Schritt zur Anerkennung
Das Laufbahnbild des Österreichischen Unteroffiziers unterteilt sich – analog zu anderen Armeen – in mehrere Qualifikationsstufen. Nach dem derzeitigen Ausbildungsmodell ist die Stabsunteroffiziersausbildung, die aus der Kaderausbildung 4 (allgemeiner Teil an der Heeresunteroffiziersakademie) und der Kaderausbildung 5 (Fachteil an einer Waffen- oder Fachschule) besteht, die höchste Stufe. Die Ausbildung zum Stabsunteroffizier ist damit der wichtigste Qualifizierungsschritt im Zuge der Weiterbildung eines Unteroffiziers.
Streitkräfte unterliegen einem permanenten Wandel, um auf veränderte Bedrohungslagen rasch und wirksam reagieren zu können. Dazu gehört auch das Anpassen der Ausbildung als Basis für eine erfolgreiche Einsatzerfüllung. Aus diesem Grund wurde in den vergangenen Jahren die Ausbildung der Unteroffiziere mehrmals adaptiert, damit diese in ihren jeweiligen Führungsebenen und vielfältigen Aufgabenspektren den nationalen und internationalen Herausforderungen gewachsen sind. Obwohl man sich mit den Evaluierungen schrittweise dem zivilen Bildungsniveau angenähert hat, konnte außerhalb der militärischen Liegenschaften kaum jemand die Ausbildung der Unteroffiziere adäquat bewerten oder einstufen. Weder die militärischen Kurse mit ihren vielfältigen Inhalten noch der Unteroffizier als „Endprodukt“ wurden bisher als qualifizierte Führungs- und Fachkraft wahrgenommen und damit auch nicht anerkannt.
Im März 2016 wurde analog zum Europäischen Qualifikationsrahmen der Nationale Qualifikationsrahmen in Kraft gesetzt, der sich in acht Qualifizierungsniveaus unterteilt und als Bewertungsins-trument dient. Durch die Einstufung der Unteroffiziersausbildung in der Stufe 4 und der Stabsunteroffiziersausbildung in der Stufe 5 (Maturaniveau) des Nationalen Qualifikationsrahmens hat sich viel zum Positiven verändert. Schließlich wird mit der Einbettung in dieses System die gesellschaftliche Anerkennung des Berufsbildes „Berufsunteroffizierin oder Berufsunteroffizier“ gefördert.
Dieser Schritt hat mehrere Aspekte. Einerseits ist er für das Selbstverständnis der Unteroffiziere von großer Bedeutung, der eine positive Auswirkung auf künftige internationale Ausbildungskooperationen in Europa haben kann. Andererseits bedeutet die Berücksichtigung in diesem zivilen Bewertungssystem, dass die Berufsaus- und Fortbildung der Unteroffiziere so zu gestalten ist, dass sie in qualitativer Hinsicht mit jener von zivilen Fachkräften vergleichbar ist und das auch bleibt.
Die Einstufung der Stabsunteroffiziers-ausbildung in der nationalen Bildungslandschaft ist neben dem Erreichen einer höheren Funktionsgruppe vor allem eine Bestätigung der Qualität dieser Ausbildung, die nun auch in nationalen und internationalen Ausschreibungen adäquat beschreibbar ist. Darüber hinaus wird der Stellenwert der Unteroffiziersaus- und fortbildung extern und intern angehoben. Die Einstufung bildet zugleich ein Fundament, auf das der Stabsunteroffizier seine Lebenslaufbahn im militärischen, aber auch im zivilen Bereich auf- bzw. ausbauen kann.
Die Anerkennung der Ausbildung dient nicht vorrangig als „Ausstiegsszenario“ für Unteroffiziere. Sie ist primär die nationale sowie europäische Anerkennung einer Berufsaus- und Weiterbildung, die auch im Bereich des Dienst- und Besoldungsrechtes Folgen haben sollte. Auf alle Fälle sollte sie die Basis dafür sein, dass Stabsunteroffiziere zukünftig den Weg zum Fachoffizier beschreiten können (siehe TD-Heft 4/2019), ohne große zusätzliche Hürden überwinden zu müssen.
Für die zivile Anerkennung und Aufnahme in den Nationalen Qualifikationsrahmen musste vor allem durch die Heeresunteroffiziersakademie und die zuständigen Stellen im Bundesministerium für Landesverteidigung viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. So mussten messbare und vergleichbare Ausbildungs- und Prüfungskriterien an die dafür zuständige Koordinierungsstelle vorgelegt werden. Das bedeutet aber auch, dass diese strengen Qualifikationskriterien in der Ausbildung und bei Prüfungen einzuhalten sind. Somit muss zukünftig jede Änderung des aktuellen Ausbildungsmodells genau durchdacht werden, denn neben den militärischen Erfordernissen sind ebenfalls die Richtlinien für den Nationalen Qualifikationsrahmen von Bedeutung und einzuhalten. Das bringt jedoch den Vorteil, dass in Zukunft nicht mehr willkürlich an den Stellschrauben der Unteroffiziersausbildung gedreht werden kann.
Die Weiterbildung zum Stabsunteroffizier dient nicht nur der Verbesserung der Gefechts- und Führungsausbildung. Sie bedingt auch das bewusste Weiterentwickeln des eigenen Charakters und Wesens durch lebenslanges Lernen und Reflexion, das Aneignen von Fähigkeiten und Fertigkeiten abseits des Gefechtsfeldes und die kritische Auseinandersetzung mit Entwicklungen in der Gesellschaft und dem Militär. Das garantiert in der Zukunft nicht nur die Qualität der Unteroffiziersausbildung, sondern auch deren Anerkennung in der zivilen Bildungslandschaft.
Vizeleutnant Othmar Wohlkönig ist Kommandounteroffizier der Streitkräfte.