- Veröffentlichungsdatum : 17.01.2019
- – Letztes Update : 22.01.2019
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Der Fall Zypern - Teil 4
Zypern nach dem Krieg von 1974, die zahlreichen Versuche zur Wiedervereinigung, das boykottierte UN-Referendum und der EU-Beitritt 2004
Der Krieg auf Zypern konnte 1974 durch das Mandat der UNFICYP von 1964 nicht verhindert werden. Dem Waffenstillstand vom 23. Juli 1974 folgte noch die zweite Phase der türkischen Angriffsoperation im August. Das österreichische Kontingent war seit 1972 vor Ort. Die UN-Generalsekretäre Kurt Waldheim, Pérez de Cuéllar und Kofi Atta Annan konnten keine Veränderung durchsetzen. Noch immer besteht die „United Nations Buffer Zone“, um ein Aufflammen des Konfliktes zu verhindern. Trotzdem ist Zypern heute EU-Mitglied, obwohl es zweigeteilt ist.
Verhandlungen der Volksgruppen
Nach dem blutigen Konflikt zwischen den Volksgruppen von 1974 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 1. November 1974 mit ihrer Resolution 3212 festgehalten, dass die Kontakte und Verhandlungen der Repräsentanten der griechisch-zypriotischen und der türkisch-zypriotischen Volksgruppen auf gleicher Ebene („on an equal footing“) mit Einbeziehung des UN-Generalsekretärs stattfinden müssen. Eine für beide Seiten ausgeglichene Situation sollte erzielt werden.
In diesem Sinne begannen 1975 die Verhandlungen zwischen den Volksgruppenführern Glafkos Ioannou Clerides (griechische Zyprioten) und Rauf Denktash (türkische Zyprioten). Unter der Schirmherrschaft des UN-Generalsekretärs, Dr. Kurt Waldheim, wurde in der dritten Verhandlungsrunde in Wien vom 31. Juli bis zum 2. August 1975 ein freiwilliges „Umsiedelungsprogramm“ beschlossen. Mit Unterstützung von UNFICYP konnten türkische Zyprioten in den Norden und griechische Zyprioten in den Süden der Insel freiwillig umsiedeln. Diesem Beschluss folgte tatsächlich ein umfassend genutzter „Bevölkerungsaustausch“. Etwa 160.000 griechische Zyprioten (GKCYP) und rund 50.000 türkische Zyprioten (TKCYP) nutzten dieses Programm. Das Ergebnis war eine räumlich getrennte Bevölkerung mit zwei ethnisch definierten Landesteilen. Dadurch wurden Tausende zu „Flüchtlingen“ im jeweils anderen Landesteil. Daher ist es verständlich, dass die Befürworter und Gegner der bi-zonalen Lösung von 1975 heute noch gespalten sind. Zu unterschiedlich waren die persönlichen Erfahrungen zwischen dem freiwilligen Umsiedeln und dem Schaffen von „Flüchtlingen“ auf der Insel.
Keine Einigung bis 1986
Die interne „Konsolidierung“ betraf die dringenden Maßnahmen der jeweiligen politischen Administrationen in den Zonen beider Bevölkerungsgruppen. Auch die, von den Peacekeeping-Truppen der Vereinten Nationen zwischen den beiden Waffenstillstandslinien etablierte UN-Pufferzone (UNBZ - United Nations Buffer Zone), führte in vielen Bereichen zu erheblichen Diskrepanzen. Hauptprobleme waren die Flüchtlinge beider Volksgruppen, die über die UNBZ kamen und die damit verbundenen humanitären und wirtschaftlichen Herausforderungen. Die industrielle und landwirtschaftliche Nutzung konnte nur mit Überwachung durch UNFICYP in der Pufferzone stattfinden, genauso wie die Wasser- und die Stromversorgung der Insel, die nur über die Pufferzone hinweg sichergestellt werden konnte. Die UNFICYP nutzte ihre Möglichkeiten auf allen Ebenen - auch mit ihren bereits seit 1964 eingerichteten humanitären Dienststellen - durch politische und administrative Verhandlungen und konkrete operative Hilfsmaßnahmen.
Von 1974 bis 1981 übten Stabsoffiziere der irischen Streitkräfte die Funktion des „Chief Economics and Humanitarian Officer“ aus. Ab 1981 waren es Stabsoffiziere aus Schweden, Dänemark, Österreich und Kanada. Die erbrachten operativen Leistungen im ökonomischen und humanitären Bereich waren - in enger Zusammenarbeit mit dem politisch-diplomatischen Stab von UNFICYP - neben den militärischen Überwachungsaufgaben ein Beispiel für die Effizienz militärischer Peacekeeper. Die Verbindung mit den verschiedenen militärischen Kommanden und zivilen Stellen der beiden Konfliktparteien und die Implementierung des UN-Mandates wurde von UNFICYP durch diese militärische „Economics and Humanitarian“-Organisation mit dem notwendigen Nachdruck durchgeführt und garantiert.
Am 31. März 1977 konnte der UN-Generalsekretär Dr. Kurt Waldheim die beiden zypriotischen Volksgruppenführer Erzbischof Makarios und Rauf Denktash zu einer neuen Runde der interkommunalen Gespräche zur Lösung des Zypernproblems in Wien begrüßen.
Basis der Gespräche waren die am 12. Februar 1977 vereinbarten vier Punkte als Richtlinien:
- zur Schaffung einer unabhängigen, blockfreien, bi-kommunalen föderalen Republik Zypern,
- zur Administration beider Territorien für ökonomische Produktivität und Landbesitz,
- bezüglich der Prinzipien der Bewegungsfreiheit, Freiheit der Ansiedlung und des Rechtes auf Besitz, die in einer offenen Diskussion unter Berücksichtigung der Basis eines bi-kommunalen föderalen Systems behandelt werden müssten, sowie
- bezüglich der politischen Macht und Funktion der zentralen föderalen Regierung, die die Einheit des Landes unter Bezugnahme auf den bi-kommunalen Charakter des Staates gewährleisten müsse.
Dr. Kurt Waldheim betonte beim Wiener Treffen, in Anwesenheit seines „Special Representative“ Javier Pérez de Cuéllar, dass diese vier vereinbarten Richtlinien für eine friedliche, dauerhafte und gerechte Lösung des Zypernproblems die Grundlage der kommenden Verhandlungsrunden darstellen sollen. Ein erfreuliches Ergebnis brachte ein Treffen zwischen dem nunmehrigen Volksgruppenführer der griechischen Zyprioten, Spyros Achilleos Kyprianou, und dem türkischen Zyprioten, Rauf Denktash, am 19. Mai 1979, mit der Vereinbarung eines umfassenden Zehn-Punkte-Programms zur Lösung des Zypernproblems. Die folgenden jahrelangen politischen Gesprächsrunden erzielten jedoch keine greifbaren Ergebnisse. Die Kontakte wurden abrupt durch eine einseitige Unabhängigkeitserklärung, am 15. November 1983, mit der Gründung einer „Türkischen Republik von Nordzypern“ (TRNC), ohne Anerkennung anderer Staaten, ausgenommen der Türkei, von Rauf Denktash vorläufig unterbrochen.
Es dauerte bis zum Jänner 1985, als auf Einladung der UN in New York ein Treffen von Spyros Kyprianou und Rauf Denktash stattfand. Die UN legte einen Entwurf zu konstruktiven Gesprächen vor, der von der türkisch-zypriotischen Seite akzeptiert, allerdings von der griechisch-zypriotischen Seite nicht unterschrieben wurde. Die UN modifizierte daraufhin den Text, um Kyprianou und seinem Team entgegenzukommen, was auch im April 1985 zur Akzeptanz durch die GKCYP-Seite führte. Das diplomatische „Spiel“ ging aber weiter, als sich daraufhin - nach der Modifikation - die TKCYP gegen den Textentwurf aussprachen.
1986 schien sich erneut ein Durchbruch bei den wieder aufgenommenen Verhandlungen abzuzeichnen, als im März nach erfolgreich scheinenden wechselseitigen bilateralen Gesprächen („proximity talks“) des seit Jänner 1982 amtierenden UN-Generalsekretärs Javier Pérez de Cuéllar mit beiden Volksgruppenführern eine umfassende, neuerlich revidierte Fassung eines Lösungsvorschlages zur Vereinigung der Insel vorlag.
Dieser überabeitete Lösungsvorschlag wurde schließlich vom türkisch-zypriotischen Volksgruppenführer, Rauf Denktash, angenommen, andererseits nunmehr vom griechisch-zypriotischen Volksgruppenführer, Spyros Kyprianou, in der Schlussrunde abgelehnt. Stattdessen forderte Kyprianou eine Weiterführung von Gesprächen innerhalb einer internationalen Gipfelkonferenz. Somit war ein, von der UN akzeptierter und aktiv unterstützter, Lösungsplan nach intensiven Bemühungen des UN-Generalsekretärs erneut gescheitert.
UNFICYP HQ 1986/87
Die politisch besonders bedeutsamen Jahre 1986 und 1987 waren ein fordernder und gleichzeitig ein erfolgreicher Zeitraum für die Peacekeeping-Mission der Vereinten Nationen auf Zypern durch Intensivierung der Überwachung der beiden Waffenstillstandslinien und der koordinierten Verbindungstätigkeit „Liaison“ auf allen diplomatischen und militärischen Ebenen. Ferner fand man eine Lösung operativer Probleme unter ständiger Optimierung und Implementierung der „Standing Operating Procedures“ (SOP) und erreichte eine Stabilisierung durch Unterstützung interkommunaler vertrauensbildender Maßnahmen. UNFICYP stand unter der diplomatischen Führung des „Acting Special Representative of the UN Secretary General“, Dr. James Holger aus Chile, und unter der militärischen Führung des „Force Commanders“ (FC) - gleichzeitig auch „Assistant Secretary General“, Generalmajor Dipl.-Ing. Günther Greindl aus Österreich. Weiters bestand das UN „Headquarters“ (HQ) zur Bewältigung der zahlreichen Aufgaben aus einem Team mit hoch qualifizierten Stabsoffizieren und weiteren militärischen und zivilen Mitarbeitern zur operativen Planung und Implementierung der friedenserhaltenden Mission.
Im operativen UNFICYP HQ dienten aus dem Vereinigten Königreich 24, aus Kanada 7, Österreich 7, Schweden 7, Finnland 6, Irland 6 und Dänemark 4 Soldaten. Dazu kamen noch drei im HQ integrierte höchste UN-Zivilbeamte, wie der „Chief Administration Officer“ aus Irland, der „Chief Finance Officer“ aus Italien und der „Chief Communications Officer“ aus Irland, sowie 26 weitere UN-Zivilpersonen.
UNFICYP hatte im Zeitraum von 1986 bis 1987 eine Gesamtpersonalstärke von etwa 2 290 Soldaten und 38 UN-Zivilpolizisten aus Australien und aus Schweden. Die fünf UN-Bataillone - aus dem Vereinigten Königreich 741, aus Kanada 515, Schweden 374, Dänemark 341 und aus Österreich 301 - überwachten die fünf Sektoren entlang der UN-Pufferzone. Der UN-Generalsekretär, Javier Pérez de Cuéllar, betonte in seinem Bericht an den UN-Sicherheitsrat (S/18880) vom 29. Mai 1987, dass UNFICYP in dieser Form beibehalten werden sollte, um ein Wiederaufflackern von Feindseligkeiten zu verhindern.
Zyperngespräche 1988 bis 1996
Ab 1988 fanden Zyperngespräche zwischen dem neuen griechisch-zypriotischen Volksgruppenführer, Georgios Vasos Vasiliou, und dem türkisch-zypriotischen Volksgruppenführer, Rauf Denktash, statt. Im Mai 1990 folgte die Resolution 649 des UN-Sicherheitsrates mit dem deutlichen Verhandlungsmandat für den UN-Generalsekretär hinsichtlich der bi-kommunalen, bi-zonalen und föderalen Lösung. Der neue, seit Jänner 1992 amtierende, aus Ägypten stammende UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali konkretisierte die Forderung nach der geplanten föderalen Lösung zweier politisch gleichgestellter Volksgruppen mit einer gemeinsamen international anerkannten Souveränität. 1992 wurde sein detaillierter Plan inklusive einer bi-zonalen Landkarte nur als ein „Set of Ideas“ propagiert. Im August 1992 schien dieser Plan wieder eine Einigung zu ermöglichen, zu der es aber nicht kam, als der TKCYP-Volksgruppenführer, Rauf Denktash, diese „Set of Ideas“ als nicht akzeptabel erklärte.
UNFICYP Truppenreduktion
Bei der UNFICYP erfolgte 1993 eine Truppenreduktion. Die Personalstärke war von 2.103 (im Jahre 1988) zu Beginn des Jahres 1993 bis auf 1.500 reduziert worden und erreichte Mitte 1993 einen absoluten Tiefpunkt von unter 1.000 Soldaten. Erst Ende 1993 wurde eine Aufstockung auf 1.323 Soldaten festgelegt. Die Planung sah vor, die UN-Bataillone durch eine mobile Beobachtertruppe zu ersetzen, was aber nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Es war eine Situation, die der damalige „Force Commander“, der irische Generalmajor Michael Finbar Minehane, mit den Worten charakterisierte, dass die im Laufe des Jahres 1993 vorgenommen Truppenstärken nicht adäquat wären, um den Auftrag erfüllen zu können.
Mit 20. Juli 1993 umfasste das österreichische Kontingent (im HQ UNFICYP, der MP UNFICYP und im AUSCON/UNAB) unter Oberstleutnant Andreas Kloss 349 Soldaten, davon 280 aus dem Miliz- und Reservestand und 51 aus dem Berufsstand. Bei den Offizieren waren es 18 aus dem Miliz- und Reservestand sowie 18 aus dem Berufsstand. Bei den Unteroffizieren waren 65 aus dem Miliz- und Reservestand und 51 aus dem Berufsstand.
Flugabwehr und militärische Krisen 1997 bis 2001
Das Jahr 1997 begann mit einer militärischen Krise wegen der Bestellung eines Flugabwehrraketen-Systems durch die griechischen Zyprioten. Es wurde ein Flugabwehrraketen-System für die Nationalgarde vom russischen Typ S-300PMU-1 mit einer Reichweite von bis zu 150 km bestellt, womit sie türkisches Küstengebiet nördlich der Insel Zypern bewirken könnten. Das wollte die Türkei auf keinen Fall zulassen. Sie drohte mit einem bewaffneten Einsatz und nahm mit Israel an Luftwaffenübungen teil, um Einsätze gegen S-300-Systeme zu trainieren. Diese militärische Kooperation wurde spätestens 2010 abgebrochen, als Israel nunmehr enge Kontakte mit Griechenland und Zypern pflegte. So fanden in jüngerer Zeit, im Sommer 2017, zusätzlich zu gemeinsamen Luftwaffenübungen auch Übungen von israelischen Kommandoeinheiten mit Teilen der griechisch-zypriotischen Nationalgarde im Raum Troodos-Gebirge und Paphos statt.
Türkische Streitkräfte begannen im nördlichen Teil von Zypern mit Übungen gegen Flugabwehrraketen-Systeme auf fiktive Ziele von S-300-Scheinsystemen. Aufgrund massiver Vorbehalte von internationaler Seite wurden die S-300-Systeme mit Entscheidung von Präsident Glafcos Clerides im Dezember 1997 auf Zypern nicht installiert, sondern nach Kreta transferiert und später komplett an Griechenland verkauft.
Als Alternative wurden sechs russische taktische Flugabwehrraketensysteme TOR-M1 mit geringer Reichweite sowie drei Batterien russischer „BUK-M1-2“-Systeme mit Reichweiten von bis zu 50 km gekauft. In den Jahren 2000 bis 2002 wurden sie vom Militärflughafen Paphos mit ihrem Radarsystem zur Zielerfassung und als Vorwarnsysteme gegen türkische Kampfflugzeuge im zypriotischen Luftraum eingesetzt.
Die Zyperngespräche wurden trotz militärischer Konfrontationen der beiden NATO-Staaten, Griechenland und der Türkei, auch mit ihren jeweiligen F-16-Kampfflugzeugen im zypriotischen Luftraum im Zusammenhang mit den Lenkwaffenbeschaffungen während des Jahres 1997 fortgeführt. Der seit Jänner 1997 amtierende - aus Ghana stammende - UN-Generalsekretär Kofi Atta Annan forderte die beiden Volksgruppenführer zu bilateralen Gesprächen mit der UN auf. Im Sommer 1997 gab es gemeinsame Treffen in den USA und in der Schweiz, deren Schlussdokumente jedoch vom türkisch-zypriotischen Volksgruppenführer, Rauf Denktash, nicht unterzeichnet wurden, da seine Ausgangsposition der politischen Gleichstellung und der Souveränität nicht akzeptiert wurde. Nach den Verhandlungen präzisierte Rauf Denktash die Lösungsvorschläge zur Wiedervereinigung Zyperns durch Schaffung einer Konföderation (zweier Staaten; Anm.), die dann auch einen Beitritt zur Europäischen Union verhandeln könnte. Die griechisch-zypriotische Seite nannte den Vorschlag inakzeptabel und die internationale Staatengemeinschaft wies auf die bisherige bi-kommunale, bi-zonale und föderative Lösung hin.
Neue Gesprächsrunden unter der UN-Ägide von Kofi Annan starteten im Dezember 1999 mit Beiziehung seines speziellen Beraters für Zypern, des peruanischen Diplomaten Alvaro de Soto. Insgesamt gab es sechs Verhandlungsrunden bis November 2001 mit wechselseitigen Ablehnungen von Verhandlungsthemen durch die Inselgriechen und Inseltürken, besonders hinsichtlich der Frage einer politischen Gleichbehandlung beider Seiten. Zwischendurch gab es aber auch erfolgreich scheinende bilaterale Gespräche des UN-Generalsekretärs, Kofi Annan, mit dem TKCYP-Volksgruppenführer, Rauf Denktash, am 8. August 2001 in Salzburg. Trotzdem erklärte Rauf Denktash nach der sechsten Gesprächsrunde, am 24. November 2001, dass er an den Verhandlungen nicht weiter teilnehmen werde.
Heimkehr des österreichischen Kontingentes
Am 20. Juni 2001 wurde das österreichische Kontingent von Zypern abgezogen. Im TD-Heft 6/2014 schrieb der Generalsekretär der Internationalen Kommission für Militärgeschichte Dr. Erwin Schmidl: „Durch die Steigerung des österreichischen Engagements in Friedenseinsätzen - ab 1996 im Rahmen der NATO-Truppe in Bosnien und Herzegowina, ab 1999 auch im Kosovo - standen zur Jahrtausendwende rund dreieinhalb Bataillone in Auslandseinsätzen. Dies überforderte die finanziellen Möglichkeiten Österreichs - in der Folge wurde das Engagement auf Zypern 2001 mit Ausnahme einiger Offiziere im Stab beendet. Das österreichische UN-Bataillon in Famagusta übergab den Abschnitt Mitte 2001 an ein slowakisches Bataillon (die ungarische Kompanie blieb, während der slowenische Zug mit den Österreichern abzog).“
Weitere Zypern-Gespräche ab 2002 und das Referendum von 2004
Nach dem erfolglosen Zypern-Plan von 1986 unter UN-Generalsekretär Javier Pérez de Cuéllar und nach den ergebnislosen Verhandlungsrunden zwischen 1997 und 2001 nahm Generalsekretär Kofi Annan im Jahre 2002 einen erneuten Anlauf, einen Gesamtplan zur Wiedervereinigung Zyperns ausarbeiten zu lassen und den beiden Volksgruppen zur Abstimmung vorzulegen.
Ein Jahr später, 2003, war die GKCYP-Seite, jetzt unter der Führung von Tassos Papadopoulos, für ein Referendum bei beiden Volksgruppen. Die TKCYP unter Rauf Denktash war zunächst gegen die Abhaltung einer solchen Volksbefragung. Ende März 2004 wurde schließlich eine Endversion des UN-Planes zur Wiedervereinigung Zyperns von der TKCYP-Delegation - nunmehr unter Mehmet Ali Talât und Serdar Denktash (Sohn von Rauf Denktash) - akzeptiert. Ein ganz zentraler Punkt des UN-Planes war eine Zypernkarte, auf der für die Gebietsaufteilung zwischen den beiden Volksgruppen eine deutliche Vergrößerung des griechisch-zypriotischen Süd-Teiles von bisher 63 Prozent auf 71,5 Prozent vorgesehen war. Umgekehrt wurde im UN-Plan das türkisch-zypriotische Gebiet von 37 Prozent auf 28,5 Prozent reduziert.
Somit kam es im April 2004 zum bisherigen „Höhepunkt“ einer möglichen gemeinsamen Lösung des Zypernproblems durch die vereinbarte Abhaltung der Referenda zum UN-Plan unter Generalsekretär Kofi Annan. Die Referenda waren für den 24. April 2004 vorgesehen. Die Auszählung der Stimmen in beiden Teilen Zyperns brachte folgendes Ergebnis: 65 Prozent der türkisch-zypriotischen Bevölkerung sprach sich für den UN-Wiedervereinigungsplan aus. Hingegen lehnte eine Mehrheit von 76 Prozent der griechischen Zyprioten diesen Plan zur Vereinigung Zyperns ab. Somit war auch dieser UN-Plan, diesmal sogar mit einer Volksabstimmung gescheitert.
Ein Grund zur international unerwarteten Ablehnung durch die Inselgriechen war, laut EU-Erweiterungskommissar, Günter Verheugen, eine kurz vor dem Tag der Abstimmungen erfolgte unerwartete Aufforderung des zypriotischen Präsidenten Tassos Papadopoulos an die griechischen Zyprioten, den UN-Vereinigungsplan abzulehnen. Dem EU-Kommissar war sogar, wie den anderen Befürwortern auch, ein Auftreten im griechisch-zypriotischen Staatsfernsehen untersagt worden. Nach dem gescheiterten Referendum verkündete Verheugen, dass er sich vom Präsidenten der zypriotischen Regierung und dem GKCYP-Volksgruppenführer, Tassos Papadopoulous, „betrogen“ fühle.
EU-Mitglied 2004
Trotz des gescheiterten Referendums wurde kurz danach, am 1. Mai 2004, Zypern als Mitglied in die EU aufgenommen. Besonders Griechenland setzte sich dafür ein. Die Aufnahme wirkte sich de facto nur auf den Südteil der Insel aus, obwohl die Aufnahmegespräche mit der EU bereits Ende 1997 begonnen hatten. Die GKCYP fühlten sich durch die EU-Mitgliedschaft außen- und innenpolitisch, trotz des von ihnen verursachten Scheiterns des UN-Planes, sehr gestärkt und bestätigt.
Noch im Jahr 2004 reagierte der UN-Generalsekretär Kofi Annan auf die Ablehnung seines Planes durch die GKCYP-Seite mit einer Überprüfung des UNFICYP-Einsatzkonzeptes (ohne Mandatsänderung) und schlug eine etwa 30-prozentige Reduktion des militärischen Personalstandes von 1 224 UN-Soldaten auf 860 Soldaten vor. Trotz der GKCYP-Einwände folgte der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution 1568/2004 den Vorschlägen des Generalsekretärs, worauf im Feber 2005 die reduzierte Stärke unter dem „Force Commander“ Generalmajor Herbert Figoli, aus Uruguay stammend, eingenommen wurde. Verstärkte mobile Patrouillen und elektronische Überwachung kritischer Abschnitte in der UN-Pufferzone sollten die Reduktion der Beobachtungsstützpunkte (Observation Post/OP) und der Personalreduktion abfedern. Es war eine gewagte Maßnahme in einer unveränderten militärischen Situation und einer ohnehin „dünn“ bemannten Überwachungsstruktur, da die Verbindungsaufgaben (Liaison Tasks) mit den örtlichen jeweils gegenüberliegenden Truppen der GKCYP-Nationalgarde im Süden und den türkischen Militärs nördlich der in Abschnitten schmalen UN-Pufferzone stark eingeschränkt waren. 2012 waren nur mehr 858 UN-Militärs und 68 UN-Zivilpolizisten auf Zypern.
Oberst dhmfD aD Dr. Alfred C. Lugert; Sozialwissenschaftler, Gastprofessor für Politikwissenschaft an der Universität von New Orleans, Louisiana, mehrere internationale Einsätze im Dienst des Bundesheeres und der OSZE.