• Veröffentlichungsdatum : 01.03.2016
  • – Letztes Update : 15.03.2016

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  • 3457 Wörter

Heimvorteil 15

Volkmar Ertl

Vom 7. bis 10. September 2015 fand mit der Verbandsübung „Heimvorteil 15“ des Pionierbataillons 1 das größte Übungsvorhaben in Kärnten statt. Zweck der Übung waren vor allem die Fähigkeiten der Pionierkampfunterstützung, der Pionierbauunterstützung sowie der allgemeinen Pionierunterstützung zu trainieren und zu verbessern. Dabei kamen auch Kaderpräsenzkräfte des Jägerbataillons 25 sowie Melker Pioniere zum Einsatz.


Im Jahr 2013 startete das Pionierbataillon 1 (PiB1) die Gefechtsübungsserie „Heimvorteil“, die im Herbst 2015 fortgesetzt werden konnte. Mit der erforderlichen Vorlaufzeit wurde die Übung auf den Übungszweck, Mobilität, Führungsleistung und pioniertechnische Auftragserfüllung abgestimmt. Oberste Prämisse bei der gesamten Übungsplanung und -durchführung waren die Einhaltung der Grundsätze Effizienz und Ökonomie sowie das Schaffen von Synergien in der Ausbildung mit anderen Truppenkörpern.

Übungszweck

Dem Zweck der Übungsserie folgend, wurden bei der „Heimvorteil 15“vor allem die Fähigkeiten in den Bereichen Pionierkampfunterstützung, Pionierbauunterstützung sowie der allgemeinen Pionierunterstützung verbunden mit infanteristischem Kampf trainiert und verbessert. Die Mehrrollenfähigkeit, die auch von Pionieren gefordert wird, wurde dem Ausbildungsstand der eingesetzten Truppe entsprechend geübt.

Ziel der „Heimvorteil 15“ war es, das PiB1 in der Einsatzart Verzögerung in einem Schutzszenarium pioniertechnisch zu beüben. Die dabei gewonnen Erfahrungen fließen in den Abschlussbericht ein und dienen der Generierung von neuem Basismaterial für die Pioniertruppe. Bereits während der Übungsvorbereitung wurde die Ausbildung der Pionierbaukompanie als Präsente Pionierkompanie (Einsatzbereite PiKp, die alle pioniertechnischen Aufgaben abdeckt; ca. 180 Soldaten, wechselt quartalsweise innerhalb des Pionierbataillons bei allen drei PiB) zielgerichtet auf den Übungszweck abgestimmt.

Das Ausbildungsschwergewicht für die eingesetzte Kompanie lag in der Pionierbauunterstützung. Der Aufbau der gesamten übungsrelevanten Infrastruktur für ein Feldlager war bereits im Vorfeld der Übung sichergestellt worden. Die Errichtung einer Bailey-Brücke während einer vorgestaffelten Kaderfortbildung diente ebenfalls dazu, das Ausgangsszenario der „Heimvorteil 15“ möglichst realistisch zu gestalten. Wesentlich für das PiB1 war die Zusammenarbeit mit anderen Truppen- und Waffengattungen vor allem im Hinblick auf die Befähigung zum Kampf der verbundenen Waffen innerhalb einer Bataillonskampfgruppe.

Übungsraum

Den Heimvorteil des PiB1 ausnützend, wurde das untere Drautal von Paternion bis Villach als Übungsraum gewählt. Um den mitübenden Infanteriekräften entsprechendes Gelände zu bieten, wurde der Übungsraum nördlich des unteren Drautales auf das Hochplateau im Bereich Glanz-Gschriet-Fresach ausgeweitet.

Der im Süden angrenzende Schießplatz „Marwiesen“ diente als Verfügungsraum für die gegnerischen Kräfte (Roleplayer). Mit der Nähe zur Heimatgarnison konnten längere Marschbewegungen des Verbandes vermieden werden. Kosteneffizient wurde auch die Unterbringung fast aller Soldaten des PiB1 im vorgestaffelt errichteten Feldlager gelöst. Im Jahr 2016 soll die „Heimvorteil 16“ auf den Raum Völkermarkt-Unterkärnten ausgeweitet werden.

Übungsszenario

Da die schwergewichtsmäßig zu übende Einsatzart der 7. Jägerbrigade (7.JgBrig) im Jahr 2015 der „Verzögerungskampf“ war, war es notwendig, die ursprüngliche Ausgangslage der „Heimvorteil“ (siehe dazu TD-Heft 4/2014, „Heimvorteil“, S. 326) von 2013 zu adaptieren.

Die bei der „Initial Entry Operation“ (Ersteinsatz) zur Trennung von regulären Orangeland- und Rotland-Kräften in Carantania (Unterkärnten) eingesetzten internationalen Koalitionstruppen bereiten die Übergabe der Einsatzführung im Verantwortungsbereich „Unterkärnten“ vor. Eine aus dem Süden heranzuführende multinationale Division (mnDiv) soll die eingesetzten Koalitionstruppen ablösen. Dieser ist auch die 7.JgBrig unterstellt.

Die 7.JgBrig hat als Spitzenbrigade­ den Raum Villach bereits erreicht (Inbesitznahme von Gelände ohne Kampf) und bereitet sich nun auf die Übernahme der Raumverantwortung von den Koalitionstruppen vor.
Beim Heranführen der restlichen Teile der multinationalen Division aus den Entladehäfen Koper (SLO) und Triest (ITA) kommt es zu gravierenden Verzögerungen. Die Lageentwicklung in der Orange-Enklave Wolfsberg und ein zu erwartender Angriff von Orangeland-Kräften aus dem Raum Graz erzwingen einen Vorausangriff der 7.JgBrig in das Angriffsziel Wolfsberg. Die Absicht der im Raum Gschriet-Glanz noch agierenden regulären Orangeland-Kräften in Zusammenwirken mit Orangeland-Paramilitärs ist es, den Vorausangriff der 7.JgBrig in Richtung Wolfsberg nachhaltig zu verzögern sowie durch Übergriffe auf kritische Infrastruktur die Region weiter zu destabilisieren.

Um die linke Flanke des Vorausangriffes der Brigade offen zu halten und eine weitere Zerstörung von kritischer Infrastruktur im unteren Drautal zu verhindern, entscheidet sich der Kommandant der 7.JgBrig, das ebenfalls in Villach liegende gemischte (±) PiB1 im Bereich „unteres Drautal“ zur Verzögerung eines möglichen Angriffes von regulären Orangeland-Kräften einzusetzen und das Kraftwerk Kellerberg gegen Übergriffe von Orangeland-Paramilitärs zu schützen.

Auftrag

Für das PiB1 waren dabei folgende Aufträge vorgesehen:

  • Vorgestaffelte Errichtung und danach Betrieb eines Feldlagers für ca. 350 Soldaten in einer rund zwei Hektar großen Schottergrube;
  • Vorgestaffelter Bau einer 30-Laufmeter-Bailey-Brücke (HLK60/Bauform zweiwandig-zweistöckig) als Ersatz für die durch Orangeland-Paramilitärs zerstörte Bundesstraßenbrücke über den Kreuznerbach (Kaderfortbildung);
  • Sicherstellen der eigenen Aufmarschbewegung entlang der Bundesstraße 100 (B-100) über den Weißenbach durch vorgestaffelten Bau einer „Pionierbrücke 2000“;
  • Sicherstellen der Rücknahme von eigenen verzögernd kämpfenden Infanteriekräften über den Draufluss;
  • Bau von zwei 25-Tonnen-Fähren und Durchführung eines Übersetzbetriebes;
  • Betreiben von drei Arbeits- u. Transportbooten zum raschen Übersetzen von Infanteriekräften;
  • Sicherstellen der Rücknahme von eigenen verzögernden Infanteriekräften über den Kreuznerbach;
  • Bau einer „Pionierbrücke 2000“ über den Kreuznerbach sowie Einsatz des Faltstraßengerätes zum Gangbarmachen des ufernahen Geländes;
  • Sicherung eines Kraftwerkes als Schutzobjekt inklusive dem Überwachen der  Flussufer durch Bootspatrouillen;
  • Durchführung von klassischen Infanterieaufgaben wie zeitlich begrenzte Verteidigung, Verzögerung und Angriff;
  • Anwendung von Peace Support Operations (PSO)-Techniken im oberen Einsatzspektrum inklusive dem Unbrauchbarmachen eines paramilitärischen Waffen- und Ausbildungslagers.

Übungsteilnehmer

Bei der „Heimvorteil 15“ bildeten rund 500 Soldaten aus fünf verschiedenen Verbänden den Übungsverband des (±)PiB1, der in einer (fiktiv dargestellten) multinationalen Infanterie­brigade in einem PSO-Szenario eingesetzt wurde.

Das (±)PiB1 stellte mit dem Bataillonskommando die Übungsleitung. Beübt wurden die Stabskompanie (StbKp), die 1. Pionierkompanie (1.PiKp), die durch einen Übersetzzug des PiB3 verstärkte technische Kompanie (teKp) und die Pionierbaukompanie (PiBauKp). Für die PiBauKp als Präsente Kompanie war es gleichzeitig die Abschlussübung für die Grundwehrdiener (GWD) des Einrückungstermines (ET) 04/15. Der Fokus lag auf der Pionierbauunterstützung, der allgemeinen Pionierunterstützung sowie der Pionierkampfunterstützung mit dem Schwergewicht Sperrenbau.

Die teKp war vorwiegend zur Pionierkampfunterstützung mit Schwergewicht auf „Forcieren von Gewässern“ vorgesehen (Als erstes werden Infanteristen übergesetzt, die das Angelände sichern, dann folgen die Fahrzeuge bzw. sonstiges Gerät.).

Die 1.PiKp mit Grundwehrdienern des ET 07/15 wurde dem Ausbildungsstand der GWD entsprechend mit der Sicherung des Schutzobjektes „Draukraftwerk Kellerberg“ beauftragt. Das Kader der 2.PiKp führte vorgestaffelt eine Kaderfortbildung „Brückenbau“ durch und errichtete dabei eine 30-Laufmeter-Bailey-Brücke. Junge Pionierunteroffiziere der 2.PiKp bildeten eine Pioniergruppe, die die Pionierkampfunterstützung beim Angriff der zugeteilten Infanteriekompanie­ sicherstellte.

Die zugeteilten Infanteriekräfte des (±)PiB1 formierten eine verminderte Jägerkompanie der Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillons 25 (vmindJgKp(KPE)/25) aus Klagenfurt. Die vmindJgKp(KPE) wurde während der ersten Übungsphase zugsweise eingesetzt. Dabei kamen sie einerseits als eigene Verzögerungskräfte andererseits aber auch als reguläre Orangeland- und Angriffskräfte zum Einsatz. Im weiteren Übungsverlauf wurden die Kräfte der vmindJgKp(KPE)/25 wieder als Kompanie zusammengeführt und konnten so im Kompanierahmen den Kampf gegen Orangeland-Paramilitärs trainieren.

Das Führungsunterstützungsbataillon 1 (FüUB1) stellte, wie schon im Jahr 2013, die Einbindung von verlegbaren Komponenten (Vermittlungssystem und LAN) in das ortsfeste Fernmeldesystem des Bundesheeres sicher. Dadurch war das gesamte Kommando des (±)PiB1 im zeltgestützten Bataillonsgefechtsstand in das Daten- und Telefonnetz des Bundesheeres eingebunden und konnte neben der Steuerung des Übungsverlaufes auch die tägliche Routineverwaltung erledigen. Zur Sicherstellung der Funkverbindung im überdehnten Übungsraum wurde eine Relaisstation
errichtet.

Aus sicherheitstechnischen Gründen regelten zwei Militärpolizeitrupps den Verkehr und sicherten während neuralgischer Übungsphasen bestimmte Bereiche.

Vorbereitungen

Die Pionierbaukompanie begann bereits einige Zeit vor Übungsbeginn mit der Planung des Feldlagers und der Aufbereitung einer Schottergrube in der Ortschaft Kellerberg. Dabei musste anfangs der verwachsene Zufahrtsweg zum geplanten Feldlager mit Motorsägen und schweren Pioniermaschinen freigemacht werden. Die rund zwei Hektar große ehemalige Schottergrube wurde vom Baumbewuchs befreit und die zukünftige Baufläche mit Schubraupe und Grader eingeebnet.

In einer Bauzeit von rund zwei Wochen konnte so das komplette Feldlager für das Bataillonskommando, die Stabskompanie, Pionierbaukompanie sowie die technische Kompanie errichtet werden.
Die Soldaten der PiBauKp errichteten 42 vollklimatisierte Drash-Zelte, sieben M-85 Mannschaftszelte sowie 14 Sanitär-, Unterkunfts- und Lagercontainer. Eine Synchronisationsstation mit drei 250 kVA-Stromaggregaten ermöglichte dabei eine vom öffentlichen Stromnetz autarke Stromversorgung.

Ein ÖNORM-gemäßer Blitzschutz wurde durch die Planungsgruppe der PiBauKp installiert. Für die bessere Überwachung und Sicherung des Feldlagers und der eingesetzten Truppe wurde im Einfahrtsbereich ein Kontrollpunkt inklusive eines Wachturmes mit zugehörigen Sandsackstellungen für Kontroll- und Sicherungsposten errichtet. Teile des Kaders der 2.PiKp bauten zur Darstellung eines realistischen Szenarios eine 30-Laufmeter-Ersatzbrücke (Bailey-System) gemäß der Heereslastenklasse 60 Tonnen (HLK 60) parallel zur B-100 über den Kreuznerbach.

Übungsleitung und Übungssteuerung

Der Großteil der Übung fand im freien Gelände statt. Dies erforderte im Vorfeld umfangreiche Absprachen mit Grundbesitzern und Erkundungen. Herausforderungen für die Übungsplaner waren dabei kurzfristige Änderungen, verursacht durch Grundstückseigentümer, die dem Bataillonsstab hohe Flexibilität aber auch Kreativität in Planung und Vorbereitung abverlangten.

Das heißt, dass zum Beispiel ein Grundsatzplan für die Errichtung einer Pionierbrücke beispielsweise verworfen werden musste, wenn der Eigentümer des Grundstückes seine Zusage zur Benutzung seines Grundstückes widerrief. Es musste dann kurzfristig völlig neu geplant werden. Auch die Logistiker des Bataillons waren durch den erhöhten Bedarf an Zelten und Containern für den Feldlagerbau sowie der Sicherstellung der Mobilität und Nachtsichtfähigkeit des PiB1 gefordert.

Die Übung war als „geleitete“ Übung angelegt, wobei der Bataillonsstab mit der Planung, Organisation und Steuerung beauftragt wurde. Dabei war man bemüht, die „Lessons Learned“ aus der „Heimvorteil“ des Jahres 2013 einfließen zu lassen und eine Überforderung der Truppe durch zu viele Übungseinlagen zu verhindern.

Diesbezüglich war es das Ziel, möglichst alle Übungsteilnehmer dem Ausbildungstand entsprechend zu beüben und die Anzahl und Intensität der Einlagen gemäß dem Ausbildungserfolg flexibel anzupassen. Die Darstellung regulärer gegnerischer Orangeland-Kräfte erfolgte in der ersten Phase der Gefechtsübung durch einen JgZg/JgB25. Paramilitärische Kräfte sowie Zivilpersonen wurden während der gesamten Übungsphase durch Kadersoldaten der 2.PiKp/PiB1 dargestellt.

Die Lageentwicklung und -darstellung erfolgte durch festgelegte „Main Events“ und „Main Incidents“, die zeitlich und räumlich auf einer Synchromatrix (alle Kräfte übersichtlich aufgeschlüsselt mit zeitlichem Ablauf der Übungseinlagen) festgehalten wurden und so eine gezielte Übungssteuerung ermöglichten.
Die „Heimvorteil 15“ beinhaltete folgende Übungseinlagen:

  • Zeitlich begrenzte Verteidigung mit anschließender Verzögerung in einem festgelegten Verzögerungsbereich;
  • Sperrerkundung und Sperrung von Geländeteilen und Übergabe der Sperren an eingesetzte Infanteriekräfte;
  • Aufnahme von verzögernd kämpfenden Infanteriekräften;
  • Rücknahme von Infanteriekräften inkl. aller Gefechtsfahrzeuge über ein Gewässerhindernis;
  • Beziehen eines Riegels in einer Ortschaft;
  • Aufklärung von feindlichen Kräften mit anschließendem Angriff des aufgeklärten Angriffszieles in einer Ortschaft;
  • Sicherung und Verteidigung eines Feldlagers.

Durch die Zuteilung von Schiedsrichtern bis auf Ebene Einheit war es möglich, das gefechtstechnische Verhalten der Truppe genau zu bewerten und festzuhalten. Die Schiedsrichter gaben täglich ein entsprechendes Feedback und händigten am Ende der Übung einen zusammengefassten Bericht an die Übungsleitung aus.

Übungsphasen

Phase 1: Aufmarsch und Beziehen Verzögerungsbereich und Schutzobjekt
Bereits am Vortag des Übungsbeginnes wurde durch Orangeland-Paramilitärs die Brücke über den Weißenbach auf der B-100 durch einen Sprengstoffanschlag (fiktiv) so nachhaltig zerstört, dass ein Aufmarsch über die B-100 in den Raum Feistritz/Drau nicht mehr möglich war. Eine Umfahrung über die Landesstraße im Norden der Drau stellte aufgrund der Minenbedrohung ebenfalls keine Alternative dar. Noch in den Abendstunden desselben Tages wurde daher durch die teKp mit Unterstützung eines Sicherungszuges eine „Pionierbrücke 2000“ über den Weißenbach geschlagen und so die Voraussetzungen für den Aufmarsch des (±)PiB1 in den Morgenstunden des ersten Übungstages geschaffen.

Der Aufmarsch des Bataillons und das Einfließen in den Verzögerungs- und Schutzbereich erfolgten bereits in den frühen Morgenstunden des ersten Übungstages. Das Sicherungselement der 1.PiKp sowie die PiBauKp bildeten die Spitze des Bataillons und ermöglichten ein geordnetes Einfließen der nachfolgenden Teile. Das gesamte Bataillon nutzte dabei, die durch den Brückenzug der teKp errichtete „Pionierbrücke 2000“. Mit rund 100 Überfahrten waren die Kräfte des Brückenzuges der teKp beim Betrieb der Brücke gut ausgelastet. Ein Halbzug der 1.PiKp sicherte dabei die Übersetzstelle und ermöglichte so einen reibungslosen Ablauf. An neu­ralgischen Straßenstücken entlang der B-100 wiesen Militärpolizeitrupps die Soldaten ein und regelten den Verkehr.

Das Einrichten und Herstellen einer ersten Abwehr- und Führungsbereitschaft im Verzögerungs- und Schutzbereich konnte noch in den frühen Nachmittagsstunden abgeschlossen werden. Damit verbunden erfolgte die Übergabe der errichteten Sperren (Minensperren) an die im Verzögerungsbereich eingesetzten Infanteriekräfte. Die Versorgung des gesamten Bataillons inklusive der Sanität und Verpflegung erfolgte mit Masse aus dem Feldlager.

Am Schutzobjekt „Kraftwerk Kellerberg“ wurde der Ausbau der Kontrollpunkte sowie das Vorüben der Kampfführung noch vor Einbruch der Nacht beendet. Die Übergangsstellen für den Fährbetrieb an der Drau meldeten ihre Übersetzbereitschaft gemäß zeitlicher Vorgaben und begannen diese in Halbzugsstärke zu sichern. Damit konnten die angestrebten Ausbildungsziele des ersten Übungstages, das Beziehen eines Verzögerungs- und Schutzbereiches sowie das Herstellen der Führungs- und Gefechtsbereitschaft für das gesamte Bataillon vollinhaltlich erreicht werden.

In der ersten Übungsphase wurden mit Schwergewicht die klassischen Fähigkeiten von Pionieren, das Fördern der eigenen sowie das Hemmen feindlicher Bewegung geübt. Dabei konnten die Kommandanten und Soldaten feststellen, dass Kenntnisse über Leistungsfähigkeit und Einsatzgrundsätze der verschiedenen Waffengattungen entscheidend für das Zusammenwirken im Gefecht sind und somit gemeinsam geübt werden müssen. Vor allem der Einsatz von Sperren erfordert eine enge Abstimmung zwischen den Pionieren und den eingesetzten Infanteriekräften. In dieser Phase wurde auch die Erhöhung der Überlebensfähigkeit und des Schutzes vor allem im Bereich des Schutzobjektes Kraftwerk „Kellerberg“ sowie des Feldlagers trainiert. An den ausgebauten Kontrollpunkten bzw. Stellungen legte man besonderes Augenmerk auf

  • die Verbesserung des Splitterschutzes,
  • den Schutz vor ballistischer Wirkung sowie den
  • Schutz vor der Wirkung durch Kampfmittel.

Phase 2: Verzögerungskampf und Rücknahme der Kräfte über die Drau
In den frühen Morgenstunden des zweiten Übungstages erfolgte der Angriff regulärer Orangeland-Kräfte aus dem Raum Gschriet-Glanz auf den Verzögerungsbereich des (±)PiB1 im Raum Fresach-Mitterberg. In dieser Phase des Gefechtes waren die Infanteriekräfte der vmindJgKp(KPE)/25 gefordert, in Abstützung auf die vom (±)PiB1 errichteten Sperren, 3,5 Stunden an Zeit zu erkämpfen, was auch das Schwergewicht der Übung war, um in der Verzögerungslinie 2 von Aufnahmekräften, dargestellt durch die 2.PiKp, aufgenommen zu werden.

Nach dem Sammeln aller Verzögerungskräfte im Verfügungsraum Lansach und dem Herstellen der Übersetzbereitschaft (Anlegen der Schwimmwesten) erfolgte das Übersetzen über den Draufluss durch den Gerätezug der teKp. Die pioniertechnische Aufbau- und Ablauforganisation erfolgte nach den Grundsätzen einer Gewässerzone (Zone um ein Gewässer, entlang eines Flusses; Anm.). Mit Arbeits- und Transportbooten wurden vorerst die Infanteriekräfte übergesetzt, um im Anschluss unverzüglich einen Riegel in der Ortschaft Pobersach zu beziehen. So konnten die Voraussetzungen für die Aufnahme der im Drautal verzögernd kämpfenden Kräfte (fiktiv) sichergestellt werden. Die Fahrzeuge der Infanterie wurden mittels zweier 25-Tonnen-Fähren zeitlich nachgestaffelt übergesetzt und auf einem Wagenhalteplatz in der Nähe der Ortschaft Pobersach bereitgehalten.

Um das Ausbildungsziel „Forcieren von Gewässern“ auch den angreifenden Orangeland-Kräften des JgB25 (KPE) zu ermöglichen, wurden diese Teile außerhalb des Übungsablaufes durch die teKp übergesetzt.

Nach dem Beziehen einer Bereitstellung (im Raum Feistritz/Drau) erfolgte ein weiterer Angriff der regulären Orangeland-Kräfte auf die im Riegel Pobersach liegenden Verzögerungskräfte, die nach Abbrechen des Gefechtes über den Draufluss zurückgenommen wurden. In dieser Phase des Verzögerungskampfes erhielt die teKp den zusätzlichen Auftrag, eine Ausweichvariante für die Absetzbewegung der eigenen Kräfte über den Kreuznerbach vorzubereiten. Daher wurde die nicht mehr benötigte „Pionierbrücke 2000“ an der B-100 über den Weißenbach abgebaut und in den Raum Feffernitz verlegt und dort gemeinsam mit dem Faltstraßengerät eingesetzt.

Nach Abschluss dieser Übungsphase wurden die Verzögerungs- und Angriffskräfte auf dem Truppenübungsplatz „Marwiesen“ in einer Kompanie zusammengeführt und mit der Planung eines Angriffes auf einen irregulären Gegner im Raum Ebenwald beauftragt.

Phase 3: Angriff und Säuberung von paramilitärischen Kräften in einer Ortschaft
Als abschließenden Höhepunkt der Gefechtsübung führten die mit Pionieren verstärkten, kompaniestarken Infanteriekräfte des JgB25(KPE) einen Angriff gegen paramilitärische Orangeland-Kräfte in der Ortschaft Ebenwald durch.

Nach erfolgter Aufklärung und entsprechender nachrichtendienstlicher Informationen erhielt die (±)JgKp(KPE)/JgB25 den Auftrag zur Zerstörung eines aufgeklärten Ausbildungslagers der Orangeland-Paramilitärs in der Ortschaft Ebenwald, um weitere Übergriffe und Störaktionen auf die eigenen Übersetzstellen und die zu schützende vitale Infrastruktur zu verhindern. Dabei waren die Infanteriekräfte gefordert, nach der zeitlich begrenzten Verteidigung und dem Verzögerungskampf, rasch „umzuschalten“ und nach einer Reorganisationsphase im Verfügungsraum Schießplatz „Marwiesen“ die Einsatzart erneut zu wechseln.

Ferner war die JgKp(KPE) gefordert, zusätzliche Infanteriekräfte sowie Pioniere als Kampfunterstützungskräfte aufzunehmen, einzugliedern und diese auch einzusetzen.

Üben der Zweitrollenfähigkeit

Parallel zu den oben angeführten Übungsphasen bildete die Ausbildung der Zweitrollenfähigkeit der Pioniere in der Einsatzart Schutz die dritte Säule der „Heimvorteil 15“. Die 1.PiKp trainierte einen infanteristischen Einsatz am Kraftwerk „Kellerberg“. Für die Grundwehrdiener des ET 07/15 bildete dies den Abschluss der Basisausbildung 1 (BA-1).

Der Auftrag lautete, das Kraftwerk „Kellerberg“ zu bewachen und den zugewiesenen Schutzbereich Weißenstein zu überwachen. Die wesentliche Leistung dabei war, das Wirksamwerden von paramilitärischen Orangeland-Kräften auf das Schutzobjekt zu verhindern. Hierzu wurden an den Zu- und Abfahrten auch Kontrollpunkte betrieben. Das dargestellte Szenario ermöglichte es, die geforderten Ausbildungsziele der BA-1 zielgerichtet zu üben. Kadersoldaten der 2.PiKp stellten die Orangeland-Paramilitärs und Zivilpersonen dar.

Unter anderem wurden trainiert:

  • Aufgaben als Posten bzw. Streife sowie im Rahmen eines Eingreiftrupps wahrnehmen;
  • Beobachten und Melden;
  • Personen- und Kfz-Kontrollen durchführen;
  • Sich dem Gelände und dem Gegenüber angepasst verhalten;
  • Personen stellen, abweisen bzw. festnehmen, Fühlung halten;
  • Eine Kampfdeckung für eine Postenstellung mit Sandsäcken errichten, den Dienst in der Stellung inklusive Ablöse durchführen;
  • Feuerkampf;
  • Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Hinblick auf die Befugnisse im Einsatzraum anwenden.

Tag der Öffentlichkeit

Das PiB1 nutzte die Gelegenheit während der „Heimvorteil 15“, maßgeblichen Entscheidungsträgern im Land Kärnten die Fähigkeiten der Villacher Pioniere vorzustellen. Der Landesamtsdirektor (LAD) des Landes Kärnten - selbst Oberst der Miliz - und eine Delegation führender Abteilungsleiter nahmen sich mehrere Stunden Zeit, um persönlich einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit der Pioniertruppe zu gewinnen.

In einer Lageeinweisung ging der Kommandant des PiB1 besonders auf die Leistungsparameter und Verfügbarkeit des Verbandes in möglichen Assistenzeinsätzen und Hilfeleistungen im Rahmen des Wehrgesetzes ein. Auch Medien wie der ORF und die Kleine Zeitung wurden im Sinne einer proaktiven Öffentlichkeitsarbeit zur Teilnahme eingeladen. Positive Berichte im ORF-Format „Bundesland heute“ und ein ganzseitiger Bericht in der größten Bundesländerzeitung Kärntens brachten die Übung der Villacher Pioniere einer breiten Öffentlichkeit näher.

Fach- und Dienstaufsicht

„Dienstaufsicht in der Ausbildung bildet einen wesentlichen Teil der Kommandantenverantwortung aller Ebenen, wobei der Prüfung, Bewertung und Verbesserung der Qualität der Ausbildung besondere Bedeutung zukommt.“ (Oberst Johann Hehenberger im TD-Heft 5/2005)

Ganz nach den o. a. Grundsätzen führte der Kommandant der 7.JgBrig bei der „Heimvorteil 15“ seine Dienstaufsicht beim PiB1 durch und überzeugte sich von der Einsatzbereitschaft und dem Leistungsvermögen seiner Pioniere sowie der Infanteristen des JgB25(KPE). Gefechtsabläufe wurden durch den Kdt7.JgBrig unmittelbar nach Abschluss der Aktion mit den betroffenen Einheiten und Teileinheiten vor Ort im Gelände nachbesprochen. Dies bewirkte aus Sicht der Übungstruppe ein verständliches fundiertes Feedback und erweiterte den Horizont für künftiges Handeln der eingesetzten Kommandanten aller Ebenen.

Resümee

Übungen im freien Gelände erfordern in der Vorbereitung einen Mehraufwand, ermöglichen aber ein realitätsnahes Training und fördern die positive Wahrnehmung des Bundesheeres in der Öffentlichkeit. Planungen für Übungen im freien Gelände müssen zeitgerecht beginnen, um Überraschungen durch „äußere Einflüsse“ zu minimieren.

Durch die Nähe des Übungsraumes zu den Heimatgarnisonen der teilnehmenden Verbände sowie der Dislokation der Masse der Übungstruppe in einem Feldlager, konnte die „Heimvorteil 15“ ressourcenschonend, kosteneffizient und einsatznahe durchgeführt werden. Die Errichtung eines Feldlagers erfordert eine umfangreiche Planungsarbeit und ist zusätzlich mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden. Die hierfür erforderliche Vorlaufzeit von drei Monaten ist in der Übungsplanung zu berücksichtigen.

Das Gelände der aufgelassenen Schottergrube war für die Errichtung des Feldlagers ideal und ermöglichte dem PiB1 eine Ausbildung im gesamten Spektrum des Pionierbaudienstes sowie den Einsatz aller Elemente und Teileinheiten einer PiBauKp. Die dabei gemachten Erfahrungswerte können als wertvolle Grundlagen für mögliche künftige Einsätze im Feldlagerbau im In- und Ausland herangezogen werden. Die Erfahrungswerte bei der Durchführung der Stromversorgung werden im Hinblick auf mögliche künftige Assistenzeinsätze des Bundesheeres bei großräumigen Stromausfällen von zivilen Netzen in Schadensfällen außergewöhnlichen Ausmaßes ihren Niederschlag finden.

Durch das Errichten einer verminderten Feldsanitätsstation (nicht alle Bereiche waren darin abgedeckt) und den Einsatz von erfahrenem Sanitätspersonal in der Phase 1 war es möglich, die Real- und Übungssanitätsversorgung sicherzustellen und so weitere wertvolle Erfahrungen im Hinblick auf zukünftige Einsätze im In- und Ausland zu gewinnen. Trotz gesteigerter Hygieneanforderungen beim Betrieb von Feldküchen im „freien“ Gelände war es durch entsprechende Begleitmaßnahmen möglich, einen ordnungsgemäßen Betrieb sicherzustellen und so der Gefahr des Know-how-Verlustes beim Feldküchenpersonal vorzubeugen.

Die in der zweiten Übungsphase generierten Gefechtsbilder und -abläufe haben wesentlich zur Fort- und Weiterbildung der jungen Kadersoldaten beigetragen. Als unabdingbare Notwendigkeit stellte sich die Verwendung der Duellsimulation heraus. Vor allem das Üben dynamischer Einsatzarten (Verzögerung und Angriff) ist trotz Schiedsrichterorganisation ohne Duellsimulation nicht effizient bzw. gefechtsnah durchzuführen, dabei ist zusätzlich die Einbindung der Echtzeitauswertung anzustreben beziehungsweise zu fördern.

Durch eine vorgestaffelte Einweisung der Infanteriekräfte in die Sicherheitsbestimmungen beim Übersetzbetrieb konnte das Verfahren zum „Forcieren von Gewässern“ in der Gefechtsübung ohne Unterbrechungen geübt und so auch ein realistischer Ablauf erreicht werden.Das gefechtsmäßige Verhalten wie Tarnung, Auflockerung, Zuweisung von Alarmstellungen, Verhalten bei Störaktionen muss vor allem bei „störanfälligen“ Teileinheiten wie beim Brückenzug/teKp in jeder Phase der Ausbildung einfließen und ständig geübt werden, um bei allen Soldaten Handlungssicherheit zu erzielen. Angemerkt sei hier, dass durch das Fehlen von geschützten Pionierfahrzeugen, Panzerschnellbrücken, rasch verlegbaren Fähren und schnell verlegbaren Minen das PiB1 derzeit auf das bloße Training der Verfahren beschränkt ist.

Durch den Wechsel der Einsatzart in der „Heimvorteil 15“ musste die Ausgangslage der „Heimvorteil 13“ adaptiert werden. Damit schuf man die Voraussetzungen für die Fortsetzung der vor zwei Jahren gestarteten Übungsserie. Die umfassenden „Main Events“ und „Main Incidents“ ermöglichten allen teilnehmenden Verbänden und Einheiten ein zielgerichtetes und dem Ausbildungsstand entsprechendes Gefechtstraining. Erkenntnisse, die man bei der letzten Gefechtsübung gewonnen hat, wurden berücksichtigt, konnten umgesetzt und angewandt werden.
Abschließend kann festgestellt werden, dass

  • man durch eine intelligente Übungsanlage und maßgeschneiderte Übungs-
  • einlagen Einheiten mit unterschiedlichem Ausbildungsniveau gut in einer gemeinsamen Gefechtsübung zusammenführen kann,
  • der durch das PiB1 eingeschlagene Weg, Gefechtsübungen in enger Abstimmung mit Infanteriekräften durchzuführen, richtig ist und in den nächsten Jahren fortgesetzt werden muss und
  • nur eine qualifizierte Dienst- und Fachaufsicht die innerbetrieblichen „blinden“ Flecke sichtbar macht und so eine positive Weiterentwicklung fördert.


Oberst Volkmar Ertl ist Kommandant des Pionierbataillons 1 in Villach.

 

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