• Veröffentlichungsdatum : 25.04.2022
  • – Letztes Update : 26.04.2022

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Uran-Munition - Sondermüll auf dem Gefechtsfeld

Agnes Wildauer, Josef Guba

An die dreißig Jahre sind vergangen, seit im Jahre 1990 zum ersten Mal Munition aus abgereichertem Uran im Zweiten Golfkrieg eingesetzt wurde. Seither steht diese Munitionsart in der Kritik, Schäden an Menschen und Umwelt zu verursachen. Abgereichertes Uran wird im Flugzeugbau als Abschirmmaterial für radioaktive Strahlung, in der Schifffahrt als Gewicht oder im Militär als Penetrator für panzerbrechende Munition eingesetzt.

Projektile aus „Uran“ haben ein besonders hohes Geschoßgewicht und durchdringen Panzerungen besser als andere Munition. Dabei handelt es sich genaugenommen um abgereichertes Uran (Depleted Uranium – DU). Es ist dies ein Abfallprodukt, das bei der Erzeugung von Brennstäben oder Kernwaffen entsteht.

Verwendet wurde diese Munition bei Einsätzen auf dem Balkan, in Syrien und in Afghanistan. DU-Munition steht aufgrund möglicher unkontrollierbarer und schwerer Folgen für Mensch und Umwelt, besonders in den mit dieser Munition bekämpften Gebieten, in der Kritik. Uranmunition wird bisweilen mit dem Golfkriegssyndrom, mit Fehlbildungen bei Ungeborenen und mit der Häufung von Krebserkrankungen in Verbindung gebracht. Organisationen wie die „Internationale Koalition zur Ächtung von Uranwaffen“ verlangen ein weltweites Verbot von Uranmunition sowie die Entschädigung von Opfern. Gleichzeitig relativieren Befürworter die Gefahr, die von DU auf dem Gefechtsfeld oder von Altlasten in den jeweiligen Einsatzräumen ausgeht. Betroffen sind unter anderem auch aktuelle Einsatzräume, wo Kampfmittelbeseitiger des Bundesheeres zu Hilfe gerufen werden. Die liegengebliebenen Überreste der DU-Geschosse kontaminieren noch Jahre nach der Kampfhandlung das ehemalige Gefechtsfeld. Rein rechtlich gesehen ist Uranmunition weder eine chemische noch eine nukleare und schon gar keine Massenvernichtungswaffe, sondern eine konventionelle Waffe.

Uran ist nicht gleich Uran

Uran (U) ist ein silbergraues Schwermetall, das in der Erdkruste in drei verschiedenen Isotopen (Atomarten desselben Elementes mit unterschiedlicher Neutronen-, aber gleicher Protonenzahl im Kern) vorkommt, nämlich zu über 99 Prozent als 238U, zu geringen Teilen als 235U und in Spuren als 234U. Alle Uranisotope sind radioaktiv, das einzig spaltbare und für die Kernkraftwerksindustrie brauchbare Isotop ist 235U. Der natürlich vorkommende Anteil von letzterem ist so gering, dass er für die meisten Anwendungen, zum Beispiel als Brennstoff für Kernkraftwerke, angereichert werden muss. Als Abfallprodukt des Anreicherungsverfahrens bleibt das vorwiegend aus 238U bestehende „abgereicherte“ Uran über, auf Englisch „Depleted Uranium“ oder kurz „DU“. Für die Herstellung von einem kg angereichertem Uran fallen im Schnitt mehr als fünf kg DU an. Aufgrund seiner hohen Dichte (19,7 g/cm³ – im Vergleich dazu ist die Dichte von Blei 11 g/cm³), der ausreichenden Verfügbarkeit und den somit vergleichsweise geringen Materialkosten wird DU in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Neben industriellen Verwendungszwecken, z. B. als Abschirmmaterial für radioaktive Strahlung, im Flugzeugbau und in der Schifffahrt als Gewicht, wird es im militärischen Bereich als Penetrator für panzerbrechende Munition verwendet. Die Radioaktivität von DU selbst ist etwa 40 Prozent geringer als die von natürlich vorkommendem Uran. 

Die hervorragenden Materialeigenschaften von DU wurden bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Deutschen Wehrmacht erkannt. Diverse Versuche wurden im Zweiten Weltkrieg durchgeführt, sie wurden allerdings aufgrund von Materialmangel eingestellt. 

Uranmunition versus Wolfram

In der NATO wurde DU-Munition (Depleted Uranium Munition) ab den 1970er- Jahren eingeführt, da die NATO einer immer größeren Zahl an gut ausgerüsteten Panzern aufseiten des Warschauer Paktes gegenüberstand. Um in diesem Bereich der panzerbrechenden Munition Durchschlagskraft zu erhalten, wurden damals die Wolfram-Geschosse (Dichte von Wolfram ist 19,3 g/cm³) durch DU-Geschosse ersetzt.

DU-Geschosse sind Wuchtgeschosse, die sich beim Aufprall auf ein hartes Ziel „selbst schärfen“. Das bedeutet, die Form verändert sich so, dass die Spitze erhalten bleibt und gleichzeitig schärfer wird. Dadurch und in Kombination mit dem hohen Impuls kann eine Panzerung gut durchschlagen werden. „DU“-Projektile haben also nichts mit Nuklearwaffen oder Atombomben, wie sie in den Medien schon bezeichnet wurden, zu tun. Neben den pyrophoren Eigenschaften (in feinster Verteilung sich an der Luft bei gewöhnlicher Temperatur selbst entzündend) ist diese Nachschärfung auch ein klarer Vorteil gegenüber Wolfram-Geschossen, da diese beim Aufprall auf harte Ziele stumpf werden. Um dem Nachteil der leichten Oxidierbarkeit der Uran-Geschosse entgegenzuwirken, wird das Rohmaterial mit Titan legiert und von einer dünnen, circa 0,8 mm starken Aluminiumschicht ummantelt. Solange diese Schutzhülle intakt ist, bleibt das Uran vor Oxidation geschützt.

Geläufige Waffensysteme sind, am Beispiel der US-Armee, das in Kampfpanzern verwendete Treibkäfiggeschoss (Treibspiegelgeschoss) M829 der US-Armee, das 4,5 kg abgereichertes Uran pro Geschoss enthält. Weiters wird abgereichertes Uran im Bereich der Panzerabwehr im Kaliber 30 mm durch die GE GAU-8/A „Avenger“ im Erdkampfflugzeug A-10 „Thunderbolt“ eingesetzt. Hier sind pro Geschoss 300 g abgereichertes Uran verarbeitet. Daneben ist DU-Munition auch im Kaliber 20 und 25 mm für Maschinenkanonen in Verwendung. Auf britischer Seite ist DU z. B. in der panzerbrechenden Munition für den Kampfpanzer „Challenger“ enthalten und kam so unter anderem im Ersten und Zweiten Golfkrieg zum Einsatz. Die wenigsten Länder bestätigen einen militärischen Einsatz von DU-Munition allerdings offiziell.

Im Laufe der Jahre gelangten weltweit mehrere hundert Tonnen abgereichertes Uran im Rahmen von Kampfhandlungen oder zu Trainingszwecken in die Umwelt. Einige Beispiele sind in der Tabelle (Kampfhandlungen mit DU-Munition) aufgelistet. 

Es ist hier allerdings zu beachten, dass die offiziell angegebenen Mengen von jenen Staaten, die DU-Munition verwenden, oftmals sehr stark von Expertenschätzungen differieren. Wenn Uranmunition im Heimatland zu Trainingszwecken eingesetzt wird, gelten, wie etwa in Großbritannien, sehr strenge Reglementierungen. So darf diese Art von Munition nur noch auf sehr wenigen Schießplätzen verwendet werden. Auch der Umgang in Anbetracht der Exposition von Personal und Umweltschutz-Maßnahmen ist streng reglementiert.

Gefahren der Uranmunition

Beim Aufprall auf harte Ziele bildet sich feiner Uranstaub, der sich bei Kontakt mit Luftsauerstoff spontan entzündet und dadurch die mitgeführte Munition und den Treibstoff entzünden kann. Dieser feine Staub ist auch in erster Linie für die Urankontamination auf dem Gefechtsfeld verantwortlich. In der Regel werden zehn  bis 35 Prozent, höchstens aber 70 Prozent des in einem Geschoss enthaltenen abgereicherten Urans in Aerosole konvertiert. Die meisten dieser Partikel sind im Durchmesser kleiner als 5 µm, die Hälfte sogar unter 1,5 µm. (Achtung: Partikel dieser Größe können sehr leicht tief in die Lunge eindringen!). Durchschlägt Uranmunition die Panzerung, so reichert sich der Uranstaub in hohen Konzentrationen im Innenraum des Fahrzeugs an und entzündet sich. Durch den Verbrennungsvorgang werden verschiedene Uran-Oxide gebildet. Am häufigsten kommen Urandioxid (UO2) und Urantrioxid (UO3) vor, wobei letzteres wasserlöslich ist.

Feinstaub aus DU-Partikeln

Ein Teil dieses feinen Staubes konzentriert sich auf die nähere Umgebung des getroffenen Hartzieles, der Großteil verbleibt jedoch im Innenraum eines getroffenen Panzers. So geht aus den United Nations Environment Programme-Berichten (UNEP-Berichten) aus dem Jahr 2001 im Kosovo hervor, dass erhebliche Mengen an DU-Partikeln zehn bis 50 m um den Impact-Point eines harten Zieles festgestellt werden konnten. In Bosnien-Herzegowina wurden 2003 sogar 200 m weit entfernt Partikel festgestellt. Zwar sinken die Partikel aufgrund ihrer hohen Dichte schnell zu Boden, allerdings können in trockenen Gegenden die Partikel durch den Wind über mehrere hundert Meter vertragen werden. Es ist zu beachten, dass die jeweiligen Untersuchungen zu diesen UNEP-Berichten von 2001 und 2003 erst nach Beendigung des militärischen Konfliktes durchgeführt wurden, also mehrere Jahre nach den Kampfhandlungen.

Verwitterung und Korrosion

Der Großteil der von Luftfahrzeugen abgefeuerten Uranmunition verfehlt jedoch ihr Ziel und dringt in das Erdreich ein. Je nach Bodenzusammensetzung und Eindringwinkel können so ganze Geschosse oder einzelne Fragmente bis zu sieben Meter tief eindringen, wo sie dann – abhängig von der chemischen Zusammensetzung des Untergrundes – schneller oder langsamer verwittern. In manchen Fällen können diese Munitionsteile aber auch mit einer schützenden Oxidschicht, einer sogenannten Passivierungsschicht, überzogen und so auf viele Jahre hin konserviert werden. 2002 wurde von Wissenschaftlern im Rahmen von Untersuchungen der UNEP geschätzt, dass DU-Fragmente und Geschosse auf dem Balkan bereits 20 Jahre später vollständig korrodiert sein könnten. Im Jahr 2008 veröffentlichte Studien deuten allerdings auf eine wesentlich längere Zeitspanne bis zur vollständigen Verwitterung hin. Die Verwitterung wird in Böden, die viel Sauerstoff und Feuchtigkeit enthalten, begünstigt. Daher verwittern tief in den Boden eingedrungene Geschosse aufgrund des niedrigeren Sauerstoffgehaltes normalerweise viel langsamer als jene, die sich knapp unter der Erdoberfläche befinden. Je stärker das abgereicherte Uran im Boden korrodiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich wasserlösliche Spezies bilden. Diese können durch ihre Wasserlöslichkeit sehr leicht in wasserführende Schichten des Bodens eindringen und das Grundwasser kontaminieren, das dann über die Trinkwassergewinnung in den menschlichen Körper gelangen kann. Außerdem kann es dadurch zu einer unentdeckt bleibenden Kontaminationsverlagerung kommen. 

Eine sehr wichtige Rolle bei der Akkumulation und Toxizität (Giftigkeit) von Uran in Gewässern spielt die Wasserhärte, also der Kalziumcarbonat-Gehalt. Eine 20-fache Erhöhung der Wasserhärte lässt zum Beispiel die Giftigkeit von Uran um den Faktor vier sinken. 

Natürliches und abgereichertes Uran

Verglichen mit natürlich vorkommendem Uran ist die Alpha-Aktivität im abgereicherten Uran um 40 Prozent geringer. Beim Alpha-Zerfall des Urans entstehen wiederum neue Produkte, die weiter, meist unter der Aussendung von Beta-Strahlung, zerfallen. Diese Strahlung ist mit natürlichem und abgereichertem Uran vergleichbar vorhanden. Ein sehr geringer Anteil der emittierten Strahlung entfällt schließlich auf die Gamma-Strahlung.

Verglichen mit anderen radioaktiven Stoffen, ist die Radioaktivität von natürlichem und von abgereichertem Uran gering. Die Aktivität – gemessen in Kernzerfällen pro Sekunde (Bq – Becquerel) – von Cäsium 137 ist beispielsweise 
3 206 000 000 kBq/g, während die Aktivität bei DU 40 kBq/g beträgt. 

Zur Beurteilung der chemischen Giftwirkung von Uran (Chemotoxizität) auf den Organismus muss zuallererst zwischen zwei chemischen Formen des Urans unterschieden werden. Die wasserunlösliche Form (z. B.  Urandioxid) besitzt eine geringe Toxizität und Mobilität im Körper. Die wasserlösliche Form (z. B. Urantrioxid) wird besser vom Körper aufgenommen und besitzt eine höhere Toxizität. Gelangt eine schwerer lösliche Uranverbindung allerdings dennoch in die Blutbahn, wird sie sofort in die systemisch wirkende, toxischere wasserlösliche Form umgewandelt. 

Auswirkungen auf die Gesundheit

Inwiefern abgereichertes Uran aus Munition die menschliche Gesundheit negativ beeinflusst, ist von vielen Faktoren abhängig. Wie in einem TRUPPENDIENST-Artikel zu DU aus dem Jahr 2001 bereits sehr treffend durch Oberstarzt Dr. Gerhard Fürnsinn und Oberstarzt Prof. Dr. Harald Harbich festgestellt wurde, dient Munition an sich selten einem gesundheitsförderlichen Zweck. Neben der offensichtlichen Gefahr, durch direkte oder indirekte Waffenwirkung auf dem Gefechtsfeld geschädigt zu werden, hat DU allerdings auch eine chemisch-toxische und radioaktive Wirkung auf den menschlichen Organismus.

Sowohl Natururan als auch DU sind radioaktiv und senden Alpha-Teilchen und Gammastrahlung aus. Alpha-Strahlung ist eine Teilchenstrahlung und kann große Schäden an Geweben – unter der Voraussetzung der Aufnahme des Alpha-Strahlers in den Körper durch Inhalation (Atemwege), Ingestion (Verschlucken, Magen-Darm-Trakt), über die Augen oder durch Verletzungen der Haut – verursachen. Eine intakte Haut kann von Alpha-Strahlung nicht durchdrungen werden, da die oberste verhornte Schicht ausreichend Schutz bietet.

Inhalation

Bei der Inhalation von unlöslichen oder wenig löslichen DU-Partikeln kommt es zu einer Schädigung der Lunge bis hin zur Fibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes). Größere Partikel (>10 µm im Durchmesser) reichern sich in der Lunge und den Lymphknoten an und können, abhängig von der inhalierten Menge, aufgrund ihrer langen Verweildauer im Körper Strahlenschäden und in weiterer Folge Krebs verursachen. Werden hingegen lösliche Uranpartikel eingeatmet, können diese über die Alveolen (Lungenbläschen) in die Blutbahn gelangen und akute Nierenschäden verursachen. Wie einige Studien aber bewiesen haben, werden an die 75 Prozent des inhalierten Urans wieder ausgeatmet, und nur fünf Prozent gelangen in die Blutbahn, wovon schließlich ein Prozent die Nieren erreicht. Der Rest wird im Gewebe eingelagert.

Die Aufnahme von Uran über den Gastrointestinaltrakt durch Verschlucken steigt ebenfalls mit der Löslichkeit der Uranverbindungen an. Insbesondere, wenn lösliche Uranverbindungen durch die Nahrung und das Trinkwasser aufgenommen werden, kommt es innerhalb weniger Wochen zu einer Ausscheidung über die Nieren. Bereits geringe Mengen an Uran über einen längeren Zeitraum können akute Nierenschäden und Unfruchtbarkeit herbeiführen. Es gibt auch Indizien über Fruchtschädigung, Entwicklungsstörungen und wahrscheinlich gentoxische Effekte und negative Auswirkungen auf das Immunsystem. Obwohl aus bisherigen Forschungsarbeiten eine breite Datenlage zur Toxizität von DU verfügbar ist, fehlen bis heute eindeutige und belastbare Beweise für Gentoxizität und Krebswahrscheinlichkeit beim Menschen, da die Ergebnisse vorwiegend aus Tierversuchen stammen. In diesem Zusammenhang gibt es Hinweise, dass der Mensch weniger sensibel auf Uran reagiert als die für toxikologische Versuche verwendeten Tierarten. 

Resorption

Von einer Resorption DU-haltiger Verbindungen über intakte Haut geht hingegen eher geringe Gefahr aus. Zum einen wurde bisher keine Aufnahme von unlöslichen Uranverbindungen über die Haut beobachtet, zum anderen waren die Konzentrationen der löslichen Uranverbindungen in Studien, in denen eine Absorption über die Haut beobachtet wurde, dermaßen hoch, dass eine Exposition dieser Art sowohl auf dem Gefechtsfeld als auch in mit DU-Munition kontaminierten Gebieten unrealistisch ist. 

Voraussetzung für eine Schädigung durch einen radioaktiven Strahler oder ein chemisches Gift ist immer eine vorangegangene Exposition und eine gewisse Dosis. Der größten Gefährdung sind hier zweifelsfrei Panzerbesatzungen ausgesetzt. Abgesehen von gesundheitsschädlichen physikalischen Auswirkungen feiner Stäube, kann die Alpha-Strahlung von DU das Lungengewebe schädigen. Lösliches, giftiges Uran gelangt von der Lunge über die Blutbahn in den Kreislauf und schädigt die Niere. Unlösliche Uranverbindungen können sich nach dem Einatmen auch über Jahre in der Lunge ablagern. 

Im Rahmen von Untersuchungen der IAEA (International Atomic Energy Agency) wurde Anfang der 2000er-Jahre abgeschätzt, wieviel DU im Rahmen von Kampfhandlungen aufgenommen werden würde. Grundlage für diese Schätzungen waren Messungen der Eigenschaften von DU-Aerosolen nach einem Treffer von harten Zielen und anschließende Computer-Simulationen sowie das Monitoring von exponierten Personen. Dabei wurde auch berücksichtigt, wie hoch der Grad der Exposition nach der jeweiligen Funktion des Personals sein würde. Das Personal wurde in drei Levels eingeteilt, wobei Level 1 der höchsten und Level 3 der geringsten Exposition ausgesetzt war.

Die Inhalation von 1 mg DU würde zu einer Strahlendosis in der Größenordnung von 0,1 mSv (Millisievert – Angabe der Strahlendosis) führen. Im wahrscheinlichsten Fall würde die Besatzung also 5 bis 25 mSv einatmen. Zum Vergleich: Die maximal zulässige Strahlendosis für Zivilisten beträgt 1 mSv pro Jahr. Arbeiter, die beruflich Strahlung ausgesetzt sind, „dürfen“ weitaus mehr aufnehmen.

Es wurde beobachtet, dass Splitter von DU-Munition im menschlichen Gewebe, die chirurgisch nicht entfernt werden können, sich mit der Zeit im Körper auflösen und – bevor diese langsam ausgeschieden werden – zu einer langfristigen Exposition der Betroffenen führen. Diese Personengruppe ist allerdings mit einer bekannten Anzahl von circa 30 Golfkriegsveteranen gering und die Datenlage somit nicht ausreichend. 

Zusammenfassung

Obwohl sich die in den Medien Anfang der 2000er-Jahre befürchtete, „apokalyptische“ Wirkung von DU-Munition auf den Menschen aus wissenschaftlicher Sicht nicht bestätigt hat, und bis heute kein einziger Todesfall in Zusammenhang mit einer akuten Uran-Vergiftung bekannt ist, bleibt abgereichertes Uran ein giftiges, radioaktives Schwermetall, das als kanzerogen (krebserregend) eingestuft wird. Zwar ist das Auftreten der akuten Strahlenkrankheit durch Kontaminationen an ehemaligen DU-Strike-Sites auszuschließen, eine Exposition auch durch nur geringe Mengen ist allerdings aus gesundheitlichen Gründen trotzdem zu vermeiden. Generell sind die Angehörigen von Streitkräften in diesem Bereich zumeist besser sensibilisiert und mit Sicherheitsmaßnahmen zu diesem Thema mehr vertraut als die Zivilbevölkerung oder zivile Hilfsorganisationen.

Maßnahmen in Einsatzräumen

Auch Soldaten des Bundesheeres können im Rahmen von Auslandseinsätzen mit DU-Munition und deren Überresten in Berührung kommen. Die Möglichkeit des Einatmens von DU-Aerosolen an, durch die NATO veröffentlichten, DU-Strike-Sites auf dem Balkan ist als eher gering einzustufen, da sich die DU-Konzentration an der Erdoberfläche durch Wind und Wetter im Laufe der Jahre verdünnt hat. Allerdings kommen Kampfmittelbeseitiger bei ihrer Tätigkeit immer wieder mit teils stark korrodierter DU-Munition und deren Fragmenten in Berührung. Hier sollte ein direkter Hautkontakt durch Munitionsteile sowie durch das Einatmen von potenziell DU-haltigen Stäuben vermieden werden. Notwendige Maßnahmen sind hier – je nach Umfeldbedingungen – das Tragen einer geeigneten Schutzkleidung (Einwegschutzanzüge der Kategorie III, Typ 5 oder bessere Schutzklasse, Schutzhandschuhe, Feinstaubmaske mit Ausatemventil und Schutzbrille) und z. B. das Anfeuchten der Erde, um die Aufwirbelung von DU-haltigem Staub zu unterbinden und so einer Kontaminationsverschleppung vorzubeugen.

Eine unentdeckte Exposition kann durch Tragen eines elektronischen Personendosimeters zur Feststellung der aufgenommenen Strahlendosis vermieden werden. Außerdem kann das Vorhandensein eines gewissen Radionuklids und somit eine Kontamination von abgereichertem Uran auch schon in sehr geringen Mengen mit den im Bundesheer eingeführten Strahlenmessgeräten identifiziert werden. Durch die Schulung von betroffenem Personal ist die Gefahr einer Exposition mit DU also sehr gering.

Schwieriger ist es allerdings, die Umweltfolgen abzuschätzen. Vor allem die Langzeitauswirkungen von DU-Munition im Boden sind noch nicht ausreichend bekannt, da hier eine sehr starke Abhängigkeit von den lokalen Bedingungen gegeben ist, und daher jedes ehemalige DU-Zielgebiet einzeln zu betrachten ist. Mit zunehmender Verwitterung steigt jedenfalls die Wahrscheinlichkeit zur Bildung von hochmobilen Uran-Spezies, die ins Grundwasser gelangen können. Um eine Kontamination von Trinkwasser zu vermeiden, wird es daher auch in Zukunft notwendig sein, in den betroffenen Gebieten die Gewässer regelmäßig auf eine DU-Belastung zu testen. Bei Grundwasservolluntersuchungen gemäß EU-Richtlinien und somit auch in Bosnien und Herzegowina, das sich an den EU-Richtlinien orientiert, ist auch der Parameter Uran im Untersuchungsumfang enthalten.

Oberleutnant Agnes Wildauer, BA MSc; Technische Assistentin für Chemie am ABC-Abwehrzentrum.

Vizeleutnant Josef Guba; Hauptlehrunteroffizier für ABC-Aufklärung und ABC-Luftspürdienst am ABC-Abwehrzentrum.

 

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