• Veröffentlichungsdatum : 10.01.2024
  • – Letztes Update : 11.01.2024

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Angriff aus der Luft

Christof Stranner, Michael Steinberger

Bei der Übung KOMET23 übten Fallschirmjäger der deutschen Luftlandebrigade 1 den Angriff auf ein urbanes Umfeld. Ihr Auftrag: Schnöggersburg, die modernste Übungsstadt Europas, nach erfolgter Luftlandung freikämpfen. Mit dabei war eine Kompanie des österreichischen Jägerbataillons 25 und andere Elemente der 7. Jägerbrigade.

Bei der KOMET23, die vom 18. bis 29. September 2023 stattfand, übten etwa 2.000 Soldaten mit 200 Fahrzeugen der Fallschirmjägerregimenter 26 (Zweibrücken) und 31 (Seedorf) der Luftlandebrigade 1 der Deutschen Bundeswehr sowie Kräfte  der 7. Jägerbrigade des Österreichischen Bundesheeres gemeinsam. Zusätzlich waren zwei Luftfahrzeuge des Typs Airbus A400M in die Übung eingebunden. Die KOMET23 diente der Luftlandebrigade 1 zur Vorbereitung auf eine Luftlandeoperation in Brigadestärke für die internationale Übung QUADRIGA 2024 im Frühjahr 2024.

Die Soldaten des Jägerbataillons 25 bereiteten sich seit ihrer Rückkehr aus den Auslandseinsätzen im Kosovo sowie in Bosnien und Herzegowina im April 2023 und der „Zielüberprüfung“ der 7. Jägerbrigade im Juni 2023 auf die KOMET23 vor. Die spezifische Ausbildung umfasste die Wiederholung allgemeiner Gefechtstechniken im Kompanierahmen, die Vertiefung spezieller Gefechtstechniken im urbanen Umfeld und das Erhalten der Einsatzsprungtauglichkeit für Rundkappenspringer und „Freifaller“.

Gliederung und Auftrag

Die militärtaktischen Bezeichnungen der Fallschirmjägerregimenter waren Task Force 26 (TF26) und Task Force 31 (TF31). Die beiden Verbände wurden durch die Luftlandeaufklärungs- und Luftlandepionierkompanien der Luftlandebrigade 1 sowie mit 150 Soldaten des Jägerbataillons 25 (KPE) – Task Force 25 (TF25) – und Teilen des Pionierbataillons 1 der 7. Jägerbrigade des Bundesheeres verstärkt. Die österreichische Kampfkompanie war der TF31 unterstellt und mit einem Notarzttrupp, schweren Scharfschützen, einer Panzerabwehrlenkwaffengruppe, einem Joint Tactical Air Controller und eigenen Pionierelementen verstärkt.

Der Auftrag für das vorgesetzte Kommando der Österreicher lautete: TF31 greift Angriffsziel Schnöggersburg Süd nach

  • vorgestaffelter Aufklärung,
  • Fallschirmsprungeinsatz,
  • mit zwei Kompanien vorne,
  • Schwergewicht bei TF25,
  • einer Kompanie zur Flankensicherung und
  • Feuerunterstützung an,

isoliert feindliche Kräfte und schafft die Voraussetzungen für das Betreiben des Flugplatzes Schnöggersburg.

Vorbereitung

Die Befehlsausgabe ist die Grundlage für den Erfolg im Kampf. „Die große Herausforderung der KOMET23 ist der gleichzeitige Einsatz zweier Fallschirmjägerregimenter nebeneinander“, sagt Oberst Eiko Zuckschwerdt, Kommandeur des Fallschirmjägerregimentes 31. „Die Koordination ist der Schwerpunkt. Jedes Regiment plant zunächst für sich die eigene Luftlandeoperation. Danach gilt es, die Planungen beider Regimenter zu einer Luftlandeoperation zusammenzuführen.“

Die Soldaten der Kommandeursgruppe bauen einen detailgetreuen Sandkasten auf den Betonboden unter einem alten Schleppdach. Der Ort für die Befehlsausgabe und der Sandkasten sind so dimensioniert, dass etwa 60 Kommandanten Platz finden, die sich die Phasen des bevorstehenden Gefechtes verinnerlichen. Nach der Befehlsausgabe führen sie das Führungsverfahren durch, leiten Anforderungen für die Auftragserfüllung weiter und geben ihre ersten Befehle. Die Fallschirmjäger bereiten ihren Einsatz auf spezielle Weise vor: Schwere Ausrüstung, Waffen, Zubehör oder Munition werden als Türlasten in Behälter gepackt und für den Abwurf mit Lastenfallschirmen vorbereitet.

Aufklärung

Vor dem Angriff kommt die Aufklärung zum Einsatz. Der Fallschirmspezialzug der TF31 wird durch Teile des Aufklärungszuges der TF25 unterstützt. Sie werden vorausgeschickt, um Aufklärungsergebnisse zu generieren und zu melden. Soldaten der TF25 wurden zuvor auf dem Ostseeflughafen Stralsund-Barth im Gleiteinsatz mit deutschen Flächenfallschirmen ausgebildet, um aus großen Höhen über viele Kilometer im Formationsflug unerkannt in Feindesland zu gelangen. Dabei wurden das Einsatzsprungverfahren HAHO (High Altitude, High Opening) aus einer Höhe von 3 600 Metern, und das taktische Verbringen geübt, verfeinert und mit den Verfahren der deutschen Fallschirmjäger abgestimmt.

In einem alten Hangar ziehen die zwei Fallschirmspezialzüge unter. In Kleinarbeit wird die Ausrüstung angepasst und vorbereitet, die Funkgeräte programmiert, das Einsatzgelände auf einer fünf mal fünf Meter großen Plane nachgebaut oder die Operation auf Notebooks geplant. Ein Arzt, ein Notfallsanitäter und Spezialisten der Elektronischen Kampfführung sind ebenfalls vor Ort.

Der Fallschirmspezialzug teilt sich in mehrere Elemente auf. Ein Teil soll die Landezonen für die nachfolgenden Hauptkräfte erkunden und bei Nacht abspringen. In diesem Zug ist ein Combat Control Team (CCT), das Hilfsmittel mitführt, um die Bodenbeschaffenheit einer behelfsmäßigen Landebahn zu prüfen. Es verfügt unter anderem über Messgeräte, um Wetterdaten zu ermitteln und kann mit anderen Leitstellen und Flugzeugen kommunizieren. Das CCT ist ein wandernder Flugplatz inklusive einer mobilen Wetterstation – ein „Tower mit zwei Beinen“. Der Kommandant des Fallschirmspezialzuges ist ein lizenzierter Fluglotse. Er koordiniert Bewegungen im Luftraum, wenn die Verstärkung nachgezogen wird. Tagsüber im Angelände untergezogen, operiert das CCT in der Nacht im Schutz der Dunkelheit.

Ein Auftrag für den zweiten Teil der Vorauskräfte ist die Zerstörung einer 23-Millimeter-Flugabwehrkanone. Das Geschütz steht in der Nähe des Flugplatzes und kann gegen niedrig fliegende Luftfahrzeuge, Infanteriekräfte und Fahrzeuge eingesetzt werden. Zudem sind gepanzerte Fahrzeuge des Gegners aufzuklären. Ohne die Aufklärungsergebnisse, die Vorbereitung der Landezone und ihren Betrieb durch die Vorauskräfte wäre die Luftlandeoperation für die Hauptkräfte mangels Information über Stärke, Art, Ort und Bewaffnung des Gegners undurchführbar.

Die Operationsbasis der Transportmaschinen liegt in Celle, einem Fliegerhorst der Deutschen Luftwaffe. Nach der Ankunft der Fallschirmspezialzüge beginnen diese mit ihren Vorbereitungen für den Absprung mit Freifallschirmen. Die Maschine fliegt die Fallschirmspezialzüge am späten Nachmittag in die Nähe ihrer Landezonen. Nach einer Stunde Flugzeit öffnet sich die Heckrampe und der kalte Wind strömt in die Maschine. Die Soldaten machen sich fertig. Ein letzter Check der Fallschirme, des Gepäcks und der Waffen. Vor der Heckrampe stellen sich die Springer in einer Reihe auf. „Go!“, die Soldaten springen ab.

Die Schirme öffnen sich. Die Springer reihen sich in die Flugformation ein und treten ihren Gleitflug in die etwa 16 km entfernte Landezone an. Durch die hohe Windgeschwindigkeit von ca. 100 km/h sind sie in wenigen Minuten vor Ort. Nach der Landung in der Dämmerung werden die Fallschirme unter gegenseitiger Sicherung geborgen, verpackt und geschultert. Die Dunkelheit lässt die Soldaten mit dem Gelände verschmelzen. Die Nachtsichtgeräte werden heruntergeklappt, und die Aufklärung der feindlichen Kräfte beginnt. In den frühen Morgenstunden werden die Aufklärungsergebnisse in den Operationsplan der Luftlandebrigade 1 eingearbeitet, dem Kommandeur vorgetragen und von ihm genehmigt.

Hauptkräfte

Zeitgerecht treffen die Hauptkräfte auf dem Heeresflugplatz in Celle ein. Die Kompanien der TF formieren sich und werden auf die Transportmaschinen aufgeteilt. Im Hangar betreten die Springer ihre Boxen, die Personalien werden aufgenommen und die Vorbereitungen für die Sprünge getroffen. Danach machen es sich die Fallschirmjäger, so gut es in dem Hangar geht, bequem und warten.

Früh morgens besteigen die Soldaten der Hauptkräfte, Angehörige der TF26 und 31 sowie der TF25, den Airbus. In den Sitzen der Maschine fühlen die Fallschirmjäger jede Unebenheit der Startbahn. Die Transportmaschine hebt von der Piste ab und gewinnt rasch an Höhe. Sie fliegt eine Kurve und nach einer Stunde Flugzeit kreist sie im Warteraum. Aufgrund der Witterungsverhältnisse können nicht alle Fallschirmjäger springen und müssen per Achse in die Landezonen verbracht werden. Dort angekommen, organisieren sie sich und bereiten sich auf die gesicherte Ruhe sowie den bevorstehenden Angriff vor.

Angriff

Die Dunkelheit der Nacht lässt die Lage in Schnöggersburg nur erahnen. Morgennebel umhüllt die Stadt und erlaubt nur eine Beobachtung mit Wärmebildgeräten. Die Soldaten liegen in ihren Ausgangsstellungen. Etwa drei Kilometer sind es bis zum ersten Angriffsziel. Der Gefechtsstreifen für die TF26 liegt im Nordwesten der Stadt, die TF31 tritt vom Südosten an, die TF25 ist in ihrem Schwergewicht. Der Bahnhof ist das erste Angriffsziel für die österreichische Kompanie.

„Pegasus an Auge, kommen! – Sie melden mir stündlich Aufklärungsergebnisse! Meine Absicht: Mit Morgengrauen Angriffsbeginn auf den Bahnhof, um die dort vermutete Sicherung zu werfen. Wir vermuten feindliche Infanterie in Gruppenstärke mit gepanzerten Fahrzeugen“, instruiert der Kompaniechef seine Aufklärungskräfte. „Wir müssen konzentriert vorgehen. Das wird der erste Kontakt mit dem Gegner“, sagt der Kompaniechef, während er seinen Angriffsplan erstellt. Das Panzerabwehrsystem MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System), die Granatmaschinenwaffe und Maschinengewehre sind die schwersten Waffen, die zur Verfügung stehen. Die Soldaten wissen: Feuer und Bewegung sind die wesentlichen Elemente und im Angriff der Schlüssel zum Erfolg. „Wir müssen schnell und sicher vorgehen, uns an die feindlichen Stellungen herantasten. So arbeiten wir uns voran, bis wir den Feind werfen oder vernichten.“

Der Tag bricht an. In den ersten Sonnenstrahlen zeichnen sich die Angriffsziele ab. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Für den Start des Angriffes wird eine Feuerunterstützung durch Granatwerfer angefordert. Das Steilfeuer soll den Gegner überraschen und in seine Deckungen zwingen. Diesen Moment nutzen die Fallschirmjäger: Sie greifen an und stürmen in Richtung Bahnhof. Auch die anderen Kompanien stehen seit wenigen Minuten im Gefecht.

Der beste Kampfplan hält nur bis zum ersten Schuss. Gefechtsbedingte Änderungen der Einsatzführung einer Kompanie bedingen die unverzügliche Anpassung der Planungen des Regimentes. Die Kompaniekommandanten sind ständig mit ihrem Kommando in Verbindung und aktualisieren die Lage. Der Angriff hat mit voller Wucht begonnen. Das ist aber erst der Beginn eines langen Kampfes durch Schnöggersburg.

Die TF31 und 26 haben den Auftrag, sich am Eiser-Kanal zu vereinigen und die Stadt Haus für Haus vom Feind zu befreien. Zudem muss der für die Folgeversorgung wichtige Feldflughafen in Besitz genommen und gesichert werden. Schweres Gerät und Nachschub müssen über diesen eingeflogen werden. Für die Verwundeten garantiert der Flughafen die weitere medizinische Versorgung. Schritt für Schritt bahnen sich hunderte Fallschirmjäger den Weg durch die Straßenzüge. Von Haus zu Haus kommen sie ihrem Ziel immer näher.

Noch wenige hundert Meter

„Wir müssen in das Hochhaus kommen!“, ruft ein Fallschirmjäger wenige Meter vor dem Hauptplatz seinen Kameraden zu. Dazu sollen die ersten Sturmtrupps unter Deckungsfeuer in das Erdgeschoss eindringen. Vereinzeltes Feuer ist aus der Entfernung zu hören. Das ist die TF26, die neben der TF31 angreift und auf den Eiser-Kanal zuhält, der die Trennlinie ist. Umso näher die Regimenter ihren Angriffszielen kommen, desto besser müssen sie sich abstimmen.

Weißer Nebel zieht über die Straßenzüge, um die eigenen Bewegungen zu verbergen. Die Feuerunterstützung aus der Luft und vom Boden liegt im Ziel. Der Kampf von Haus zu Haus geht weiter. Beim Eindringen in die Gebäude und beim Durchqueren der Vorgärten ist auf Minen und Sprengfallen zu achten. Trotz aller Vorsicht der Fallschirmjäger mischt sich immer wieder der Knall einer Sprengfalle oder einer Mine mit dem Gefechtslärm.

Die Kameraden müssen zügig handeln. Für die Verwundetenversorgung hinter den Gebäuden bleibt wenig Zeit. Erstversorgen, sofort weiter angreifen. Der Angriffsschwung muss bestehen bleiben. Feindliche Schützenpanzer, die, hinter Häuserecken verborgen, die Angreifer unter Beschuss nehmen, sind schwer zu erkennen. Panzerbrechende Waffen müssen nachgezogen werden, um Ziele zu bekämpfen.

Der Angreifer darf keine Zeit verlieren, sich nicht lange an den Gebäuden aufhalten. Umso länger das Vorgehen braucht, desto mehr Zeit hat der Feind, sich in vorbereitete Stellungen zurückzuziehen. Feindliche Schützen versuchen unerkannt zu bleiben und meiden Fenster. Sie kämpfen aus der Tiefe des Raumes. Die Fallschirmjäger nützen Wärmebildgeräte, um die Schützen in den Häusern zu erkennen. Gebäude für Gebäude kämpfen die Soldaten frei, bahnen sich den Weg durch Öffnungen und gehen Raum für Raum vor.

Zivile Lage

In den Straßenzügen wird um jeden Meter gerungen. Die in die Häuser geflüchtete Bevölkerung der Stadt kauert in den Ecken der Räume. Plötzlich springt eine Tür auf. Mehrere Soldaten dringen ins Gebäude ein. Sie suchen den Feind, der sich in den Stockwerken der Häuser verschanzt haben soll und stoßen plötzlich auf schutzsuchende Menschen. Um ihre Unversehrtheit sicherzustellen, werden Soldaten aus den angreifenden Gruppen abgestellt. Sie kümmern sich um die Zivilisten. Trotzdem setzen die Fallschirmjäger den Angriff in unverminderter Stärke fort.

Die Fallschirmjäger sind darin ausgebildet, blitzartig zwischen Feind und Unbeteiligten zu unterscheiden. Diese Fähigkeit wird in Schnöggersburg intensiv geübt. Dennoch: Am Ende des Tages muss der Auftrag, den Flughafen zu nehmen, zu sichern und bis zum Eintreffen der Folgekräfte zu verteidigen, erfüllt sein. Die Fallschirmjäger schaffen das. Bis zum Abend ist Schnöggersburg vom Feind befreit. Der Flughafen wird in Betrieb genommen, die Anschlussversorgung sichergestellt, und Folgekräfte können eingeflogen werden.


Schnöggersburg

Die künstliche Übungsstadt Schnöggersburg ist die modernste urbane Übungsanlage Europas (siehe auch TD-Heft 2/2022). Sie befindet sich auf dem Truppenübungsplatz Altmark der Deutschen Bundeswehr in Sachsen-Anhalt nördlich von Magdeburg. Die Anlage entspricht einer Kleinstadt mit 520 Gebäuden und unterschiedlicher Bebauungsdichte. Eine Schule, eine Kaserne, ein Hotel, Sakralbauten und verschiedene Stadtviertel bieten der Truppe ein umfangreiches Übungsgelände. Das jeweilige Szenario wird durch einen künstlichen Flusslauf mit Brücken, einer Kanalisation, einer Autobahn, einen Flugplatz mit einer 1.700 Meter langen Landebahn und einer U-Bahn realistisch gestaltet. Das zivile Stadtleben kann durch Statisten dargestellt werden.

Gefechtsübungszentrum Heer

Untrennbar mit Schnöggersburg ist das Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ) verbunden, das Schnöggersburg zur modernsten Übungsstadt Europas macht. Durch ein Simulationssystem können die Tätigkeiten der Truppe in Echtzeit mitverfolgt und ausgewertet werden. Das Ausbildungsgerät Duellsimulator ist die Grundlage des Simulationssystems. Lasersignale simulieren die Waffenwirkung auch in Gebäuden und stellen die Bewegung von Soldaten und Fahrzeugen dar. Positionen, Bewegungen, Beschuss/Wirkungsgrad und Funkgespräche werden in Echtzeit aufgezeichnet. 64 Arbeitsstationen überwachen die übende Truppe grafisch, optisch und akustisch.

Der Aufwand der Auswertung ist hoch, der Output ebenfalls. Zudem stehen erfahrene Ausbilder zur Verfügung, die ihr Wissen einbringen. Sie beraten auf allen Ebenen und stellen die Ergebnisse der Echtzeitauswertung für Bataillons-, Kompanie- und Zugskommandanten auch auf dem Gefechtsfeld zur Verfügung. In der Auswertegruppe werden die Ereignisse einer Übung mithilfe der Systemtechnik in der Zentrale analysiert und für Besprechungen bereitgehalten. Diese Erkenntnisse dienen der Verbesserung der Führungs- und Einsatzgrundsätze sowie der Anpassung von Führungsstrukturen, Befehlsgebung und Ausrüstung. Übungsabschnitte können auf einer Karte, hinterlegt mit Video- und Audio-Aufzeichnungen, gezeigt werden. Die Kombination aus einer technisch ausgereiften Übungsstadt und der professionellen Auswertung ist in Europa einzigartig.


Versorgung

In der Zwischenzeit erfolgte die Anschlussversorgung durch eine Transportmaschine. Ein Airbus zieht seine Kreise und orientiert sich an den Markierungen der Zone. Ein tiefer Anflug und aus der halb geöffneten Heckklappe der Transportmaschine werden Außenlasten mit Versorgungsgütern abgeworfen. Von der Abwurfzone aus betrachtet, heben sich die Außenlasten mit ihren geöffneten Schirmen vom wolkenlosen Himmel ab. Der Wind verteilt die Lasten in der Zone. Während die Lastenschirme in sich zusammenfallen, zieht der Airbus eine weitere Schleife und bereitet sich auf den zweiten Anflug vor. Erneut dröhnen die Motoren am Himmel und die 340 m² des Laderaumes werden durch den Abwurf der letzten fünf Lastenpakete geleert. Der Airbus hebt die Flugzeugnase und verschwindet im Himmel.

Die Abwurfzone bevölkert sich in wenigen Minuten. Rasch erreichen die Vorauskräfte mit ihren geländegängigen, leichten und luftlandefähigen „Utility Terrain Vehicles“ die Lasten. Unter ihrer Sicherung fährt auch schwereres Gerät auf. Lastwägen, Stapler und Personal kommen aus den gedeckten Räumen und steuern auf die Lastenpakete zu. Die Aufgaben sind klar verteilt: Ein Trupp birgt und versorgt die Ausziehschirme, ein Trupp löst die Fallschirme von den Versorgungpaketen und ein weiterer Trupp rückt die Lastenpakete für den geländegängigen Stapler zurecht, damit dieser die Pakete auf die Lastwägen verladen kann.

Die Logistik in der Deutschen Bundeswehr beschränkt sich nicht auf das Nachschieben von Gütern. Vielmehr krempeln die Logistiksoldaten selbst die „Ärmel hoch“, damit die benötigten Versorgungsgüter so rasch wie möglich an die Einheiten verteilt werden können. Die in Schnöggersburg verbliebenen Kräfte benötigen die Güter dringend, da sie nur eine begrenzte Menge an Munition, Verpflegung und Wasser mitnehmen konnten.


Verteidigung

Die Inbesitznahme des Flughafens und sein Betrieb bedingen, dass sich die Fallschirmjäger gegen Angriffe der sich noch im Raum befindlichen Feindkräfte verteidigen. Die Verteidigung muss präzise geplant und durchgeführt werden. Lücken und andere Fehler können Verluste bedeuten. Bei der Erkundung des Geländes wird festgestellt, wie dieses am besten genutzt werden kann. Da der Gefechtsstreifen der beiden Regimenter mit einer Breite von ungefähr vier mal sechs Kilometern überdehnt ist, wird eine Variante der beweglichen Verteidigung gewählt. Die Kräfte sollen sich vor der Stadt positionieren und bei Bedarf kämpfend ausweichen, um den Feind abzunutzen und ihm die Inbesitznahme des Flughafens zu verwehren.

Bei der Verteidigung ist der Kampf gegen Panzer zu berücksichtigen. Auf den Freiflächen haben die feindlichen Kampf- und Schützenpanzer mit ihren weitreichenden Waffen einen Vorteil. Im verbauten Gebiet können sie aus vorbereiteten Deckungen leichter bekämpft werden. Die Waldwege und der Übergang über den Fluss wurden mit Sprengsatzattrappen präpariert. In der Deckung lauern Schützen mit Panzerfäusten, um die Gefechtsfahrzeuge an ihrer Achillesferse (aus der Nähe und in der Flanke) zu treffen. Mit Maschinen- und Sturmgewehren sollen dann die abgesessenen Grenadiere bekämpft werden, Steilfeuer und Luftunterstützung stehen ebenfalls bereit.

Die Verteidiger können einen weiteren Trumpf ausspielen: den Waffenträger „Wiesel“. Dieses kompakte Kettenfahrzeug wird aufgrund seiner Größe häufig unterschätzt. Es ist leicht, schnell und wendig. Die 20-mm-Bordmaschinenkanone (Wiesel-MK) kann der feindlichen Infanterie und ihren Fahrzeugen massiv zusetzen. 400 Patronen hat jeder „Wiesel“ zur Verfügung, aufgeteilt in panzerbrechende Munition und Sprengmunition. Die Version mit dem Waffenträger MELLS kann sogar massive Panzerungen durchschlagen und die in der Verteidigung eingesetzten Fallschirmjäger bei der Panzerabwehr verstärken.

Am frühen Morgen wird es plötzlich laut: Panzerketten des anrückenden mechanisierten Feindes quietschen im Sand, Motorengeräusche sind zu hören. Späher melden Feindpanzer, die in der Ferne des Morgennebels schemenhaft zu sehen sind. Zügig weichen sie aus und beziehen eine neue Stellung. Die Aufklärer halten dennoch „Fühlung zum Feind“ und melden ihre Beobachtungen per Funk. Die Informationen sickern in jede Stellung. Jetzt ist Konzentration gefragt. An einem langgezogenen Waldweg schaut ein Schütze, der mit Blick auf die Straße in Stellung liegt, in das Rohr des ersten Schützenpanzers. Kopf runter! Ohren auf, Blick nach oben: Gibt es Drohnen? Die Wärmesignatur könnte ihn verraten. Schüsse aus der Bordmaschinenkanone fallen. Simulierte Treffer des Schützenpanzers schlagen ein.

Eine Richtminensperre stoppt den feindlichen Schützenpanzer. Zügig soll er durch ein anderes Fahrzeug geborgen werden, damit der Weg wieder frei ist. Die Brücke wird durch simulierte Ladungen gesprengt. Der Weg ist unpassierbar. Jetzt brauchen die Angreifer ihre Pionierkräfte, um den Fluss zu überwinden. Auch die folgenden Schützenpanzer werden bekämpft. Der Feind greift mit enormer Geschwindigkeit an, wird aber durch den Fluss verlangsamt.

Die Fallschirmjäger liegen gemeinsam mit den Luftlandepionieren in Stellung. Sie setzen ihre Panzerfäuste ein und bekämpfen den gestauten Feind an den Sperren zusätzlich mit Sturmtrupps. Am Stadtrand versuchen abgesessene Kräfte, die Fallschirmjäger zu bekämpfen, die sich hartnäckig verteidigen. Auch dieser Ansatz wird abgewehrt. Schließlich misslingen der Angriff des Feindes und seine Absicht, mit einem schnellen Stoß Richtung Flughafen vorzudringen. Die Fallschirmjäger haben den Angriff abgewehrt!

Übungserfolg

Der Erfolg einer Übung tritt ein, wenn Lehren aus ihren Abläufen und Erkenntnisse für eine Verbesserung gewonnen werden. Verbesserungspotenzial ergab sich in den nachstehenden Bereichen:

Bei der Verwundetenversorgung auf dem Gefechtsfeld ist auf Gruppenebene qualifiziertes Personal gefragt. Die Verwundetenversorgung in der Gruppe wäre als Zweitfunktion zu gewährleisten und aktuellen Einsatzerfordernissen anzupassen. Bezüglich der Mobilität und der Verbindung auf dem Gefechtsfeld würden geeignete Fahrzeuge und ein Führungsinformationssystem dem internationalen Standard entsprechen.

Die KOMET23 hat gezeigt, dass Übungen im Verbandsrahmen unabdingbar sind. Vor allem die unterschiedlichen Möglichkeiten aus der Luft und vom Boden aus können nur bei einer „Boots-on-the-ground“-Übung realistisch dargestellt werden. Die Soldaten des Jägerbataillons 25 konnten bei dieser Übung wertvolle Erfahrungen sammeln und ihre Einsatzbereitschaft in einer streitkräfteübergreifenden Übung beweisen.

Major Christof Stranner, BA; Offizier für Öffentlichkeitsarbeit beim Jägerbataillon 25,
Oberstabswachtmeister Michael Steinberger; Unteroffizier für Öffentlichkeitsarbeit beim Jägerbataillon 25.


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 4/2023 (394).

Zur Ausgabe 4/2023 (394)


 

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