• Veröffentlichungsdatum : 11.01.2021
  • – Letztes Update : 17.03.2021

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Pandemie nervt!

Birgit Schlatzer

Täglich grüßt das Coronavirus

Die Coronavirus-Pandemie hält uns weiterhin auf Trab und bestimmt nach wie vor den Lebensalltag. In den vergangenen Monaten mussten wir alle enorme Anpassungsleistungen aufbringen. Weiterhin gilt es, unser Verhalten zu kontrollieren und Disziplin zu halten. Dieser eingebaute „Verhaltensfilter“ achtet ständig darauf Abstand zu halten, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen und vermehrt Hygienemaßnahmen durchzuführen. Daneben gibt es „Home Office“, „Home Schooling“, abgesagte oder verschobene Projekte, Veranstaltungen und Feiern sowie laufende Maßnahmendaptierungen. Das alles kostet Energie. Mit zunehmender Dauer kann dies ermüden, frustrieren und schließlich zu einer „Sättigung“ führen – einem Zustand gesteigerter Anspannung, innerer Unruhe und von Müdigkeitsempfinden.

Psychische Sättigung

Das Konzept der „Psychischen Sättigung“ beschreibt einen Zustand von innerer Ablehnung und einem Widerwillen gegenüber sich ständig wiederholenden Abläufen bzw. Handlungen in Verbindung mit negativen Emotionen, wie Frustration und Ärger. Diese können schließlich zu Symptomen wie Anspannung, Nervosität, Müdigkeit und zu Rückzugstendenzen führen. Eine „Psychische Sättigung“ kann zunächst neutral empfunden werden, verliert aber allmählich bei einer sich fortlaufend wiederholenden Tätigkeit oder Situation ihren positiven Aufforderungscharakter. Der/die Handelnde entwickelt mit der Zeit eine ausgeprägte Aversion bzw. „Übersättigung“, die mitunter zu starken Affektentladungen bzw. Abwehrreaktionen führen kann – oder anders ausgedrückt: „es einfach satt haben“ – zumal das Coronavirus nicht sicht- und wahrnehmbar ist, sondern nur die Maßnahmen, die zum Schutz ausgeführt werden.

Reaktanz

„Es einfach satt haben“, provoziert Widerstand und könnte dazu führen, dass es zunehmend zu einer Reduktion der Disziplin und einer Zunahme des Risikoverhaltens kommen kann. Dieser Umstand kann anhand der „Reaktanz-Theorie“ (Brehm, 1966) erklärt werden. „Reaktanz“, als Erregungs- und Motivationszustand, tritt dann auf, wenn wir subjektiv empfinden, in unserer persönlichen Freiheit eingeschränkt zu werden und darauf mit Widerstand reagieren, mit dem Ziel, die als verloren wahrgenommene Freiheit wiederherzustellen. Grundsätzlich gilt: je stärker das Empfinden der Einschränkung, desto stärker tendieren wir auch zum Widerstand. Entscheidend ist hierbei unser Aufmerksamkeitsfokus. Wenn wir zum Beispiel dazu neigen, unsere Aufmerksamkeit auf das Verlorene, anstatt auf Neues oder Alternativen zu richten, reagieren wir mit Reaktanz und das verbraucht überproportional viel Energie.

Daueraktivierung

Unser natürliches Alarmsystem ist momentan im Dauereinsatz. Aktivierung ist grundsätzlich sinnvoll, um uns zu schützen. Dauerhafte Aktivierung in Verbindung mit negativer Erlebnisqualität schadet uns aber, denn sie kann zu einer Vielzahl an Stresssymptomen führen, wie gesteigerte Reizbarkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Muskelverspannungen oder Bluthochdruck. Darüber hinaus kann dauerhafter Stress unser Immunsystem schwächen und uns anfälliger gegenüber Infekten machen. Stress ist individuell. Entscheidend ist immer die subjektive Bewertung der Situation. Durch unseren unbewussten Autopiloten können wir in eine sich abwärts drehende Stress-Spirale kommen, aber zum Glück können wir aus dieser auch jederzeit aussteigen.

Handlungsoptionen

Aus der Stressprävention und Krisenintervention sind Methoden und Techniken bekannt, die in der gegenwärtigen Situation hilfreich sein können: - Gezielte Aufmerksamkeitslenkung: Um ein Gleichgewicht herzustellen, ist es hilfreich, die Aufmerksamkeit täglich auch immer wieder auf positive Erfahrungen zu lenken. - Regelmäßige Bewegung ist eine der besten Möglichkeiten, um sich zu entspannen. - Entspannung gezielt aufbauen: Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Meditation und Yoga sind wirksame und gut evaluierte Entspannungsverfahren. - Soziale Unterstützung ist eine wichtige Form der Krisenbewältigung. Sie kann helfen, sich mit der Familie, Freunden oder Arbeitskollegen auszutauschen, dabei Stress abbauen und bei der Bewältigung eigener krisenhafter Zustände helfen, um handlungsfähig zu bleiben. Die derzeitige Situation ist belastend, verlangt großen Energieaufwand und ermüdet uns zunehmend. Im kommenden TD-Heft wird auf die „Pandemie-Ermüdung“ eingegangen. Bleiben Sie gesund!

Kommissär Mag. Birgit Schlatzer, Referat Prävention und Arbeitspsychologie

 

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