• Veröffentlichungsdatum : 11.12.2020

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Die Garnison Graz 1920 bis 2020 - Teil 3

Mario Rauchenbichler

Die wechselhafte Geschichte der Garnison Graz wurde in den letzten 100 Jahren besonders durch die beiden Weltkriege beeinflusst. Wohnungsnot, Spardruck und Kriegsschäden prägen die Entwicklung der Garnison bis heute. Aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl der steirischen Landeshauptstadt dehnt sich das Ortsgebiet in alle Richtungen aus. Das veränderte auch die Nutzung der militärischen Infrastruktur.

Teil 3 der TD-Onlineserie mit 

  • der Hummel-Kaserne, 
  • der Gablenz-Kaserne, 
  • der Belgier-Kaserne, 
  • dem Fliegerhorst Nittner in Feldkirchen und
  • weiteren militärisch genutzten Objekten der Garnison Graz.

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Die Hummel-Kaserne

Im Jahr 1967 nach Oberst Johann Ludwig Freiherr von Hummel benannt, hieß diese Kaserne bis zu diesem Zeitpunkt „Roseggerkaserne", aufgrund ihrer Lage in der Roseggerstraße. Die k.u.k. Armee nutzte das Gelände bereits im 19. Jahrhundert für militärische Zwecke. Das sich ständig vergrößernde Areal beherbergte bereits in der k.u.k. Zeit ein umfangreiches Munitionsdepot und einen Fuhrwerkpark.

Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie übernahm das Bundesheer der Ersten Republik das Munitionsdepot und nutzte es bis ins Jahr 1934. Die Wehrmacht übernahm 1940 einen Teil des Areals und errichtete zusätzliche Gebäude. Das Heeresnebenzeugamt war ebenfalls dort untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Briten die Gebäude, richteten eine Unteroffiziersmesse ein und öffneten das Gebiet für ihren Fuhrpark. Doch bereits 1947 verließen sie das Areal, und es mieteten sich für kurze Zeit Zivilfirmen ein.

Ab 1957 wurde die Kaserne wieder militärisch genutzt und das Bundesheer der Zweiten Republik stationierte die Gruppenversorgungstruppe II in dem Areal. Nach der Ende 1962 durchgeführten Umgliederung wurde diese Formation in Versorgungsregiment Nr. 2 umbenannt, wobei nur die Stabskompanie in der Kaserne verblieb und die übrigen Kompanien für die nächsten Jahrzehnte auf die Belgier- und Gablenzkaserne aufgeteilt wurden. Zuletzt wurde die Hummel-Kaserne als Lager für militärisches Gerät und Ersatzteile verwendet. Ende November 2011 wurde sie geschlossen und verkauft. Ein Teil des Grundstückes gehört seit 2012 der Stadt Graz, die darauf Eigentumswohnungen errichtete.

Die Gablenzkaserne

Die „Gablenzkaserne" ist eine der beiden Grazer Kasernen, die im Jahr 2020 noch militärisch genutzt werden. Der 1968 geänderte Name geht auf General Ludwig Freiherr von Gablenz (1814 bis 1874) zurück. Er errang 1864 bei Oeversee den Sieg für die Monarchie und nahm 1866 an der Schlacht von Königsgrätz teil. Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1871 war er Statthalter von Kroatien und kommandierender General in Ungarn.

Die Wehrmacht plante nach dem Anschluss eine neue Kaserne für das steirische Gebirgsjägerregiment Nr. 138 (GJR Nr. 138) im Süden von Graz. Dieser Neubau sollte das Regiment, das sich zu diesem Zeitpunkt auf die Standorte Graz-Eggenberg, Leoben, Bruck an der Mur und Admont aufteilte, vereinen. Ab Dezember 1939 wurden schrittweise Grundstücksparzellen entlang der Straßgangerstraße gekauft und noch im Jahr 1940 mit der Errichtung einer Kaserne begonnen.

Der Verlauf des Krieges machte eine Stationierung des GJR Nr. 138 unmöglich, weshalb die Kaserne nicht in der ursprünglich geplanten Größe errichtet wurde. Im März 1941 zog die Veterinärersatzabteilung Nr. 18 ein und verblieb dort bis zu ihrer Verlegung nach Hall in Tirol im April 1943. Ab diesem Zeitpunkt war in der Jägerkaserne auch die Fahrzeugersatz- und Ausbildungsabteilung Nr. 18 untergebracht.

Nach Kriegsende wurde die Kaserne von sowjetischen Armeeeinheiten beschlagnahmt, bis die Briten die Kaserne übernahmen. Bis zu ihrem Abzug im Jahr 1947 diente sie den britischen Einheiten als Kfz-Abstellplatz. Im darauffolgenden Jahr wurde die Kaserne auch von der Republik Österreich für denselben Zweck genutzt. Die auf dem Areal abgestellten Fahrzeuge wurden in Stand gehalten, um für das geplante Bundesheer einsatzbereit zu bleiben. Diese Außenstelle wurde 1968 in Heereszeugamt umbenannt, die aktuelle Bezeichnung lautet „Heereslogistikzentrum Graz".

Zusätzlich zu dieser Kfz-Außenstelle war ab 1957 auch das Versorgungsregiment Nr. 2 in der Kaserne untergebracht. Im Dezember 1968 zog mit dem Landwehrregiment Nr. 202 noch ein weiterer Truppenkörper dort ein. Heute befinden sich in der Gablenzkaserne vor allem das Militärkommando Steiermark sowie der Entminungsdienst. Aufgrund des Alters der Kaserne wurde das Areal über mehrere Jahre renoviert. Eine erste lange Umbauphase erfolgte von 1959 bis 1985, bei der auch die für das Bundesheer in der Ära der Raumverteidigung typischen Kreuzbauten errichtet wurden. Eine weitere Umbauphase fand von 2004 bis 2006 statt. Die offizielle Adresse lautet Strassgangerstrasse Nr. 360.

Die Belgierkaserne

Die Ursprünge der zweiten Grazer Kaserne, die sich im Jahr 2020 noch in militärischer Verwendung befinden, gehen ebenfalls auf die Wehrmacht zurück. Sie wurde von 1939 bis 1940 mit dem Namen „SS-Kaserne" errichtet und folgte einheitlichen Baurichtlinien. Deshalb sind viele Elemente baugleich wie ihre Schwesternkasernen in Salzburg-Glasenbach (Rainerkaserne; verkauft 2012) oder der noch immer vom Bundesheer genutzten Kaserne in Klagenfurt-Lendorf. Als erster Verband wurde das Ersatzbataillon des SS-Regiments „Der Führer" in der heutigen Belgierkaserne untergebracht, bis Kriegsende sollten noch weitere SS-Verbände folgen.

Auf dem Kasernengelände und dem etwa eineinhalb Kilometer entfernten Feliferhof ereigneten sich in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Kriegsverbrechen. Im April 1945 töteten Angehörige des NS-Regimes bis zur 219 Widerstandskämpfer, Kriegsgefangene und ungarische Juden in der Kaserne. Auf dem Feliferhof fanden während der NS-Zeit Erschießungen am ehemaligen Handgranatenwurfstand statt. Über die genaue Anzahl der Opfer gibt es keine Quellen. In einem Massengrab aus dem Mai 1945 wurden 142 Leichen verschiedener Nationalitäten geborgen, darunter 116 Menschen in Zivilkleidung, 4 unbekleidete Männer und Frauen sowie 22 Soldaten, davon 10 Ungarn, 3 Franzosen, 3 Russen, 1 Amerikaner sowie 4 Wehrmachtssoldaten und 1 SS Soldat.

Nach kurzer sowjetischer Besatzung wurde die Kaserne nach Kriegsende von den Briten genutzt. Rasch erfolgte die Umbenennung in „Wetzelsdorfer Kaserne". Im Jahr 1953 wurde ein Teil der Kaserne an die Fahreinheit Krumpendorf der B-Gendarmerie übergeben. Im Detail waren in der Zeit der B-Gendarmerie die Gendarmerieschule Steiermark II und die Fahreinheit Steiermark in der Kaserne untergebracht.

Nach der Aufstellung des Bundesheers der Zweiten Republik hatte im Laufe der Jahre eine Vielzahl an Truppenkörpern ihre Unterkunft in dieser Anlage. Landwehrregiment Nr. 201, Panzerbataillon Nr. 4, Stabskompanie des Militärkommandos Steiermark, um nur einige zu nennen. Die offizielle Adresse der Kaserne lautet Strassgangerstrasse Nr. 171.

1968 erhielt die Kaserne ihren heutigen Namen, der auf ein k.u.k. Regiment zurückgeht: das 1682 aufgestellte Infanterieregiment Leopold König der Belgier Nr. 27, inoffiziell auch Grazer Hausregiment genannt. Heute befindet sich in der Belgierkaserne die Ergänzungsabteilung Steiermark und vor allem das Kommando Streitkräfte mit dem Lagezentrum, einer der Nervenstellen des Bundesheeres. Hier laufen alle Informationen beispielsweise über im Auslandseinsatz befindliche Einheiten zusammen.

Zur Belgierkaserne gehören aktuell nicht nur mehr als 30 Objekte auf 18,7 Hektar, sondern auch ein eigener Eisenbahnanschluss sowie der Schießplatz Feliferhof. Der Schießplatz ist seit 1869 in Verwendung und wurde von der Stadt Graz erworben und dem Militär zur Verfügung gestellt. Seit diesem Zeitpunkt konnten Militär, Polizei und Gendarmerie ihre Schießübungen in unmittelbarer Nähe der Garnison Graz durchführen. Der Schießplatz wurde jedoch zur Gänze neu erbaut und der alte, historische Teil wird nicht mehr benutzt.

Fliegerhorst Nittner in Feldkirchen

Obwohl sich der Fliegerhorst Nittner in Feldkirchen befand und somit nicht mehr zum Grazer Stadtgebiet gehörte, darf eine historische Darstellung der Entwicklung der militärischen Infrastruktur in Graz auch das vor der Stadtgrenze liegende Areal nicht außer Acht lassen. Das Gelände, auf dem der Fliegerhorst entstehen sollte, wurde bereits im 19. Jahrhundert als Exerzierplatz genutzt. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Gelände 1913 von der k.u.k. Armee erworben und bereits im Folgejahr war der Militärflugplatz, sowie die dort stationierte Fliegerabteilung Nr. 10 einsatzbereit. Bei Ausbruch des Weltkrieges wurde diese Abteilung jedoch verlegt und das Flugplatzgelände als Internierungslager für Kriegsgefangene genutzt.

Der Friedensvertrag von St. Germain verbot der neuen Republik Österreich jegliche fliegerische Tätigkeit. Allerdings wurden die strengen Bedingungen schrittweise aufgehoben und bereits 1922 wurde Österreich der zivile Flugbetrieb wieder gestattet. Mit Blick auf die Ausgestaltung des Flugplatzes schrieb das Salzburger Volksblatt am 21. November 1928: „Auf dem Flugplatz Graz-Thalerhof waren Instandsetzungsarbeiten an den Hochbauten notwendig. Eine Vergrößerung und Verbesserung der Rollfläche wurde vorbereitet." Damit waren wichtige Voraussetzungen für die Zukunft geschaffen worden.

Nach dem Ende der interalliierten Militärkontrolle im Jahr 1928 erfolgte am 1. April 1929 die Gründung der Fliegerschule in Graz. Dieses Ereignis, und die damit verbundene Verlegung von Material und Personals von Aspern nach Graz, markiert den eigentlichen Beginn der militärischen Luftfahrt in der Ersten Republik. Die Anfänge waren mühsam. So gab es zwar zwei Hallen, doch waren diese weder beheizt noch beleuchtet. Darüber hinaus gab es noch keine Flughafenfeuerwehr.

Da die zivile Luftfahrt auch in Österreich immer wichtiger wurde, verlangten einflussreiche Stimmen den Ausbau der zivilen Flugplätze. Im Frühjahr 1934 wurde der Flughafen Graz-Thalerhof in einen zivilen (östlicher Abschnitt) und einen militärischen Teil (westlicher Trakt) geteilt. Kurzfristig gab es in Graz ab diesem Zeitpunkt eine Lehrabteilung II, die bei der Enttarnung der Luftstreitkräfte 1935 in Luftschutzabteilung Nr. 1 umbenannt wurde.

Die deutsche Luftwaffe übernahm 1938 den Fliegerhorst und begann mit dem Bau einer Betonpiste, die jedoch erst 1955 fertiggestellt wurde. Die Luftwaffe stationierte in der kurzen Phase bis zum Kriegsbeginn die Sturzkampfgruppe I/168 (Ju 87 Stuka) in Graz-Thalerhof. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Fliegerhorst nur für Ausbildungszwecke benutzt. Für die Vorbereitung auf den Feldzug gegen Jugoslawien im Frühjahr 1941, benötigte die Luftwaffe Graz-Thalerhof für einige Wochen als Basis für Kampfflugzeuge.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die endgültige Übernahme durch das Bundesheer der Zweiten Republik. Wie bereits in der Zwischenkriegszeit gab es parallel zum militärischen auch noch einen zivilen Flughafen. Bis zur Einführung des Eurofighter befanden sich am Fliegerhorst Nittner die aktuellen Flugzeugtypen des Bundesheeres: Saab 29, Saab-105Ö, Saab „Draken" sowie zuletzt die aus der Schweiz geleasten F-5 „Tiger".

Der Fliegerhorst Graz-Thalerhof leitete 1991 die Luftraumüberwachung im Zuge der Slowenienkrise mit den Draken des Überwachungsgeschwaders. Dieser Einsatz stellte sowohl die beteiligten Soldaten des Fliegerhorstes, als auch die Piloten der Saab „Draken" vor große Herausforderungen. Nach dem Jahrtausendwechsel gab es immer häufiger Gerüchte über die bevorstehende Schließung des Fliegerhorstes. Im Zuge der Bundesheerreform 2010 entschied sich das Bundesministerium für Landesverteidigung die militärische Ära in Graz-Thalerhof zu beenden und schloss den Fliegerhorst mit einer feierlichen Flaggenparade am 9. Dezember 2013.

Die Republik versuchte das militärische Gelände des Fliegerhorstes zu verkaufen, es fand sich jedoch erst im Jänner 2015 eine Immobiliengesellschaft, die es um 8 Millionen Euro erwarb. Die Grundstücksfläche des aufgelassenen Militärstützpunktes betrug rund 385.000 Quadratmeter, davon waren rund zwei Drittel Waldflächen.

Auf dem ehemaligen Fliegerhorst standen beim Verkauf noch zwei Flugzeughangars mit jeweils rund 3.600 Quadratmeter Hallenfläche sowie ein Büro- und Unterkunftsgebäude, ein Wirtschaftsgebäude mit einer Großküche und mehrere kleinere Büro-, Lager- und Werkstättengebäude. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Unternehmen, das auf Indoor-Sport spezialisiert ist und ein Hotel. Die ehemaligen Flugzeughangars werden nun für sportliche Aktivitäten genutzt.

Eduard Nittner, der Namensgeber des Fliegerhorstes wurde am 5. Februar 1885 in Görz geboren und war ein österreichischer Offizier und Flugpionier. Am 3. Mai 1912 überflog er als erster Mensch einen Alpenpass in Österreich (Semmering-Pass) auf dem Flug von Wiener Neustadt nach Graz. Oberleutnant Nittner kam tragischerweise im darauffolgenden Jahr (17. Februar 1913) bei einem Flugzeugabsturz in Fischamend ums Leben.

Weitere militärisch genutzte Objekte der Garnison Graz

Neben den oben genannten großen militärischen Anlagen gab und gibt es noch weitere, kleinere militärisch genutzte Objekte in der Garnison Graz, wie das Munitionslager in Kalsdorf, das von der Garnison Graz bewacht werden musste oder das aktuelle Informationsbüro des Bundesheeres am Bahnhofsgürtel.

Vor 100 Jahren war ein beträchtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung Nichtschwimmer. Die eingerückten Soldaten des Bundesheeres hatten daher im ersten Ausbildungsjahr die Freischwimmerprüfung abzulegen. Für diesen Zweck stand in Graz bis 1938 die Militärschwimmschule in der Körösistraße zur Verfügung.

Die Klosterkirche der Barmherzigen Brüder in der Annenstraße Ecke Marschallgasse diente in der k.u.k. Monarchie und in der Ersten Republik von 1838 bis 1938 als katholische Garnisonskirche. Im Inneren der Kirche befinden sich in der Ehrenhalle Gedenktafeln, die an die Leistungen der steirischen und Grazer Truppenkörper im Ersten Weltkrieg erinnern. Auch in der Zweiten Republik diente die Kirche von 1966 bis 2018 als Garnisonskirche.

In der Schörgelgasse Nr. 36 stand bis zu dessen Abriss in den 1960er Jahren das Gebäude der Brigadeverpflegsanstalt Nr. 5. Das weitläufige Gebäude diente seit dem 18. Jahrhundert der Garnison als Verpflegsmagazin. Heute steht auf diesem Gelände ein Teil der Technischen Universität (Institut für Biochemie).

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Mag. Mario Rauchenbichler ist Gymnasialprofessor, Historiker und Milizoffizier.

 

Ihre Meinung

Meinungen (1)

  • Karl Puntigam // 15.12.2020, 14:57 Uhr Ein sehr informativer und lesenswerter Artikel.

    Eine kleine Anmerkung möchte ich aber machen: Der Fliegerhorst Nittner befand sich im Gemeindegebiet von Kalsdorf (Zufahrt, Kommandogebäude, die beiden noch existierenden Hangars. Auch die Postanschrift lautete auf Kalsdorf). Im Gemeindegebiet von Feldkirchen lagen nur Nebengebäude wie Hush-House, Sportanlagen sowie der Schießstand.