• Veröffentlichungsdatum : 05.07.2023

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"Für Österreich"

Gerold Keusch

348 Wachtmeister – davon 48 Milizsoldaten – des Lehrganges „Zugsführer Franz Lippert“ musterten am 23. Februar 2023 an der Heeresunteroffiziersakademie aus. Am nächsten Tag wurden sie im Rahmen des Festaktes „Tag der Wachtmeister“, auf dem Stadtplatz in Enns, an ihre Verbände übergeben. 

Das Jahr 1995 markiert den Beginn einer neuen Ära in der Unteroffiziersausbildung. In diesem Jahr erhielt die Heeresunteroffiziersschule (HUOS) den Namen Heeresunteroffiziersakademie (HUAk). Diese Namensänderung zeigt sich unter anderem mit einer neuen Unteroffiziers-ausbildung, bei der Elemente der Persönlichkeitsbildung, des Führungsverhaltens und der Ausbildungsmethodik (neben den Rechtsfächern) einen deutlich größeren Stellenwert erhielten.

Angelehnt an die Ausbildung der Offiziere an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt erhielten die Jahrgänge an der Unteroffiziersakademie nun auch einen Namen. Der erste hieß „Sepp Innerkofler“, der bislang letzte „Zugsführer Franz Lippert“. Im Dezember des Jahres 1995 musterten die ersten Wachtmeister aus, welche die damals neue Unteroffiziersausbildung absolviert hatten. Dies erfolgte, ebenfalls angelehnt an die Offiziersausbildung, in einer feierlichen Form. Die Unteroffiziersausbildung wurde seit 1995 mehrmals hinsichtlich ihrer Dauer sowie ihrer Inhalte angepasst und verändert. Die Ausmusterung blieb als Fix-, End- und Höhepunkt bestehen.

Zwischen Fackeln und Stadtturm

2023 gab es ein neues zweitägiges Format für diese Feierlichkeiten. Am Donnerstag, dem 23. Februar 2023 (Tag 1), erfolgte die Ausmusterung der Wachtmeister inklusive der Ring- und Abzeichenverleihung. Dazu kamen die neuen Unteroffiziere von ihren Kursstellen nach Enns. Nach einigen Besprechungen und Terminen, wie den Kurs- und Klassenfotos war genügend Zeit, um die Erlebnisse der vergangenen eineinhalb Jahre im Kameradenkreis noch einmal „nachzubesprechen“. Der Festakt erfolgte am Abend im Hof der HUAk zwischen Fackeln, einem Schützenpanzer „Ulan“, der Militärmusik Oberösterreich, zahlreichen Ehrengästen und Angehörigen der Soldaten. Neben den neu in die Streitkräfte zu übernehmenden Unteroffizieren stand auch das Ausbildungspersonal, das die frischgebackenen Wachtmeister in den 18 Monaten davor ausgebildet und begleitet hatte, im Fokus. Zum Abschluss des Antretens erfolgte durch den Kommandounteroffizier der HUAk die Umgliederung des Lehrganges von der Ausbildungs- in die Truppengliederung. Dabei bildeten die Kommandounteroffiziere der Brigaden und Direktionen die eingetretenen „Flügelmänner“.

Am Freitag, dem 24. Februar 2023 (Tag 2), fand der „Tag der Wachtmeister“ – und damit die offizielle Übergabe an das Unteroffizierskorps sowie an die Truppe –statt. Dieser Festakt fand auf dem Ennser Stadtplatz, neben dem Stadtturm, statt. Zahlreiche Gäste, Angehörige und Kameraden waren vor Ort, um die jungen Wachtmeister an diesem besonderen Tag zu begleiten. Obwohl es nicht die erste derartige Veranstaltung vor dieser Kulisse war, gab es dennoch einige Neuigkeiten. Neben einem Film, der die Höhepunkte ihrer Ausbildung zeigte, wurden die Wachtmeister dieses Mal sogar aus der Luft von einem „Hercules“-Piloten begrüßt, der den Stadtplatz gemeinsam mit vier Hubschraubern überflog. Nach dem Festakt übernahmen die Bataillons- und Kompaniekommandanten sowie Vertreter der Unteroffizierskorps der Verbände (Dienstführende Unteroffiziere, Kommandogruppen-, Zugs- und Gruppenkommandanten) ihre Kameraden.

Als Unteroffizier bestehen 

„Nach den fordernden, aber auch fördernden drei Teilen der Kaderausbildung stehen wir hier und tragen ab heute den Dienstgrad Wachtmeister“, sagt Marcel Burger. Mit sieben Auszeichnungen ist er der Erste des Lehrganges „Zugsführer Franz Lippert“. In dieser Rolle hält er eine Rede auf dem Ennser Stadtplatz. Der Wachtmeister ist Gruppenkommandant im Baupionierzug der Stabskompanie des Militärkommandos Niederösterreich. Stellvertretend für seine Kameraden überreichte ihm Bundesministerin Klaudia Tanner einige Minuten zuvor das Beförderungsdekret und den goldenen HUAk-Ring, den nur die Lehrgangsersten erhalten. „In den letzten 18 Monate haben wir alle viel gelernt, sei es durch praktische oder durch theoretische Ausbildung“, sagt Burger bei seiner Rede und fügt hinzu: „Für mich haben drei Worte sehr an Wert gewonnen: Kameradschaft, Selbstdisziplin und Ehrlichkeit!“

Wie sehen die Kameraden von Marcel Burger die Ausbildung, die sie in den vergangenen 18 Monaten absolviert haben? „Wir haben die Werkzeuge und Techniken gelernt, um als Unteroffiziere zu bestehen. Jetzt liegt es an uns, das Gelernte zu vertiefen und Erfahrungen zu sammeln“, sagt ein Wachtmeister. „Ich habe das Rüstzeug erhalten, um mich im Militär zurechtzufinden“, meint ein anderer. „Die Ausbildungsinhalte, vor allem die Elemente der Persönlichkeitsbildung, haben mich als Soldat und als Person stark geprägt. Ich hatte noch nie eine so große Entwicklung wie in den vergangenen 18 Monaten“, betont ein Dritter. Er ist überzeugt: „An der HUAk bin ich erwachsen geworden!“

Was waren die Höhepunkte während der Unteroffiziersausbildung? „Die gesamte Ausbildung war fordernd. Ich habe meine körperlichen Grenzen kennengelernt und diese sogar überschritten“, bekräftigt ein Unteroffizier. Seine Kameraden nicken. Einer ergänzt: „Es klingt eigenartig, aber das Kennenlernen meiner Grenzen war auch für mich der Höhepunkt der Ausbildung.“ Nicht immer sind es die „großen Momente“, an die sich die Wachtmeister gerne erinnern: „Kameradschaft zu erleben und wie sich eine Kampfgemeinschaft bildet, das waren die tollen Momente. Zu spüren, dass wir ein Team werden und – egal wer wir sind oder woher wir kommen – gemeinsam ein Ziel verfolgen und unseren Auftrag erfüllen.“
 

Bei der Truppe

„Am Montag nach der Ausmusterung verlegte ich mit meinem Zug auf den Truppenübungsplatz Allentsteig“, sagt Marcel Burger. Seine Aufgabe war es, dort Blindgänger zu suchen. „Bei dieser Tätigkeit konnte ich mein Wissen, das ich an der HUAk erworben habe, nicht unmittelbar anwenden. Dennoch hatte ich das Gefühl, meine Aufträge nun professioneller durchzuführen. Vor allem die Kommunikation mit Untergebenen, aber auch mit Vorgesetzten fällt mir nun deutlich leichter und gelingt besser. Ich profitiere auch von der Ausbildungsmethodik und kann die Theorie nun in die Praxis umsetzen.“ Es sind also vor allem die Inhalte der Persönlichkeitsbildung, die dem jungen Unteroffizier im Arbeitsalltag helfen. Das deckt sich auch mit seinem Befund und jenen seiner Kameraden am Tag der Ausmusterung. Nun gilt es für den Wachtmeister, Erfahrungen zu sammeln und das breite Wissen, das er in der Unteroffiziersgrundausbildung erworben hat, bei der Truppe anzuwenden.

Hofrat Gerold Keusch, BA MA; Leiter Online-Medien beim TRUPPENDIENST.


„In den letzten 18 Monaten wurden wir an unsere Grenzen geführt. Manchmal psychisch, oft aber auch physisch. Das macht uns Unteroffiziere aus. Wir sind körperlich sowie geistig zu höchsten Leistungen fähig. Wir haben uns verpflichtet, unserem Vaterland und dem österreichischen Volke zu dienen. Es muss jedem bewusst sein, dass dies im schlimmsten Fall heißt, sein Leben zu geben, um andere zu retten. 

Franz Lippert hat als Zugsführer mit seinen Sappeuren (Pionieren; Anm.) unter schwerstem Feuer eine Brücke, die sie selbst errichtet haben, verteidigt und instandgehalten. Obwohl sie Verluste erlitten, entschloss sich Lippert, weiter die Brücke zu halten, um österreichischen Truppen die Rückkehr zu gewährleisten. Als die Dämmerung einbrach, erhöhten die russischen Truppen den Druck. Die braven Sappeure scheuten jedoch keine Gefahr, um den einzigen Übergang der eigenen Truppe zu sichern. 

Diese Einstellung können wir auch auf unsere Zeit übertragen. Beispielhaft erinnere ich mich an die Abschlussübung der Kaderanwärterausbildung 3. Für einige Kameraden schien der Abschlussmarsch nach einigen harten Tagen und Nächten als Gruppenkommandant wie ein unüberwindbarer Fluss. Wir sprachen innerhalb der Gruppe, und es gab Kameraden, die keine Brücke über diesen Fluss sahen. Als wir jedoch wegmarschierten, spürte man den Ehrgeiz jedes Einzelnen, auch von jenen Kameraden, die Selbstzweifel hatten. Es schien, als hätte nun jeder eine Brücke über den einst so unüberwindbaren Fluss gefunden. Doch leider, wie so jeder Marsch, forderte auch dieser seine Opfer; von Blasen über die ganze Fußsohle verteilt bis zu Schultern, die schmerzten, war alles dabei. 

Aufgrund dieser Erschwernisse drohte bei einigen die eben errichtete Brücke zu bröckeln und einzustürzen. Es waren genau diese Momente, in denen wir lernten, wie wichtig Kameradschaft ist. Durch die physische und psychische Leistungsfähigkeit, die in der Gruppe vorhanden war, konnten wir – so wie einst Lippert – die Brücke und somit den einzigen Übergang sicherstellen, indem wir uns gegenseitig unterstützten. Wir alle haben es über die Brücke geschafft und den Abschlussmarsch positiv absolviert. 

Selbst unüberwindbare Hindernisse im Leben – sei es dienstlich oder privat – kann man mit genug Unterstützung bewältigen. Dabei kommt es weder auf die Herkunft noch auf das Geschlecht oder die Religion an. Wichtig ist nur die richtige Einstellung. Erinnern wir uns jeden Tag, warum wir Unteroffiziere geworden sind und welche Verantwortung damit einhergeht!“

Wachtmeister Marcel Burger, Erster des Lehrganges „Zugsführer Franz Lippert“


„Ich gratuliere den Soldatinnen und Soldaten zum Abschluss und zum Dienstgrad ‚Wachtmeister‘, den sie ab heute tragen. Die Soldatinnen und Soldaten des Unteroffizierskorps sind die Stützen im täglichen Dienstbetrieb, bei Ausbildungen, Übungen und vor allem bei den nationalen und internationalen Einsätzen des Österreichischen Bundesheeres. Sie übernehmen ab heute große Verantwortung für ihre Einheit und sind das Vorbild für alle zukünftigen Soldatinnen und Soldaten des Heeres. Ab heute können Sie zeigen und anwenden, was Sie gelernt haben, und Führungsstärke beweisen!“

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner


 

Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST.

Zur Ausgabe 2/2023 (391).


 

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