Sprachbegleiter für Soldaten
Die Militärfachsprache ist die Basis der Sprachausbildung im Österreichischen Bundesheer und die Kernkompetenz des Sprachinstituts des Bundesheeres an der Landesverteidigungsakademie. Seit Jahren gibt es eine Fülle an militär-fachsprachlichem Unterrichtsmaterial in Englisch, das seit Beginn der einsatzorientierten Sprachausbildung ständig weiterentwickelt wird. Mit dem Lehrbuch „Military English 1B“ von Herwig Preining und Rudolf Handler gibt es nun ein umfassendes und fachsprachliches Werk für die Englischausbildung, das als Synergieprodukt des Wirkungsverbundes Militärhochschule einen wesentlichen Beitrag zur sicherheitsrelevanten Fachsprache im Österreichischen Bundesheer leistet.
In den 1990er-Jahren verlagerte das Österreichische Bundesheer (ÖBH) seinen Fokus auf die Beteiligung an internationalen Operationen und Kooperationen. Damit verbunden musste auch die Sprachkompetenz in Englisch, welche die wichtigste Befehls-, Kommando- und Arbeitssprache auf allen Ebenen in internationalen Einsätzen und Missionen darstellt, verbessert werden. Über eine Englisch-Sprachkompetenz zu verfügen, erlangte sowohl bei den Offizieren als auch bei den Unteroffizieren eine gesteigerte Bedeutung. Schließlich wurde sie zu einem wichtigen Kriterium für den positiven Abschluss von Laufbahnkursen und für die Besetzung von Funktionen bzw. Arbeitsplätzen im ÖBH.
Neben der Verbesserung der allgemeinen Sprachkenntnisse musste das Niveau vor allem in Bezug auf die fachsprachliche Qualifikation (Military English) angehoben werden. Military English bildet die wesentliche Grundlage für Soldaten, um im internationalen Umfeld miteinander kommunizieren und in weiterer Folge gemeinsame Einsatzaufgaben erfüllen zu können. Die Verbesserung der allgemeinen Sprachkenntnisse schritt aufgrund der Verfügbarkeit engagierter Englischlehrer an der Landesverteidigungsakademie und qualitativ hochwertiger Englischlehrbücher rasch voran.
Im Bereich der Fachsprache Military English sah die Situation anders aus. Es gab nur wenige Bücher, die für österreichische Soldaten im Auslandseisatz relevante Themen und Inhalte behandelten. Die Situation beim Military-English-Lehrpersonal war ähnlich. Auch hier mangelte es an Sprachfachpersonal. Mit speziellen Schulungen musste man einer neuen Generation von Englischlehrern und -trainern die Grundzüge der militärischen Fachterminologie näherbringen.
Vom Lehr- und Arbeitsblatt zum Lehrbuch
Aus diesem Grund initiierte das Sprachinstitut des Bundesheeres (SIB) an der Landesverteidigungsakademie unter der Leitung von Hofrat Herwig Preining im Jahr 2007 das Sprachtrainer-System für die Englischausbildung. Offiziere, Unteroffiziere und Zivilbedienstete mit Sprachkenntnissen auf dem NATO BILC Level 3/3/3/2+ (eine Halbstufe über Maturaniveau) konnten die Team Teacher-Qualifikation erreichen, nachdem sie mehrere Sprachtrainer-Module absolviert hatten. Sie sollten in den Kursen die Unterrichtseinheiten für das Military English leiten und so die Lehrer in der militärspezifischen Fachsprache unterstützen. Mit den Sprachtrainermodulen wurde ein österreichweites Netzwerk von qualifizierten Spezialisten geschaffen. Die dafür notwendigen Lehrmittel erstellte und verbesserte das Referat Taktisches Englisch am SIB im Laufe der Jahre kontinuierlich.
Ein Sprachtrainer der ersten Stunde und Co-Autor des Lehrbuches ist Vizeleutnant i. R. Rudolf Handler. Der Soldat mit österreichischen Wurzeln wuchs in Australien auf, wo er auch eine militärische Ausbildung absolvierte. Seine Kompetenz als Muttersprachler und Soldat trugen wesentlich dazu bei, die militärfachsprachlichen Inhalte (Lern- und Lehrmaterial) zu erstellen.
Das Basismaterial wurde im Laufe der Jahre ständig weiterentwickelt. Dies hatte jedoch zur Folge, dass nicht alle Sprachtrainer immer aktuelle Unterlagen verwendeten, wodurch eine gewisse Unschärfe in der Sprachausbildung entstand. Um eine Zusammenführung und gleichzeitige Akkordierung der Lehrinhalte zu ermöglichen, entschied man, ein neues und einheitliches Lehrwerk für das ÖBH im Bereich Military English zu schaffen. Dazu mussten die Autoren zunächst die fachsprachlichen Inhalte, unterschiedliche didaktische Hilfsmittel und die notwendige Fachterminologie zusammenführen und Inhalte neu entwickeln. Unterschiedliche didaktische Methoden und Konzepte wurden mit Sprachtrainern, Pädagogen, Kommandanten und Soldaten erarbeitet und praxisnah getestet. Das Ergebnis dieses Prozesses ist das nun vorliegende Lehrwerk „Military English 1B“, das als Synergieprodukt des Wirkungsverbundes Militärhochschule (Landesverteidigungsakademie, Theresianische Militärakademie und Heeresunteroffiziersakademie) im Jahr 2020 publiziert wurde.
Werk für Studierende, Trainer und Lehrer
Das Lehrbuch soll Soldatinnen und Soldaten vor allem in der ersten Stufe ihrer militärischen Englischausbildung begleiten und eignet sich auch für das Selbststudium. Es behandelt grundlegende militärische Themen, die nicht nur für das Sprachniveau 1B relevant sind, sondern auch die Basis für alle weiteren Kurse bilden. Das Paket besteht derzeit aus drei Teilen, dem „Student’s Book“ für Studierende, dem „Trainer’s Book“ für die Sprachtrainer und den „Digital Media“-Produkten (Prüfmittel, Vokabeltrainer, Druckvorlagen etc.).
Das „Student’s Book“ umfasst 76 Seiten und acht Kapitel, die Themen wie General Military English, Barracks and Daily Routine oder Vehicles and Aircraft abdecken. In den Kapiteln befinden sich allgemeine Informationen, Übungen und Vokabellisten sowie die „Insiders’ Tips“ mit nützlichen Hinweisen aus der Praxis. Das „Trainer’s Book“ ist den Sprachtrainern vorbehalten. Neben den Lösungen für die Übungsbeispiele finden sich darin auch methodisch-didaktische Hinweise und Hintergrundinformationen. Ein Prinzip des Sprachtrainers lautet: „Bereite dich in der Zielsprache vor!“, ein anderes: „Benutze so viel Englisch wie möglich!“ Dementsprechend wird in beiden Büchern kaum die deutsche Sprache verwendet.
„Military English 1B“ soll Soldatinnen und Soldaten, insbesondere auch die Miliz, während ihrer militärischen Laufbahn als Nachschlagewerk sowie fachliche Hilfestellung begleiten und einen wesentlichen Baustein eines umfassenden Ansatzes im militärischen Englischtraining darstellen. Mit der Zeit wird eine Sammlung von Büchern für Studierende und Trainer entstehen, die verschiedene Leistungsniveaus abdecken. Derzeit steht ein „Vocabulary Book“ knapp vor der Fertigstellung, Lehrbücher für die Stufen 2A und 2B sind in Arbeit. Die Stufen 3A und 3B sollen folgen. Ein wichtiges und prioritäres Projekt ist das Zurverfügungstellen dieser Lehrwerke in einem eBook-Format. Dieses wird im Zuge der „Digitalisierung des Sprachwesens“, einem Leuchtturmprojekt des SIB und der Landesverteidigungsakademie, noch 2021 umgesetzt, wodurch jedem der orts- und zeitunabhängige Zugang zu den Lehrinhalten in Sinne eines „Language Training TO GO“ ermöglicht werden soll.
Durch dieses neue und innovative Military English-Konzept wird nicht nur die einsatzorientierte und aufgabenbezogene Sprachkompetenz der Soldatinnen und Soldaten wesentlich gefördert, sondern vor allem auch die sprachliche Interoperabilität und somit die Einsatzbereitschaft des ÖBH im internationalen Umfeld nachhaltig sichergestellt.
Hofrat Gerold Keusch, BA; Leiter Online-Medien in der Redaktion TRUPPENDIENST.