• Veröffentlichungsdatum : 22.12.2016
  • – Letztes Update : 05.01.2017

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  • 1442 Wörter

Die Schlacht von Königgrätz - Teil 1

Gabor Orban

Vor 150 Jahren fand der Preußisch-Österreichische Krieg statt. Im Sommer von 1866 zogen die Armeen zweier Großmächte in den Krieg. Ihr Ziel: Das Ringen zwischen den österreichischen Habsburgern und den preußischen Hohenzollern, um die Vorherrschaft im deutschen Raum sollte endgültig entschieden werden.

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Teil 1 - Der Weg nach Königgrätz


Für Preußen stand im Jahr 1866, wie so oft in seiner Geschichte, viel auf dem Spiel. Das ehemals kleine Königreich riskierte seit Mitte des 18. Jahrhunderts dauerhaft seine Existenz. Da Preußen in vielen Auseinandersetzungen als Sieger hervorging, gelang es dem Staat schrittweise seine Macht zu vergrößern. Das multiethnische Habsburgerreich hingegen war seit dem Mittelalter das einflussreichste „deutsche“ Staatsgebilde auf dem Kontinent und baute seine Herrschaft stets weiter aus.

Der Krieg von 1866 setzte diesem Prozess ein jähes Ende. Als am 3. Juli 1866 die Sonne unterging, gehörte das einst mächtige Österreich der Vergangenheit an. Der Feldzug endete sieben Wochen nach dessen Beginn mit dem vollständigen Sieg Preußens - die eigentliche Entscheidung fiel nur innerhalb einer einzigen Woche. Mit einem so schnellen Ablauf hatte weder die politische Elite noch die breite Öffentlichkeit Europas gerechnet.

Weltuntergang

Die Ablösung Österreichs durch Preußen als führende deutsche Großmacht hatte weitreichende nationale und internationale Folgen. Darüber schienen sich bereits die Zeitgenossen voll und ganz im Klaren zu sein. Die Illustrated London News schrieb beispielsweise in einem vielzitierten Artikel kurz nach der Schlacht von Königgrätz: „Auf dem Kriegsschauplatz haben sich Ereignisse von so erschreckender Art und, wie anzunehmen ist, von solcher Bedeutung für die Zukunft zugetragen, dass man bei dem Versuch, ihre wahre Tragweite abzuschätzen, schwindelig wird“.

Kardinal Giacomo Antonelli (Kardinalstaatssekretär im Vatikan) ging noch weiter. Als er von der österreichischen Niederlage erfuhr, soll er vom Schock ergriffen „Il mondo casca!“ - „Die Welt geht unter!“, gerufen haben. Die Welt ging zwar nicht unter, das alte Europa verschwand jedoch unwiderruflich. Mit dem preußischen Sieg entfaltete sich zudem eine Spirale von Auseinandersetzungen und bewaffneten Konflikten, die bis heute wirken. Bei Königgrätz begann ein Dominoeffekt, der sich in der deutschen Reichsgründung fortsetzte, zu den beiden Weltkriegen und den darauf folgenden Kalten Krieg führte.

Folgen der Niederlage

Die Auswirkungen von 1866 sind bis heute präsent. Trotz seines historischen Stellenwertes wird dem Preußisch-Österreichischen Krieg allerdings nur ein relativ unbedeutender Platz in der Geschichtswissenschaft zugewiesen - zu Unrecht. Die historische Einordnung der Geschehnisse von damals scheint im 21. Jahrhundert schwierig zu sein. Auch in wissenschaftlichen Kreisen wird der Preußisch-Österreichische Krieg oft lediglich im Kontext mit Königgrätz und vor allem aus militärischer Sicht bewertet. Königgrätz ist heute zwar noch ein Begriff, die Erinnerung daran beschränkt sich jedoch auf einen engen Kreis von Privatpersonen oder -gruppen, die sich regional organisieren und sich für Militärgeschichte interessieren.

Ursprünge des Konfliktes

Mit dem Krieg von 1866 ist der preußische Ministerpräsident, Otto von Bismarck, untrennbar verbunden. Man kann durchaus behaupten, dass dieser Konflikt sein Meisterwerk war. Der preußisch-österreichische Gegensatz begann jedoch nicht mit Bismarck, sondern schon über 100 Jahre davor. Im Jahre 1740 war Österreich seit dem Mittelalter die wichtigste Macht im Heiligen Römischen Reich. Preußen hingegen wurde erst 40 Jahre zuvor in den Stand eines Königreiches erhoben. Es war ein mittelgroßer Staat und stellte damit keine Gefahr für das Habsburgerreich dar.

Friedrich der Große

Ende 1740 starb der römisch-deutsche Kaiser Karl VI. ohne einen männlichen Nachkommen. Die „Pragmatische Sanktion“, welche eine weibliche Thronfolge ermöglichte, wurde nicht im gesamten Reich anerkannt. Damit entstand eine völlig neue Situation, und zahlreiche Herrscher bemühten sich, die missliche Lage Österreichs auszunutzen. Einer von ihnen war der preußische König Friedrich II., genannt der Große. Er fiel Ende 1740 in der österreichischen Provinz Schlesien ein und eroberte dieses Gebiet.

Den Verlust dieser Provinz wollten und konnten die österreichischen Habsburger dem kleinen Preußen nicht verzeihen. Damit gilt die Eroberung Schlesiens als eigentlicher Auslöser für den Streit zwischen den beiden Mächten. Ab 1789 drängten dann die Französische Revolution und später der Konflikt mit Napoléon Bonaparte die Rivalität zeitweilig in den Hintergrund. Preußen und Österreich kämpften, wenn auch zwangsweise, in den Koalitionskriegen Seite an Seite gegen Frankreich.

Neuordnung durch Napoleon

1815 waren die napoleonischen Kriege endgültig zu Ende. Das vorrangige Ziel der Siegermächte war nun eine komplette politisch-territoriale Neuordnung Europas. Zu diesem Zweck wurde Ende 1814 in Wien ein Kongress einberufen, der die Grenzen auf dem Kontinent völlig neu zeichnete. Die französischen Eroberungen wurden rückgängig gemacht, die Macht des Alten Regimes wiederhergestellt und, was für Österreich noch wichtiger war: Es erstrahlte, zumindest nach außen, wieder in seinem alten Glanz.

Zur Sicherung der Macht der herrschenden Klasse wurde die Heilige Allianz geschaffen, die jegliche revolutionäre Idee im Keim erstickte. Am Ende des Wiener Kongresses blieb jedoch die Frage offen, was mit den Staaten des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches geschehen soll. Als Antwort wurde der Deutsche Bund als lockere Staatengemeinschaft, mit Österreich als Führungsmacht, geschaffen. Damit wurde ein klares Zeichen gesetzt: Preußen sollte neben Österreich nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Revolution 1848

Der politische Vormärz, die Zeit vom Wiener Kongress 1815 bis zum Revolutionsjahr 1848, stand im Zeichen der Unterdrückung von liberalen und nationalen Kräften. Die adeligen Herrscher regierten absolutistisch. Das bedeutete, dass der preußisch-österreichische Gegensatz neutralisiert war, auch wenn mit der Gründung des Zollvereins die Position Österreichs innerhalb des Bundes zu wackeln begann. Die Idee eines vereinten Deutschlands ohne Österreich rückte erst 1848 und später bei den preußischen Unionsversuchen in den Vordergrund.

Im Revolutionsjahr 1848 wählte man zum ersten Mal in der Geschichte ein gesamtdeutsches Parlament, das im Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche eingesetzt wurde. Die wichtigste Frage, die es damals zu klären galt war, wie das künftige Deutschland aussehen sollte. Dabei ging es hauptsächlich darum, ob Österreich überhaupt zu Deutschland gehören sollte oder nicht. Und wenn ja, wie würde Österreich den preußischen Gegenspieler ausschalten. Die Frage war demnach: „Kleindeutsch“, also ein Deutschland ohne Österreich unter preußischer Führung oder „Großdeutsch“, mit Österreich an der Spitze von Deutschland.

Preußische Union

Das Frankfurter Parlament selbst träumte von einer liberalen Verfassung und einem preußischen König als deutschen Erbkaiser, was Österreich ablehnte. Der damalige König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., hatte andere Pläne. Österreich war zu diesem Zeitpunkt in schwere Kämpfe in Ungarn und Oberitalien verwickelt, und der preußische König wollte diese Gelegenheit nutzen, um die Macht seines Staates auf Kosten Österreichs zu erweitern. Sein Plan war es, eine neue Staatengemeinschaft, die Union, unter Führung Preußens zu schaffen.

Der preußische Plan flog allerdings auf, und Österreich konnte die Aufstände niederschlagen, so dass aus der Union nichts wurde. Etwa zur selben Zeit tauchte auf der politischen Bühne jene Person auf, deren Wesen und Handeln zum Symbol der deutschen Einigung wurde. Sein Name war Otto von Bismarck. Bismarck entstammte einer alten Adelsfamilie und war politisch zunächst auf lokaler Ebene in Pommern tätig, später als preußischer Gesandter im Frankfurter Bundestag.

Während der Revolution verhielt er sich passiv und lehnte sowohl die Errungenschaften von 1848 als auch den preußischen Unionsplan ab. Jedoch nicht, weil er mit Österreich sympathisierte, sondern weil er meinte, dass Preußen für einen Krieg noch nicht bereit sei. Bismarck wird heute vorgeworfen, dass er von Anfang an den Konflikt mit Österreich suchte. Das ist falsch. Er war eher ein politisches Chamäleon, und behielt immer mehrere Möglichkeiten im Auge. Eine davon war der Krieg.

Politische Offensive

Im Jahr 1853 brach der Krimkrieg (auch Türkisch-Russischer Krieg) aus. Österreich verhielt sich lange neutral, teilweise den Russen gegenüber sogar feindlich. Das war eine Enttäuschung für den russischen Zaren, der das Haus Habsburg bis dahin als Verbündeten betrachtete. Im Jahre 1859 erlitt Österreich einen weiteren Prestigeverlust, als die Habsburgerarmee in der Schlacht von Solferino geschlagen wurde. Der Zeitpunkt für eine politische Offensive Preußens war nun günstig. Bismarck baute diese entlang dreier Punkte auf. Erstens sollte der preußische Kriegsminister die Armee reformieren und für einen Krieg fit machen. Zweitens wollte er selbst, durch ständige Provokation gegenüber Wien, die Kriegslust der Österreicher aufheizen. Danach sollte die dritte Phase beginnen, in welcher der Generalstabschef Helmuth von Moltke den österreichischen Gegner in einem kurzen Feldzug schlagen sollte.

Bismarck brauchte nur noch einen Brennpunkt, den er schließlich in Schleswig-Holstein fand. Im Jahr 1864 besiegten Preußen und Österreich das kleine Dänemark bei den Düppeler Schanzen. Die dänische Herrschaft über Schleswig-Holstein ging damit zu Ende, und die Verwaltung der beiden Provinzen wurde aufgeteilt: Im Gasteiner Vertrag von 1865 erhielten die Preußen Schleswig, die Österreicher Holstein. Dieser Vertrag wurde von Preußen zum Anlass genommen, um einen offenen Konflikt zu provozieren. Bismarck beschuldigte die Wiener Regierung mit dem Bruch des Gasteiner Vertrages und ließ Truppen in Holstein einmarschieren. Österreich beantragte daraufhin am 14. Juni 1866 im Frankfurter Parlament die Bundesexekution gegen Preußen. Der Weg zu einem bewaffneten Konflikt war damit frei.

Teil 2 - Der Waffengang

Gabor Orban absolviert ein Master-Studium für Geschichte an der Universität Wien.

Die Düppeler Schanzen nach ihrer Erstürmung

 

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Meinungen (1)

  • ferdinand // 19.01.2017, 13:58 Uhr Gute Zusammenfassung