• Veröffentlichungsdatum : 23.10.2024

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Innovation auf dem (Koch)Feld

Wolfgang Wurzer, Georg Frisch, Jelena Svjetlanovic

Die tägliche Verpflegung der Truppe ist eine grundlegende Herausforderung, die weit über die bloße Zubereitung von Mahlzeiten hinausgeht. Von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Ausgabe der Speisen in den Kasernen müssen zahlreiche komplexe Prozesse nahtlos ineinandergreifen. Angesichts einer modernen Verpflegung entwickelte sich im Bundesheer in den letzten Jahrzehnten die Lehrgruppe Ernährung.

Anfänge

Die Lehrgruppe Ernährung, das Kompetenzzentrum für Verpflegung im Österreichischen Bundesheer, hat eine lange Geschichte. Ihre Wurzeln reichen bis ins Jahr 1780 zurück, als das Verpflegshauptamt errichtet wurde, das eine organisierte Versorgung für die Truppe sicherstellte. Ein dem Hofkriegsrat unterstelltes Department A bearbeitete ab 1803 die Verpflegungsagenden. Doch eine professionelle Ausbildung für das Verpflegungspersonal fehlte lange. Erst 1848 wurde im Armeeoberkommando durch einen kaiserlichen Entschluss die Sektion IV Militärbildungsanstalten (Kriegsschule) gegründet. Über 100 Jahre später nahm die Ausbildung des Verpflegungspersonals konkretere Formen an. Der erste Wirtschaftsunteroffizierskurs fand 1954 statt, der erste Wirtschaftsoffizierskurs startete Mitte des Jahres 1955. Im Mai 1956 zog der Wirtschaftsoffizierskurs in die Fasangarten-Kaserne, um ein Jahr später in der Radetzky-Kaserne sesshaft zu werden. Im Jänner 1958 wurde die Lehr- und Versuchsküche gegründet, um die einheitliche Ausbildung der Feldkochunteroffiziere zu gewährleisten. Diese wurde 1960 in die Heereswirtschaftsschule integriert und hatte folgende Aufgaben:

  • Ausgebildete Köche an Feldküchen und Feldkochherden praktisch zu schulen;
  • Köche und Hilfsköche auszubilden;
  • Küchen- und Verpflegsgerät aller Art zu erproben;
  • Kochrezepte für Großküchen und Feldküchen zu testen.

Insgesamt wurden bis 1968 elf Feldkochunteroffizierskurse abgehalten. Ergänzend dazu wurden zwischen 1965 und 1968 vierzehn Einweisungskurse für Küchenchefs durchgeführt. Mit der Zusammenlegung der Heereswirtschaftsschule und der Heeresnachschubschule 1968 entstand die Heeresnachschub- und Wirtschaftsschule, die weiterhin die Offiziere und Unteroffiziere im Versorgungsdienst ausbildete.
 

Lehrgruppe Ernährung

Mit der Fertigstellung des Umbaus im Jahr 1989 erhielt die Vega-Payer-Weyprecht-Kaserne nicht nur eine neue Truppenküche, sondern auch eine hochmoderne Lehr- und Versuchsküche. Diese Erweiterung markierte den Beginn einer neuen Ära in der Verpflegungsversorgung beim Österreichischen Bundesheer. 1995 übernahm Wolfgang Wurzer die Leitung der Lehr- und Versuchsküche. Unter seiner Leitung und angesichts neuer Herausforderungen bei der Einführung moderner Verpflegungskonzepte entwickelte sich die Einrichtung nach und nach zur heutigen Lehrgruppe Ernährung. Diese avancierte rasch zum zentralen Kompetenzzentrum für Verpflegungsfragen im Bundesheer und ist auch in diverse interne Projekte und wissenschaftliche Untersuchungen eingebunden.

Die Lehrgruppe Ernährung spielt eine wichtige Rolle in der Ausbildung und Weiterbildung sowohl von Soldaten als auch Zivilbediensteten. Angepasst an die jeweiligen Fachbereiche bietet sie ein breites Spektrum an Lehrveranstaltungen. Zu den Schwerpunktthemen gehören das Feldküchensystem, die Verpflegungsversorgung im Frieden und Einsatz, Hygienemanagement nach HACCP-Standards (Hazard Analysis and Critical Control Points), Großküchenverwaltung, IT-gestütztes Küchenmanagement, die Berufsausbildung zum Koch/zur Köchin, Lebensmitteltechnologie und Ernährungslehre.

Feldköche bei Olympia

Die Teilnahme an internationalen Kochwettbewerben hatte für die Lehrgruppe Ernährung eine lange Tradition. Der Olympiasieg in der Gemeinschaftsverpflegung mit der Olympiagoldmedaille und die Auszeichnung mit der Goldmedaille im Militärwettbewerb waren die Höhepunkte. Gekocht wurden 200 Menüs in der Gemeinschaftsverpflegung bzw. zwei dreigängige Menüs für 200 Personen auf der Feldküche 2000. Die österreichische Militärmannschaft erreichte die höchste Punkteanzahl mit Gold noch vor den internationalen Armeen wie den USA, England oder Deutschland.

Insgesamt konnten einmal Olympiagold, zweimal Gold-, sechsmal Silber-, und eine Bronzemedaille gewonnen werden:

  • 1996 Olympiade in Berlin: 1x Gold, 1x Silber
  • 1998 Weltmeisterschaft Luxemburg: 1x Gold, 1x Silber
  • 2000 Olympiade in Erfurt: 2x Silber
  • 2002 Weltmeisterschaft in Luxemburg: 1x Silber, 1x Bronze
  • 2004 Olympiade in Erfurt: Olympiasieger in der Gemeinschaftsverpflegung, Olympiagoldmedaille
  • 2006 Weltmeisterschaft in Luxemburg: Jury Wurzer/Frisch
  • 2008 Olympiade in Erfurt

Projekte und Wissenschaft

Mit über 1 000 Arbeitsstunden jährlich ist die Lehrgruppe Ernährung aktiv an verschiedenen wissenschaftlichen Projekten beteiligt. Unter der Leitung der Abteilung Logistische Unterstützung wurden Fortschritte bei der Weiterentwicklung der Verpflegungseinrichtungen des Österreichischen Bundesheeres erreicht. Ein bedeutendes Projekt war die Integration neuer ernährungswissenschaftlicher Inhalte wie Allergenkennzeichnung, Konformität und Nachhaltigkeit in den Verpflegungseinrichtungen. Die Lehrgruppe Ernährung leitete dieses Vorhaben. Zu den Hauptaufgaben gehörten die Definition und Standardisierung zentraler Lebensmittelstammdaten für das Küchenmanagementsystem des Bundesheeres. Dabei wurden für etwa 1 200 Lebensmittel Allergen- und Nährstoffdaten erhoben und zugeordnet. Ein weiteres Vorhaben, das umgesetzt wurde, war die Erstellung einer zentralen Rezeptdatenbank, die etwa 1800 Basisrezepte für Regionalküchen, Finalisierungsküchen und Truppenküchen umfasst. Zudem wurde Informationsmaterial zu den „14 Hauptallergenen“ und den „Hygiene Standard Produktionslinien“ entwickelt und eingeführt.

Neben den ernährungswissenschaftlichen Projekten wurden über 500 Arbeitsstunden in die Verbesserung des Hygienemanagements und die Aktualisierung des Küchenmanagementsystems HACCP investiert. Weitere Projekte umfassten die Grundlagen für die Beschaffung des Containerküchensystems, die Erstellung von Berechnungsgrundlagen für die EU-Battlegroup 2020, sowie die Ausarbeitung von Vorgaben für mikrobiologische Untersuchungen und die Erprobung von Zubereitungsverfahren und Geräten. Eine besondere Bedeutung haben auch die wissenschaftliche Arbeit und die Zusammenarbeit mit der Universität Wien. Gemeinsam wurde ein Forschungsprojekt zur Verbesserung der Bekömmlichkeit der Truppenverpflegung durchgeführt. Ziel war es, die Auswirkungen von resistenter Stärke zu untersuchen und die Qualität der Verpflegung für alle Soldaten und Bediensteten zu optimieren.
 

Klimateller

Das Österreichische Bundesheer hat sich in den Jahren 2021/22 dem innovativen Projekt „Klimateller“ gewidmet, das klimafreundliches Handeln fördert. Ziel dieses Projektes war es, die Ernährung nachhaltiger und gleichzeitig ernährungsphysiologisch hochwertiger zu gestalten. Die Kernidee des Klimatellers besteht darin, den Fleischanteil in den Speisen zu senken und durch pflanzliche Proteinquellen zu ersetzen. Dies sollte nicht nur zur Reduktion der CO2-Emissionen beitragen, sondern auch die Gesundheit der Soldaten fördern.

In der ersten Phase des Projektes lag der Schwerpunkt auf der Entwicklung und Anpassung von Rezepten. Es wurden Tage eingeführt, an denen ausschließlich klimafreundliche Speisen angeboten wurden, um das Konzept zu testen. Das Feedback der Rekruten und Zivilbediensteten wurde dabei sorgfältig ausgewertet. Es zeigte sich, dass die Resonanz bei den Zivilbediensteten positiv war, während die Rekruten weniger begeistert reagierten. Insbesondere junge Männer zeigten eine Präferenz für fleischhaltige Gerichte. Trotz dieser gemischten Rückmeldungen konnte das Projekt Erfolge verzeichnen. Die Militärwirtschaftliche Verwaltungsweisung-Verpflegung (MWV-V) wurde angepasst, um die Einführung von fleischreduzierten und vegetarischen Mahlzeiten zu verankern. So gibt es jetzt beispielsweise eine Menükomponente mit einer fleischarmen Mahlzeit und eine vegetarische Variante, die dauerhaft ins Mittagsbuffet integriert wurden. Ein bemerkenswerter Aspekt des Projektes war die Einsparung von CO2-Emissionen. Durch den reduzierten Fleischanteil konnte das Bundesheer signifikante Mengen an CO2 einsparen und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Lehrlingsausbildung

Die Lehrgruppe Ernährung nimmt jährlich Kochlehrlinge auf und bietet diesen eine fundierte, praxisorientierte Ausbildung. Die Ausbildung wird von erfahrenen Lehrlingsausbildern, darunter Küchenmeister und Hygienebeauftragte, betreut. In der Lehrküche werden unter anderem folgende Tätigkeiten erlernt:

  • Erstellen einer eigenen Rezeptkartei und die des betrieblichen Speiseangebotes;
  • Durchführen aller Anwendungstechniken im Kochverfahren, insbesondere Backen, Braten, Dünsten, Grillen, Rösten, Sautieren, Schmoren, Kochen, Sieden;
  • Herstellen von kalten und warmen Vorspeisen;
  • Mitarbeit bei verschiedenen Buffetarten;
  • Alle Bereiche der Personal-, Lebensmittel- und Küchenhygiene.

Neben der umfassenden Ausbildung im Bundesheer erhalten die Lehrlinge eine mehrmonatige praxisorientierte Ausbildung in renommierten Wiener Hotels. Während ihrer Lehrzeit besuchen sie für zwei Monate die Berufsschule und nehmen am jährlichen Ausbildungsverbund teil, wo sie Fertigkeiten erlernen, die im Bundesheer nicht ausreichend vermittelt werden können. Dazu gehören unter anderem À-la-Carte-Kochen, Front Cooking und der Umgang mit exklusiven Lebensmitteln. Zusätzlich sammeln sie Erfahrungen in der Patisserie, bei Bankettveranstaltungen und im Bereich der Kalten Küche.

Kooperationen

Die Lehrgruppe Ernährung ist auch in der Durchführung von Einsatzvorbereitungen und logistischen Fachaufsichten für verschiedene Missionen wie AUTCON/UNIFIL und AUTCON/KFOR tätig. Zudem arbeitet sie eng mit zivilen Organisationen und Unternehmen zusammen, um neueste Entwicklungen und Erkenntnisse direkt in die Ausbildung einfließen zu lassen. Eine langjährige Partnerschaft besteht mit der Firma Unilever, die im Lebensmittelbereich als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter der Lehrgruppe Ernährung aktive Mitglieder in Organisationen wie der Arbeitsgemeinschaft Großküchen Österreichs (AGÖ) und dem Verband der Köche Österreichs (VKÖ). Die Küchen des Österreichischen Bundesheeres versorgen täglich rund 25 000 Personen, wobei das Cook &
Chill-System hochwertige Rohstoffe und Convenience-Produkte erfordert.

Digitale Transformation

Die COVID-19-Pandemie hat die Lehrgruppe Ernährung vor neue Herausforderungen gestellt, zugleich aber auch Chancen eröffnet. Die Notwendigkeit flexibler Lösungen führte zur Entwicklung hybrider Lehrmethoden und vermehrter Fernlehrgänge. Die technische Ausstattung der Lehrgruppe ermöglicht eine flexible Anpassung an den Bedarf der Truppe. Tutorials werden mit eigener Filmausstattung erstellt. Hybrides Arbeiten ist die Zukunft, und die Lehrgruppe Ernährung geht mit ihr. Mit qualitativ hochwertigen Videos und einer fortschrittlichen technischen Infrastruktur steht sie als zentrale Ausbildungsstätte für die Verpflegungsversorgung im Frieden und Einsatz zur Verfügung.

Neue Ära

Die tägliche Versorgung der Truppen mit Nahrungsmitteln ist eine wesentliche Herausforderung, die weit über das Kochen hinausgeht. Von der Beschaffung der Zutaten bis zur Ausgabe der Mahlzeiten in den Kasernen müssen viele komplizierte Prozesse reibungslos zusammenarbeiten. Daher wurde 2018 ein zusätzliches Referat für Qualitätsmanagement (RefQM Vpfl) in den Organisationsplan der Lehrgruppe Ernährung integriert. Es wird intensiv daran gearbeitet, höchste Standards in der Truppenverpflegung zu gewährleisten. Das RefQM Vpfl hat sich das Ziel gesetzt, durch Maßnahmen im Qualitätsmanagement hohe Standards sicherzustellen, sodass täglich für etwa 22 000 Soldaten einwandfreie und ernährungsphysiologisch optimierte Mahlzeiten bereitstehen.

Die Verpflegsversorgung erfordert eine präzise Koordination und detaillierte Planung, um sicherzustellen, dass alle Soldaten, egal ob im In- oder Ausland, während des Einsatzes oder bei Übungen ausreichend versorgt sind. Die grundlegenden Regelungen hierfür sind in der Militärwirtschaftsvorschrift sowie inklusive jener für Versorgung mit Verpflegung und Trinkwasser im Einsatz und bei Übungen im In- und Ausland (MWV-VpflVersEins) festgelegt. Diese Richtlinien bilden den Rahmen, innerhalb dessen die logistischen Herausforderungen der Verpflegsversorgung durchgeführt werden. Von der Beschaffung der Lebensmittel über die Lagerung und den Transport bis zur Verteilung an die einzelnen Standorte – jeder Schritt muss sorgfältig geplant und ausgeführt werden, um die Einsatzbereitschaft der Truppe zu gewährleisten.
 

Verpflegseinrichtungen

Die Bereitstellung der Verpflegung erfolgt aus ortsfesten oder mobilen Verpflegseinrichtungen. Diese Einrichtungen spielen eine zentrale Rolle in der Logistik und sind entscheidend für die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres. Sie bestehen aus

  • ortsfesten Verpflegseinrichtungen: 17 Truppenküchen, 5 Regionalküchen und 64 Finalisierungsküchen und
  • mobilen Verpflegseinrichtungen: Feldküchen und Containerküchen.

Die mobilen Verpflegseinrichtungen werden im In- und Auslandseinsatz sowie bei Übungen und Verlegungen für die Verpflegsversorgung von Soldaten eingesetzt. Diese können je nach Erfordernis völlig unabhängig von Infrastruktur (autark) oder gemeinsam mit ortsfesten Verpflegseinrichtungen betrieben werden. Mit einer Feldküche können bis zu 400 Soldaten mit Einsatzverpflegung versorgt werden. Ein Feldkochtrupp besteht aus drei Personen: einem Feldkochunteroffizier, einem Feldkochgehilfen und einem Fahrer. Die Kapazität erlaubt, dass täglich zumindest ein einfaches warmes Essen (Eintöpfe, Ragout mit Beilage) und zwei kalte Mahlzeiten sowie passende warme und kalte Getränke bereitgestellt werden.

Die Containerküche ist ein mobiles, geschlossenes Großküchensystem auf Containerbasis, das völlig autark betrieben werden kann. Mit einem Containerküchensystem können täglich bis zu 600 Personen mit Eintopfgerichten und Kaltverpflegung versorgt werden.

Innovative Ansätze

Der institutionalisierte Fachbereich Verpflegung übernimmt neben der umfassenden Qualitätssicherung, etwa durch Nährstoffanalysen und pH-Wertmessungen, auch eine zentrale Rolle in Forschungsarbeiten zur Verbesserung gesundheitsfördernder Maßnahmen in der Gemeinschaftsverpflegung. Seit mehreren Jahren wird die Gemeinschaftsverpflegung des Bundesheeres sukzessive auf das Cook & Chill-Verfahren umgestellt. Dieses ermöglicht es, Speisen in vier Zentralküchen zuzubereiten, vorzugaren und speziell zu verpacken. Anschließend werden die vorgefertigten Mahlzeiten an die Finalisierungsküchen in den Kasernen geliefert, wo sie fertiggestellt werden. Mit dieser Modernisierung strebt das Bundesheer eine höhere Effizienz und Qualität in der Verpflegung seiner Soldaten an.

Im Jahr 2019 investierte das RefQM Vpfl in die Ausbildung seiner Mitarbeiter, um die Qualitätssicherungsmaßnahmen zu optimieren. Neben der Ausbildung bei Quality Austria und an der Verwaltungsakademie stand die Analyse der Ist-Situation der Küchen im Fokus, um Schwachstellen im Cook & Chill-System zu identifizieren und zu beheben.

Zukünftige Projekte des Referates Qualitätsmanagement Verpflegung umfassen die Weiterentwicklung von Rezepturen, die Implementierung eines IT-Service Küchenmanagementsystems (KMS) und die fortlaufende Umsetzung des HACCP-Konzeptes zur Gewährleistung höchster Hygienestandards. Darüber hinaus arbeitet das Referat eng mit Ernährungswissenschaftern zusammen, um ernährungsphysiologische Schulungsunterlagen zu erstellen und die Gesundheitsförderung in der Gemeinschaftsverpflegung voranzutreiben.
 

Herausforderung

Die Lehrgruppe Ernährung des Österreichischen Bundesheeres bietet derzeit bis zu 35 unterschiedliche Lehrgänge und Seminare an. Mit durchschnittlich über 300 Teilnehmern pro Jahr und insgesamt mehr als 2 500 Unterrichtseinheiten wird die Kapazität der Lehrgruppe regelmäßig an ihre Grenzen gebracht. Trotz dieser hohen Auslastung bleibt das Ziel klar: Eine moderne, umfassende und praxisorientierte Ausbildung der Soldaten in den Bereichen Ernährung und Verpflegung.

Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems für die Verpflegungsversorgung stellt derzeit die größte Herausforderung für die Lehrgruppe Ernährung dar. In diesem Zusammenhang werden spezielle Ausbildungslehrgänge für Qualitäts- und Hygienebeauftragte angeboten, die mehrere Wochen dauern. Die Anforderungen an die Köche des Österreichischen Bundesheeres gehen weit über das bloße Zubereiten von Speisen hinaus. Im Zuge des Zentralküchenkonzeptes müssen nicht nur technologische Anforderungen erfüllt werden, sondern auch die Nährstoffbedürfnisse wie unter anderem die Deckung des Kalorienbedarfes sowie der Makro- und Mikronährstoffe, um jederzeit für einen möglichen Einsatz bereit zu sein.

Koch im zweiten Bildungsweg

Zusätzlich zur Lehrlingsausbildung bietet die Lehrgruppe Ernährung für Teilnehmer des zweiten Bildungsweges den Lehrgang „Lehrabschlussprüfung Köchin oder Koch“ an. Mit der Ausbildung zum Koch werden interne Anforderungen des Bundesheeres erfüllt, wonach volljährige Bedienstete nach einer mindestens 18-monatigen Küchenpraxis, eine zivil voll anerkannte Berufsausbildung erhalten können. Fernerhin soll mit dem Abschluss des Lehrberufes auch der laufenden Entwicklung im Verpflegungsbereich insbesondere dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Personen, die einen abgeschlossenen Lehrberuf in einem verwandten Beruf (Konditor, Fleischer etc.) vorweisen oder eine berufsverwandte, berufsbildende Schule besucht haben oder eine Kochlehre abgebrochen haben, können Ausbildungsinhalte angerechnet bekommen. Der erfolgreiche Abschluss der Lehrabschlussprüfung ist auch die Einstiegsvoraussetzung für die „KAAusb2/VpflW“.

Curriculum

Modul 1: Fachkunde und Kochen/LAP Koch

  • Küchenmanagement
  • Hygieneschulung
  • Speisenkunde
  • Nahrungsmittelkunde
  • Ernährungslehre
  • Grundzubereitungsarten ortsfest
  • Nährwertberechnung
  • Prüfungsvorbereitung/praktische LAP
  • Projektorientiertes Arbeiten

Modul 2: Fachrechnen/LAP Koch

  • Grundlagen Fachrechnen/Gastronomie
  • Grundlagen Buchführung
  • Prüfungsvorbereitung/schriftliche LAP

Nach den beiden Modulen folgen noch eine Körperausbildung sowie Prüfungen.

Aktuelle Projekte

Im Jahr 2023 hat das Referat Qualitätsmanagement Verpflegung Schritte unternommen, um die Qualität und Transparenz der Versorgung der Soldaten zu verbessern. Ein Projekt war die Umsetzung der gesetzlichen Herkunftskennzeichnung für tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milchprodukte und Eier. Parallel dazu wurden die Produktspezifikationen und -testungen für die „eiserne Portion“ überarbeitet und gekürzt, um eine effizientere und dennoch qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Zudem wurde ein umfassendes Auditierungsprogramm für Verpflegseinrichtungen eingeführt, das zur kontinuierlichen Verbesserung der Verpflegungsstandards beiträgt.

Die Eröffnung der Entwicklungsküche im April 2024 markiert den Beginn der kulinarischen Innovation innerhalb der Verpflegungslogistik an der Heereslogistikschule. Dort sollen neue Rezepte und Verfahren getestet und weiterentwickelt werden, um die Verpflegung noch abwechslungsreicher und gesünder zu gestalten. Darüber hinaus wird an der Weiterentwicklung und Verbesserung der bestehenden Prozesse im Verpflegungsbereich gearbeitet.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Jahres 2024 ist die Erstellung interner Vorgabedokumente, die die praktische Umsetzung der neuen Standards und Verfahren unterstützen sollen. Zudem werden die internen Vorgaben regelmäßig evaluiert und überprüft, um die Zufriedenheit der Verpflegungsteilnehmer sicherzustellen. Ein bedeutendes Projekt war die Umstellung der Regionalküche Klagenfurt auf ein neues Küchenmanagementsystem, das effizientere Abläufe und eine höhere Qualitätssicherung ermöglichen soll.
 

Fazit

Die Lehrgruppe Ernährung des Österreichischen Bundesheeres hat sich über die Jahrhunderte von einer einfachen Verpflegungsstelle zu einem hochspezialisierten Kompetenzzentrum für militärische Verpflegung entwickelt und dabei immer auf neue Herausforderungen reagiert. Mit einem breiten Spektrum an Lehrveranstaltungen ist sie gut aufgestellt, um den vielfältigen Anforderungen der Truppenverpflegung gerecht zu werden. Durch Projekte und wissenschaftliche Arbeiten trägt sie maßgeblich zur Verbesserung und Modernisierung der Verpflegungseinrichtungen bei.

Das Referat Qualitätsmanagement Verpflegung sorgt dafür, dass vorgegebene Standards in der Truppenverpflegung eingehalten werden. Die Herausforderungen aus der jüngsten Vergangenheit wurden als Chance genutzt, um hybride Lehrmethoden zu entwickeln und die digitale Infrastruktur zu verbessern.

Zusammengefasst zeigt die Geschichte der Lehrgruppe Ernährung, wie Tradition und Innovation Hand in Hand gehen können. Mit einem klaren Fokus auf Qualität, Effizienz und moderne Ausbildungsmethoden verdeutlicht sie, dass hinter jeder Mahlzeit eine komplexe Organisation steht, die sicherstellt, dass die Truppe nicht nur gut, sondern auch sicher versorgt ist – denn Verpflegung ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern dient auch der Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Bedarfsträger.

Amtsdirektor Regierungsrat Oberst Wolfgang Wurzer, BEd; Hauptlehroffizier und Kommandant der Lehrgruppe Ernährung
Oberrat Mag. Georg Frisch; Hauptlehroffizier Ernährungslehre und Ernährungswissenschafter
Jelena Svjetlanovic, BA; Redakteurin beim TRUPPENDIENST


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 3/2024 (399).

Zur Ausgabe 3/2024 (399)


 

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