• Veröffentlichungsdatum : 06.03.2024
  • – Letztes Update : 22.05.2024

  • 3 Min -
  • 649 Wörter

Aggression und Gewalt - Wege zur Deeskalation

Tina Brünner

In einer Welt, die zunehmend von Stress, Spannungen und Konflikten geprägt ist, rücken die Themen Wut, Gewalt und Deeskalation immer stärker in den Fokus. Unsicherheiten, die durch die Pandemie, Inflation oder auch Kriege verstärkt werden, haben zu einer empfundenen Zunahme von Aggression und Gewalt beigetragen. Das Thema betrifft nicht nur das uniformierte Personal, sondern auch zivile Mitarbeiter, die mit gereizten Kunden oder Parteien zu tun haben können. Auch innerhalb des eigenen Büros können Konflikte immer wieder vorkommen.

Bevor über Aggression gesprochen werden kann, ist es zunächst notwendig, diesen Ausdruck näher zu definieren. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe Wut und Aggression oft gleichgesetzt, jedoch bestehen wichtige Abgrenzungen. Wut bzw. Ärger zählt genauso wie Freude, Trauer, Angst, Überraschung und Ekel zu den grundlegenden Basisemotionen eines Menschen. Wut wird oft als eine negative Emotion dargestellt, jedoch hat sie eine entscheidende Funktion. So kann Wut bei Grenzüberschreitungen und Gefahren schützen und eine Gegenwehr im Sinne von Selbst- und Fremdschutz fördern. Das Empfinden von Wut kann zudem ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse nach Autonomie, Wertschätzung, Sicherheit und Zugehörigkeit sein. Aggression hingegen ist ein Verhalten, das darauf abzielt, Objekte oder Personen gezielt zu schädigen, zu verletzen oder einzuschüchtern. Diese Absicht kann sich wiederum in Form einer gewaltvollen Handlung äußern, die verschiedene Formen annehmen kann. Die verbale Aggression beinhaltet unter anderem Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen, während die körperliche Gewalt mittels Angriffen, Beschädigungen oder auch Überfällen einen physischen Schaden anstrebt. Das Ankündigen von Drohungen mittels Erpressungen oder Manipulationen, wie auch sexuelle Gewalt in Form von Sexismus, Erniedrigung oder Übergriffen, stellen ebenso Ausprägungen von Aggression dar. Eine Aggression kann nach außen gegen andere Personen gerichtet sein, jedoch ebenso nach innen gegen sich selbst. Sie kann zielgerichtet, kontrolliert und geplant sein, oder ebenso im Affekt ungeplant und impulsiv stattfinden.

Die Entstehung von Gewalt ist ein komplexer Prozess, der oft auf das Zusammenspiel mehrerer Faktoren zurückzuführen ist. Eine fehlende Stressregulation spielt eine ausschlagebende Rolle, da Personen, die Schwierigkeiten haben mit stressigen Situationen umzugehen, eher dazu neigen, ihre Frustration und Wut durch Gewalt auszudrücken.

Aggression wird oft ausschließlich mit dem Empfinden von Wut verbunden, jedoch können auch etliche andere Gefühle zugrunde liegen. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Ziele, Bedürfnisse oder Wünsche blockiert werden oder sich jemand ungerecht behandelt fühlt, kann dies zu Frustration führen, die sich in Aggression äußern kann. Eine empfundene Angst vor Bedrohungen kann ebenso zu aggressivem Verhalten beitragen. Aggression und Gewalt können in einigen Fällen in Verbindung mit Substanzgebrauch stehen, da bestimmte Drogen die Hemmschwellen senken und das Risiko für impulsives Verhalten erhöhen können.

Gewisse Verhaltensweisen können dabei helfen, das Auftreten oder Eskalieren von Gewalt zu vermeiden oder zu entschärfen. Zu Beginn steht dabei das Vermitteln von Wertschätzung, bei der die Gefühle des Gegenübers anerkannt und dessen Würde bewahrt wird. Das Zeigen von Aufmerksamkeit, Respekt und Empathie gilt als wichtiger Grundbaustein für einen konfliktlosen Umgang. Empathie bedeutet, sich in die Lage einer anderen Person zu versetzen und deren Gefühle und Perspektiven zu verstehen, um Missverständnissen vorzubeugen. Da Aggression oft aus einem Gefühl von Angst oder Unsicherheit resultiert, ist es entscheidend, seinem Gegenüber Zuversicht und ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Eine offene, ehrliche und respektvolle Kommunikation ist essenziell für eine Deeskalation. Anstelle von Schuldzuweisungen bewährt sich das Ansprechen von Gefühlen wie auch das Erarbeiten von Gemeinsamkeiten. Ein zeitlicher Faktor kann ebenso maßgeblich sein. Das Einlegen von Pausen oder ein gezieltes Distanzieren von einem Konflikt können helfen, das Gemüt abzukühlen und impulsive Reaktionen zu vermeiden.

Verallgemeinert kann gesagt werden, dass das Empfinden von Wut an sich nicht negativ ist, vielmehr kommt es auf einen förderlichen Umgang mit dieser an. Ein offenes Zugehen auf ein Gegenüber, das Zeigen von Empathie, eine förderliche Stressbewältigung wie auch eine aufgeschlossene Kommunikation können dabei helfen, Aggressionen zu vermeiden und einen gewaltfreien Umgang miteinander zu fördern.

Tina Brünner, MSc, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin; HPD Ref2 Angewandte Psychologie, Forschung und Qualitätsmanagement.


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 4/2023 (394).

Zur Ausgabe 4/2023 (394)


 

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