• Veröffentlichungsdatum : 25.06.2024
  • – Letztes Update : 02.07.2024

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Top Graduate - International Flight Safety Officer Course

Peter Spiegl

Von 1. Mai bis 9. Juni 2023 fand der „International Flight Safety Officer Course” am U.S. Air Force Safety Center in den USA statt. Ausgewählte Militärpiloten aus aller Welt durchliefen dort einen intensiven Lehrgang, um Flight Safety Officer zu werden. Unter den 26 Teilnehmern war auch ein Eurofighterpilot des Österreichischen Bundesheeres: Hauptmann Peter Spiegl.

Seit vielen Jahren werden österreichische Militärpiloten nach Albuquerque (New Mexico/USA) entsendet. Im dortigen Air Force Safety Center in der Kirtland Air Force Base, dem Kompetenzzentrum der U.S. Air Force für Sicherheit in den Luftstreitkräften, absolvieren sie den International Flight Safety Officer Course, um Flight Safety Officer (FSO) zu werden.  

Kirtland Air Force Base

Albuquerque ist mit 600 000 Einwohnern die größte Stadt New Mexicos. Das Klima ist trocken und heiß. Speziell für Lehrgangsteilnehmer, die in niedriger gelegenen Orten leben, ist die Seehöhe von mehr als 1 500 m bemerkbar. Im Südwesten von Albuquerque, einer der sonnenreichsten Städte der USA, liegt die Kirtland Air Force Base. Diese erstreckt sich über eine Fläche von 52 000 Hektar und hat etwa 23 000 Beschäftigte. Die Air Base gleicht einer Kleinstadt. Es gibt Supermärkte, Tankstellen, ein Kino, Fast-Food-Restaurants, eine Post, Fitnessstudios, ein Hallenbad, eine Bowlingbahn und vieles mehr. Die dort stationierten fliegenden Elemente sind mit Maschinen der Typen Bell UH-1 „Huey“, CV-22 „Osprey“, HH-60G „Pave Hawk“ und C130 „Hercules“ ausgestattet.
 

You’re never alone

Ein FSO ist die Anlaufstelle für alle am Flugbetrieb beteiligten Personen, denn Flugsicherheit geht alle an. Jeder Bedienstete des Bundesheeres kann potenzielle Gefahren im Flugbetrieb erkennen und nach dem Motto „See something – say something“ dazu beitragen, das Unfallrisiko zu reduzieren. Das Vertrauen zu einem FSO ist für seine Kameraden die Grundlage, um offen und ehrlich über mögliche Probleme oder Fehler im Flugbetrieb zu sprechen. Welche Priorität der bedachte und besonnene Umgang mit vertraulichen Informationen hat, ist eigentlich selbsterklärend und eine zwischenmenschliche Aufgabe für einen FSO.

Flugsicherheit – Einsatzfähigkeit

Ziel dieser Ausbildung ist die Verbesserung des Sicherheitsmanagements und die Schulung von Präventivmaßnahmen, um Flugvorfälle und Flugunfälle zu verhindern. Wenn ein solcher Vorfall oder Unfall dennoch passiert, werden in dem Lehrgang jene Fähigkeiten vermittelt, um diesen korrekt zu untersuchen, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und Empfehlungen zu formulieren. Letztendlich bedeutet Sicherheit im Flugbetrieb Schutz für Leib und Leben, Schonung bzw. Bewahrung von Ressourcen und die Aufrechterhaltung der Einsatz- und Leistungsfähigkeit der Luftstreitkräfte.

Im Lehrgang wird kein spezifischer Fokus auf Hubschrauber, Flächenflugzeuge, Jets, Single-Pilot- oder Multi-Crew-Cockpit gelegt, stattdessen wird ein breites Spektrum der Flight Safety beleuchtet. Grob kann man die Ausbildung in die beiden Elemente Mishap Prevention (Unfallprävention) und Mishap Investigation (Unfalluntersuchung) unterteilen. Human Factors (menschliche Faktoren) spielen während der gesamten Ausbildung eine Rolle, da sich das Bewusstsein über deren Bedeutung für die Flugsicherheit in den vergangenen Jahrzehnten stark entwickelt hat. Das hängt auch damit zusammen, dass mehr als 80 Prozent aller Flugunfälle auf Human Factors zurückzuführen sind.

Theorie und Praxis

Während der ersten Hälfte des Lehrganges lag der Schwerpunkt auf der Theorie. Diese intensive Phase wurde mit einem Test, der aus 100 Fragen bestand, abgeschlossen. Mit dem Erlernten und im Selbststudium gefestigten Theoriewissen ging es dann in die zweite Hälfte des Lehrganges. Dort lag der Schwerpunkt auf der praktischen Umsetzung der erlernten Theorie. Dazu verlegte der Kurs in das 
so genannte „crash lab“, das „Unfall-Laboratorium“. Zum Zwecke der Ausbildung sind dort Teile von abgestürzten Luftfahrzeugen der US-Streitkräfte wie an der tatsächlichen Unfallstelle positioniert. Die Lehrgangsteilnehmer werden in kleine Gruppen geteilt und untersuchen die dort dargestellten Unfälle als Mitglieder einer Flugunfallkommission. 

Bei dieser Übung stehen die angehenden FSO mit Klemmbrett, Checkliste und Fotoapparat neben den Wracks von unterschiedlichen Militärluftfahrzeugen, in denen bei Unfällen auch Menschen starben. Im Zuge dessen macht sich bei den Lehrgangsteilnehmern ein ernüchterndes, demütiges Bewusstsein darüber breit, wie ernst das Thema Flugsicherheit ist und wie wichtig die Aufgabe eines Flugsicherheitsoffiziers ist. Einerseits, indem er solche Unfälle möglichst verhindert, andererseits, dass er – wenn sie dennoch passieren – deren Ursachen feststellt und so dazu beiträgt, dass sich diese nicht wiederholen.

Horizonterweiterung 

Hauptmann Peter Spiegl zieht, nicht nur wegen seines ausgezeichneten Abschlusses als Lehrgangsbester, eine positive Bilanz: „Ich konnte meinen fliegerischen Horizont durch das tiefe Eintauchen in die Thematik der Flug­sicherheit und den Austausch mit Militärpiloten aus ­aller 
Welt erheblich erweitern. Durch die Ausbildung zum FSO kann ich bei der Begleitung des Flugdienstes Tendenzen frühzeitig erkennen, Verbesserungspotenzial definieren und Vorschläge bzw. Empfehlungen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Flugsicherheit formulieren. So kann ich einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit von Menschen und zur Maximierung der Einsatzfähigkeit der Luftstreitkräfte leisten. Auch bei der Untersuchung von möglichen Flugunfällen kann das Österreichische Bundesheer nun auf meine in den USA erworbenen Kompetenzen zurückgreifen.“ 

Lehrgangsbester

Die Kriterien für die Verleihung einer besonderen Auszeichnung waren die Ergebnisse der Tests, die Bewertung durch das Lehrgangpersonal und der anderen Lehrgangsteilnehmer. Die Teilnehmer aus dem Oman und Japan wurden mit einem „distinguished graduate“ ausgezeichnet. Der Lehrgangsbeste kam aus Österreich: Hauptmann Peter Spiegel erhielt die Auszeichnung „Top Graduate“ vom Deputy Commander des Air Force Safety Center, Colonel Jeffrey H. Welborn.

Teilnehmer aus 20 Staaten

Zwei Frauen und 24 Männer zwischen 30 und 54 Jahren wurden aus 20 Staaten nach Albuquerque entsandt. Die vertretenen Nationen waren die USA, Japan, Südkorea, Thailand, Libanon, Israel, Jordanien, Katar, Kuwait, Oman, Tunesien, Bangladesch, Rumänien, Lettland, Litauen, Italien, Griechenland, Dänemark, Kolumbien und Österreich.

Nicht nur die Beiträge der Kursteilnehmer während der Unterrichte, sondern vor allem die Gespräche nach Dienst ermöglichten einen wertvollen Erfahrungsaustausch und eine Horizonterweiterung jedes Einzelnen. Die Einblicke in verschiedene Luftstreitkräfte und die damit verbundenen unterschiedlichen Militärkulturen waren nicht nur interessant, sie machten auch klar, wie viel Wert in allen Armeen auf die Flugsicherheit gelegt wird. 

Betreuung außerhalb des Dienstes

Jeder Kursteilnehmer wurde durch freiwillige Einheimische unterstützt und von diesen vor allem in der Freizeit betreut. Die Unternehmungen gingen von Wanderungen in den umliegenden Bergen über Brettspielabende bis Barbecues. So erhielt man einen Einblick in den „American way of life“ und konnte den Lifestyle der Amerikaner in New Mexico kennenlernen. Diese Aktivitäten schmiedeten Kameradschaften, die das Fundament für zukünftiges, kameradschaftliches und weltweites „Networking“ sind.
 

Hauptmann Peter Spiegl ist Eurofighterpilot und FSO.


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 2/2024 (397).

Zur Ausgabe 2/2024 (397)


 

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