• Veröffentlichungsdatum : 24.07.2019
  • – Letztes Update : 05.08.2019

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Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit?

Manuel KNOLL

Die politische Philosophie des Aristoteles und Martha Nussbaums egalitaristische Rezeption

325 Seiten, 15,5 x 25 cm, broschiert

€ 45,90

ISBN 978-3-7705-4858-3

Wilhelm Fink Verlag, München 2009

In dieser sehr wissenschaftlich verfassten philosophischen Publikation von Manuel Knoll geht es um eine Kritik der Aristoteles-Rezeption der berühmten US-amerikanischen Intellektuellen Martha Nussbaum. 

Nach Nussbaum muss Aristoteles als Vordenker von Demokratie, demokratischer Gleichheit und egalitärer Gerechtigkeit zwischen allen Bürgern eines Staates bzw. allen Menschen verstanden werden. Sie geht von der Theorie des guten Lebens nach Aristoteles und ihrer Konzeption des Menschen aus. Der Mensch ist von gemeinsamen Mythen, Epen und Geschichten geprägt. So ist auch klar, dass Aristoteles in seiner Kultur die Lehre vom Guten Leben für bestimmte Bereiche anwendete und für andere nicht. Er folgte damit dem Narrativ der Gesellschaft seiner Zeit, brachte aber grundsätzlich richtige Einsichten. Beides „Aristoteles“ Sichtweise und ihr Konzept des Menschen, sind auf alle Kulturen und Personen anwendbar und etablieren daher egalitär-demokratische Gerechtigkeit. 

Knoll zeigt, warum ihre, heute durchwegs den Mainstream bildende, Interpretation falsch ist und bietet eine vermeintlich bessere Deutung an. Er beginnt mit der Darlegung, dass Aristoteles eher Aristokrat denn Demokrat war und unterstützt diesen Gedanken mit der Herleitung von Aristoteles‘ politischer Philosophie und seinem Gerechtigkeitsbegriff. Aristoteles versteht unter Gerechtigkeit eine Grundhaltung oder Habitus, auf Grund dessen die Menschen fähig sind, gerecht zu handeln und das auch tatsächlich tun wollen. Dieser Habitus ist nicht angeboren. Er muss eingewöhnt und anerzogen werden. Es gibt auch mehrere Arten der Gerechtigkeit. Eine allgemeine (das Gesetzliche und die Befolgung der Gesetze) und eine besondere (eine Form der Gleichheit unter Gleichen). Die besondere kann wieder in verteilende Gerechtigkeit (Ämter, Ehren im politischen System) und ausgleichende Gerechtigkeit (Verträge, Tausch) unterteilt werden. Aristoteles beruft sich auf das Naturgesetz und kommt so zur Auffassung, dass es für die Gesellschaft gerecht ist, wenn Bürger, die besser und tüchtiger sind, in der natürlichen Hierarchie höher stehen. Diese sollen über ihre Mitbürger herrschen. Er etabliert so eine aristokratische Herrschaft, in der Aristokratie allerdings die Herrschaft der Tüchtigsten und Besten, nicht die Herrschaft der Herkunft ist. Insgesamt ist Aristoteles damit der Auffassung, dass das Gerechte eine Gleichheit für Ranggleiche bzw. Gleichwertige und nicht eine Gleichheit für alle Menschen ist. Für ihn sind nur hierarchisch geordnete Standes-Gesellschaften, in der die Menschen in Gleiche und Ungleiche eingeteilt sind, gut geordnete Gesellschaften. Aristoteles zufolge ist es bewusst gerecht, dass eine Elite (die Gruppe der besten und tüchtigsten) im politischen System die Macht ausübt. Das ist der Kerngedanke seiner gesamten politischen Philosophie. Seine Gerechtigkeit ist damit eindeutig eine aristokratische, keinesfalls aber eine demokratische Gerechtigkeit.

Insgesamt eine sehr gut recherchierte wissenschaftliche Publikation, die sich an bereits eingelesenes Publikum oder Fachleute wendet. Sehr gut brauchbar für die Auseinandersetzung mit aktuellen philosophischen, soziologischen und politikwissenschaftlichen Themen.

-per-

 

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