Smart Simulation
Die Ausbildung zum Unteroffizier und Offizier der Miliz erfolgt in mehreren Lehrgängen. Bei der Kaderanwärterausbildung 3/Miliz wird in zwei Wochen die Ausbildungspraxis auf Gruppenebene vermittelt. Ein Fokus liegt auf Lehrauftritten, bei denen bewährte Methoden und moderne Hilfsmittel zum Einsatz kommen, unter anderem bei der Pistolenausbildung.
Zukünftigen Kommandanten und Ausbildern der Milizverbände den Einsatz von smarter „Low Cost“-Simulation im Waffen- und Schießdienst näherbringen, methodische Reihen vom Trockentraining bis zum scharfen Schuss erleben lassen, dabei den ständigen Perspektivenwechsel „Schütze-Ausbilder-Ausbildungsleiter“ initiieren sowie reflektieren und Erfolg sowie Spaß auf dem Schießplatz haben – diesem Anspruch stellt sich das Institut 3 der Heeresunteroffiziersakademie beim Lehrgang „Ausbildungspraxis Miliz“. Wie die Umsetzung praktisch im Ausbildungsalltag gelingen kann, zeigt dieser Beitrag.
Offiziers- und Unteroffiziersanwärter des Milizstandes absolvieren bei der Kaderanwärterausbildung (KAAusb) 3/Miliz an der Heeresunteroffiziersakademie (HUAk) einen zweiwöchigen Lehrgang für Ausbildungspraxis. Nach Abschluss der allgemeinen sowie der waffengattungsspezifischen Kommandantenausbildung (Kaderanwärterausbildung 1 und 2 – KAAusb1) dient dieser Lehrgang als Weiterbildung und Vorbereitung für die Ausbildung von Soldaten.
Im ersten Teil des Lehrganges KAAusb3/Miliz werden durch die Teilnehmer ausbildungsmethodische Grundlagen in Form eines Fernlehrganges auf der Plattform SITOS erarbeitet. Die dabei erworbenen Kenntnisse müssen bei einer Onlineprüfung unter Beweis gestellt werden. Im Lehrgang Ausbildungspraxis erfolgt in Präsenz eine Vertiefung des Wissens durch praktische Ausbildungen in der Gruppe, die durch das Lehrpersonal der HUAk begleitet werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Lehrauftritte, die thematisch dem Bedarf der auszubildenden Inhalte bei den wiederkehrenden Milizübungen entsprechen. Die Anwendung der erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen sowie das schrittweise Erarbeiten einer einschlägigen Expertise im Ausbildungsbereich erfolgt während der darauffolgenden Milizübungen. Der folgende Beitrag behandelt die Pistolenausbildung, die bei diesem Lehrgang sowohl im Trockentraining als auch beim Scharfschießen stattfindet.
Ausbildungsziel
Das Ziel des Lehrganges Ausbildungspraxis lautet: Die Absolventin/der Absolvent kann die Grundlagen der Ausbildungsmethodik mit Schwerpunkt auf der Festigungs- und bedingt auf der Anwendungsstufe im Rahmen simulierter Ausbildungssituationen auf Gruppenebene anwenden.
Didaktische Überlegungen
In der ersten Woche des Lehrganges beschäftigen sich die Teilnehmer bei Lehrauftritten unter anderem mit den wesentlichen Fertigkeiten in der Handhabung der Pistole. Das dient der Wiederholung, dem „Hineinfinden in die Materie“ und der methodischen Ausbilderschulung.
In der zweiten Woche erfolgt die Ausbildung an der Pistole an zwei Tagen blockweise. Dabei übernimmt ein Hauptlehrunteroffizier mit der Qualifikation Schießausbilder die Rolle des Ausbilders. Die Teilnehmer werden für diese Ausbildung und das Schießen paarweise zusammengeführt. Da die Grundschießfertigkeit an der Pistole bereits vorhanden ist, werden im weiteren Training und beim Scharfschießen Methoden der Festigungsstufe angewandt. Unterstützend werden in den Ausbildungssequenzen Simulationssysteme der Mantis-Pro-duktreihe (siehe Simulationssysteme) eingesetzt.
Der Aufbau der Schießausbildung in der zweiten Woche erfolgt im Dreischritt: Am ersten Tag findet die praktische Ausbildung im Turnsaal statt, die einen halben Tag dauert. Am zweiten Tag folgt das Scharfschießen, bei dem die geübten Handgriffe und Techniken in drei Schießübungen wiederholt und angewendet werden. Beim Scharfschießen übernehmen die Soldaten die Funktion des Sicherheitsgehilfen und des Ausbilders am Stand – angeleitet und geführt durch den Schießausbilder. Losgelöst von der spezifischen Pistolenausbildung, aber dennoch damit zusammenhängend, findet am dritten Tag ein Szenarientraining statt. Bei diesem werden den Teilnehmern zusätzlich zum Schusswaffengebrauch auch Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Selbstüberwindung oder Kommunikation abverlangt.
Das Szenarientraining soll, neben der individuellen physischen und psychischen Herausforderung, den zukünftigen Offizieren und Unteroffizieren vor allem „Bilder vermitteln“ und damit zeigen „was alles geht“. Diesen Zugang verfolgen alle in dieser Ausbildung gewählten Methoden. Konsequent wird der Wiedererkennungswert, bezogen auf Inhalt und Methode, über die Tage hinweg durch Wiederholungen bewusst hochgehalten. Der Anspruch an den Schützen steigt (im Sinne der Festigungsstufe) von Tag zu Tag. Die wesentlichen Feinziele, die zu erreichen sind, und die davon abgeleiteten Inhalte beschränken sich auf den Präzisionsschuss, den erzwungenen Magazinwechsel und die Standardschussabgabe.
Die zukünftige Einteilung der Teilnehmer macht es notwendig, diese in ihrer Funktion mehrdimensional zu betrachten:
- Der Schütze trainiert individuell, aber innerhalb der Gruppe mit der Waffe, unter Anleitung und
- wechselt zeitweise und gesteuert in die Rolle des Ausbilders, wo er Einblick in die didaktischen sowie methodischen Überlegungen zum Ausbildungsaufbau vom Hauptlehrunteroffizier und Schießausbilder bekommt und
- erlebt aus der Metaperspektive, welche planerische Arbeit ein Ausbildungsleiter leisten muss, um eine qualitativ hochwertige Lernumgebung zu schaffen (die Einteilung der Teilnehmer während des Lehrganges in dieser Rolle würde aufgrund der Vorkenntnisse und des Zeitrahmens zur Überforderung führen; Anm.).
Simulationssysteme
Eine mittlerweile langjährige Zusammenarbeit mit dem Unternehmen reproo equipment & training aus Braunau/Inn hat es ermöglicht, dass die HUAk im Jahr 2023 einen Trainingskoffer mit je sechs Abzugstrainern Mantis X10 sowie 9-mm-Laserpatronen der Laser Academy Serie als Leihgabe erhalten hat. Dieses System wird unter anderem bei der Ausbildungspraxis Miliz oder beim Lehrgang „Lehrkraft 3“ verwendet.
Der Mantis X10 bietet sowohl im Trockentraining als auch beim Scharfschießen Bewegungsanalysen, detaillierte Schussanalysen und maßgeschneiderte Trainingsprogramme. In Verbindung mit einer Applikation auf dem Smartphone erhält der Schütze in Echtzeit ein Feedback und kann seine Schießtechnik dadurch effizient und effektiv verbessern.
Das Mantis Laser Academy-System verwendet eine Lasertrainingspatrone, die sich im Laderaum der Pistole befindet. Jedes Mal, wenn der Schlagbolzen auf die Patrone trifft, wird ein Laserstrahl über den Lauf abgegeben. Mit physischen Zielen werden diese Laserschüsse vom Smartphone oder Tablet über die eingebaute Kamera gelesen und je nach Trainingsmodus bewertet.
Methodische Umsetzung
Die praktische Umsetzung der Ausbildungsmethoden erfolgt beim Trockentraining und beim Scharfschießen. In weiterer Folge werden
- der Präzisionsschuss (Methode Wettkampf),
- der Magazinwechsel (Methode Drill),
- die Standardschussabgabe (Methode Normstation) und
- die Reflexionsphase beleuchtet.
Präzisionsschuss
Der Anspruch des Präzisionsschusses hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit und Feinmotorik an den Schützen macht es schlüssig, diese Thematik an den Beginn des Ausbildungstages zu legen. Der Ausbilder kann sich rasch ein Bild von den individuellen Fertigkeiten der Schützen machen. Erfahrungsgemäß besteht in dieser Phase noch die Möglichkeit, Fehler anzusprechen und auszubessern sowie Neuheiten der Lehrmeinung weiterzugeben.
Zunächst arbeitet die Gruppe die „Benchmark-Übung“ im Trockentraining und in Verbindung mit dem Mantis X10-Sensor ab. Dabei werden zehn Präzisionsschüsse abgegeben, wobei bei jeder Schussabgabe theoretisch maximal 100 Punkte zu erzielen sind. Die Punkteanzahl errechnet sich aus Parametern wie der horizontalen bzw. vertikalen Bewegung um die Laufachse oder der Konstanz des Waffengriffes. Der Mehrwert dieser App ergibt sich aus der automatischen Fehlererkennung in Verbindung mit einem Trainings- bzw. Verbesserungsvorschlag – daher „Smart Simulation“.
Bereits hier beginnt, ohne dezidierten Hinweis des Ausbildungsleiters, der Wettkampf in der Gruppe, indem die erreichten Gesamtpunkte je Schütze auf einer Flip Chart visualisiert werden. Bei allen Übungen wechseln die Rollen des Schützen und des Ausbilders nach jedem Durchgang. Inhaltlich wird nach dieser Einstiegsübung mit dem Präzisionsschuss fortgesetzt. Dazu erfolgt der technische Wechsel auf die Lasertrainingspatrone mit einem Konturziel, dessen Solltrefferfläche dem Ovalziel entspricht. Die Zielentfernung beträgt fünf Meter, die vom Scharfschießen bekannte Distanz. Auch hier gibt jeder Schütze zehn Schuss ab, bei denen maximal 100 Ringe erzielt werden können. Dieses Ergebnis wird wie bei der Vorgängerübung visualisiert.
Am zweiten Tag des Ausbildungsblockes (Scharfschießen) wird erneut mit dem Präzisionsschuss begonnen. Da die Schützen bereits über die Grundschießfertigkeit verfügen, erfolgt die Zieldarstellung mit einer vergrößerten Zehnerringscheibe (Ringe 6 bis 10). Die Zielentfernung beträgt sieben Meter, die Munitionszahl 13 Schuss. Geschossen wird ohne Zeitlimit, in die Wertung kommen die zehn besten Ringe. Der Gedanke dahinter ist der Wechsel zur Methode Wettkampf, der spätestens mit der „Präsentation“ des Zieles erreicht wird. Der Wettkampf eignet sich gut, um den affektiven Anteil des Feinzieles (Wille, Motivation, Einstellung) zu überprüfen. Das setzt voraus, dass zumindest eine Grobform der Technik vorhanden ist und keine gravierenden Fehler im Bewegungsablauf passieren.
Magazinwechsel
Die Mehrzahl der österreichischen Soldaten (Spezialverbände ausgenommen) verfügt weder über ein zweites Magazin für die Pistole noch über die dafür notwendige kompatible Tasche. Dennoch können mit dem Magazinwechsel relevante Handgriffe wie die Ladetätigkeiten, der Waffencheck oder das Wieder-in-den-Anschlag-Bringen abgedeckt werden. Da es sich dabei um eine wiederkehrende und gleich ablaufende Fertigkeit handelt, bietet sich in der Festigungsstufe die Methode des Waffen- und Gerätedrills an.
Zuerst macht der Schießausbilder das erwartete Verhalten mit einem Teilnehmer (als Ausbilder) vor. Das ist notwendig, da zu diesem Zeitpunkt der Ausbildung oft ein falsches Bild der Methode Drill existiert. Dazu wird im Vorfeld eine Halbscheibe als anschauliche Drillkarte beschriftet. Auf dieser stehen nur die einzelnen Schlagwörter anstelle voller Kommandosätze.
In der ersten Phase dieser Ausbildungssequenz (ca. 20 Minuten) führen die Milizsoldaten die Handgriffe des erzwungenen Magazinwechsels unter Anleitung des Kameraden im „Buddy Team“ durch. Zunächst wird der Ausgangszustand an der Waffe hergestellt. Der Ausbilder liest die Schlagwörter danach von einer in der Vorwoche vorbereiteten Drillkarte vor. Der Schütze führt die Tätigkeiten unter Mitsprechen durch. In dieser Phase werden zehn bis fünfzehn Magazinwechsel konzentriert ausgeführt, dann erfolgt der Rollenwechsel im Team. Danach gibt es eine „lohnende Pause“. Dafür wurden im Laufe der Lehrgänge verschiedene Möglichkeiten vermittelt. So könnte sich eine Gruppe in dieser Pause beispielsweise mit der derzeitigen Gliederung der Land- und Luft-Brigaden beschäftigen, oder eine Denksportaufgabe lösen, für die ein „Out of the box“-Denken nötig ist. Wesentlich ist, dass sich die Soldaten in der Pause psychomotorisch und kognitiv von der Pistole und dem Magazinwechsel erholen.
Unmittelbar nach dieser Pause beginnt die zweite Phase der Drillausbildung. Die bisher „analoge“ Durchführung erfährt nun eine digitale Erweiterung. Dazu wird der Mantis X10 verwendet. Die vielfältige Übungsauswahl der zugehörigen App sieht auch verschiedene Nachladeübungen vor. Zunächst werden die Sensoren montiert und der Ausgangszustand wird an der Waffe hergestellt. Danach geben die Schützen im Übungs-Setup verschiedene Parameter wie Zeitvorgaben ein.
Der erzwungene Magazinwechsel wird nach dem Start durch einen Signalton ausgelöst. Die Handgriffe werden in einem Bewegungsablauf durchgeführt, abgeschlossen wird das Nachladen mit einer trockenen Schussabgabe. Dies ist der Impuls für die Elektronik, die Übung zu beenden. Vom Auslösesignal bis zur Schussabgabe sind die fünf bis sieben Sekunden Zeit für geübte Schützen ein erreichbares Ziel. Bewertet wird von der App allerdings der abschließende Schuss im bekannten Punkteverfahren. Wesentlich ist, dass der Magazinwechsel in den beiden Phasen des Drills und darüber hinaus immer nach dem gleichen Bewegungsmuster erfolgt. Um eine Automatisation zu erreichen und Kapazitäten für andere Aufgaben (z. B. Ausweichbewegung) zu schaffen, darf hier keinesfalls eine Variation erfolgen. Letztere schafft der Ausbilder, indem der Anspruch an den Übenden schrittweise steigt, beispielsweise durch Zeit- und Präzisionsdruck, bei der abschließenden Schussabgabe.
Während der zweiten Übung am Schießtag können die Teilnehmer selbst erleben, wie weit der Magazinwechsel bereits gefestigt ist. Die ausgegebene Munitionsmenge wird für den Schützen auf zwei Magazine aufgeteilt, eines an die Waffe angesteckt, das zweite an der Ausrüstung versorgt. In beiden Fällen weiß er nicht, wie viel Munition sich im Magazin befindet – er wird sozusagen „überrascht“. Die Schießart wechselt in dieser Übung vom Präzisionsschuss zum Schnellschuss, die Distanz wächst auf zehn Meter an. Das Ziel ist eine Skelettscheibe, womit auch in der Zieldarstellung die Festigung erreicht wird, da der Grundsatz Realitätsnähe berücksichtigt wird.
Standardschussabgabe
Realitätsnähe ist ein hoher Anspruch, dem sich jeder Ausbilder stellen muss, und die Bedingung der abschließenden Ausbildungsphase. Hierzu wird die Methode der Normstation angewandt. Abgeleitet vom Gefechtsbild, werden von den Schützen Standardsituationen trainiert, die Gefechtsaufgaben simulieren. Dabei werden verschiedene Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen verknüpft.
Im gegenständlichen Lehrgang wird eine Personenkontrolle bei der Wache, beim Kontrollpunkt etc. als Übung trainiert. Die Zieldarstellung erfolgt durch die vom Bundesministerium für Landesverteidigung genehmigten personifizierten Scheiben, die unter anderem eine Darstellung mit verschiedenen Hand- und Faustfeuerwaffen ermöglichen. Die Schützen haben nun eine eskalierende Personenkontrolle bis zum lebensgefährdenden Waffengebrauch gemäß Militärbefugnisgesetz abzuarbeiten. Im Trockentraining erfolgt eine Verknüpfung mit dem Simulationssystem Laserpatrone. Dazu wird die Solltrefferfläche am personifizierten Ziel mit einer Scheibe aus dem Simulationssystem überklebt, damit die App eine Trefferaufzeichnung machen kann.
Der Ablauf dieser Übung ist wie folgt: Zunächst „spricht“ der Soldat als Kontrollposten die Scheibe an. Während der Kontrolltätigkeit eskaliert die Situation. Der Posten entscheidet sich zum Waffengebrauch und beschießt die Solltrefferfläche. Nach dem Feuerkampf erfolgen die Lagemeldung, die Umgebungskontrolle, der Waffencheck und die Selbstüberprüfung auf Verletzungen und Vollzähligkeit. Die Versorgung des angeschossenen Gegners wird darstellungsbedingt nur eingeleitet.
Jeder Teilnehmer arbeitet diese Standardschussabgabe in rascher Folge zehnmal ab, danach folgt der Rollentausch. Die Ausbilder sind in jeder Phase angehalten, dem Schützen ihre Beobachtungen mitzuteilen. Je nach Ausbildungsstand der Gruppe wird abschließend eine Phase körperlicher Belastung vor der Personenkontrolle simuliert. Dazu wird für drei Minuten eine Kraftausdauersequenz mit Kugelhantel, Medizinball und dem eigenen Körpergewicht durchgeführt, um eine „Alarmreaktion“ im Herz-Kreislauf-System hervorzurufen. Auch im beschriebenen Einsatzfall wird der Posten mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits unter Einfluss von Stress stehen – folglich muss dieser im Training fallweise und überlegt simuliert werden.
Beim Scharfschießen am Folgetag wird diese Übung drei- bis viermal geschossen, abhängig vom Munitionsbedarf des Schützen je Durchgang. Es gibt bewusst keine Beschränkung auf die bekannte Dublette, da der Wirkungstreffer und nicht die aufgewendete Munitionsmenge zählt. Das Ziel ist dasselbe wie beim Trockentraining, die Distanz beträgt 10 m. Eine körperliche Vorbelastung findet nicht statt, erfahrungsgemäß verursacht das Schießen relativ viel Stress bzw. lässt der Ausbildungsstand diese Simulation nur in Ausnahmefällen zu.
Reflexionsphase
Die Ausbildung endet nicht mit der letzten Übung des Scharfschießens. Inhaltlich wird diese am Folgetag in der Kaserne mit einem Szenarientraining fortgesetzt. Auf der persönlichen Ebene folgt eine Reflexionsrunde, in der durch gezielte Fragen die Lessons Identified des Schützen und des Ausbilders erarbeitet werden. Dabei geht es vor allem um Fertigkeiten – hier wird der methodische Gewinn „geerntet“.
Die Reflexion erfolgt während dieser Ausbildung auch in einem anderen Kontext. Die Teilnehmer finden sich zwischen den Phasen Waffen- und Gerätedrill und der Normstation zu einer „Lesestunde“ ein. Was von außen als wenig spektakulär und methodischer „Bruch“ wahrgenommen werden kann, ist aus einer Notwendigkeit entstanden und verfolgt einen tieferen Sinn.
Jeder Ausbilder, der sich mit der Methodik der Simulation in der Praxis beschäftigt, kommt irgendwann an den Punkt, Maßnahmen der Begleitausbildung zu beurteilen. Nur in Ausnahmefällen (z. B. Simulationszentren) steht Technik im großen Umfang zur Verfügung. Diese Begleitausbildung kann selbstgesteuert erfolgen indem den Lernenden Auszüge aus einer thematisch passenden Fachliteratur zur Verfügung gestellt werden. Das Lesen alleine ist aber zu wenig, daher werden die individuellen Erkenntnisse aus der Literatur auf einem Chart zusammengefasst und für alle sichtbar gemacht.
Fazit
„Ich durfte meine Ausbildung mitgestalten“, „das Training hat mir etwas für meine weitere Laufbahn gebracht“, „moderne Technologie wird niederschwellig eingesetzt“, das sind Statements von Lehrgangsteilnehmern am Ende dieses Ausbildungsblockes. Sie zeigen, dass die Ausbildungsidee ihre „Wirkung im Ziel“ hat. Objektiv messbar ist der Erfolg am Schießergebnis, das jenen des Berufskaders um nichts nachsteht.
Die Ausbildung dient primär der Vorbereitung auf den Einsatz. Sie darf aber auch Spaß machen und soll fordernd sein. Um auch im Milizstand den notwendigen personellen Aufwuchs zu generieren und die Bereitschaft der Soldaten zu fördern, sich Qualifizierungsmaßnahmen zu unterziehen, ist eine zeitgemäße und auf Augenhöhe betriebene Ausbildung eine wesentliche Zubringerleistung.
Alle angehenden Kommandanten und Ausbilder müssen „Bilder“ im Kopf haben, wie militärisches Training didaktisch und methodisch umgesetzt werden kann, um dem Anspruch des modernen Gefechtsfeldes begegnen zu können. Erste Ableitungen aus den jüngsten Kriegen zeigen, dass oftmals totgesagte Methoden, die im Bundesheer über Ausbildergenerationen weitergetragen wurden, aktueller denn je sind. Daher müssen sie, abgestützt auf moderne Ausbildungsmittel in einer kameradschaftlich-wertschätzenden Atmosphäre, in einer einsatzorientierten Ausbildung (wieder) zur Anwendung kommen.
Vizeleutnant Gerald Weihs; Hauptlehrunteroffizier an der HUAk
Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 4/2024 (400).