• – Letztes Update : 14.03.2016

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Strategische Herausfor­de­rungen für die GSVP aus militärischer Sicht

Wolfgang Wosolsobe

Vor kurzem hat in Brüssel Frau Federica Mogherini ihr Amt als Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission (HRVP)angetreten. In ihrer Funktion als VizepräsidentIn führt sie den Vorsitz in einer Gruppe von Kommissaren, die im Feld der auswärtigen Aktion tätig sind. Daraus ergibt sich eine Chance zur umfassenden Nutzung aller Ins­trumente, die der EU für ihre auswärtige Aktion zur Verfügung stehen.

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik - GSVP ist ein wesentliches In­strument des auswärtigen Handelns, und zwar ausschließlich für Aufgaben, die außerhalb der Staatsgebiete der EU-Staaten liegen. Nur die stete und detaillierte Abstimmung mit der Kommission kann das Wirken des Auswärtigen Dienstes und besonders der Instrumente der GSVP dauerhaft gestalten. Die GSVP ist im Wesentlichen ein Mechanismus, wie zivile und militärische Mittel der Mitgliedstaaten oder von Drittstaaten so zum Zusammenwirken gebracht werden können, dass sie die Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) unterstützen.

Die tatsächliche Vielfalt dieses im Vertrag von Lissabon grundsätzlich angelegten Aufgabenspektrums nimmt stetig zu. Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise erschweren es für EU-Mitgliedstaaten weiterhin, über nationale Aufgaben bzw. Bindungen aus dem Bereich der NATO hinaus, auch regelmäßige substanzielle Beiträge im Rahmen der GSVP zu leisten. Das wirkt sich naturgemäß auf den militärischen Bereich stärker aus als auf den zivilen Sektor. Es kommt hier darauf an, politische und materielle Spielräume zu identifizieren, zu nutzen und zu erweitern. Das muss auf mehreren Ebenen geschehen: Auf der strategischen ebenso wie auf der operationellen Ebene, auf der Brüsseler Ebene und in den Hauptstädten, in den Institutionen und in der Öffentlichkeit. Ich werde einige Aspekte für den militärischen Bereich ansprechen.

Solange politische und institutionelle Bereitschaft für die Schaffung einer gemeinsamen, allenfalls zivil-militärischen und ständigen Führungsstruktur nicht absehbar ist, müssen die vorhandenen Einrichtungen zur Führung von Operationen und Missionen verbessert werden. Das bleibt eine ständige Aufgabe der GSVP, wobei das Vorhandensein gut brauchbarer ad-hoc-Strukturen nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass auch deren optimale Nutzung die EU nicht zur raschen militärischen Antwort auf militärische Situationen des oberen Spektrums befähigt. 

So lange die EU über keine ausreichenden eigenen Mittel für strategische Aufklärung verfügt, muss sie die Nutzbarkeit nationaler Ressourcen in diesem Bereich deutlich verbessern. Das hat einen wesentlichen nachrichtendienstlichen Aspekt, geht aber insgesamt darüber hinaus. Es geht u. a. darum, personelle Ressourcen für frühzeitige Erkundungsmissionen und das Verbringen von militärischer Expertise in EU-Delegationen, auch über längere Zeiträume, zu ermöglichen.

Ähnliches gilt für die rasche militärische Reaktionsfähigkeit der EU insgesamt: So lange alle Instrumente der raschen Reaktionsfähigkeit doppelter Kontrolle unterliegen - Entscheidung zur Einmeldung und dann noch einmal Entscheidung zum Einsatz, können wir nur fortfahren, das verfügbare Instrumentarium auf der Grundlage der geltenden politischen Entscheidungsmechanismen zu verbessern.

Die so genannten Battle Groups   sind ein Bestandteil dieses Instrumentes, eingebettet in ein umfassenderes Konzept zur raschen Reaktionsfähigkeit. Es geht darum, die Reaktion besser an Situationen anpassen zu können, den Einsatz der Kräfte zeitlich zu staffeln und alle Teilstreitkräfte, wo erforderlich, in die Reaktion einzubeziehen. 

Die Bereitschaft für diese Maßnahmen muss politisch hergestellt werden. Es kann von Streitkräften nicht dauerhaft erwartet werden, dass sie sich für internationale Einsätze vorbereiten, wenn erkennbar die politische Bereitschaft fehlt, solche Einsätze, wo erforderlich, auch sehr rasch durchzuführen. Es hilft nicht, wie etwa im Falle der Entscheidungsfindung für eine Operation in der Zentralafrikanischen Republik zweimal auf Ministerebene und einmal auf Ebene der Staats- und Regierungschefs zu erklären, dass hier eine rasche Reaktion dringend erforderlich sei, wenn dann von den gleichen politischen Entscheidungsebenen die zur Umsetzung dieser Entscheidung notwendigen Mittel nicht freigegeben werden. Dazu gehören auch Battle Groups.

Die Gründe für dieses Zögern sind vielschichtig. Einer davon ist mangelnde Information über die Erfordernisse und Möglichkeiten einer wirksamen Ausgestaltung der GSVP. Neben den materiellen strategischen Herausforderungen für die GSVP besteht ganz sicher ein wesentlicher Bedarf zur Kommunikation. Die neue, gestärkte Rolle der HRVP kann hier einen Beitrag leisten.  

Generalleutnant Wolfgang Wosolsobe ist Generaldirektor des Militärstabes der Europäischen Union.

 

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