• Veröffentlichungsdatum : 22.05.2024

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Vom GLV-Referenten zum Informationsoffizier

Gerold Keusch

Informationsoffiziere sind Ansprechpartner des Bundesheeres für die Zivilbevölkerung. Sie vermitteln militärische Themen und Aspekte. Der Fokus liegt auf den Schulen. Neben Bediensteten des Ressorts können auch externe Personen Informationsoffiziere werden. Vor allem Lehrer sollen für diese Tätigkeit gewonnen werden.

„Wann bekommt man die Gelegenheit, von Fachleuten Wissen aus erster Hand zu erfahren?“ Mit diesen Worten bedankte sich eine Teilnehmerin des Ausbildungsseminars „Informationsoffizier extern“, das vom 3. bis 5. Oktober 2023 im Seminarzentrum des Bundesheeres im Felbertal stattfand, in einem Mail. Die Antwort lieferte sie in der nächsten Zeile: „Das Seminar bot die Gelegenheit dafür!“. In diesem Seminar werden den Referenten für Geistige Landesverteidigung an den Salzburger Schulen allgemeine und aktuelle Inhalte zur Umfassenden Landesverteidigung vermittelt. Dabei geht es jedoch nicht allein um Wissensvermittlung, es ist auch die Grundlage für die Teilnehmer, um „Informationsoffizier extern“ zu werden.

Umfassende Landesverteidigung

Die Umfassende Landesverteidigung (ULV) wurde in den 1970er-Jahren entwickelt. Sie war die gesamtstaatliche Antwort auf die Bedrohung des neutralen Österreichs im Kalten Krieg, als Staat, der zwischen dem Westen und dem Osten (NATO und Warschauer Pakt) „eingekeilt“ war. Die Gefahr, dass der Kalte Krieg heiß werden könnte, war die Motivation dieses gesamtstaatlichen strategischen Ansatzes zum Schutz von Bevölkerung und Staat.
1975 wurde die ULV im Absatz 2 des Artikels 9a des Bundes-Verfassungsgesetzes (das gesetzliche Basisdokument der Republik Österreich, in dem die Grundsätze der staatlichen Ordnung geregelt werden) beschlossen. Die ULV (Zuständigkeit beim Bundeskanzleramt –
BKA) umfasst vier Teilbereiche, die in die Zuständigkeit verschiedener Ministerien fallen:

  • Militärische Landesverteidigung (MLV) – Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV);
  • Geistige Landesverteidigung (GLV) –
  • Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF);
  • Zivile Landesverteidigung (ZLV) –
  • Bundesministerium für Inneres (BMI);
  • Wirtschaftliche Landesverteidigung (WLV) – Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).

Für die konkrete Umsetzung der ULV im Bereich des BMBWF gibt es an den Schulen Referenten für Geistige Landesverteidigung. Diese sollen Schüler über diesen Bereich informieren, wobei sie auch auf Informationsoffiziere (InfoO) des Bundesheeres zurückgreifen können, um spezielle Themen zu vermitteln. 

Bewusstsein

Das Österreichische Bundesheer ist die bewaffnete Macht der Republik Österreich und auf Grundlage konkreter Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes eingerichtet. Dennoch benötigt es für seine Auftragserfüllung Akzeptanz, Vertrauen, Verständnis und Unterstützung durch die Gesellschaft sowie der politischen Verantwortungsträger und der Medien. Um das zu erreichen, gilt es, diese zu informieren und mit der eigenen Kommunikation zu erreichen.

Die Hauptaufgabe der InfoO ist die Vermittlung der Kommunikationsziele des Bundesheeres an relevante externe Personen bzw. Personengruppen in Vorträgen oder Gesprächen. Sie sind somit ein wesentliches Element der Kommunikation, das zur Bewusstseins- und Meinungsbildung bei wehrpolitischen Fragen beiträgt. Die Aufgaben der InfoO sowie de facto alle für ihre Tätigkeiten wesentlichen Bestimmungen sind in einem jeweils aktualisierten Verlautbarungsblatt festgelegt.

Informationsoffizier

InfoO sind Offiziere, Unteroffiziere oder Chargen des Präsenz-, Miliz- oder Reservestandes, aber auch Zivilbedienstete des BMLV. Sie erfüllen diese Funktion freiwillig und als Nebentätigkeit, unbeschadet ihrer eigentlichen Funktion. In der Informations- und Kommunikationsarbeit werden InfoO vor allem in Schulen als Vortragende eingesetzt. Sie können aber auch andere Aufgaben wahrnehmen, z. B. als Begleiter von Schulklassen bei der Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag oder als Teilnehmer bei öffentlichen Diskussionen. 
InfoO haben eine „Botschafter-Funktion“. Sie stehen häufig einer kritischen Öffentlichkeit Rede und Antwort für allgemeine militärische Fragen und leisten militärische Öffentlichkeitsarbeit an der Basis. Für Schüler, eine als Schwergewicht definierte Zielgruppe der Bundesheer-Kommunikation, sind sie häufig der erste Kontakt mit dem Bundesheer. Der Einsatz eines InfoO als Vortragender, Ansprechpartner etc. erfolgt auf Ersuchen eines Bedarfsträgers (z. B. einer Schule), der an Fragen zur Wehrpolitik interessiert ist. Die territoriale Zuständigkeit liegt bei den Militärkommanden in den Bundesländern.

Die Ausbildung zum InfoO erfolgt in vier Teilen. Sie beinhaltet die Auswahl/das Zugangsgespräch, wehrpolitische Seminare, den Lehrgang InfoO und die territoriale Einweisung. Dabei erlangen die Anwärter jene Fach- und Methodenkompetenzen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Bestellung zum InfoO erfolgt durch die Bundesministerin mit einer Urkunde. Je nach Kompetenz und Verwendung gibt es vier Kategorien: 

  • InfoO/allgemein; 
  • InfoO/Spezialist; 
  • InfoO/extern; 
  • Trainer/Informationsoffizier.

Informationsoffizier extern

Der InfoO/extern ist eine Zivilperson, die nicht aus den Reihen des Bundesheeres bzw. des BMLV kommt. Vor allem für Lehrer, die als GLV-Referenten eingesetzt sind, ist diese Funktion interessant. Schließlich werden bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung zum InfoO/extern jene Themen und Inhalte vermittelt, die sie als GLV-Referent benötigen. Sie agieren grundsätzlich selbstständig, können aber auch – vor allem bei militärischen Fachfragen oder speziellen Themen – auf die InfoO bei den Militärkommanden zurückgreifen. Für das Bundesheer sind die InfoO/extern insofern eine willkommene Personengruppe, da es nur eine begrenzte Anzahl von InfoO gibt, die auch nur eingeschränkt verfügbar sind. 

Die Ausbildung von InfoO/extern erfolgt nach dem gleichen Schema wie jene der anderen InfoO, jedoch in angepasster und verkürzter Form. So ist der Lehrgang zum InfoO, bei dem pädagogische Aspekte im Vordergrund stehen, bei den Lehrern nicht notwendig, weil sie bereits Pädagogen sind. Es steht ihnen jedoch frei, bei der herkömmlichen Ausbildung zum InfoO als Gasthörer teilzunehmen. Die Auswahl als Zugangsgespräch wird in einem kürzeren Format durchgeführt. Die Bestellung zum InfoO/extern erfolgt, wie bei den anderen InfoO auch, über ein Dekret der Bundesministerin für Landesverteidigung. 

Geistige Landesverteidigung

Auf der Website des BMBWF steht, dass die GLV „im Rahmen der Politischen Bildung die Vermittlung demokratischer Werthaltungen und eines umfassenden Bewusstseins für die Sicherstellung von staatlicher Souveränität und Neutralität, der demokratischen Freiheiten und der in der Bundesverfassung verankerten Bürger- und Menschenrechte“ unterstützt. Die GLV leiste damit „einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Konzeptes der umfassenden nationalen Sicherheitspolitik im europäischen und globalen Kontext.“

Zu den Inhalten, Kompetenzen sowie dem grundsätzlichen Zugang finden sich auf der BMBWF-Website die folgenden Informationen: „Ausgehend von den Grundsätzen der österreichischen Verfassung und den grundsätzlichen Zielen der Politischen Bildung werden politische Kompetenzen vermittelt, um auf mögliche Gefährdungen unserer demokratischen Republik, des politischen Systems und der inneren und äußeren Sicherheit angemessen reagieren zu können. Geistige Landesverteidigung versteht sich als nichtmilitärischer Beitrag zur Friedenssicherung in einer Welt, in der die Anwendung von militärischer Gewalt – auch in Europa – weiterhin existent ist.“

Ausbildungsseminar

Im Ausbildungsseminar „Informationsoffizier extern“ werden die Inhalte aller wehrpolitischen Seminare zusammengefasst, die für die Erlangung der Kompetenz InfoO/extern notwendig sind. Im Bundesland Salzburg gibt es seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen der Bildungsdirektion und dem Militärkommando. Im Zuge dessen werden, ebenfalls seit vielen Jahren, Schulungen für GLV-Referenten durchgeführt. Die Zielgruppe sind somit jene Lehrer in den Sekundarstufen, die für dieses Thema in einer Schule zuständig sind. Häufig sind das jene, die auch den Gegenstand Politische Bildung unterrichten. 

Um diesen Seminaren und Fortbildungen einen standardisierten und offiziellen Charakter zu verleihen, gibt es seit 2021 die Möglichkeit, InfoO/extern zu werden. Auch hier sind vor allem die GLV-Referenten die Zielgruppe. Die diesbezüglichen Bestimmungen sind Gegenstand des gültigen Verlautbarungsblattes. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist das Ausbildungsseminar extern. Das erste fand vom 12. bis zum 14. April 2023 statt, jenes im Oktober war das zweite. 

Die Inhalte des Seminars orientieren sich am Wehrpolitischen Seminar für Informationsoffiziersanwärter. Der Fokus liegt somit auf allgemeinen Bundesheer-Themen sowie auf aktuellen Thematiken, die eine Auswirkung auf das sicherheitspolitische Umfeld haben und die ULV berühren. Konkret gab es täglich bis zu sieben Vorträge von Experten. Diese hielten Frontalunterrichte, bei denen es anschließend eine Diskussion gab. Im MLV-Teil wurden unter anderem die Aufgaben und die Gliederung des Bundesheeres vermittelt, aber auch der Aufbauplan 2032+, der Ukraine-Krieg und andere Themen erörtert. Darüber hinaus wurden auch die anderen Teilbereiche der ULV behandelt. Dazu gab es Unterrichte zu den Themen Energieversorgung, Extremismus oder Katastrophenschutz. Kamingespräche beendeten den jeweiligen Tag. Vortragende waren Generalmajor Bruno Hofbauer, der Militärkommandant von Salzburg, Brigadier Peter Schinnerl, der Salzburger Bildungsdirektor Hofrat Rudolf Mair und der Militärhistoriker Erwin Schmidl. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Bildungsminister Martin Polaschek richteten sich mit Grußbotschaften an die Teilnehmer. 

Beim Salzburger Seminar waren diverse Stellen involviert: Die Abteilung Zielgruppenkommunikation im BMLV war für die Genehmigung auf ministerieller Ebene und den Kontakt zum BMBWF zuständig, die konkrete Planung und Durchführung lag beim Zentrum für menschenorientierte Führung und Wehrpolitik und dem Militärkommando Salzburg in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion Salzburg.

Paradigmenwechsel

Hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen einer Bildungsdirektion und einem Militärkommando hat Salzburg in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle. Neben den Seminaren für GLV-Referenten bzw. künftige InfoO/extern gab es im Februar 2023 auch die Veranstaltung „HAK meets Bundesheer“. Aber nicht nur in Salzburg, sondern auch auf Bundesebene gibt es eine immer engere Zusammenarbeit zwischen dem BMLV und dem BMBWF. Hintergrund ist die veränderte sicherheitspolitische Lage in Europa seit dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022. Obwohl es die ULV seit 1975 gibt und die Welt –
sowie Europa – seit damals unzählige Kriege und kriegsähnliche Ereignisse erlebt hat, brachte dieses Ereignis eine Wende. Das Bewusstsein, dass kriegerische Bedrohungen real sind, war ein Schock im Westen, der zu einem breiten Umdenken in der Gesellschaft geführt hat.

Ein Ergebnis dessen sind zahlreiche Projekte zwischen dem BMLV und dem BMBWF. Ein Beispiel ist das Projekt „Bildung, Sicherheitspolitik, Geistige Landesverteidigung und Bundesheer“, das gemeinsame österreichische Sichtweisen erzeugen und das Verständnis für Demokratie und Sicherheit festigen soll. Andere Projekte sind die Mitarbeit von zwei Offizieren in der Schulbuchkommission oder die Anwerbung von Milizsoldaten für den Lehrerberuf.

Die nächsten Schritte

Seitens der verantwortlichen Stellen im BMLV sollen die Ausbildungsseminare „Informationsoffizier extern“ auch in anderen Bundesländern angeboten werden. Wie die Militärkommanden das umsetzen, wird sich zeigen. Die Herausforderungen zur Abhaltung eines solchen Seminars sind jedenfalls groß, da es viele hundert Schulen, vor allem in den größeren Bundesländern, gibt. Damit verbunden ist eine enorme Anzahl an GLV-Referenten und somit potenziellen InfoO/extern. Das sind aber lösbare Herausforderungen, da es sich um ein strategisches Projekt mit einem Horizont auf viele Jahre handelt.

Unabhängig von der Institutionalisierung dieser Seminare, sind Fortbildungen von InfoO/extern zu erwägen, damit diese über die wesentlichen aktuellen Entwicklungen im Bundesheer informiert sind. Zusätzlich könnte es Regionaltage geben, um die ULV-relevanten Einrichtungen in den Bundesländern kennenzulernen – nicht nur jene der Streitkräfte. Angedacht sind auch Jahresmottos, die aktuell sind und ein Jahr im Fokus stehen sollen, z. B. Blackout. Es bleibt den InfoO/extern auch offen, an den heeresinternen InfoO-Fort- und -Weiterbildungsveranstaltungen regional und überregional teilzunehmen. Nach der Bestellung zum InfoO/extern sind sie Teil der „InfoO-Community“ und werden vom Österreichischen Bundesheer mit Informationen aus erster Hand beteilt.

Hofrat Gerold Keusch, BA MA; Leiter Online-Medien beim TRUPPENDIENST.


Dieser Artikel erschien im TRUPPENDIENST 1/2024 (396).

Zur Ausgabe 1/2024 (396)


 

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