Herausforderung und Erfolgsgeschichte
Herausforderung -Einsatz national
Sicherheit für die Bürger ist die wohl wichtigste Aufgabe eines Staates. Das Zusammenwirken vieler Organisationen und Einrichtungen ist eine Voraussetzung dazu. Die aktuelle Flüchtlingssituation führt den Österreichern vor Augen, wie schnell das Ineinandergreifen von Sicherheitskräften und Hilfsorganisationen nötig sein kann.
Ein Staatsbürger vor Ort erlebt das Krisenmanagement der eingesetzten Kräfte anders, als jemand, der ein Teil dieser ist. Außenstehende kennen die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen meist nicht, unter denen das Bundesheer seinen Auftrag erfüllt.
Die Bevölkerung erwartet von Soldaten umfassenden Schutz, Hilfe und Unterstützung. Dadurch können militärische Kräfte rasch in ein kaum beachtetes Spannungsfeld geraten: Viele Bewohner vor Ort fordern das aktive, entschiedene und dennoch humane Eingreifen des Heeres in einer, für sie bedrohlich scheinenden Situation. Kann dies nicht im erwarteten Umfang erfolgen, gerät das Bundesheer in den Verdacht, die Sicherheit nicht gewährleisten zu können.
Die aktuelle Situation erinnert teilweise an das Jahr 1968, als Truppen des Warschauer Paktes den Prager Frühling niederschlugen. Das Österreichische Bundesheer (ÖBH) durfte damals nicht direkt an die Staatsgrenze. Es wurde im Hinterland bereitgehalten. Nur Zöllner und Gendarmen sicherten die Grenze. Bis heute haben manche Zeitzeugen dem Bundesheer nicht verziehen, dass sie (aus ihrer Sicht) im Stich gelassen wurden.
Es darf nicht noch einmal passieren, dass das ÖBH für etwas verantwortlich gemacht wird, das es nicht zu verantworten hat. Die Bevölkerung erwartet zu Recht Schutz und Hilfe durch ihr Bundesheer. Das Können und Wollen ist gegeben, das Dürfen bestimmen - wie damals - jedoch andere. Österreichische Soldaten sind für jeden Einsatz ausreichend ausgebildet und gerüstet. Sie erfüllen ihre Aufgaben auch in einem schwierigen Umfeld professionell und menschlich.
Strategic Corporal - gerade jetzt
Militärische Einsätze erfordern klare, für jeden Soldaten verständliche Aufträge. Die Aufgabe muss verstanden werden, nur dann kann sie erfüllt werden. Jeder Soldat muss sich bewusst sein, dass aber auch das eigene Verhalten entscheidend für den Erfolg ist.
Der aktuelle Assistenzeinsatz ist für jeden Soldaten herausfordernd. Er ist wenig „militärisch“, psychisch und physisch jedoch äußerst belastend. Eingeengt durch Vorgaben, emotional aufgewühlt und persönlich betroffen durch die Eindrücke vor Ort, besteht die Gefahr einer unbedachten Handlung oder Aussage. Das wäre angesichts der Umstände nicht verwunderlich. Dennoch: eigenmächtige Aktionen und unpassende Wortmeldungen haben im Einsatz keinen Platz und dürfen nicht passieren.
Außenstehende oder Medienvertreter beurteilen die Tätigkeit der eingesetzten militärischen Kräfte oft durch eine Momentaufnahme. Ein unbedachtes Verhalten oder „starke Sprüche“ gefährden die Leistung aller Soldaten. Gerade jetzt ist der verantwortungsbewusste „Strategic Corporal“ wichtiger denn je.
Vizeleutnant Franz Peer ist Kommandounteroffizier der 4. Panzergrenadierbrigade.
Erfolgsgeschichte - Einsatz International
Seit 1964 beteiligt sich Österreich an der UN-Friedensmission in Zypern. Anfangs unterstützte das Österreichische Bundesheer die United Nations Force in Cyprus (UNFICYP) mit einem Feldspital. 1972 übernahm ein österreichisches Infanteriebataillon den Distrikt Paphos-West. Umstrukturierungen führten das Bataillon schließlich in den Sektor 4 - den Distrikt Famagusta.
Dort blieb es, bis der Bereich am 18. Juni 2001 an das slowakische Kontingent übergeben wurde. Seit damals versehen nur mehr eine Handvoll österreichische Soldaten Dienst auf Zypern. Sie sind ein Teil des multinationalen Hauptquartieres der United Nations Protected Area (UNPA) in Nikosia. Österreichische Offiziere und Unteroffiziere sind seit 1968 ein Teil dieses Stabes und besetzen dort Schlüsselpositionen. Mehr als 16 500 österreichische Soldaten waren bisher in Zypern eingesetzt, um ein neuerliches Aufflammen der Kämpfe zu verhindern - eine Voraussetzung für den Frieden vor Ort.
Das ÖBH leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung internationaler Krisen. Es ist dort wo sie entstehen, um zu verhindern, dass sie sich bis nach Mitteleuropa ausweiten. Wie schnell sich internationale Krise ausbreiten können, erleben wir derzeit hautnah. Seit Wochen stehen österreichische Soldaten in einem schwierigen Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz. Hier gilt es, gemeinsam mit der Polizei, Hilfs- und Freiwilligenorganisationen, den größten Flüchtlingsstrom seit dem Zweiten Weltkrieg zu bewältigen.
Vizeleutnant Othmar Wohlkönig ist der Kommandounteroffizier der Streitkräfte.