"My task is to train you"
Englisch wird immer wichtiger – egal ob privat oder beruflich. Das gilt auch für das Österreichische Bundesheer, wo die Sprachausbildung seit mehr als 50 Jahren ein fixer Bestandteil von Laufbahnkursen und anderen Ausbildungen ist. Eine Schlüsselfunktion haben die Sprachtrainer Englisch. Ihre Aufgabe ist es, Military English zu vermitteln. TD-Redakteur Gerold Keusch hat einen von ihnen beim Training begleitet.
English training in the Austrian Armed Forces
„Sir, I report 15 soldiers ready for English training. One soldier dismissed due to the coronavirus!”, meldet ein österreichischer Unteroffizier einem österreichischen Major. „Thank you, be seated!”, erwidert dieser. Major Mario A. ist Sprachtrainer Englisch. Seine Rolle erklärt er den Unteroffizieren, die einen Englischkurs zur Vorbereitung auf die Kaderanwärterausbildung 4 absolvieren, wie folgt: „My task is to train you in Military English“. Im Gegensatz zu den Englischlehrern, die z. B. Grammatik und allgemeinsprachliche Themen unterrichten, bringt er den Kursteilnehmern militärische Phrasen und Vokabeln bei.
Das Military English Training ist ein fünftägiger Block während des sechswöchigen Sprachkurses, bei dem die Unteroffiziere den 2B-Kurs erfolgreich absolvieren sollen. Mit diesem kann man alltägliche Konversationen führen und Standardaufgaben, die der normalen Arbeitsroutine auch im militärischen Umfeld entsprechen, in englischer Sprache bewältigen. Dieses Sprachlevel ist somit die Mindestanforderung, um im internationalen Umfeld – Auslandseinsatz oder Auslandsübung – einsetzbar, also interoperabel, zu sein. Gleichzeitig ist es auch die Voraussetzung, um an der Kaderanwärterausbildung 4, dem ehemaligen Stabsunteroffizierslehrgang, teilnehmen zu dürfen.
„I am here to prepare you for your oral exam“, sagt der Major und konkretisiert damit seinen Auftrag. Um das zu erreichen, stellt er klar, dass er – bis auf die Übersetzung von Fachbegriffen und Fachwörtern – das komplette Training in Englisch durchführen wird. „The oral exam consists of two parts. One is a dialogue about a general topic, the other part is a monologue – a short briefing about a military topic”, erklärt er weiter. Insgesamt gibt es zwölf standardisierte Themen, wie daily routine, barracks, ranks/uniforms oder rifle company, die während des Sprachkurses bearbeitet werden. „To do this and to give you the right tool to pass the exam, I will make you familiar with a proper briefing format in the next days.“
Placement test and (military) culture
Doch bevor es soweit ist, gibt es noch einen Einstufungstest. Dieser dient der Standortbestimmung und somit nicht nur den Teilnehmern, sondern auch dem Trainer zur Orientierung. Major A. nutzt die Auswertung des Tests für eine erste „Aufwärmrunde”, bei der nicht nur die Sprache, sondern auch die Militärkultur im Fokus steht. „Let´s have a look at the abbreviations. What does SOP mean?“, fragt er. „Standing Operating Procedere“, antwortet ein Kursteilnehmer. „Right! It is a ,Standardverfahren? to use the German term, such as ,Decken – Schießen – Melden? for instance. In the military almost everything is abbreviated, especially in the United States”, sagt der Major. Aber nicht nur dort, sondern auch im Bundesheer gibt es Abkürzungen wie OvT, WiUO, ABC, SanUO und unzählige andere mehr. Sie alle sind Ausdruck der Militärsprache und somit der Militärkultur und – wenn auch mit unterschiedlichen Abkürzungen, da sie sich auf verschiedene Sprachen beziehen – in allen Armeen gleich.
Aber nicht nur bei den Abkürzungen gibt es Parallelen. „The smallest military element is the team (der Trupp). The next bigger one is the squad (die Gruppe) then the platoon (der Zug) and between a squad and a platoon, you can find the section (den Halbzug), which you will not find on any regular table of organization and equipment.” Mit diesen Vergleichen, einfachen Wörtern und einer verständlichen Sprache weckt der Trainer die Mitarbeit der Unteroffiziere. Die Kursteilnehmer zeigen auf, wenn er eine Frage stellt, sie nicken, wenn er etwas erklärt oder schreiben mit, wenn er etwas auf die Flipchart schreibt. Warum das so gut funktioniert, lässt sich einerseits mit dem methodisch-didaktischen Geschick des Sprachtrainers erklären, andererseits mit dem Setting. Der Sprachtrainer ist ein Kamerad. Er spricht „die gleiche Sprache“ wie die Kursteilnehmer, kennt ihre Bedürfnisse und weiß, wie man Soldaten mit ihrer militärischen Sozialisation ein Thema zielorientiert und „soldatengerecht“ vermittelt.
How to become an English trainer
Um Sprachtrainer zu werden, sind zwei Kurse zu absolvieren, die jeweils zwei Wochen dauern: die Sprachtrainer-Englisch-Module 1 und 2. Das Ziel dieser Kurse ist es, die methodisch-didaktischen Konzepte für das Englischtraining sowie die dafür nötigen aktuellen Unterlagen kennenzulernen. Zwei Mal je zwei Wochen ist kurz. Dass man sich dennoch so rasch die Kompetenzen, die ein Sprachtrainer benötigt, aneignen kann, hat drei Gründe: Erstens haben alle österreichischen Soldaten eine wehrpädagogische Ausbildung und viele eine jahrelange Ausbildungserfahrung. Zweitens kann nur jemand Sprachtrainer werden, der die nötige Sprachkompetenz aufweist (aktuell NATO-Level 3: Professionelle Sprachanwendung) und, drittens, diese Qualifikation freiwillig erwerben möchte.
Die Freiwilligkeit ist deshalb so wichtig, weil das Unterrichten von Sprachen eine besonders aufwendige sowie zeitintensive Lehrtätigkeit ist und nur mit überdurchschnittlichem Enthusiasmus sichergestellt werden kann. Das Sprachlevel 3 liegt über dem Maturaniveau und ist nur mit viel Engagement zu erreichen, oder man bringt es bereits beim Eintritt in das Bundesheer mit. „My mother is American. So English is my second mother tongue“, erklärt Major A. die Grundlage seiner Sprachkompetenz. Das sind perfekte Voraussetzungen, ersetzen aber nicht die Motivation, neben der Haupttätigkeit dieser Nebentätigkeit nachzugehen. „It is not always easy to find time because my job as a staff officer is a pretty busy one. But the training takes part only a few times a year for a few days, so I can do it with some extra hours.”
Sprachtrainings gibt es in mehreren Settings. So gibt es einen Block während Englischkursen (wie jenem, wo Major A. unterrichtet), Englischtrainings für Auslandseinsätze oder bei Kaderfortbildungen und diverse andere Möglichkeiten wie Übungsvorbereitungen, maßgeschneidertes Kadertraining etc. Wer Sprachtrainer werden möchte, erkundigt sich über diese Tätigkeit am besten bei einem Kameraden, der bereits Sprachtrainer ist. Danach gilt es, den Dienstweg zu beschreiten und dem Vorgesetzten sein Interesse zu melden. Dann steht der Ausbildung und dem Erwerb dieser Qualifikation eigentlich nichts mehr im Wege.
SOP for a military monologue
Ein Teil der Prüfung für die Teilnehmer des Sprachkurses ist ein etwa fünf Minuten langes Kurzreferat über eines der zwölf militärischen Themen, die während des Kurses behandelt werden. „To fulfill this task, we use a military briefing format, which is also a SOP“, erklärt der Major. „It is a simple format which you can use for any presentation. It consists of three parts: the introduction, the main part and the conclusion. Before you start a presentation, you create a mind map for the preparation. How to do that is the next step of our training.“
Das Thema für diese Mindmap ist das weapon handling mit dem Sturmgewehr 77. Dazu zeichnet der Sprachtrainer eine Tabelle mit drei Spalten auf das Whiteboard. Um die erste Spalte (introduction) zu befüllen, erhalten die Unteroffiziere zwei Minuten Zeit für ein Brainstorming. Der Auftrag lautet: „Think about interesting facts about your assault rifle”. Nach den zwei Minuten präsentieren die Teilnehmer ihre Ergebnisse, die der Trainer auf dem Whiteboard zusammenfasst. Danach geht es zum main part, den er in drei Teile teilt: „technical data, assemblies and weapon handling“.
Dabei zählen die Teilnehmer zunächst die wichtigsten technischen Daten und die Hauptteile der Waffe auf. Dann erarbeiten sie die wesentlichen Themen des Waffen- und Schießdienstes, die prüfungsrelevant sein können, wie das Überprüfen der Sicherheit, das Auseinandernehmen und Zusammensetzen der Waffe in die Hauptteile oder die Funktionsprobe. Danach bereiten die Unteroffiziere eine kurze Präsentation eines dieser Themen vor. Doch bevor es soweit ist, gibt Major A. noch Tipps in Form von „useful words and phrases“, wie „bring in a (rear, front, side, …) position, in order to (remove, insert, release, …)“ und andere mehr.
„Sir! My task is to brief you on disassembling the assault rifle into its main groups.” Der erste Unteroffizier beginnt mit der Einweisung. „This assault rifle, the AUG 77, is the tool of an Austrian soldier. It is pretty easy to field strip and you don´t need any tools to do that.” Damit ist die „introduction“ beendet und er beginnt damit, die Waffe auseinanderzunehmen, um sie danach wieder zusammenzusetzen – das ist bereits der „main part“ seiner Präsentation. Alle Handgriffe, die er ausführt und alle Teile, die er dabei betätigt, beschreibt er mit einfachen Worten und benennt sie mit ihren englischen Bezeichnungen. Voraussetzung dafür sind die richtigen Vokabeln, die die Teilnehmer im Selbststudium anhand ihrer Unterlagen bereits gelernt haben. „You can see that this assault rifle is not only reliable, but also easy to handle and to maintain. From my point of view, it is a cool weapon. Sir! This concludes my presentation. Do you have any questions?” Mit dieser „conclusion“ beendet der Unteroffizier seine Kurzpräsentation.
Fit for the exam and the job
„Das Sprachtraining hilft uns bei der Vorbereitung auf die Prüfung”, ist ein Kursteilnehmer überzeugt. „Es ist kurzweilig, interessant und wir lernen dabei wichtige Dinge, die für den Dienst nützlich sind – vor allem im Ausland. Mir gefällt diese Ausbildung sehr gut!“ Seinen Kameraden geht es ähnlich. Auch sie genießen die praxisnahen Unterrichte mit ihrem Sprachtrainer zu Themen, die sie interessieren und die für sie relevant sind. Insofern hat es der Sprachtrainer auch etwas leichter als die Sprachlehrer, schließlich muss er keine Grammatik oder andere eher trockene und bei den Kursteilnehmern unbeliebte Themen unterrichten. Seine Aufgabe ist die Military English Conversation, damit die Lehrgangsteilnehmer – in diesem Fall Unteroffiziere – die Englischprüfung bestehen, um an der Kaderausbildung 4 teilnehmen zu können und Stabsunteroffiziere zu werden.
Dennoch: Beim Sprachtraining geht es nicht nur darum, eine Prüfung zu bestehen, sondern vor allem darum, Soldaten für ihren Beruf fit zu machen. Und diesen führen sie nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland aus – sowohl mit österreichischen Kameraden als auch mit solchen aus anderen Streitkräften. Somit sind die Sprachtrainer eine unerlässliche Stütze für das Herstellen der internationalen Zusammenarbeit und letztendlich der Einsatzbereitschaft des Österreichischen Bundesheeres.
Hofrat Gerold Keusch, BA MA; Leiter Online Medien der Redaktion TRUPPENDIENST.