Spezialisten für Feldlager
Ende 2016 wurde das Kommando Feldlagersysteme beim Pionierbataillon 2 in Salzburg strukturell abgebildet und Anfang 2017 personell aufgestellt. Das Feldlagerwesen ist neben der Pionierunterstützung im Gebirge die zweite Spezialisierung der Salzburger Pioniere. Die Hauptaufgabe dieses im Österreichischen Bundesheer einzigartigen Elementes ist die Bereitstellung von Komponenten für Funktionsmodule des beweglichen und verlegbaren Feldlagers sowie die Durchführung von gerätespezifischen Ausbildungen.
Seit Beginn der militärischen Kriegsführung nehmen Feldlager stets einen besonderen Stellenwert bei der Auslagerung und Unterbringung von Soldaten ein. Sie dienen nicht nur als Ausgangspunkt für militärische Operationen, sondern auch als Nachschublager oder Rückzugsstätte zur Erholung der Truppen im Einsatz. Abgesehen von diesen Zwecken, dient ein Lager als Schutz gegen Witterung und Angreifer und trägt wesentlich dazu bei, die Einsatzfähigkeit und Moral der Truppe aufrechtzuerhalten. Bereits zur Zeit des Römischen Reiches setzten sich Feldlager aus einheitlichen Komponenten zusammen, die noch heute für das Feldlagerwesen charakteristisch sind.
Durchhaltefähigkeit und Force Protection
Das Herstellen eines hohen qualitativen Standards im Gegensatz zu einem möglichst geringen logistischen Aufwand wurde bei Feldlagersystemen stets in die Beurteilung miteinbezogen. Heute wird aufgrund der prognostizierten Zunahme an internationalen Einsätzen sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus politischen Gründen auf die Optimierung der eingesetzten Kräfte und Mittel ein besonderes Augenmerk gelegt. In diesem Zusammenhang ist die Erhaltung der Durchhaltefähigkeit im Einsatzraum in den Bereichen Personal und Material wesentlich für die Auftragserfüllung und somit für das Feldlagerwesen im Österreichischen Bundesheer (ÖBH). Der Fähigkeit der Force Protection wird dabei eine besondere Bedeutung zugesprochen. Sie umfasst den baulichen und technischen Schutz verschiedener Bereiche sowie eine ABC-geschützte Feldlagerausstattung.
Das Militärlexikon (Stand: 2017) definiert Force Protection wie folgt: „Force Protection ist die ständige und umfassende Anwendung aller Maßnahmen und Mittel zur Minimierung der Verwundbarkeit von Personen, Material und Infrastruktur bzw. der Gefährdung von Einsätzen gegen Bedrohungen aller Art, um die eigene Handlungsfreiheit und Wirksamkeit in Frieden, Übung und Einsatz zu erhalten. Force Protection im engeren Sinn besteht aus Maßnahmen im Zusammenhang mit Individual- und Kollektivschutz. Im weiteren Sinn tragen Maßnahmen aus anderen Bereichen (z. B. CIMIC, InfoOps, etc.) zur Force Protection bei.“
Zur Sicherstellung der Force Protection erfolgte 2013 die Einführung des Zeltsystems COLPRO (collective protection) im ÖBH, welches das Schwergewichtssystem des Kommandos Feldlagersysteme in Salzburg darstellt. Dieses hochmobile System bietet Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen. Mittels der an der Außenseite der Zelte positionierten ABC-Filtrationsanlagen kann auch kontaminierte Luft angesaugt und nach einer Reinigung über spezielle Filterpatronen dekontaminiert ins Zeltinnere befördert werden.
Im Innenraum befinden sich gasdichte ABC-Layer, welche die gesamte Innenfläche des Zeltes bedecken. Durch die permanente Zufuhr gereinigter Atemluft in Verbindung mit dem ABC-Layer entsteht ein Überdruck von 200 bis 250 Pascal im Zeltinneren. So wird das Eindringen kontaminierter Luft durch mögliche Lecks verhindert. Um den Überdruck aufrechterhalten zu können, erfolgt der Zutritt in das Zelt ausschließlich über Schleusen, die zum System gehören.
Das System bietet auch Vorteile bei Szenarien ohne ABC-Bedrohungslage. Hierbei erfolgt die Frischluftversorgung über spezielle Filtersysteme, wodurch sich stets saubere Luft im Innenraum des Zeltes befindet. Aufgrund der Komplexität dieses Systems erfolgen die Errichtung und der Betrieb ausschließlich durch am System ausgebildetes Pionier-Fachpersonal.
Systembetreuung - Schlüssel zur Verwendungsreife
Um eine werterhaltende Systembetreuung gewährleisten zu können, wurde das Zeltsystem COLPRO dem Pionierbataillon 2 zugeordnet. Maßgeblich hierfür waren einerseits das mit dem System vertraute Personal und andererseits die infrastrukturellen Voraussetzungen in der Salzburger Schwarzenberg-Kaserne. Der mit der Zuordnung einhergehende Auftrag zur Herstellung der Verwendungsreife bedingte die Formierung eines Elementes, das über Kompetenzen in den Fachbereichen Pionier, Technischer Dienst und Feldzeugdienst verfügen musste. Nach der internen Zusammenstellung einer Arbeitsgruppe und dem Feststellen der Erfordernisse erfolgte die strukturelle Einbettung des Kommandos Feldlagersysteme im Organisationsplan des Verbandes. Über das Zeltsystem COLPRO hinaus wurde dieses Kommando mit der Betreuung weiterer Feldlagersysteme bzw. Systemkomponenten beauftragt.
Die Hauptsysteme umfassen aktuell folgende Komponenten:
- Zeltsystem COLPRO inklusive Zubehör (Gefechtsstands- und Unterkunftsausstattung);
- Containerküchensysteme;
- Mehrzweck-/Betreuungszelte zur Verpflegseinnahme;
- Werkstattzelte;
- Containerkläranlagen;
- Müllverbrennungsanlage auf Containerbasis;
- Sanitärcontainer;
- Sonstige Komponenten (z. B. Blitzschutz, Campbeleuchtung, Brandschutzgerät).
Durch die Abbildung der Teilbereiche Administration (Führung und Feldzeugdienst), Zelte und ABC-Schutz, Sondercontainer, Aggregate- und Klimatechnik sowie Energieversorgung kann das Kommando Feldlagersysteme die zugeordneten Aufgaben optimal erfüllen. Darüberhinaus gibt es ein Verwaltungselement für zolltechnische Aufgaben, das die fachgerechte Administration von Gerätetransporten für internationale Einätze und Übungen im Ausland gewährleistet. Zusätzlich sind zwei Feldlagerbetriebszüge auf Mob-Basis im Organisationsplan des Kommandos Feldlagersysteme abgebildet, wodurch der parallele Betrieb von Feldlagern in zwei Einsatzräumen sichergestellt ist. Die gerätespezifische Ausbildung des Personals bei der Einsatzvorbereitung ist eine weitere Aufgabe des Kommandos und befindet sich derzeit noch im Aufbau.
Optimierte Bedarfsdeckung
Neben den Aufgaben der Systembetreuung und -bereitstellung sowie der gerätespezifischen Personalausbildung erarbeitet das Kommando Feldlagersysteme Grundlagen für die zugeordneten Systeme. Dabei erfolgt ein permanenter ÖBH-interner Erfahrungsaustausch mit den Pionierbataillonen sowie weiteren Waffengattungen. Zusätzlich wird mit ausländischen Streitkräften sowie Hersteller- und Zulieferfirmen kommuniziert, um Fehler zu minimieren bzw. vorzubeugen und die multinationale Systemkompatibilität zu forcieren. Im Rahmen der Systembetreuung wird die jeweilige systemverantwortliche Stelle in der Zentralstelle mit fachlicher Expertise unterstützt.
Die vorgestaffelte Feststellung der Erfordernisse des Bedarfsträgers ist ein wesentlicher Bestandteil zur optimalen Deckung dessen Bedarfes. Dazu sind Vorabsprachen unter Einbindung der betroffenen Stellen bei der Erkundung notwendig. Die Identifizierung von Schnittstellen zwischen Pionier und Bedarfsträger, entsprechende Ableitungen sowie das Erarbeiten von Standardabläufen bedingen die Kooperation verschiedener Waffengattungen. Diese standardisierten militärischen Abläufe schaffen ein einheitliches Arbeitsumfeld für den Bedarfsträger und gewährleisten in weiterer Folge die Erhaltung der Kampfkraft und der Durchhaltefähigkeit. Das Erarbeiten bzw. Überprüfen dieser Voraussetzungen erfolgt bei einsatzorientierten Übungen.
Infrastrukturreife bei der Gerätebereitstellung
In der geplanten Endausbaustufe soll das Kommando Feldlagersysteme für Versorgungsgüter im Umfang von 270 Containern verantwortlich sein. Durch das Bereitstellen der Systeme auf Containerbasis ist eine rasche Verfügbarkeit im Anlassfall (z. B. für die EU-Battlegroup) gewährleistet. Um eine werterhaltende und platzsparende Lagerung der Container samt Inhalt sicherzustellen, ist die Errichtung einer Feldlagerhalle innerhalb der Schwarzenberg-Kaserne geplant. Diese soll bei bis zu dreistöckiger Lagerung eine Kapazität für die 270 Container auf einer Grundfläche von 5.000 m² aufweisen. Im Anlassfall können die Container rasch auf Lastkraftwagen bzw. Hakenladesystemen innerhalb der Halle mit einer integrierten Krananlage verladen werden.
Die erforderlichen, permanent wahrzunehmenden Tätigkeiten an den Feldlagersystemen (Überprüfung der Klima- und Heizgeräte, Wartung von Zeltsystemen etc.) werden in eigenen Materialerhaltungsbereichen durch technisches Fachpersonal des Kommandos Feldlagersysteme durchgeführt. Zeit- und kräfteintensive Nachbereitungen von Feldlagerkomponenten nach Einsätzen und Übungen erfolgen unter Abstützung auf weitere Infrastruktur des Pionierbataillons 2. Die Durchführung erfolgt unter Einbindung der für das Vorhaben eingesetzten Pionierkräfte, während die Qualitätskontrolle vom Kommando selbst wahrgenommen wird.
Präventive Vermeidung von Schäden (Ü1) Schwerwiegende Beschädigungen von Teilkomponenten können bis zur Ebene der Basismaterialerhaltung durch speziell geschulte Fachunteroffiziere des Kommandos Feldlagersysteme behoben werden. Durch eine qualifizierte Auswertung etwaiger Schäden werden Ableitungen zur Vermeidung dieser in entsprechende Handlungsanweisungen eingearbeitet. Diese Erkenntnisse werden auch bei der gerätespezifischen Personalausbildung berücksichtigt. Darüber hinaus wird im Anlassfall Rücksprache mit Herstellerfirmen gehalten, um notwendige Systemanpassungen zu planen und das jeweilige System zu verbessern. Hierbei wird zusätzliches Augenmerk auf das Aufrechterhalten eventuell bestehender internationaler Systemkompatibilitäten gelegt.
Durch das umfangreiche Aufgabenspektrum des Kommando Feldlagersysteme von der Gerätebereitstellung über die Kaderausbildung bis hin zur Grundlagenarbeit ist das Organisationselement entsprechend gebunden. Die Bedeckung von Ausbildungs- und Übungsvorhaben mit den Feldlagerkomponenten erfolgt durch qualifizierte Kräfte der drei Pionierbataillone. Die Entscheidung über den Einsatz der Systeme wird durch das Kommando der oberen taktischen Ebene getroffen. Dieses erteilt auch Vorgaben zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Feldlagerkomponenten.
Investition in die Zukunft
Einsatzorientierte Beschaffungen von Feldlagersystemen, -systemkomponenten und dessen zielorientierte Erweiterung stellt sich vor dem Hintergrund multinationaler Kooperationen als essentieller Bestandteil von Einsätzen dar. Eine permanente Systembetreuung ist das Fundament einer langjährigen Nutzung dieser Versorgungsgüter. Durch die Aufstellung des Kommandos Feldlagersysteme als gerätespezifisches Kompetenzzentrum für moderne Feldlagersysteme, wurde dies im Österreichischen Bundesheer realisiert. Mit dieser Basis ist eine zukunftsorientierte Entwicklung im Bereich des Feldlagerwesens im europäischen Kontext gewährleistet.
Hauptmann Mag. (FH) Armin Wagner ist Kommandant des Kommandos Feldlagersysteme.