TD: Wie wichtig ist es für ein Kommando nicht nur zu führen, sondern auch auszubilden und zu schulen?
K: Ausbildung ist die Grundvoraussetzung, um eine operative Planung und Führung durchführen zu können. Auch in Deutschland haben wir das Personal für solche Aufgaben nicht in großem Umfang. Das heißt, dass wir das Personal, das zu uns versetzt wird, intensiv ausbilden. Der gesamte Prozessablauf, um ein solches Kommando zu zertifizieren, dauert zweieinhalb Jahre. Zwei Jahre wird die Ausbildung für den Planungsprozess durchlaufen, ein halbes Jahr dauert die Zertifizierung. Für die Tätigkeit im MN JHQ Ulm gilt darüber hinaus zu bedenken, dass nicht nur das militärische Umfeld zu berücksichtigen ist. Es gilt auch zu lernen, wie die Interaktion mit zivilen Verantwortungsträgern, in dem Land in dem man eingesetzt wird, abläuft, denn es gibt es noch unzählige weitere Organisationen beispielsweise aus dem Bereich der UN, die bei einem Einsatz als Akteure tätig sein können. Auch diese Zusammenarbeit muss gelernt werden, das kann man nicht von heute auf morgen.
TD: Die Tätigkeit im MN JHQ Ulm ist demnach mit ständigen Herausforderungen auch aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen verbunden?
K: In der Vergangenheit hat sich die NATO auf Stabilisierungsoperationen und Kriseneinsätze konzentriert. Die spielen zwar nach wie vor eine gewichtige Rolle, aber nun ist die Bündnis- und Landesverteidigung wieder zusätzlich in den Fokus gerückt. Dieses Thema hatten wir kaum mehr im Blick, da die sicherheitspolitischen Entwicklungen nicht mehr mit der Situation vor 1990 vergleichbar sind. Das gesamte sicherheitspolitische Umfeld hat sich geändert und auch Konfliktfelder sind komplizierter geworden. Heute reden wir beispielweise von hybrider Kriegsführung oder von einer Cyber-Bedrohung. Alleine aus diesem Grund ist eine ständige, flexible und auf die geänderte Rahmenlage reagierende, funktionsfähige Ausbildung unerlässlich, um „up to date“ zu sein.
TD: Wird im MN JHQ Ulm hinsichtlich der Funktionen bzw. Tätigkeiten der österreichischen Soldaten darauf Rücksicht genommen, dass Österreich ein neutrales Land ist?
K: Für den Einsatz von Soldaten gilt das Primat der Politik. Die Entscheidung, ob österreichische Soldaten an einem konkreten Einsatz teilnehmen, fällt das Parlament und ist somit eine politische Entscheidung. Das gilt aber auch für andere Nationen, so auch für Deutschland. Die Neutralität Österreichs ist kein Problem im täglichen Dienstbetrieb. Die Österreicher sind ohne Vorbehalte oder Diskussionen in das normale Arbeitsgeschehen eingebunden und voll integriert.
TD: Abschließend komme ich zur zukünftigen Struktur ihres Zuständigkeitsbereichs in Ulm. Wie strukturiert es sich in Zukunft?
K: Einerseits führe ich das neu aufzustellende NATO-Kommando JSEC und zum anderen bin ich „double-hatted“ Befehlshaber des MN JHQ, das zukünftig im Schwerpunkt für EU-Aufgaben vorgesehen ist.
Multinationales Kommando Operative Führung/Multinational Joint Headquarters Ulm