• Veröffentlichungsdatum : 18.10.2017

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EUFOR Operation ALTHEA

Friedrich Schrötter

Seit Dezember 2004 leisten die European Forces in Bosnien und Herzegowina einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Westbalkans. Das Österreichische Bundesheer stellt seit 2009 den Kommandanten dieser EU-Operation.

Die Europäische Union übernahm die Führung der Operation ALTHEA am 2. De­­zember 2004. Die von der EU sowie weiteren Partnern gestellten Kräfte bilden die European Forces (EUFOR) und übernahmen zu dem angeführten Zeitpunkt die Aufgaben von SFOR (Stabilisation Force). SFOR war 1997 der Nachfolger von IFOR (Implementation Force), die 1995 auf der Grundlage des bis heute weitergeschriebenen Mandates des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen den Bürgerkrieg beendeten. Die laufende Operation ist durch ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen legitimiert, wird regelmäßig beurteilt, fallweise angepasst und jährlich verlängert. Das Mandat - UNSCR 2315 (2016) -, auf der Grundlage des Kapitels VII der Charter der Vereinten Nationen, dient der Durchsetzung der militärischen Aufgaben des Dayton-Vertrages.

Dieser Vertrag regelt unter anderem die Unabhängigkeit von Jugoslawien und das Weiterbestehen als souveräner und ungeteilter aber stark dezentralisierter Staat in den international anerkannten Grenzen. Im General Framework Agreement for Peace (GFAP) werden Aufgaben, Rechte und Pflichten der „Force“ definiert. In den Instructions to the Parties (ITP) werden Aufgaben und Verpflichtungen der vormaligen Konfliktparteien bzw. der Organe des Staates festgeschrieben. Durch den Commander der Force werden in Abhängigkeit von den Entwicklungen im Land die ITP angepasst, was das letzte Mal im Dezember 2016 erfolgte. Die Anpassung davor erfolgte 2012.

Die Einbindung in die militärische Führung stellt sich für EUFOR wie folgt dar: Durch den Deputy Supreme Allied Commander Europe (DSACEUR) der NATO wird auf der Grundlage eines Beschlusses der EU die Rolle des Operation Commanders wahrgenommen. Ihm ist als unmittelbare Unterstützung die EU Staff Group (EUSG) zugeordnet, welche primär die Verbindung zu den Stabsstrukturen des NATO Supreme Headquarters Europe (SHAPE) zu halten und dort das Zusammenwirken sicherzustellen hat. Durch den Deputy Allied Supreme Commander Europe wird der Operations Plan (OPLAN) in direkter Abstimmung mit dem EU Military Committee (EUMC) sowie den truppenstellenden Nationen verfügt. Dieser OPLAN regelt sämtliche Belange der militärischen Führung einschließlich der operativen und strategischen Reserven sowie das Zusammenwirken aller Kräfte in der Joint Operation Area Balkan (JOA Balkan). Die operative und taktische Verantwortung für die JOA Balkan wird vom NATO Joint Forces Command in Neapel - JFC (N) - wahrgenommen. Dem JFC (N) ist ein EU Command Element (EUCE), dem Deputy Allied Supreme Commander Europe, nachgeordnet, das analog zur European Staff Group derartige Aufgaben beim JFC (N) übernimmt. Die Aufbauorganisation zeigt die Grundsätze der Vernetzung der militärischen Führung der EU mit jener der NATO. Die Grundlage dafür stellt das Berlin (+)-Abkommen dar, das unverändert in Kraft ist.

Aufgaben von EUFOR

EUFOR ist der militärische Aufgabenträger, der in Fortschreibung der Aufgaben von IFOR und SFOR für die Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Sicherheit im Land (Safe and Secure Environment - SASE) auf der Grundlage der exekutiven Aufgaben des Mandates des Sicherheitsrates verantwortlich ist.

Folgende Aufgaben ergeben sich für EUFOR:

  1. Unterstützung der Einrichtungen des Staates Bosnien und Herzegowina zur Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Sicherheit im Land;
  2. Sicherstellung eines aktuellen Lagebildes;
  3. Unterstützung und Kontrolle des Räumens von verminten Flächen und Gebieten;
  4. Überwachung und Kontrolle der Vernichtung von überzähliger Munition;
  5. Überwachung und Kontrolle der Vernichtung von überzähligen Waffen;
  6. Unterstützung beim Aufbau von militärischen Fähigkeiten;
  7. Bereithalten von Kapazitäten für zusätzliche Projekte.

Die Aufgaben 1 bis 5 sind im Kern jene exekutiven Aufgaben, die ihren Ursprung im Vertrag von Dayton haben. Durch einen Beschluss der EU kam in Übereinstimmung mit den Vereinten Nationen sowie mit der Regierung von Bosnien und Herzegowina seit 2010 mit Capability Building and Training (CB&T) eine weitere Aufgabe hinzu. Das Ziel ist die Weiterentwicklung von Fähigkeiten und die Unterstützung in der Ausbildung der bosnischen Streitkräfte. Analog zum „Exekutiven Mandat“ werden diese Aufgaben oftmals stark vereinfachend als „Nicht-exekutives Mandat“ bezeichnet. CB&T ist seit dem Beschluss zur Durchführung ebenfalls im Mandat des Sicherheitsrates als weitere Aufgabe enthalten.

Durch die Soldaten von EUFOR sind die angeführten Aufgaben zur Unterstützung der Einrichtungen des Staates Bosnien und Herzegowina für ein „Safe and Secure Environment“ in Verbindung mit den Vorgaben aus dem OPLAN wie folgt definiert:

  • Bereithalten von militärischen Fähigkeiten im Fall einer aufkommenden Krise;
  • Zuführung von Reservekräften;
  • Planung von Evakuierungsmaßnahmen insbesondere für internationale Organisationen und Vertretungen anderer Staaten in BiH; 
  • Zusammenwirken mit den staatlichen Behörden.

Nachfolgend wird der Fokus auf die Wahrnehmung von Aufgaben zur Sicherstellung des Safe and Secure Environment und deren Vorbereitung sowie die Maßnahmen des CB&T im Sinne der Unterstützung des SASE gerichtet. Als Grundlage war das Zusammenwirken mit staatlichen Organisationen von BiH insbesondere mit dem Verteidigungsministerium und dem Sicherheitsministerium und deren Organisationen und Kräften zu gestalten. Dazu war einerseits das Üben auf taktischer Ebene sowie konkrete Maßnahmen der Einsatzvorbereitung durch die international gestellte Truppe einschließlich der Einbeziehung von Reservekräften ein zentrales Thema.

Die Übung Quick Response 16 zeigt mit den vorgestaffelten Schritten der Ausbildung des Personals, dem Üben der einzelnen Organisationselemente sowie der schrittweisen Entwicklung der Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen und Behörden von BiH die Bemühungen von Seiten EUFOR.

Quick Response 16

Die Übung „Quick Response 16“ (QR16) fand vom 25. September bis zum 5. Oktober 2016 statt. Die Übungsziele mit intensiver Kampfführung und Einsatz von Pyrotechnik wurden auf dem Übungsplatz Manjaca nördlich von Banja Luka durchgeführt. Die Übung basierte auf einem Szenario, das im Überbau aus einer kritischen Entwicklung in der Joint Operation Area Balkan mit konkreten Auswirkungen auf den eigenen Verantwortungsbereich, die Area of Responsibility (AOR), von EUFOR startete. Die Lage im Großen erforderte dabei die Überwachung und nach einer Eskalation die Sicherung großer Räume durch EUFOR, wobei real in der nördlichen Region des Landes geübt wurde.

In einer Phase der Eskalation musste dann durch die Kräfte von EUFOR das Auftreten von bewaffneten Einheiten von Aufständischen richtig gehandhabt werden. Für dieses Szenario waren nach Abstimmung mit OPCDR, JFC (N) und KFOR eine Vielzahl von Übungszielen mit dem Training der jeweiligen Stäbe und deren Zusammenwirken zu überprüfen bzw. neu aufzusetzen. Für das eigene Hauptquartier lag der Fokus auf der Steigerung der teilstreitkräfteübergreifenden Stabsarbeit sowie der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit dem bosnischen Verteidigungs- und dem Sicherheitsministerium, dem JFC (N), KFOR, den designierten Verstärkungskräften und Reserven und auf den zusätzlichen Beiträgen von Truppenstellern bei EUFOR.

Parallel zur Arbeit mit den Stäben wurden sämtliche Übungsvorhaben des Multinationalen Bataillons (MNB) von EUFOR sowie der Unterstützungsmaßnahmen innerhalb des CB&T auf diese Großübung ausgerichtet. Bei diesen Maßnahmen wurde auch das Force Integration Training (FIT), das durch neue zu EUFOR entsandte Kräfte - etwa bei Rotationen von Kontingenten - zur Herstellung der Einsatzbereitschaft durchzuführen ist, auf die erforderlichen taktischen Maßnahmen ausgerichtet. Die bosnischen Streitkräfte (AF/BiH) nahmen mit großem Engagement mit einigen Einheiten an diesen vorbereitenden Übungsvorhaben teil.

Die Übung begann bereits mit dem Anmarsch der rasch verfügbaren Reserven ab dem 25. September, wobei eine Kompanie mit ihrem gesamten Gerät von Großbritannien eingeflogen wurde. Hubschrauber flogen aus Österreich ein und Einheiten anderer Staaten verlegten im Landmarsch in den Einsatzraum. Das taktische Reservebataillon im Kosovo von KFOR (TACRES) - gestellt durch Portugal und Ungarn - verlegte geschlossen - unter anderem mit zwei Kompanien mit „Pandur“ II - im Landmarsch aus dem Kosovo über Montenegro über 1 000 Kilometer in zwei Tagen ohne Ausfälle in den Übungsraum. Während die Aufnahme durch EUFOR für die zugeführten Kräfte erfolgte, wurde das MNB mit nationalen Verstärkungskräften bereits in den Übungsraum verlegt, das neu aufgestellte System der Liaison and Observation Teams (LOT) hochgefahren und der Übungsraum durch Aufklärungstrupps, die mit Hubschraubern in ihr Zielgebiet verbracht wurden, überwacht. Zusätzlich wurden Drohnen zur Aufklärung eingesetzt. Das Hauptquartier (HQ) und die erforderlichen logistischen Anteile von EUFOR sowie der nationalen Kontingentsanteile führten kurz danach das Verlegen eines vorgeschobenen Gefechtsstandes in den Übungsraum durch. In diesem Zeitraum stand das Aufklären und Überwachen im Vordergrund, wobei das gesamte Spektrum vom Einrichten von geschützten Räumen, Checkpoints, Durchsuchen von Ortschaften, Crowd and Riot Control, Festnehmen von Aufständischen, Sichern und Durchführen von Verhandlungen etc. im Hinblick auf das multinationale Zusammenwirken geübt wurde. In dieser Phase kamen auch eine gepanzerte Infanteriekompanie und andere Organisationselemente der bosnischen Streitkräfte (AF/BiH) dazu.

In der Nacht vom 2. Oktober eskalierte gemäß Übungsplan die Lage, wobei das Schwergewicht im Übungsraum in Manjaca lag. Bedrohte Siedlungen waren zu schützen, Bewegungslinien zu kontrollieren, Aufständische zu stellen und zu entwaffnen, Verhandlungen mit den Konfliktparteien zu führen und dabei die Verhandlungsorte gegen gewaltsame Übergriffe zu schützen sowie bedrohte Personen zu evakuieren. Insgesamt fokussierte das Szenario auf eine Region, eine Ausstrahlung auf weitere Regionen war bei Eskalation zu erwarten. Anfang Okober erfolgte in einem ausgedehnten Distinguished Visitors Day (DVD) die Einweisung für die Spitzen von EU, OHR, OSZE, UNDP, NATO, den Botschaftern der Truppensteller und der Führung der bosnischen Streitkräfte in die Übung.

Medienarbeit seit 2016

Eine aktive Medienarbeit unterstützte das Übungsvorhaben. So gingen die „Clicks“ in den sozialen Netzwerken von durchschnittlich 8 000 vor der Übernahme der Führungsverantwortung im März 2016 durch die begleitende Berichterstattung zu den vorbereitenden Übungen bis zur „Quick Response 16“, auf 1,9 Millionen mit einer Verteilung Balkan, Westeuropa und USA in die Höhe. In den Printmedien wurde die „Quick Response 16“ als Thema regional wie auch in den wesentlichen Medien in Europa aufgegriffen und darüber über einen längeren Zeitraum berichtet. Auf die geografisch größte Reichweite brachte es dabei ein Artikel in der Washington Post. Wesentlichen Anteil an diesem Erfolg hatte das Public Affairs Office (PAO), das die rasche Folge der einzelnen Vorhaben mit Presseaussendungen über eine aktive Arbeit mit den Medien bis zur Bereitstellung von Informationsmaterial unterstützte.

Lessons Learned for EUFOR

Die Module der Vorbereitung und Durchführung zu dieser Großübung wurden in das FIT für die routinemäßigen Rotationen aufgenommen. Für den Stab des EUFOR Hauptquartiers und verschiedene Unterstützungsbereiche wurden die Erfordernisse der Führung von Kräften im gesamten Einsatzraum sowie die Bildung eines vorgeschobenen Gefechtsstandes neu definiert, wobei die Sicherstellung der Führungsverbindungen nur mit großem Aufwand erreicht werden konnte.

Für die österreichischen Anteile mit der wesentlichen Rolle in der logistischen Unterstützung erlangte man die Erkenntnis, dass bei längerfristigen Verlegungen auch taktische Aufgaben einschließlich der Eigensicherung durchzuführen sind. Während des gesamten Prozesses der Vorbereitung wurde schrittweise die Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen vertieft. Dabei wurde ein hoher Grad der Einbindung in das Führungs- und Informationssystem von EUFOR erreicht und die Unterstützung durch EUFOR bis hin zur Evakuierung aktualisiert.

Resümee und Ausblick

Insgesamt zeigte sich im Einsatzzeitraum von März 2016 bis März 2017 eindeutig, dass zur Wahrnehmung der Aufgaben des Mandates die Beherrschung des militärischen Handwerkes auf allen Ebenen einen erfolgreichen Einsatz von hoch beweglichen Kräften ermöglicht und nur so die notwendige Flexibilität im gegenwärtigen Konzept des Reserveneinsatzes sichergestellt werden kann. Die Diskussionen über die Notwendigkeit einer klaren militärischen Ausrichtung auf das Mandat sowie über die höchst unterschiedlichen Einschätzungen der Bedrohungslage erscheinen eher von philosophischer Natur, als von der sachlichen Beurteilung realer Ereignisse geprägt.

Ein weiterer wesentlicher Beitrag durch die Soldaten von EUFOR liegt in der Unterstützung beim Aufbau von militärischen Fähigkeiten der AF/BiH, also dem Capability Building and Training. Bei der Übernahme der Führungsverantwortung erfolgte eine Bestandsaufnahme des bisher in dieser Operation Erreichten, wobei sich Unterschiede in Berichten vor 2016 und der in der Realität vorgefundenen Tatsachen ergaben. So wurde 2015 für den Einsatzraum das Mentoring als erreichte Stufe der Unterstützung durch EUFOR angegeben. Unter anderem hätte das aber bedeutet, dass Ausbildung, Übung und Einsatzvorbereitung einem selbstständigen System folgen würden und auf eine begleitende Kontrolle wie die Unterstützung von Führungskräften umzustellen wäre. EUFOR wäre somit in dieser Form obsolet. Derartige Inhalte wurden auch in den Berichten an das Political and Security Committee (PSC) der EU transportiert und dort im Sinne einer baldigen Schließung von EUFOR zur Kenntnis genommen. In der Realität zeigte sich jedoch ein anderes Bild, vor allem auf Ebene der Brigaden der AF/BiH. Hier bestand und besteht der Bedarf an der Ausbildung von Kader und Soldaten in den Organisationselementen von der Gruppe bis zum Bataillon sowie dem Zusammenwirken von Waffengattungen auf der darüber liegenden Führungsebene. Gleichzeitig wurden durch die AF/BiH der Abschluss von verschiedenen Stufen der NATO-Zertifizierung und die Qualifizierung für Beiträge zu EU-geführten Operationen unterstützt.

Für die Folgebeurteilung durch EUFOR waren die Herausforderungen für die AF/BiH wesentlich. Bedingt durch die, seit Gründung der bosnischen Streitkräfte im Jahr 2008, eher provisorischen gesetzlichen Grundlagen, die geringe budgetäre Dotierung, die staatlichen Regelungen für Beschaffungen und die relativ hohen Ansprüche aus dem NATO-geführten Prozess der Heranführung an bzw. mittelfristigen Einbindung in die NATO (Defense Review) ergaben sich negative Auswirkungen auf die Sicherstellung der Grundlagen für Ausbildung, Übungen und Einsatzvorbereitung. So werden beispielsweise einem Soldaten, der auf einen Übungsplatz verlegt, wesentliche Bestandteile des Gehaltes wie Zuschläge für seine Wohnversorgung oder Verpflegung eingestellt, da er durch den Staat einen Platz in einem Zelt und die Verpflegung aus der Feldküche erhält. Viele Soldaten nutzen eine privat gekaufte Ausrüstung, da sich Beschaffungsvorgänge vielfach verzögern und oftmals während des Verpflichtungszeitraumes bei den Soldaten nicht ankommen. Die Joint Defence Commission (JDC) - vergleichbar mit der Parlamentarischen Bundesheerkommission - zeigt diese Umstände regelmäßig auf und unterstützt das bosnische Verteidigungsministerium bei der Lösung dieser Umstände. Offen bleiben nach wie vor die erforderlichen Grundlagen und Regelungen im gesamtstaatlichen Zusammenhang.

Die bosnischen Soldaten sind überaus engagiert und vertreten das gemeinsame Verständnis des Einsatzes für ihren Staat. Der Wille zur Erreichung der NATO-Zertifizierung und der Qualifikation für die Teilnahme an militärischen Operationen der EU wie auch insgesamt eine hohe Bereitschaft für Auslandseinsätze sind auf allen Ebenen stark ausgeprägt. In der Beurteilung von EUFOR wurden die AF/BiH und auch Vertreter der NATO eingebunden und ein Konzept zur Erreichung dieser Ziele entwickelt.

Unter dem Titel von Combined Trainings (CT), den gemeinsamen Übungen entsprechend, wurde eine definierte Anzahl von Organisationselementen unter der Formierungsverantwortung der Brigaden zuerst durch die Abstellung von Gruppen- und Zugskommandanten der EUFOR in deren Ausbildung unterstützt. In der nächsten Phase wurden diese Teile in Übungen des Multinationalen Bataillons von EUFOR inkludiert. So hatten die bosnischen Streitkräfte die Möglichkeit, im taktischen Rahmen Themen zu üben, die allerdings die entsprechende Ausrüstung erforderten, welche derzeit in der Armee nur vereinzelt bzw. nicht vorhanden ist. Im Durchschnitt wurden so die monatlichen Übungen unter Anleitung des Multinationalen Bataillons von EUFOR aufgebaut. Wie intensiv diese Vorhaben waren, zeigt der Begriff, der bis zur JDC dafür verwendet wurde - Crash Courses. 

Insgesamt schloss die NATO die Zertifizierungen positiv ab und unterstützte vor allem die Zielsetzung der Beteiligung an EU-geführten Operationen maßgeblich. Im Herbst 2016 starteten Verhandlungen zwischen Bosnien und Herzegowina und der EU, die das Interesse Bosniens und Herzegowinas an einer möglichen Beteiligung an einer EU-geführten Operation in Afrika bekundeten.

EUFOR und weitere Partner unterstützten auch die Vernichtung von überzähliger Munition maßgeblich. Von den insgesamt mit Beginn 2017 in Bosnien und Herzegowina vorhandenen rund 18 000 Tonnen Munition ist ein Anteil für die bosnischen Streitkräfte für Scharfschießen vorgesehen, ein weiterer Anteil ist lagerfähig, sofern die Munitionslager zeitgemäß sind, der Anteil mit abgelaufener und instabiler Munition wird vernichtet. Der Verkauf von handhabungssicherer Munition und entschärftem Material ist ebenfalls eine weitere Option. Die Entsorgung von alter, oft instabiler Munition erfolgt entweder durch mechanische Verfahren zur Trennung in die einzelnen Komponenten oder durch pyrotechnische Vernichtung - Verbrennung oder Sprengung.

Diese Maßnahmen werden durch Mobile Training Teams (MTT; siehe dazu auch TD-Heft 1/2013, „Mobile Training Teams - Munitionslagerung“) von Truppenstellern und weiteren Partnern unterstützt, wobei die Soldaten und zivilen Experten projektbezogen entsandt und durch EUFOR geführt werden, aber nicht zur Gesamtstärke von EUFOR zählen. In den dargestellten Aufgabenbereichen sind vor allem die Streitkräfte der Schweiz, Österreichs und Schwedens engagiert. Durch die Heereslogistikschule in Wien werden regelmäßig Kurse für die Fachkräfte in der Munitionsvernichtung durchgeführt, und nach bestandener Prüfung wird das Personal zertifiziert.

Im Jahr 2016 wurden rund 2 600 Tonnen Munition vernichtet und rund 1 000 Tonnen für den Aufbau der Sicherheitskräfte in Afghanistan und im Irak im Rahmen der Rüstungshilfe der NATO gespendet. Hervorzuheben ist das kurzfristig realisierte Projekt zur Vernichtung von rund 5 400 Stück „Weißer-Phosphor-Granaten“ mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung durch das United Nations Departement for Peace (UNDP) im Herbst 2016.

Durch den Aufbau der Industrie in Bosnien und Herzegowina haben sich auch die früheren Rüstungsbetriebe stark weiterentwickelt. Bei der Reformagenda der EU wurde eine Vielzahl von Gesetzen entworfen und in Kraft gesetzt. Unter anderem führten Passagen in nationalen Gesetzen zu einer starken Einschränkung der Information an EUFOR, was vor allem den Handel mit den Bereichen Import und Export und die zugehörigen Informationen gemäß internationaler Abkommen und Verpflichtungen betraf. Aus dem Mandat und dem General Framework Agreement for Peace wurden die Instructions to Parties (ITP) definiert. Diese wurden 2012 das letzte Mal angepasst.

Durch die Entwicklungen vor allem aus den Jahren 2014 und 2015 ergab sich im Zusammenhang im Bereich der Rüstungsgeschäfte, dass EUFOR einen der Aufträge aus dem Mandat zur Information gegenüber der internationalen Gemeinschaft nicht mehr erfüllen konnte. Nach langen Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien in Bosnien und Herzegowina und dem engem Zusammenwirken mit dem Office of the High Representative und dem EU Special Representative sowie der Einbeziehung des NATO-Hauptquartiers in Sarajewo kam es zu einer einvernehmlichen Lösung. Mit der „Notification of the Amended Chapter 3 of the Change 25 to the Parties“ vom 4. Jänner 2017 wurde sichergestellt, dass EUFOR die Aufgaben in diesem Bereich der Joint Military Affairs wieder ordnungsgemäß erfüllen und der Berichtspflicht entsprechend dem Mandat nachkommen kann.

Insgesamt gesehen wurden wesentliche Beiträge durch EUFOR hinsichtlich der Vernichtung von überzähliger Munition übernommen, durch Vorgaben auf der Grundlage des Mandates weitere Schritte in der Kontrolle der Produktion und des Handels mit Rüstungsgütern definiert, die Gewinnung des Lagebildes im Raum neu strukturiert und die Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen und der NATO vertieft. All diese Maßnahmen entwickelte EUFOR immer mit dem Ziel, den Forderungen des Mandates und gleichzeitig auch den Organen von Bosnien und Herzegowina zu entsprechen. Seit der Übernahme der Aufgaben von EUFOR im Jahr 2004 ist viel geschehen. Der Staat hat viele Schritte in Richtung der EU sowie auch in Richtung der NATO unternommen und viele Ziele erreicht. Durch den EUSR wird die weitere Entwicklung in Richtung der EU gemeinsam mit den politischen Verantwortungsträgern engagiert unterstützt.

Für die bosnischen Streitkräfte dürfte sich vor allem der Bedarf der fehlenden staatlichen Regelungen zur Weiterentwicklung ergeben. Die AF/BiH stellen eine gesamtstaatliche Organisation dar, deren Wert in Zukunft in der Anerkennung der Bevölkerung weiter wachsen wird. Auf diesem Weg werden noch längerfristig die Unterstützungen durch Partner hilfreich sein und sollten dem Zweck der eigenstaatlichen Entwicklung dienen. Die Unterstützung durch Ausbildung von Kader und Führungspersonal erscheint dabei eine wesentliche Komponente zu sein. In diesem Licht ist ebenfalls die Kooperation des Österreichischen Bundesheeres mit den bosnischen Streitkräften zu sehen, bei der ab Herbst 2017 die Aufnahme von Offiziersanwärtern aus BiH in die Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie erfolgt.

EUFOR wird als der Träger der militärischen Aufgaben des Mandates der Vereinten Nationen die zugeordneten Aufgaben solange wahrnehmen, bis durch eine Entscheidung im Sicherheitsrat die Aufgaben des Mandates vollständig übertragen werden. Bis dahin sind durch proaktive Maßnahmen vor allem der EU für den Stabilisierungsprozess und die Fortführung von EUFOR in einem gemeinsamen Prozess anzustrebende Ziele hauptsächlich in zeitlicher Hinsicht zu synchronisieren. 

Brigadier Mag. Friedrich Schrötter war von März 2016 bis März 2017 Kommandant von EUFOR und ist seit 2013 Leiter der Gruppe Einsatzgrundlagen im BMLVS.

 

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