Meilensteine der Panzergeschichte
Die kleine Stadt Munster in Niedersachsen bietet neben ihren zahlreichen Kasernen und einem NATO-Truppenübungsplatz einen besonderen Höhepunkt, der für Militärs und Interessierte von Panzern und deren Technik seinesgleichen in Europa sucht - das Deutsche Panzermuseum.
Die Ausstellungsstücke, die mit ihnen verbundene Geschichte und das Hintergrundwissen zu diesem einzigartigen Museum sind derart vielfältig, dass es sich auf jeden Fall lohnt, an einer Führung durch die fünf Hallen der Dauerausstellung teilzunehmen. Mindestens zwei bis drei Stunden sollten dafür eingeplant werden, die sich aber auf jeden Fall auszahlen werden.
Das Museum selbst existiert seit 1983. Doch seine Vorgeschichte reicht bis in die 1950er-Jahre zurück. Damals wollten viele, vor allem ältere Offiziere, das ausgemusterte Gerät nicht einfach entsorgen. Die „alten“ Panzer und Ausrüstungsgegenstände wurden daraufhin den Truppenschulen übergeben, beziehungsweise schenkten in den 1960er-Jahren die NATO-Staaten der Panzertruppenschule in Munster erbeutete Panzerfahrzeuge des Zweiten Weltkrieges. Daraus ergab sich eine umfangreiche Lehrsammlung, die mit ausgemusterten Fahrzeugen der Bundeswehr den Kern des heutigen Museums bildet.
Beim Betreten der ersten Ausstellungshalle „Vom Weltkrieg bis zur deutschen Teilung“ wird der Besucher in die Zeit der Panzerwagen von 1917 versetzt. Markant sticht ein 1:1-Diorama mit einem Nachbau des ersten deutschen Panzers A7V ins Auge. Die Entwicklung eines solchen Ungetüms hing in der damaligen Zeit von drei Faktoren ab: der Industrialisierung, Motorisierung und Einführung automatischer Waffen. Letztere waren der Grund für 3,5 Millionen Gefallene in den ersten sechs Wochen ab Kriegsbeginn. Dies führte zum Stellungskrieg, dem die Kriegsparteien anfangs nichts entgegenzusetzen hatten.
Um die starren Fronten aufzubrechen, entwickelten zuerst die britischen, etwas später die deutschen Streitkräfte die ersten „Panzer“ - auch „Tanks“ genannt. Im A7V der deutschen Armee von 1917 hatten 15 Soldaten Platz, sechs für die Bedienung der Maschinengewehre, ein Kraftfahrer, ein Mechaniker, ein Melder, zwei Flaggenzeichenführer etc. Vom A7V wurden jedoch von geplanten 1.000 Stück nur 20 gebaut.
Markant gegenüber dem A7V steht ein Panzerfahrzeug der Weimarer Republik, der Schupo-Sonderwagen von Daimler. Dieser bewegte sich auf der Grenzlinie zwischen Militär- und Polizeifahrzeug, denn der Versailler Vertrag hat u. a. viele Waffentypen wie gepanzerte Fahrzeuge verboten. Die Polizei hingegen durfte zur Aufstandsbekämpfung und für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung 85 solcher Fahrzeuge beschaffen.
Unmittelbar daneben beginnen die Zeit des Deutschen Reiches und die damit verbundene Umstellung von der Reichswehr zur Wehrmacht, die eine rasante Weiterentwicklung der Panzerwaffe zur Folge hatte. Heinz Guderian wurde mit dem Aufbau der Panzertruppe beauftragt, der ab 1938 zum General der Panzertruppe ernannt wurde. Seine Panzeruniform kann ebenso besichtigt werden wie alle Panzergenerationen der Deutschen Wehrmacht der Deutschen Wehrmacht, die nebeneinander aufgestellt sind. Diese reichen vom Panzerkampfwagen I über den Panzer III und IV bis hin zum Panzer V „Panther“ (Unterstützungswagen) und Panzer VI „Tiger“ (Durchbruchswagen) sowie zu vielen anderen Panzertypen. Beeindruckend ist der „Sturmtiger“, ein 38-cm-Sturmmörser auf dem „Tiger“-Fahrgestell. Dieser Panzertyp wurde eigens für den Häuserkampf entwickelt. Mit ihm konnten Raketen mit einer Reichweite bis zu 5.700 m verschossen werden. Einzigartig in dieser Zeit war, dass die deutschen Panzer bereits alle Funkgeräte und somit Verbindung untereinander hatten. Zu fast allen Panzern wird während einer Führung ausführlich die Entwicklung und das dazugehörige Hintergrundwissen erzählt, welches den meisten Besuchern nicht bekannt sein dürfte. Interessant ist auch, dass nur zehn Prozent der Wehrmacht motorisiert war.
Hat der Besucher die deutschen Panzerfahrzeuge passiert, kommt man in den Bereich der alliierten Panzerfahrzeuge des Zweiten Weltkrieges. Allen voran der russische Standardpanzer T-34, von dem bis 1945 etwa 55.000 Stück produziert wurden. In unmittelbarer Nähe befindet sich der US-Panzer M4 „Sherman“, der ebenfalls in hoher Stückzahl auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges aktiv war. Vorbei an britischen und französischen Panzern kommt der Besucher in die nächste Halle, die zugleich einen weiteren Abschnitt der Panzergeschichte einleitet.
In „Gepanzerte Truppen nach 1945“ schwingt, neben den technischen Neuerungen in der Panzerentwicklung und den damit einhergehenden Panzertypen, der politische Aspekt der atomaren Hochrüstung im Kalten Krieg mit. Auch diese Halle lädt zu einer längeren Verweildauer ein, da fast alle bedeutenden Panzerfahrzeuge der Nachkriegszeit besichtigt werden können. Der Besucher bekommt hier zuerst einen Einblick in die gepanzerten Fahrzeuge der Nationalen Volksarmee der DDR und danach in jene der Westmächte der Nachkriegszeit. Schließlich wird der Aufbau der deutschen Panzerwaffe nach dem Krieg mit zahlreichen Exponaten, teilweise auch mit Prototypen wie unter anderem vom KPz „Leopard“ 1, dargestellt.
Ein Kuriosum der deutschen Grenadiertruppe stellt der M39-Schützenpanzer dar. Die Bundeswehr testete den von der U.S. Army geplanten Munitionstransporter als Schützenpanzer. Acht Soldaten sollten darin Platz finden. Ein Problem war allerdings, dass ein Auf- und Absitzen nur über die zwei Meter hohe Seitenwand möglich war, da es keine seitliche Einstiegsluke gab. Dennoch schaffte die Bundeswehr 32 Stück zwischen 1956 und 1960 an. Lässt man die Bundeswehr bis 1990 hinter sich, stehen in der dritten Halle neuere Modelle der Bundeswehr und zahlreiche internationale Panzermodelle wie der KPz „Merkava“ IV zur Besichtigung bereit.
Nach dem Exkurs in die Nachkriegszeit geht es im Freien weiter, wo ein begehbarer Panzer erkundet werden kann. Danach können in weiteren Hallen die Panzerfahrzeuge der Kampfunterstützung, Panzerjäger und die „Bundeswehr im Einsatz“ angesehen werden. Neben militärischen Panzerfahrzeugen sind Handfeuerwaffen aller Art (Gewehre, Sturmgewehre, Maschinengewehre, Blankwaffen, Panzerbüchsen, Pistolen etc.), Uniformen, Orden und Ehrenzeichen, Turmtrainer, Funkgeräte und Zieloptiken, sowie Ausrüstung aller Art zu entdecken.
Träger des Deutschen Panzermuseums Munster sind die Stadt Munster und die Bundeswehr, unterstützt vom „Verein der Freunde und Förderer des Deutschen Panzermuseums Munster e.V.“ Fazit: Der Besuch des Deutschen Panzermuseums ist für alle Soldaten der gepanzerten Truppe und an schwerem Einsatzgerät Interessierte zu empfehlen.
OR Major Mag.(FH) Michael Barthou ist Leiter der Redaktion Online-Medien beim TRUPPENDIENST