Human Mental Performance
In anspruchsvollen Arbeitssituationen, geprägt von hohen Anforderungen, begrenzter Kontrolle und fehlender sozialer Unterstützung, kann sich eine belastende psychophysiologische Erregung manifestieren, die nachweislich negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Insbesondere in Berufsfeldern wie Militär, Polizei und anderen Einsatzorganisationen sind Merkmale wie Motivation, Einsatzbereitschaft und Stresstoleranz nicht nur gefordert, sondern werden auch von den Einsatzkräften aufgebracht. Trotz der Fähigkeit, im Berufsleben mit hohem Stress umzugehen, darf nicht übersehen werden, dass sowohl physische als auch psychische Erkrankungen in diesen Kontexten auftreten können.
Besonders im militärischen Dienst hat der Faktor Stress einen Einfluss auf das physische und psychische Gleichgewicht des Organismus. In diesen Zeiten sind Soldaten vermehrt gefordert, ihre Leistungsfähigkeit über Jahre hinweg stabil zu halten. Mit den Jahren der Berufsbelastung im In- und Ausland verlässt der Organismus vorübergehend sein Gleichgewicht und „schaltet in einen höheren Gang“.Im Prinzip ist das von den Soldaten gewollt, aber um in die Allostase, den Ruhemodus zu kommen, würde es neben gezielter Erholung, die nicht immer eingeplant werden kann, auch ein Programm zur Regulation vor und während einer Belastung brauchen. Man spricht dann von dem Begriff „allostatische Last“ (allostatic load). Studien haben nachgewiesen, dass eine solche Kumulation von Stress das hormonelle Gleichgewicht und neuronale Schaltkreise und Gehirnstrukturen dauerhaft verändert.
Wie für den normalen Alltag gibt es im militärischen Einsatzbereich ebenfalls Strategien zur Stressbewältigung. Sie zielen darauf ab, angemessen mit hohen Stresslevels in Einsatzgebieten umzugehen und die individuellen Ressourcen zu stärken. Die Interventionen sollen mühelos in den Dienstalltag der Soldaten integrierbar sein, um keine zusätzlichen Stressfaktoren im Vorfeld zu schaffen. Ihr Einsatz im Bereich des vegetativen Nervensystems ermöglicht es, den individuellen Entspannungsgrad zu finden.
Dienstliche Verpflichtungen erschweren in vielen Fällen eine ausreichend lange Schlafperiode. Ziel ist es daher, das bestehende Zeitfenster zum Schlafen effizient zu nutzen und gegebenenfalls zu optimieren. Da die wahrgenommene Qualität des Schlafes von größerer Bedeutung zu sein scheint als die Quantität, sollten Interventionsmaßnahmen auf diesen Aspekt abzielen. In verschiedenen Studien zeigte sich, dass eine geringe Verzögerung der Einschlafzeit und seltenes Erwachen in der Nacht damit im Zusammenhang stehen. Zum Beispiel können Entspannungsverfahren oder ein individuell an die Bedürfnisse eines Soldaten angepasstes Kopfkissen, das für alle Schlafpositionen geeignet ist (Bauch-, Seiten- oder Rückenschlaf), als persönliches Tool zur Entspannung und Regeneration dienen. Ein wichtiger Aspekt der Schlafqualität ist, vor allem auf Reisen und Übungen im In- und Ausland, gut zu schlafen und sich auch in fremden Betten „wie zu Hause“ zu fühlen. Gleichbleibende Schlafbedingungen und Schlafroutinen sorgen für einen gesunden Schlaf, um morgens wach, ausgeruht und leistungsfähig zu sein.
In der Forschung wurde im Bereich des stressoptimierten und entspannungsfördernden Atmens als optimale Atemfrequenz ein Standard von sechs Atemzügen pro Minute festgelegt. Dieser Atemrhythmus hat eine kontrollierte und tiefe Atmung zur Folge. Beim Atmen in dieser Frequenz befindet sich unsere sogenannte Resonanzfrequenz, bei der die Atmung und die Herzfrequenz vollständig synchronisiert sind. Dies trägt letztendlich dazu bei, das Stressmanagement zu verbessern und die kognitive Leistung zu steigern. Im soldatischen Alltag ist die kognitive Leistung eine wichtige Komponente der Gesamtleistung, wodurch die Relevanz der Atmung deutlich wird. Auch ein besseres Stressmanagement ist für jeden Soldaten sinnvoll, um nach der Belastung im Dienst oder in Einsätzen für eine optimale Regeneration zu sorgen.
Eine gezielte Atemintervention strebt danach, die Atmung in ihren natürlichen und gesunden Rhythmus zurückzuführen, um so die erwünschte Entspannung zu fördern und eine optimale Funktion des Immunsystems zu unterstützen. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist eine Verbesserung der Fähigkeit, sich zu erden und zu konzentrieren. Das beeinflusst durch die positive Umverteilung von Energie die geistige und körperliche Produktivität.
Ausgehend von US-Trainingsprogrammen für Soldaten und Veteranen mit schwerwiegenden Verletzungen nach ihrer Laufbahn eignet sich neben Entspannungsübungen eine moderate Bewegung (z. B. ein 20-minütiger „recovery walk“ ) zum Abbau von Stresshormonen. Diese leichte Bewegung verbessert den Stoffwechsel und dadurch die Durchblutung der Muskulatur. Wenn sich noch die Be- und Entlastung mit einer sanften Intensität abwechseln wie beim Nordic Walking, kann sich die Muskelanspannung normalisieren und in den Entspannungsmodus übergehen. Zudem stärkt eine moderate Ausdauerbewegung abends die Entspannungsregulation, was die Einschlaf- und Durchschlafqualität wiederum erhöht.
Offiziersstellvertreter Caroline Rakowitz, BSc, MSc; Klinische und Gesundheitspsychologin i. A. Heerespsychologischer Dienst
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 1/2024 (396).