- Veröffentlichungsdatum : 24.11.2023
- – Letztes Update : 18.12.2023
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Herausforderung EloKa
Kommunikationseinrichtungen und Waffensysteme sind wichtige Angriffsziele. Die Elektronische Kampfführung stellt die eigene Führungs- und Wirkungsfähigkeit sicher und schränkt diese beim Gegner ein. Sie schützt eigene Kräfte und trägt zur Lagebeurteilung bei.
Keine Entdeckung unserer Zeit
Die Elektronische Kampfführung (EloKa) ist als eigene Waffengattung längst ein unverzichtbarer Bestandteil jeder militärischen Auseinandersetzung geworden. Sie ist aber nicht neu. Bereits im Ersten Weltkrieg wurden damals neue Technologien, wie der Funksprechverkehr, zum Ziel der EloKa. Durch Abhören und Peilen des gegnerischen Funksprechverkehrs konnten Informationen gewonnen und gegnerische Truppen geortet werden. Erleichtert wurde dies vor allem durch Fehler der Soldaten im Betriebsdienst, die im Umgang mit dieser Technologie noch nicht vertraut waren.
In der Schlacht bei Tannenberg (August 1914) verdankte die Deutsche Armee ihren Sieg nicht zuletzt den Fehlern der russischen Funker, die oft im Klartext funkten. Auch die Seeschlacht vor dem Skagerrak vor Jütland 1916 wurde durch die EloKa entschieden. Das Auffinden eines Codebuches und das vermehrte Funken der Deutschen Marine ermöglichte es der Royal Navy, Funksprüche zu entschlüsseln, den Gegner zu peilen sowie dessen Position zu orten. EloKa beschränkt sich nicht auf technische, taktische oder betriebliche Maßnahmen, sie setzt ebenso genaue Planungen, Absichten und das Wissen um Auswirkungen voraus, um gezielt und effektiv eingesetzt werden zu können.
Teilbereiche der EloKa
Die EloKa ist die Gesamtheit aller militärischen Maßnahmen unter Ausnutzung des elektromagnetischen Spektrums. Das bedeutet, dass sie als Bestandteil aller Teilstreitkräfte bis zum einzelnen Soldaten wirksam wird. Ein nicht der EloKa angepasstes Verhalten eines Soldaten kann schwerwiegende Folgen für seine Kameraden oder das jeweilige Element haben. EloKa ist daher eine Tätigkeit, die sich dem Lagebild und dem Geschehen im Einsatzraum anpasst und in den jeweiligen Einsatzarten unterschiedliche Wirkungen (effects) hervorruft.
International werden die EloKa-Einsatzarten (EW Actions) eingeteilt, in
- Elektronische Überwachung (Electronic Surveillance),
- Elektronischer Angriff (Electronic Attack),
- Elektronischer Schutz (Electronic Defence).
Diese Einsatzarten werden von EloKa-Elementen mittels der EloKa-Maßnahmen
- Elektronische Unterstützungsmaßnahmen (Electronic Support Measures),
- Elektronische Gegenmaßnahmen (Electronic Counter Measures) und
- Elektronische Schutzmaßnahmen (Electronic Protective Measures) sichergestellt.
Die Umsetzung von EloKa-Maßnahmen in den EloKa-Einsatzarten führt zu Wirkungen auf dem Gefechtsfeld. Um diese zu erreichen, bedarf es einer konkreten Planung. Zur Sicherstellung des Einsatzes müssen EloKa-Maßnahmen von allen Truppen auf allen Führungsebenen ständig und selbstständig durchgeführt werden. In der Praxis nutzt jeder Soldat elektromagnetische Energie (Funk, Radar, Laser und andere) in seinem Elektromagnetischen Umfeld (Electromagnetic Environment), und sei es nur durch seine eigene Wärmeabstrahlung im Infrarotbereich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Elektromagnetische Umfeld verschiedene Akteure (Eigene, Gegner, Partner, Zivile und andere) gleichermaßen nutzen. Somit ist auch jeder Soldat von EloKa betroffen. Sich dessen bewusst zu sein, ist das Fundament für richtiges Verhalten im Einsatzraum und im Umgang mit elektromagnetischer Energie.
EloKa-Einsatzarten
Die EloKa-Einsatzarten beschreiben die geforderte Wirkung (effects) auf dem Gefechtsfeld, wie Situationsbewusstsein (situational awareness), offensive Zwecke bzw. Wirkungen (offensive purposes) oder Schutz (protection) und die hierfür benötigten EloKa-Maßnahmen (EW Measures), um diese zu erzielen. Dies wird durch den Einsatz und die Nutzung elektromagnetischer Energie erreicht.
Elektronische Überwachung
Die Elektronische Überwachung wird durchgeführt, um ein Situationsbewusstsein zu erzielen. Sie umfasst die Bewertung des Lagebildes hinsichtlich aller Arten von Bedrohungen und der Wahrscheinlichkeit ihres Wirksamwerdens sowie die Ableitung der daraus notwendigen Maßnahmen als Grundlage der Entscheidungsfindung. Dazu ist es erforderlich, alle Aussendungen elektromagnetischer Energie, die eine Bedrohung darstellen bzw. zu einer werden können, zu erfassen und – wenn möglich – deren Standort zu bestimmen. Die daraus resultierenden Informationen dienen dem Einsatz eigener Waffensysteme sowie der Abwehr der gegnerischen Waffenwirkung. Dies wird durch Elektronische Unterstützungsmaßnahmen (Electronic Support Measures) gewährleistet.
Elektronischer Angriff
Der Elektronische Angriff wird durch den Einsatz elektromagnetischer Energie offensiv durchgeführt. Er wird durch Elektronische Gegenmaßnahmen (Electronic Counter Measures) gewährleistet, die durch das Ausstrahlen elektromagnetischer Energie eine wirksame gegnerische Nutzung des elektromagnetischen Spektrums verhindern oder einschränken. Deren Durchführung kommt einem Waffeneinsatz gleich und unterstützt die konventionelle Waffenwirkung. Erreicht wird dies im Wesentlichen durch Stören, Täuschen und Neutralisieren. Da über das gesamte militärisch genutzte Frequenzspektrum Wirkung erzielt werden kann, kommen Störsender unterschiedlicher Bauarten und Frequenzbereiche zum Einsatz.
Elektronischer Schutz
Der Elektronische Schutz wird durch die Nutzung elektromagnetischer Energie für den Schutz und zur Sicherstellung der eigenen effektiven Nutzung des elektromagnetischen Spektrums erreicht. Er wird durch Elektronische Schutzmaßnahmen (Electronic Protective Measures) gewährleistet. Darunter fällt der Schutz von eigenen Kräften, Plattformen, Systemen, Räumen und Personen, aber auch die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums durch Partner. Plattformen wie Luftfahrzeuge und Schiffe schützen sich beispielsweise durch den Ausstoß von Flares (Infrarot-Täuschkörper, die durch Wärmestrahlung wirken; Anm.) oder Chaffs (Radar-Täuschmittel aus leitfähigen Fäden, die früher als Stanniol-Streifen ausgeführt waren; Anm.). Der Schutz von Soldaten vor ferngesteuerten improvisierten Sprengkörpern (RCIED – Radio Controlled Improvised Explosive Device) durch den Einsatz von Störsendern fällt ebenfalls in diese Kategorie. Um eine Schutzwirkung zu erreichen, sind EloKa-Maßnahmen in allen Teilbereichen erforderlich. Besonders die Schutzwirkungen, die durch den einzelnen Soldaten erzielt werden können, sind von Bedeutung und nur durch entsprechende Ausbildungen zu erreichen.
EloKa-Maßnahmen
Elektronische Maßnahmen (EW Measures) werden als
- Elektronische Unterstützungsmaßnahmen (Electronic Support Measures),
- Elektronische Gegenmaßnahmen (Electronic Counter Measures) und
- Elektronische Schutzmaßnahmen (Electronic Protectiv Measures) vollzogen.
Sie beschreiben die Maßnahmen der Durchführung und werden einzeln oder in Kombination angewendet, um die geforderte Wirkung zu erzielen. Dazu sind spezifische Geräteausstattungen erforderlich. Elektronische Unterstützungsmaßnahmen umfassen Peil- und Auswertesysteme, Elektronische Gegenmaßnahmen beinhalten Störsysteme und Elektronische Schutzmaßnahmen erfordern Schutzausstattungen und bewusstes Verhalten im Umgang mit elektromagnetischer Energie. Sie werden durch technische (Frequenzsprungverfahren, automatische Verschlüsselung etc.), betriebliche und taktische Maßnahmen durchgeführt. Entscheidend für die Maßnahme ist die Wirkung, die in der jeweiligen EloKa-Einsatzart erzielt werden soll.
Elektronische Unterstützungsmaßnahmen
Elektronische Unterstützungsmaßnahmen dienen der Erfassung und Identifizierung von elektromagnetischen Abstrahlungen und der Ortung ihrer Quellen. Das Ziel ist eine aktuelle Lagefeststellung und das sofortige Erkennen einer Bedrohung. Sie sind zur Warnung der eigenen Kräfte erforderlich und ermöglichen schnelle Entscheidungen zur Abwehr einer Bedrohung. Da unterschiedliche Bedrohungen durch die EloKa immer möglich sind, werden Elektronische Unterstützungsmaßnahmen in den EloKa-Einsatzarten Elektronische Überwachung, Elektronischer Angriff, Elektronischer Schutz und Elektronische Verteidigung durchgeführt.
Elektronische Gegenmaßnahmen
Elektronische Gegenmaßnahmen dienen – unter Anwendung elektromagnetischer Energie – dem Verhindern oder Einschränken der wirksamen Nutzung des elektromagnetischen Spektrums durch den Gegner. Sie verhindern aber nicht, dass er sendet. Da sich Elektronische Gegenmaßnahmen immer nur auf den Empfänger auswirken, ist dies beim Einsatz zu berücksichtigen. Umgesetzt werden sie als elektronisches Stören, elektronisches Täuschen und elektronisches Neutralisieren. Da sich das Überwachen des elektromagnetischen Spektrums und dessen gleichzeitiges Stören in den meisten Fällen ausschließen, werden Elektronische Gegenmaßnahmen in den EloKa-Einsatzarten Elektronischer Angriff und Elektronischer Schutz umgesetzt.
Elektronische Schutzmaßnahmen
Elektronische Schutzmaßnahmen sollen die eigene Nutzung des elektromagnetischen Spektrums trotz Maßnahmen des Gegners sicherstellen und/oder eine Aufklärung/Nutzung der eigenen elektromagnetischen Abstrahlungen durch gegnerische Kräfte behindern. Sie unterteilen sich in aktive (detektierbare) und passive (nicht detektierbare) Elektronische Schutzmaßnahmen. Diese bedürfen nicht unbedingt teurer elektronischer Systeme, sondern ergeben sich häufig aus dem Verhalten des Nutzers. So kann ein richtig gewählter Aufbauplatz die Abstrahlung Richtung gegnerischer Aufklärung durch Abschirmung erheblich reduzieren. Ebenso können dies Antennen mit Richtwirkung auf eigene Gegenstellen oder das Herabsetzen der Sendeleistung auf das gerade noch erforderliche Ausmaß für eine stabile Verbindung. Elektronische Schutzmaßnahmen sind vorwiegend passiv und werden in der EloKa-Einsatzart Elektronischer Schutz umgesetzt. In aktiver Form werden sie beispielsweise beim Frequenzsprungverfahren angewendet.
Zusammenhang EloKa-Maßnahmen und -Einsatzarten
Die Umsetzung von EloKa-Maßnahmen in den EloKa-Einsatzarten erfolgt gleichzeitig und ergänzend. So werden Elektronische Unterstützungsmaßnahmen auch in den Einsatzarten Elektronischer Angriff und Elektronischer Schutz umgesetzt. Dabei ist die Erfassung der elektromagnetischen Abstrahlung des Gegners als Informationsquelle und deren Auswertung entscheidend. Elektronische Gegenmaßnahmen werden ebenso in der Einsatzart Elektronischer Schutz angewendet, um die Auslösung von funkferngesteuerten Sprengsätzen durch Störsysteme zu unterdrücken. Gleiches gilt für den Einsatz von Infrarotstörsendern gegen infrarotgesteuerte Lenkflugkörper.
In der Einsatzsart Elektronischer Schutz werden Elektronische Schutzmaßnahmen hingegen vorwiegend umgesetzt, wenn als Wirkung ein Schutz erzielt werden soll. Dies schließt den Schutz elektromagnetischer Abstrahlungen durch Partner mit ein. Es bedeutet aber nicht, dass Schutzmaßnahmen durch den Nutzer des elektromagnetischen Spektrums nicht ständig anzuwenden wären. Die Einschränkung eigener Abstrahlungen und der Schutz des Nachrichteninhaltes sind die oberste Prämisse richtigen Verhaltens. Nur wenn jeder Nutzer im elektromagnetischen Spektrum die Wirkungen und Bedrohungen kennt, sind die Führungs- und Wirkungsfähigkeit gewährleistet.
Ausbildung und Fähigkeiten
Da eine elektronische Bedrohung nicht zuletzt aus einem Fehlverhalten der Anwender resultiert, ist ein besonderes Augenmerk auf die Ausbildung zu legen. Übungen ohne Einspielung bzw. Darstellung dieser Bedrohung entsprechen keiner realitätsnahen Ausbildung in der Führungsunterstützung. Durch den Einsatz eines Störgerätesatzes können Maßnahmen zum Schutz vor elektronischer Bedrohung geübt werden. Erst wenn eine Bedrohung erkannt wird, z. B. durch Stören und Täuschen, die auch unscheinbar und unbemerkt vorhanden sein kann, wie durch die Fernmeldeaufklärung des Gegners, werden Soldaten zur Verhaltensänderung bewegt.
Elektromagnetische Abstrahlungen werden nicht direkt wahrgenommen, sie können aber durch einfach zu bedienende Handpeiler angezeigt werden. Geräte zu deren Detektion sind daher unbedingt notwendig. Die nach mehreren Peilungen erfolgte Ortung und Auswertung ergänzt die Lagebeurteilung erheblich.
Der Schutz von Personen und Plattformen ist ein wesentliches Ziel der EloKa. Der Aufbau dieser Fähigkeiten wurde im Bundesheer bereits eingeleitet und wird weiter ausgebaut. Angesichts des im internationalen Vergleich hohen Aufholbedarfes und der erforderlichen finanziellen Mittel wird es jedoch ein langer Weg werden. In der Ausbildung sind daher alle Bemühungen gefragt, um das Verständnis für die EloKa weiter zu vertiefen und den eingeschlagenen Weg zielorientiert und rasch voranzuschreiten. Eine Bedrohung ohne EloKa gibt es jedenfalls schon lange nicht mehr und es hat es seit der Erfindung der strombasierten Übertragung von Information auch nicht gegeben.
Vizeleutnant Herbert Kröll; Hauplehrunteroffizier Simulationssysteme in der Lehrgruppe EloKa der Führungsunterstützungsschule.
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 3/2023 (393).