• Veröffentlichungsdatum : 07.07.2023
  • – Letztes Update : 17.07.2023

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Wachtmeister – und was kommt jetzt?

Rudolf Pfalzer

Die Ausmusterung der Unteroffiziere ist seit mittlerweile 27 Jahren ein fester Bestandteil im Kalender der Festveranstaltungen des Österreichischen Bundesheeres. Seit Herbst 1995 treten die Absolventen des ersten Unteroffizierslehrganges „neuzeitlicher Prägung“ in Enns an, um dort die Weihen als junge Unteroffiziere zu erhalten. Dieser besondere Tag im Leben eines Berufssoldaten markiert den klaren Schritt vom Mannschaftssoldaten mit eingeschränkter Handlungs- und Entscheidungsfreiheit zum militärischen Kommandanten der Ebene Trupp und Gruppe. Damit einher geht die Übernahme von Verantwortung für die Führung und Ausbildung der ihnen anvertrauten Soldaten.

Entlassung in die Ungewissheit

Der junge Wachtmeister, Männer und Frauen im Alter zwischen zwanzig und vierzig Jahren, erhält am Ende der Unteroffiziersgrundausbildung die Urkunde für den positiven Lehrgangsabschluss und den Ring der Heeresunteroffiziersakademie (HUAk). Noch vor achtzehn Monaten hatte er nur eine vage Vorstellung über das „Militär“. Ab nun heißt es Verantwortung übernehmen, Menschen führen und Aufträge erfüllen. 

Viele der im Frühjahr 2023 angetretenen 302 Berufsunteroffiziere hatten kaum oder keinen Kontakt zu ihren künfigen Einheiten, die sich in ganz Österreich befinden. Neben dem Stolz und der Erleichterung über den positiven Kurserfolg fühlen viele Kameraden auch eine Verunsicherung. Die harte Geborgenheit der Lehrkompanien hat nun ein jähes Ende gefunden. Was vor ihnen liegt, können sie nur erahnen. Nicht immer wird das Bild über den Berufsalltag zur Realität. 

Am „Tag der Wachtmeister“ überwiegt für die frischgebackenen Unteroffiziere im Ausgangsanzug jedenfalls die Freude über den Erfolg und der Stolz, eine fordernde Berufsausbildung abgeschlossen zu haben. Mit ihnen freuen sich auch die angereisten Familien, Partner, Freunde und Kameraden. Dieser besondere Moment wird – so wie es „vorgesehen“ ist – gemeinsam genossen und ausgekostet. 

Bereits am nächsten Montag kann die Realität jedoch völlig anders aussehen. Da kann sich der junge Wachtmeister bereits an der Staatsgrenze wiederfinden – weit weg von dem, wofür er ursprünglich ausgebildet wurde. Durch die verschiedenen Inlandseinsätze sind die Verbände des Bundesheeres aktuell dazu gezwungen, das verfügbare Personal abseits der eigentlichen Kernverwendung einzusetzen. Besonders der junge Unteroffizier, der gerade einmal das Fundament seines Berufes erlernt und erfahren hat, gerät dadurch in die Gefahr einer Frustration. Das Ergebnis solch negativer Gefühle, beispielsweise wenn die Erwartungen aufgrund der Realität des Dienstbetriebes nicht erfüllt werden, ist die Abwanderung in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes oder in die Privatwirtschaft. Das ist auch für das gesamte System ein großer Verlust, da junges Kaderpersonal dringend benötigt wird.

Mehr für die „Neuen“ tun!

Dem jungen Unteroffizier fehlt in seiner Einheit oft die Bindung zum Verband, der Einheit und dem Personal vor Ort – zu seinen Kameraden. Das sprichwörtliche „Kümmern“, die Fürsorge und Kameradschaft, ist nicht mehr überall selbstverständlich. Deshalb überrascht es auch nicht, dass mittlerweile sogar über ein Mentoring für junge Wachtmeister nachgedacht wird. 

In diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Fragen: Wo sind die alten, erfahrenen Unteroffiziere – Dienstführende Unteroffiziere, Kommandogruppenkommandanten oder Zugskommandanten, die die „Jungen“ unter ihre Fittiche nehmen? Wer steht ihnen mit Rat, Tat, einem offenen Ohr und Kameradschaft zur Seite, wenn sie eine Frage oder ein Problem haben? Damit verbunden ist eine traurige Erkenntnis: Wenn Verantwortung mittlerweile angeordnet werden muss, haben viele ältere Kameraden, die „gestandenen Unteroffiziere“, wohl den Unteroffiziers-Korpsgeist über Bord geworfen.

Was ist nötig, um die jungen Kameraden dauerhaft an unser Bundesheer zu binden? Geben wir den frischgebackenen Wachtmeistern die Gelegenheit, in ihrer Einheit und zukünftigen militärischen Heimat anzukommen. Nehmen wir zur Kenntnis, dass ihre bisherige Ausbildung nur die Basis für ihre weitere Tätigkeit ist. Werden wir uns bewusst, dass die Unterstützung im Berufsvollzug und die damit gewonnene Erfahrung jener wertvolle Beitrag ist, der nur bei einer funktionierenden Gemeinschaft entsteht und zur vollen Entfaltung kommt. 

Die Entwicklung zum vollwertigen Unteroffizier endet nicht mit der Dekoration mit einem Dienstgrad. Der Reifeprozess findet auch nach dem „Tag der Wachtmeister“ statt. Helfen wir unseren jungen Kameraden dabei!

Vizeleutnant Rudolf Pfalzer, Kommandounteroffizier der HUAk.

 

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