Airpower 19 ... auch eine psychologische Herausforderung
Bei Großveranstaltungen erwarten die Zuschauer spektakuläre Events bei, denen aber möglichst niemand gefährdet wird. „Safety“ entsteht aus psychologischer Sicht vor allem durch die Beurteilung der Auswirkungen von geplanten Belastungen auf die psychische Gesundheit der Mitwirkenden und die Beachtung der Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit. Dazu wird bereits seit vielen Veranstaltungen dem Projektleiter der Airpower ein Fliegerpsychologe zur Seite gestellt, der später auch in der sogenannten Taskforce dem Stabschef und dem Kommandanten direkt unterstellt ist. So soll bereits in der Planungsphase eine psychologische Beratung zur Verfügung stehen, die alle möglichen Fragestellungen betrifft, mit denen etwa auch ein Truppenpsychologe im Einsatz beschäftigt sein kann.
Darüber hinaus werden die eingesetzten „Vorführpiloten“ im Rahmen eines Displayseminars über die psychologischen Aspekte des Verhaltens in Risikosituationen unterrichtet – alles Situationen, in denen mehrere Verhaltensmöglichkeiten gegeben sind und eine meist zeitkritische Entscheidung getroffen werden muss. Insbesondere der Einfluss der Zuschauer auf die Piloten wird thematisiert, da der Vorführeffekt sehr schnell zu heiklen Situationen führen kann, wenn der Pilot seine kognitiven Vorsätze vergisst und völlig in der Handlung aufgeht (das „One Flesh“ Erlebnis nach Csíkszentmihályi). Dieses, auch Flow Erlebnis genannte, Phänomen ist zwar im Sport durchaus erwünscht (ein anlaufender Elfmeterschütze sollte vorm Schuss nicht erst über die richtige Ecke nachdenken), wäre bei einer Flugshow jedoch hoch unprofessionell und gefährlich.
Der Psychologe als Krisenberater
Ein weiterer Aufgabenbereich für die Psychologie ist die beratende und mitwirkende Rolle im Krisenmanagement: von fachlichen Überlegungen, über Durchsagen des Platzsprechers, die sich aus dem Wissen über menschliches Verhalten ergeben bis zur unmittelbaren Beratung des Kommandanten bei eintretenden Vorfällen, Unfällen oder Krisen zu psychologisch relevanten Details und zur Sicherstellung der psychologischen Krisenintervention. Dazu ist im Krisenstab ein Militärpsychologe mit Peers und das Kriseninterventionsteam (KIT) Steiermark einsetzbar.
So galt es diesmal zum Beispiel die geplanten Sammelräume für Evakuierungsfälle zu besetzen, um im Notfall steuernd auf davoneilende Zuschauer einwirken zu können und einen „Lost and Found“ Stand mit Peers und KIT-Mitarbeitern zu betreiben. Beim – zum Glück glimpflich verlaufenen – Unfall eines Doppeldecker-Piloten, ging es für den psychologischen Dienst darum, möglicherweise verunsicherten Zuschauern, Gespräche anzubieten, um sicherzustellen, dass die Airpower 19 für alle ein positives Erlebnis bleibt. Unmittelbar nach dem Vorfall streiften KIT-Mitarbeiter durch die Zuschauermenge und kommunizierten mit in Unfall-Sichtweite befindlichen Personen, um etwaige problematische Verarbeitungsvorgänge zu erkennen und deeskalierend einzuwirken.
Im Falle eines größeren Unfalls oder gar Verletzten oder Getöteten, wäre es die Aufgabe des KIT-Teams sofort mit der psychologischen Betreuung der Zuschauer zu beginnen, während die Peers des Bundesheeres für die Erstbetreuung der eingesetzten Soldaten vorgesehen wären. Für das fliegende Personal stehen dabei auch die vor Ort am Rekrutierungsstand eingesetzten Psychologen und die psychologisch-technischen Assistenten für Gespräche zur Verfügung.
Informationsstand Fliegerpsychologie
Dieser Stand ist ein weiterer von der Fliegerpsychologie abzudeckender Bereich bei dieser Veranstaltung. Dort soll bei möglichst vielen Besuchern, das Interesse für eine Karriere als Militärpilot, Fluglotse oder Radarleitoffizier geweckt werden. Einigen Bewerbern wurde dabei die Möglichkeit geboten, eine kleine psychologische Vortestung zu machen, die für sie bei positiver Prognose auch zu einer Vorreihung in der Warteliste der Testkandidaten führen soll. Zusätzlich standen dabei ein Flugschüler und eine Flugschülerin für Auskünfte zur Verfügung.
Das Fachorgan Fliegerpsychologie in der Flugunfallkommission
Nicht zuletzt war eine Stelle in der provisorischen Unfallkommission mit einem Fliegerpsychologen zu besetzen. Das „Fachorgan Fliegerpsychologie“ unterstützt bei einem Unfall die Mitglieder der Kommission (wie den Leiter, Jurist, Flugsicherheitsoffizier etc.) bei den Gesprächen mit Beteiligten und Zeugen und beurteilt bei „menschlichem Versagen“, wie und in welchem Ausmaß dieses stattgefunden hat. Die Idee dabei ist: Da, außer bei einem Vorsatz, niemand absichtlich verunfallt, ist es wichtig zu erheben, was diesen Unfall möglich gemacht hat und was zu verändern wäre, damit der gleiche Vorfall in Zukunft unwahrscheinlicher wird.
HR Mag. Michael Mikas ist Leiter des Referates Flieger und Verkehrspsychologie.