Kaderanwärter im Feldlager

Truppenübungsplatz Allentsteig im Herbst 2016. Schauplatz der ersten gemeinsamen Feldlagerwoche aller Offiziers- und Unteroffiziersanwärter eines Jahrganges des Österreichischen Bundesheeres.
Vom 17. bis 22. Oktober 2016 trafen sich die Ausbildungskompanien der folgenden Garnisonen am Truppenübungsplatz:
- Enns
- Weitra
- Absam
- Bleiburg
- Langenlebarn
- St. Michael/Steiermark
Aufgeteilt auf sechs Zeltlager durchliefen etwa sechshundert angehende Miliz- und Berufssoldaten ein abwechslungsreiches Programm. Der Bogen spannte sich vom Scharfschießen mit dem Sturmgewehr 77 über das Leben im Zeltlager bei Tag und Nacht bis zu einer Waffenschau. Dieser Ausbildungsabschnitt wurde, so wie der gesamte erste Abschnitt der Kaderanwärterausbildung, von der Heeresunteroffiziersakademie organisiert und durchgeführt.
Vizeleutnant Rudolf Pfalzer, Kommandounteroffizier der HUAk, war vor Ort und begleitete die Soldaten während der Lagerwoche. In den folgenden Absätzen schildert er seine Eindrücke.
Kaderanwärter lernen „Schützen und Helfen“
Scharfschießen
Mittwoch, 19. Oktober: Vzlt Maier, der Leitende des Scharfschießens, hat mit dem Nebel und der schlechten Sicht am Schießplatz wenig Freude. „Die Sicherheit hat allerhöchste Priorität“, sagt er und überprüft noch einmal die Zielscheiben und Feuerstellungen. Es ist der dritte Tag der Lagerwoche und soeben ist der zweite Ausbildungszug mit 35 Soldaten der Heeresunteroffiziersakademie auf dem Schießplatz in Großpoppen eingetroffen. Die Kaderanwärter legen die Ausrüstung im Wartebereich ab. Kurz darauf beginnt Vzlt Maier mit der Einweisung in das Scharfschießen. Während er die Teilnehmer in den Ablauf einweist und über die Sicherheitsbestimmungen belehrt, lichtet sich der Nebel auf der Schießbahn.
Heute soll die Grundschulung am Sturmgewehr mit mehreren Schießübungen abgeschlossen werden. Welche Ziele müssen bekämpft werden? Stimmt die Körperhaltung? Passt die Atemtechnik? Das routinierte Ausbildungspersonal, allesamt erfahrene Unteroffiziere, führt mit genauen und ruhigen Anweisungen die Kaderanwärter durch den Ausbildungstag. An allen Schießständen wird an der Waffenhandhabung der Schützen gefeilt und der richtige Umgang mit der Waffe geschult. Zwischen zwei Übungen unterhalten sich einige Soldaten im Wartebereich über ihre Schießergebnisse. „Ich dachte nicht, dass ich bereits beim ersten Versuch alle zehn Treffer im Oval habe. Ich bin echt stolz darauf“, freut sich ein junger Soldat mit steirischem Dialekt über sein Ergebnis.
Kampfbahn
Im nördlichen Bereich des Truppenübungsplatzes Allentsteig liegt der Allwanger Wald. Hier hat die 3. Kompanie des Jägerbataillons 18 aus St. Michael ihr Lager aufgeschlagen. Die Bereiche der beiden Ausbildungszüge sind jedoch verlassen - nur zwei Soldaten der Lagerwache sind anzutreffen. Der Grund ist leicht erklärt: Die Soldaten des Zuges haben sich im benachbarten Gelände zum Gefechtsdienst versammelt. Dort findet heute eine Stationsausbildung statt. Die Soldaten einer Gruppe machen sich für eine Kampfbahn bereit. Die Kaderanwärter sind mit Duellsimulatoren ausgerüstet. Auf dem Helm und an der Kampfweste sind Sensoren angebracht und auf dem Gewehrlauf befindet sich ein optischer Schusssimulator. Das hilft den Soldaten, sich gemäß der Bedrohung am Gefechtsfeld, dem Gelände angepasst zu verhalten.
Ein Schütze ist soeben in die Kampfbahn gestartet. Er bewegt sich vorsichtig von einer Deckung zur nächsten. Plötzlich sieht er eine Zielscheibe und feuert. Zwei Schüsse hallen durch den Wald. Die elektronische Scheibe klappt nach hinten - Treffer! Zwei Sekunden später kracht es erneut - Gegenfeuer! „Verwundung - linker Arm“ tönt eine künstliche Frauenstimme zwischen den Bäumen hervor. Die Sprachausgabe des Simulators zeigt, dass sich der Schütze nicht schnell genug gedeckt hatte. Nun wird er vom Ausbilder zum Ausgangspunkt der Kampfbahn zurückgeschickt, um die Situation noch einmal zu trainieren.
Unterschlupf
Wenige hundert Meter von der Kampfbahn entfernt lernt eine andere Gruppe, wie man einen „Unterschlupf“ baut. Einen trockenen Platz zu haben ist wichtig, um im Feld gesund und kampfkräftig zu bleiben. Ein Feuer entfachen, einen Waschplatz errichten, Essen kochen. Das sind die Themen der Ausbildung dieses Zuges. Die Blicke der Soldaten wandern nach oben als leichter Regen einsetzt. Jetzt wird sich zeigen, ob die behelfsmäßigen Unterkünfte etwas taugen. „Neunzig Prozent der Soldaten des Zuges haben noch nie zuvor eine Nacht im Freien verbracht“, meint der Zugskommandant, der diese Ausbildung leitet.
Stellungsbau
Auf dem östlichen Rand des Truppenübungsplatzes übt die Lehrkompanie aus Langenlebarn. Am Dienstplan steht der Stellungsbau. Dabei werden die Schützen im Umgang mit Spitzhacke, Spaten und Schaufel geschult. Die Regenfälle der vergangenen Tage haben den Boden aufgeweicht. Die Soldaten sind voller Schlamm und mühen sich mit dem schweren Aushubmaterial. Dennoch gehen sie motiviert an die Aufgabe heran, wartet doch am Abend eine heiße Dusche auf sie.
Morgensport
Donnerstag, 20. Oktober: Früh am Morgen im Zeltlager der Lehrkompanie des Panzerstabsbataillons 3 aus Weitra. Etwa 30 junge Männer laufen mit freiem Oberkörper und singen im Rhythmus der Laufschritte ein Lied - Morgensport während der Lagerwoche. „Der Sport in der Früh hat den Zweck, die Soldaten zu aktivieren“, erklärt der Zugskommandant. Minuten später stehen die Kaderanwärter bei den behelfsmäßigen Waschplätzen und beschäftigen sich mit der Morgentoilette. Die Soldaten lernen, mit dem Mangel an Intimsphäre umzugehen. Nach der Körperpflege beginnt das nächste Ausbildungsthema - der Sicherungsdienst. Heute werden die angehenden Kadersoldaten lernen, wie man einen Kontrollpunkt errichtet und Personen sowie Fahrzeuge kontrolliert.
Feldlager
Im westlichen Teil des Truppenübungsplatzes befindet sich der „Böhmwinkel“. In diesem Waldstück hat die Lehrkompanie aus Absam ihr Lager aufgeschlagen. Hier trainieren die Kaderanwärter das richtige Verhalten auf dem Gefechtsfeld bei einer Kampfbahn. Die Ausbilder geben Übungsmunition aus und erklären den Soldaten, was sie erwartet. Der Kompaniekommandant weist in den Lagerbereich ein. Jeder der beiden Ausbildungszüge hat neben dem Bereich mit den Zelten eine Felddusche und sogar eine Feldsauna errichtet. Diese feldmäßigen Einrichtungen sind notwendig, um die Hygiene der Soldaten und ihre Gesundheit sicherzustellen.
Lagerfeuer
Freitag, 21. Oktober: Abschluss der Lagerwoche im Feldlager der Kärntner Lehrkompanie aus Bleiburg. Die Kaderanwärter und ihre Ausbilder bereiten den Lagerabend vor. Am Abend werden sich die Soldaten der Kompanie um ein großes Lagerfeuer versammeln. Gemeinsam werden sie Fleisch und Würste über dem offenen Feuer grillen und sich darüber unterhalten, was sie in den letzten Tagen erlebt haben. Die jungen Soldaten lernen in ihrer Lagerwoche eine neue Facette des Soldatenlebens kennen: die Kameradschaft im Feld. Eine Erfahrung, die nur der Soldatenberuf bietet.
Waffenschau und Antreten
Die unterschiedlichen Waffensysteme des ÖBH an einem Platz. Nicht am Computerbildschirm auf einer Website, sondern live und in Lebensgröße. Die Heeresunteroffiziersakademie veranstaltete gemeinsam mit den Waffen- und Fachschulen, der 4. Panzergrenadierbrigade, der Militärpolizei und dem Jagdkommando während der Lagerwoche eine exklusive „Militär-Jobmesse“. Das Ziel dabei war, den Kontakt zwischen Kaderanwärtern, Offizieren, Unteroffizieren und den „Ausstellern“ herzustellen. Das Interesse der jungen Soldaten war groß. Für das Fachpersonal der verschiedenen Waffengattungen war es eine Möglichkeit, sich zu präsentieren und künftiges Kaderpersonal anzuwerben.
Dröhnende Motoren
Der Höhepunkt der Waffenschau ist die Präsentation der Panzer. Mit dem Kampfpanzer Leopard voran, rollt die Panzertruppe mit dröhnenden Motoren vor die Zuschauer. Ein beeindruckendes Intro, das seine Wirkung nicht verfehlt. Nachdem die Panzer abgestellt sind, werden sie sofort von Soldaten belagert und die Besatzungen mit Fragen gelöchert.
Neben den Panzerfahrzeugen ist der S-70-Hubschrauber „Black Hawk“ ein weiterer Anziehungspunkt für die Kaderanwärter. Daneben präsentiert die Fliegerabwehrtruppe das System Mistral und die 35-mm-Zwillingsfliegerabwehrkanone. Großes Interesse erregt der Informationsstand des Jagdkommandos aus Wiener Neustadt. Die Elitesoldaten des Bundesheeres hinterlassen durch ihre Erscheinung und ihr Fachwissen einen bleibenden Eindruck.
Techniker, Mechaniker, Elektroniker oder auch Köche spielen eine wesentliche Rolle im Österreichischen Bundesheer. Die umfangreiche Tätigkeit der zahlreichen Fachleute im Hintergrund, ist die Basis für den Einsatz einer Armee. Die Heereslogistikschule zeigt diese Seite des Arbeitgebers Bundesheer und bringt, diesen oft unsichtbaren Bereich der Armee, zum Vorschein. Die ABC-Abwehrtruppe nutzt ebenfalls die Gelegenheit, um sich zu präsentieren, ihre Leistungsfähigkeit zu zeigen und so manchen Unentschlossenen zu werben.
Andacht und Antreten
Am späten Nachmittag wurde die Informationsveranstaltung und die offizielle Lagerwoche mit einer gemeinsamen Andacht vor der Soldatenkirche im Lager Kaufholz beendet. Militärpfarrer Stefan Gugerel gestaltete diese auf eine Weise, welche die verschiedenen Konfessionen der Kadersoldaten berücksichtigte. Der Akademiekommandant, Brigadier Nikolaus Egger, gratulierte in seinen abschließenden Worten den Kaderanwärtern zu den Leistungen, die sie während der Woche erbrachten und dem Kaderpersonal für die Ausbildung, Versorgung und Führung.
Die nächste Phase
In der ersten Novemberwoche 2016 endete die Basisausbildung der Kaderanwärter. Unmittelbar danach begann der nächste Schritt der Schulung des künftigen Kaderpersonals: Die Führungsausbildung. Dabei werden den jungen Frauen und Männern die Grundlagen für ihre Tätigkeit als Kommandant vermittelt. Sie lernen, relativ einfache Führungsaufgaben im Frieden und Einsatz zu lösen und eine neue Seite des Soldatenberufes kennen. Neben dem militärischen Auftrag müssen aber auch menschliche Aspekte im Umgang mit Untergebenen bzw. Mitarbeitern beachtet werden. Deshalb wird dem Erwerb der sozialen Kompetenz bei diesem Ausbildungsabschnitt eine große Bedeutung beigemessen.
Fazit
Die Kaderanwärter des Österreichischen Bundesheeres haben während der Lagerwoche, in den Ausbildungsanlagen des Truppenübungsplatzes Allentsteig, das richtige Verhalten auf dem Gefechtsfeld trainiert. Das hatte viele Aspekte: ein Schützenloch graben, sich rechtzeitig decken, die Waffe im scharfen Schuss bedienen oder als Wache seine Kameraden schützen. Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten sind sowohl am Tag als auch in der Nacht zu beherrschen und dementsprechend zu üben. Der stetige Wechsel zwischen belastenden Gefechtssituationen und Phasen der Erholung brachte den erwünschten Ausbildungserfolg. Neben den, in der Ausbildung gewonnen Fähigkeiten und Erfahrungen, wurde auch die Kameradschaft erlebt.
Die gemeinsame Woche im Feld war für die Soldaten ein wesentlicher Schritt, um in den Kreis der Kaderanwärter integriert zu werden. Schon bald trennen sich die Wege der Kaderanwärter in die verschiedenen Fachrichtungen und unterschiedlichen Laufbahnen als Offizier oder Unteroffizier, Berufs- oder Milizsoldat. Eine Gemeinsamkeit der neuen Generation österreichischer Kadersoldaten wird auch in Zukunft die gemeinsame Lagerwoche sein.
Vizeleutnant Rudolf Pfalzer ist Kommandounteroffizier der Heeresunteroffiziersakademie.
