Kaderanwärterausbildung "neu"
Mit 1. September 2016 sind fast 400 Personen zum Bundesheer eingerückt, die erstmalig die Kaderanwärterausbildung Neu durchlaufen. Mit dieser KAAusb neu wird die Heranbildung des Kadernachwuchses umgestellt. Es wurde ein modernes, transparentes und in vielen Bereichen gleichgeschaltetes System der Offiziers- und Unteroffiziersausbildung im Konsens aller beteiligten ausbildungsrelevanten Stellen geschaffen.
Grundausrichtung
Das bisherige System der Heranbildung des Kadernachwuchses war bis auf die Offiziersausbildung von einer eher losen Abfolge von aufeinander aufbauenden Ausbildungsmodulen (Lehrgängen) geprägt, die einen durchgehenden zeitökonomischen Ausbildungsablauf nicht oder nur kaum zugelassen hat. Das wird mit dem neuen System geändert. Alle Module werden in einen durchgehenden Ablauf gestellt, der es ermöglicht, zeitsparend und dennoch qualitätsgesichert, möglichst rasch einen fertig ausgebildeten Kadernachwuchs heranzubilden.
Waren bisher die Ausbildungsgänge der Offiziere und Unteroffiziere hinsichtlich Berufs- und Milizlaufbahn voneinander getrennt, so ergibt sich im neuen System eine Zusammenführung und Gleichschaltung, um für alle Laufbahnen eine gemeinsame Ausgangsbasis als Grundlage der spezifischen Ausbildungsgänge zu schaffen.
- Eine verbesserte Bezahlung von Beginn der Ausbildung an,
- ein transparentes System der Auswahl-/ Zulassungs- und Abschlussprüfungen,
- adaptierte, dem heutigen Jugendbild entsprechende körperliche Leistungslimits mit individuellen Förderprogrammen für Personen mit anfänglich geringerer Leistungsfähigkeit sowie
- speziell geschultes Ausbildungspersonal lassen ein Ansteigen der Zahl des Kadernachwuchses in Entsprechung der verstärkten Personalrekrutierung und zur Unterstützung der Personaloffensive des Herrn Bundesministers erwarten.
Ablauf
Die KAAusb Neu umfasst alle Ausbildungsabschnitte der Grundausbildung und unterteilt sich in drei Abschnitte:
Kaderanwärterausbildung 1
Die Kaderanwärterausbildung 1 (KAAusb1) umfasst für jene Kaderanwärter (KA), die die Eignungsprüfung beim Heerespersonalamt positiv absolviert haben und somit die Zulassungsbedingungen zur KAAusb Neu erfüllt haben, alle Abschnitte der Grundwehrdienstausbildung und der ersten Führungsausbildung, unabhängig welche Laufbahn (Offiziers- oder Unteroffiziers-, Berufs- oder Milizlaufbahn) gewählt wurde.
Das bedeutet, dass bereits die sechs Monate des Grundwehrdienstes so gestaltet sind, dass erste Ausbildungsinhalte der künftigen Kommandantenfunktion vermittelt werden. Alle Kaderanwärter (KA) auf eine Offiziers- oder Unteroffizierslaufbahn, ob „Aktiv“ oder „Miliz“, werden in diesem Abschnitt gemeinsam und gleich ausgebildet. In der KAAusb1 werden über die funktionsorientierten Fähigkeiten aller Soldaten in der Basisausbildung Kern und der Basisausbildung 1 hinaus folgende Kenntnisse vermittelt:
- Führungsgrundlagen
- Führung eines Trupps am Referenzmodell der Jägertruppe.
Durch ein von der Heeresunteroffiziersakademie (HUAk) zentral erstelltes Curriculum, ist auch bei einer dezentralen Durchführung in den Kommanden (Ausbildung grundsätzlich bei der Truppe unter vorrangiger Nutzung der Lehrkompanien der Brigaden), ein gleicher Ausbildungsinhalt sichergestellt. Den Soldaten, die den Grundwehrdienst bereits abgeleistet haben oder noch ableisten und die in die KAAusb Neu wechseln wollen, werden bereits absolvierte Ausbildungsabschnitte angerechnet. Sie steigen daher zu einem späteren Zeitpunkt in die laufende KAAusb1 als „Seiteneinsteiger“ ein.
Die KAAusb1 beginnt im September. Für Seiteneinsteiger mit gänzlich abgeleistetem Grundwehrdienst und für jene künftigen KA, die im September nicht einrücken können sowie zur Spitzenabdeckung bei Überschreitung der maximal gleichzeitig ausbildbaren Kaderanwärter ist vorgesehen, jeweils im März des nächsten Jahres mit einer zweiten KAAusb1 zu beginnen. Allerdings können diese Absolventen erst im darauffolgenden Kalenderjahr (nach sechsmonatiger Unterbrechung der Ausbildung) in die KAAusb2 eintreten, da diese nur einmal im Jahr mit Februar beginnt.
Der Zeitraum bis dorthin wird durch eine sinnstiftende Verwendung im kleinen Verband zum Praxiserwerb als stellvertretender Trupp- oder Gruppenkommandant oder in einer Fachfunktion und durch den Erwerb weiterer Fähigkeiten (z. B. Heereslenkerberechtigung) überbrückt. Mit Stand 1. Dezember 2016 wurde dadurch die Zahl der Neueinsteiger zum 1. September 2016 (abzüglich der Abmeldungen) durch 343 Seiteneinsteiger auf insgesamt 675 erhöht.
Kaderanwärterausbildung 2
Nach Erfüllung aller Ausbildungsziele der KAAusb1 und erfolgter Aufteilung/ Zuteilung der Kaderanwärter auf die Waffengattungen des Bundesheeres beginnt der KA mit der KAAusb2, die hauptverantwortlich von den Waffen- und Fachschulen durchgeführt wird. Infolge der gestiegenen Rekrutierungszahlen ist es vor allem im Bereich der Waffengattung Jäger erforderlich, auch Teile der Truppe (einzelne Verbände der Landstreitkräfte) zur Abdeckung dieser anspruchsvollen Ausbildungsaufgabe heranzuziehen. Ziel der KAAusb2 ist die Beherrschung der Ebene Trupp-/Gruppenkommandant in der jeweiligen Waffengattung.
Während die KAAusb1 für alle künftigen Laufbahnvarianten gemeinsam erfolgte, unterziehen sich Berufsoffiziersanwärter einem eigenen Ausbildungsgang, der KAAusb2/Berufsoffiziersanwärter/Jäger (KAAusb2/BOA/Jg). Dies deshalb, weil in diesem Ausbildungsabschnitt der künftige Offizier bzw. Unteroffizier nicht nur sein Handwerkzeug für die Ebene Gruppenkommandant vermittelt bekommt, sondern bereits mit einem eigenen fünfwöchigen Modul die Grundzüge der Führungsfähigkeiten eines Zugskommandanten als Voraussetzung der künftigen Offiziersausbildung erlernt.
Erfüllt der Anwärter alle Ausbildungsziele und schließt die KAAusb2 erfolgreich ab und absolviert die Aufnahmeprüfung/das Assessment positiv, tritt der KA in die Truppenoffiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie (TherMilAk) ein. Dort absolviert er in den nächsten drei Jahren, so wie bisher einerseits den Fachhochschul-Bachelorlehrgang und andererseits den Truppenoffizierslehrgang (mit dem militärischen Praxisanteil). Jene Anwärter, die keinen Studienplatz erreichen, wechseln, je nach Wunsch und Personalbedarf, in die Milizoffziers- oder Unteroffziersausbildung. Das Ziel der Offiziersausbildung ist, folgende Fähigkeiten zu erwerben:
- waffengattungsunabhängige, funktionsunabhängige Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten als Kommandant und Ausbilder der Ebene Teileinheit
- waffengattungsabhängige, funktionsabhängige Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten als Kommandant und Ausbilder der Ebene Teileinheit
- Fähigkeit zur Vertretung eines Einheitskommandanten.
Der Ablauf des Bachelor-Studienganges, beginnend mit dem 1. Semester im Herbst 2017, ist in der unten stehenden Grafik dargestellt.
Kaderanwärterausbildung 3
Mit dem Abschluss der KAAusb2 trennen sich die bisher parallel gelaufenen Ausbildungsgänge der KA für eine Berufs- und Milizlaufbahn. Berufsunteroffziersanwärter wechseln nun an die Heeresunteroffiziersakademie, um wieder bezogen auf das Modell der Jägergruppe alle noch fehlenden Ausbildungsinhalte (insbesondere den dienstrechtlichen Anteil und die pädagogische Schulung zum Ausbilder) zu erwerben und so auch die Dienstrechtsausbildung zum Berufsunteroffzier (BUO) abzuschließen.
Die Ausbildungsmodule an der HUAk umfassen:
- Ausbildungsmethodik und Führungsverhalten
- Führen und Aufgaben im Einsatz
- Rechtsausbildung
- politische und berufsethische Ausbildung
- Heereskunde und Gefechtsmittellehre
- Körperausbildung
Den feierlichen Abschluss der Ausbildung zum Unteroffzier (UO) stellt die Ausmusterung an der HUAk dar, die gemeinsam mit den in einem anderen Ausbildungsablauf ausgebildeten UO der Miliz begangen wird. Milizunteroffiziersanwärter (MUOA) erwerben ihre notwendigen Fertigkeiten und Fähigkeiten in einer Fernausbildung und einer 14-tägigen Ausbildungspraxis an der HUAk. Bei entsprechendem Lernerfolg und nach positivem Ablegen der vorgesehenen Prüfungen erfolgt die Beförderung zum Wachtmeister und die Übergabe an die Truppe gemeinsam mit der für BUO stattfindenden feierlichen Ausmusterung in Enns.
Somit ist es möglich, dass KA der Berufs- und Milizlaufbahn zum selben Zeitpunkt die Ausbildung beginnen und ebenfalls zum selben Termin beenden. Somit ist die Miliz im Ausbildungssystem integriert und der MUOA kann ebenso wie der BUOA binnen 18 Monaten seine Ausbildung zum UO abschließen. Das ist eine echte Neuerung. Milizoffziersanwärter (MOA) und Milizunteroffiziersanwärter haben in der KAAusb3 folgende Ausbildungsabschnitte zu absolvieren:
- Grundlagen Ausbildungsmethodik
- Grundlagen Führungsverhalten
- Ausbildungspraxis
- Heereskunde und Gefechtsmittellehre
- Körperausbildung
MOA absolvieren nach der abgeschlossenen KAAusb3 Waffenübungen, in denen sie als Gruppenkommandanten eingesetzt werden. Bei Bewährung wird die Ausbildung zum Zugskommandanten fortgesetzt, so dass eine gleichzeitige Ausmusterung mit den BOA zum Leutnant an der TherMilAk erfolgen kann.
Zusammenfassung
Die KAAusb Neu stellt generell eine Weiterentwicklung in der Kaderausbildung dar. Die Vorteile des neuen Ausbildungssystems sind:
- kürzere Dauer der UO-Ausbildung
- gemeinsame Grundausbildung der OA und UOA-Berufs- und Milizlaufbahn in der KAAusb1
- gemeinsame waffengattungsbezogene Ausbildung der UOA-Beruf und -Miliz in der KAAusb2
- erhöhte Bezahlung, da bei nachgewiesener Kadereignung ab dem ersten Ausbildungstag ein Salär von etwa Euro 1 000 monatlich gebührt
- transparentes, gleichgeschaltetes System mit klar strukturierten Ausbildungsabläufen
- durch die geplante Heranziehung von Einheiten und Verbänden der Truppe, Abdeckung der Ausbildung bei erhöhten Anwärterzahlen.
Dadurch ist eine Flexibilität im System gegeben, um auf eine Änderung der Rahmenbedingungen ohne grundsätzliche Änderung der Ausbildungssystematik reagieren zu können. So wie jedes System zu Beginn mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hat, wurde auch hier in der laufenden Ausbildung bereits ein Verbesserungsbedarf erkannt, der, basierend auf einer ausgewogenen zielgerichteten Fachdienstaufsicht der AusbA, der HUAk und des Heerespersonalamtes (HPA), im Detail erhoben und ausgewertet werden konnte. Ganz im Sinne eines Lessons-Learned-Prozesses bilden diese Erkenntnisse jene Verbesserungen, die in der nächsten KAAusb1 (Beginn März 2017) umgesetzt werden. Die laufende und begleitende Evaluierung während der Fachdienstaufsicht wird auch während der KAAusb2 und 3 fortgeführt, um Verbesserungsbedarf jederzeit erkennen zu können.
All jene Kritiker, die das neue Ausbildungssystem schon von Anfang an infrage gestellt haben, sei an dieser Stelle empfohlen, ihre Kritik vorerst hintanzustellen und dem System eine Chance zur Bewährung zu geben und nach Abschluss eines Zyklus (in der UOAusb ist das der März 2018, in der OAusb der Oktober 2020) eine neuerliche Beurteilung durchzuführen. Nach Abschluss der Grundausbildung der KA, folgt die praktische Verwendung in der jeweiligen Offziers- oder Unteroffziersfunktion. Hier liegt es an der Truppe selbst, den neuen Kaderangehörigen in den Verband und in der Einheit einzuführen, ihn im Erwerb der Praxis als Kommandant und Ausbilder zu begleiten und zu ermöglichen, die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten bestmöglich zur Anwendung zu bringen.
Dieses neue Ausbildungsmodell, mit all seinen Begleiterscheinungen und der angelaufenen Personaloffensive führt nun dazu, dass mit Beginn Februar 2017 ca. 1 000 KA die KAAusb2 begonnen haben. Über weitere Entwicklungen wird in der Folge berichtet werden.
Brigadier Mag. Markus Koller ist Leiter Gruppe Ausbildungswesen BMLVS (m.d.F.b.).