonnen Müll abgeführt, was jedoch nur einen kleinen Teil des gesamten Müllaufkommens ausmachte. In ganz Niederösterreich fielen rund 100 000 Tonnen Sperrmüll aufgrund des Hochwassers an.

Pellets-Lager waren besonders betroffen: „Jene, die diese richtig gebaut hatten, hatten am Ende „nur“ kaputte Pellets. Bei Pellets-Lagern, die nicht ordnungsgemäß gebaut waren, zerstörten die aufgequollenen Pellets jedoch das ganze Haus – ein dauerhafter Schaden“, sagt Lippert. „Ein weiteres Problem war, dass in einigen Fällen Keller noch zwei Monate nach der Katastrophe wegen des hohen Grundwasserspiegels nicht geräumt werden konnten. Das Grundwasser darf nicht einfach abgepumpt werden, da dies das Risiko birgt, dass das Haus unterspült wird und zusammenbricht.“

Physisch war der Einsatz herausfordernd. Die Soldaten arbeiteten oft unter extremen Bedingungen: Dauerregen, Schlamm und zerstörte Infrastruktur machten die Arbeit schwierig und gefährlich. Trotzdem war die Moral hoch. „Die Kameradschaft unter den Soldaten war ein entscheidender Faktor, um diesen Einsatz zu bewältigen“, betonte Lippert. Er berichtet von einem Vorfall, bei dem Tausende Paletten Ytong-Steine (Wandbausteine aus Porenbeton), die das Hochwasser dann in eine Au schwemmte, durch Soldaten weggebracht werden mussten. „Das war Knochenarbeit, da es keinen Zugang für technisches Gerät gab. Das ging an die Substanz der Leute.“

Die psychische Belastung war genauso hoch. Viele Einsatzkräfte mussten zusehen, wie Menschen ihr Hab und Gut verloren, oder sehen, dass ganze Straßenzüge zerstört waren. Militärseelsorger waren vor Ort, um Gespräche anzubieten und den eingesetzten Kräften bei der Verarbeitung dieser Erlebnisse zu helfen. Schnell habe man gemerkt, wie wichtig es sei, auch für die mentale Gesundheit der Helfer zu sorgen. „Die emotionale Unterstützung unserer Militärpfarrer, die Tag und Nacht unterwegs waren, hat sich bewährt. Das werden wir beibehalten“, so Lippert.
 

Kooperation

Eine der zentralen Erkenntnisse aus dem Einsatz war laut Oberst Lippert die gute Zusammenarbeit zwischen dem Militärkommando Niederösterreich und den Verbänden. Die Führung war gut strukturiert und verlief reibungslos. Besonders beeindruckend war für ihn das Engagement der Soldaten, die in entscheidenden Momenten präsent und bereit waren, ihren Beitrag zu leisten. Den Einsatzwillen und die Fähigkeit, flexibel und lösungsorientiert zu handeln, erkannten viele Menschen an.

Als weiteren wichtigen Aspekt nannte Lippert die Partnerschaft des Militärkommandos mit der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien. Durch diese Kooperation konnten Ressourcen mobilisiert werden, weil die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien über die STRABAG dem Bundesheer ihre Maschinen für Assistenzeinsätze kostenlos zur Verfügung stellt, falls die heereseigene Ausstattung nicht ausreichen sollte. Geräte wie Bagger und Dumper (knickgelenkte Muldenkipper) wurden der Pionierkompanie Steiermark Miliz übergeben. Diese konnte der Bevölkerung dadurch viel effizienter helfen.

Eine Herausforderung war das Hochwasser auch für das Militärkommando Niederösterreich selbst. Der Nadelbach in St. Pölten trat über die Ufer und überschwemmte die Hauptstraße, wodurch das Gelände des Militärkommandos mit Fahrzeugen nicht mehr erreichbar war. Die Mitarbeiter mussten auf Umwegen über den höher gelegenen Kaiserwald oft unter schwierigen Bedingungen durch ca. 50 cm tiefes Wasser zu Fuß zum Lagezentrum waten.

Besonders kritisch war die Überflutung des Kellers, in dem das gesamte Katastrophengerät sowie Waffen gelagert werden. Auch ein unterirdischer Bunker, der als zentraler Kommunikationsknoten dient, stand unter Wasser. Dies führte zu vorübergehenden Störungen im Kommunikationssystem, die jedoch rasch durch behelfsmäßige Einrichtungen in trockenen Räumen behoben werden konnten.

„Gerade in solchen Momenten zeigt sich, wie wichtig Teamwork ist. Jeder hat seinen Beitrag geleistet, um das Lagezentrum einsatzbereit zu halten“, sagt Lippert. Trotz der oben genannten Herausforderungen konnte dieses gesichert und durchgehend in Betrieb gehalten werden – ein entscheidender Faktor für die Koordination aller Einsätze in Niederösterreich.
 

Blick in die Zukunft

Die Hochwasserkatastrophe im September 2024 hat Niederösterreich auf eine harte Probe gestellt. Durch den koordinierten Einsatz aller Einsatzkräfte im Bundesland konnten Leben gerettet, Infrastruktur gesichert und die Grundlage für den Wiederaufbau gelegt werden. Die Erfahrungen, die in diesem außergewöhnlich intensiven und langandauernden Katastropheneinsatz gemacht wurden, sind Teil eines Evaluierungsprozesses des Landes Niederösterreich, an dem alle eingesetzten Organisationen beteiligt sind.

Die Zusammenarbeit zwischen Militär, zivilen Behörden, den Blaulichtorganisationen und der Bevölkerung hat gezeigt, wie wichtig Koordinierung in Ausnahmesituationen ist. „Wir haben gesehen, dass wir in der Lage sind, gemeinsam große Herausforderungen zu bewältigen. Dieses Wissen gibt uns Zuversicht für die Zukunft“, resümiert Oberst Lippert.

Die Ereignisse des Jahres 2024 werden einen Platz in der Geschichte Niederösterreichs einnehmen. Sie zeigen nicht nur das Ausmaß der Schäden, sondern auch die Relevanz eines gut funktionierenden Krisenmanagements und einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage, um zukünftigen Katastrophen noch wirksamer begegnen zu können.

Fotoalbum Hochwasser 2024


Hochwassereinsatz des Bundesheeres in Niederösterreich: Einsatzleiter Oberst Michael Lippert im Interview.

Frage: Herr Oberst, welche Aufgaben hatten Sie beim Hochwassereinsatz?

Antwort: Ich leitete den Einsatz als  damals eingeteilter Militärkommandant. Unsere Aufgabe bestand darin, die über die Landeswarnzentrale eingehenden Assistenzanforderungen zu bearbeiten. Ziel war es, Bereiche zu unterstützen, in denen die Feuerwehr, andere Organisationen oder Gemeinden allein nicht mehr handlungsfähig waren, um der Bevölkerung zu helfen.

F: Wie erfolgt die Alarmierung in einem solchen Fall? Werden Sie direkt benachrichtigt?

A: Die Alarmierung erfolgte über den Landesführungsstab, der mich darüber informierte, dass das Bundesheer ab dem 14. September 2024 angefordert wird. Es wurde geplant, mit den ersten Kräften zu starten und die Hauptkräfte ab dem 15. September einzusetzen. Daraufhin alarmierte ich den diensthabenden Offizier im BMLV, um die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und die Führungsfähigkeit des Lagezentrums sicherzustellen. Dies geschah zügig und effizient.

F: Bereiten Sie bestimmte Maßnahmen vor, da das Bundesheer oft erst nach anderen zivilen Einsatzkräften tätig wird?

A: Ja, wir verfügen über vorgefertigte Alarmlisten, die es uns ermöglichen, schnell zu reagieren. Der diensthabende Offizier im Lagezentrum organisiert die Alarmierung routinemäßig, was reibungslos abläuft. Diese Standardverfahren sind gut etabliert.

F: Wie erfolgte die Koordination des Einsatzes?

A: Die Koordination fand zentral im Landesführungsstab in Tulln statt. In enger Abstimmung mit der Landeshauptfrau, dem Landesfeuerwehrkommandanten und weiteren Verantwortlichen wurden Kräfte verteilt und entsprechende Maßnahmen festgelegt. Diese setzten die Stäbe dann um.

F: Können Sie konkrete Beispiele nennen, bei denen das Bundesheer besonders hilfreich war?

A: Drei wesentliche Bereiche: Erstens die Menschenrettung. Aufgrund der raschen Ausbreitung des Wassers saßen viele Personen auf Fahrzeugen oder Dächern fest. Feuerwehr und Boote konnten diese Orte teils nicht mehr erreichen. Mit unseren Hubschraubern führten wir Seilbergungen der Personen durch. Zweitens unterstützten wir beim Aufbau von Hochwasserschutzanlagen, um Schäden zu minimieren. Hier arbeiteten wir mit der Feuerwehr eng zusammen, transportierten Material und beseitigten Verklausungen. Drittens halfen wir bei der Stabilisierung von Dämmen, um Überschwemmungen zu verhindern. Dies geschah unter Einsatz von „Black Hawk“-Hubschraubern, die Big Bags (große Sandsäcke; Anm.) präzise platzierten.

F: Wo lagen die besonderen Herausforderungen bei der Menschenrettung?

A: Die Hauptgefahr bestand in den schnell wechselnden Wetter- und Sichtbedingungen. Der „Black Hawk“-Hubschrauber des Bundesheeres war dank seiner technischen Ausstattung und der Bergungswinde das einzige Mittel, um unter diesen Umständen sicher operieren zu können.

F: Gab es Rückmeldungen aus der Bevölkerung?

A: Die Dankbarkeit der Bevölkerung war enorm. Unser Einsatz und die Professionalität der Soldaten wurden sehr geschätzt. Solche Rückmeldungen stärken das Ansehen des Bundesheeres und motivieren unser Team.

F: Haben Sie Einsätze erlebt, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

A: Dieser Einsatz war durch das enorme Ausmaß in Niederösterreich etwas Besonderes. Über 400 der 573 Gemeinden waren betroffen, was eine deutlich größere Koordination erforderte als bei früheren Ereignissen, die meist nur regionale Schwerpunkte hatten.

F: Gibt es besondere Ereignisse, an die Sie sich noch lange erinnern werden?

A: Besonders eindrücklich war die Begegnung mit einem älteren Herrn, der beim Räumen seines Hauses sagte, dass er sein gesamtes Leben verliere, morgen operieren gehe und hoffe, dass er nicht mehr aufwachen werde. Solche Schicksale hinterlassen bleibenden Eindruck. Gleichzeitig gab es zahlreiche positive Momente, etwa die Wertschätzung gegenüber den Helfern den Betroffenen.
 

F: Was sind die ersten Lehren aus dem Einsatz?

A: Wir analysieren unsere Einsätze kontinuierlich, um interne Abläufe zu optimieren. Der Einsatz in Niederösterreich wird jedoch allgemein als äußerst erfolgreich wahrgenommen, insbesondere aufgrund der reibungslosen Zusammenarbeit mit Land und Feuerwehr sowie der Unterstützung durch die Milizkompanie Steiermark, die flexibel in den Einsatz integriert wurde.

F: Haben Sie abschließende Anmerkungen?

A: Nur eine: Ich bin mit dem Verlauf des Einsatzes und der erbrachten Leistung sehr zufrieden.

F: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Redaktion TRUPPENDIENST


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 1/2025 (402).

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